BGH, Urteil vom 18.03.2010, Az. I ZR 16/08
§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2 und Abs. 6 S. 1, 2 PAngVO; § 5 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 2 UWG 2004; § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2; § 5a Abs. 2, 3 Nr. 3 UWG 2008
Der BGH hat erneut entschieden, dass ein Onlinehändler, dessen Angebote auf einer Preissuchmaschine wiedergegeben werden (hier: Froogle) dafür verantwortlich ist, dass auch angegeben wird, ob und ggf. welche Versandkosten anfallen. Zuvor hatte der BGH bereits mit Urteil vom 11.03.2010, Az. I ZR 123/08 (Preisangaben) und Urteil vom 16.07.2009, Az. I ZR 140/07 (Versandkostenhinweis) das Thema Fremd-Verantwortlichkeit für fehlerhafte oder fehlende Angaben auf Preissuchmaschienen erörtert. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2010 durch … für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Elektronikprodukten. Sie streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung. Für die Revisionsinstanz ist nur noch die Widerklage der Beklagten von Interesse.
Die Klägerin unterhält im Internet einen Online-Shop, in dem sie unter anderem Fotoapparate im Wege des Versandhandels zum Kauf anbietet. Auf der Internetseite der Preissuchmaschine froogle.google.de wurde am 28. Juli 2006 für eine von der Klägerin angebotene Digitalkamera zum Preis von 249,01 € geworben, ohne dass dabei angegeben wurde, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Bei dem Angebot befand sich eine elektronische Verknüpfung (Link), die zur Internetseite der Klägerin führte. Dort bot die Klägerin die Digitalkamera zum Preis von 259,00 € mit dem Hinweis an „Preis zzgl. Versandkosten und inkl. gesetzl. MwSt. in Höhe von 16%“ hin. Einschließlich Versandkosten von 5,90 € belief sich der Gesamtpreis der Digitalkamera auf 264,90 €.
Die Beklagte ist der Ansicht, diese Werbung sei wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung und das Irreführungsverbot wettbewerbswidrig.
Sie hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,
der Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
1. in der Werbung für Fernabsatzverträge unter der Angabe von Preisen zu werben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen, wie unter froogle.google.de am 28. Juli 2006 geschehen und/oder
2. in Internet-Preissuchmaschinen Preise für Fotogeräte anzukündigen und/ oder ankündigen zu lassen, wenn diese unterhalb der ausweislich der Angaben im eigenen Online-Shop tatsächlich von den letzten Verbrauchern verlangten Preisen liegen, insbesondere wie unter „http://shop […]“ am 28. Juli 2006 geschehen.
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Stuttgart MMR 2008, 754). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin weiterhin die Abweisung der Widerklage.
Entscheidungsgründe
A.
Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 6 Satz 1 und 2 PAngV sowie nach §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Es genüge nicht den Anforderungen der Preisangabenverordnung, dass die Liefer- und Versandkosten nicht bereits der Internetseite der Preissuchmaschine zu entnehmen seien, sondern erst auf der über eine elektronische Verknüpfung erreichbaren Internetseite des Werbenden genannt würden. Werde eine Preisangabe ohne Versandkosten in eine Preissuchmaschine eingestellt, sei die von der Preisangabenverordnung bezweckte Vergleichbarkeit im Endpreis nicht gewährleistet. Zudem folge der Verbraucher der durch die bloße Preisangabe vorgegebenen Weichenstellung, wenn er sich über die elektronische Verknüpfung in das virtuelle Ladenlokal des Werbenden begebe. Die Klägerin hafte für das Handeln des von ihr beauftragten oder unterstützten Suchmaschinenbetreibers nach § 8 Abs. 2 UWG.
Das Fehlen der Angabe der Versandkosten stelle zugleich eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung dar. Die Angabe eines Verkaufspreises ohne Angabe von Versandkosten erwecke bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, die beworbene Kamera könne zu dem angegebenen Preis ohne weitere Kosten erworben werden.
Die Klägerin habe ferner dadurch, dass sie den der Suchmaschine gemeldeten Preis der Digitalkamera nachträglich geändert habe, so dass in der Suchmaschine bis zur folgenden Nacht ein vom tatsächlichen Verkaufspreis abweichender Preis erschienen sei, eine falsche Vorstellung über den Preis ihrer Ware erregt. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher erwarte, dass die in einer Preissuchmaschine im Internet angegebenen Preise aktuell seien.
B.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt auch im Blick auf die Ende 2008 erfolgte, der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende Novellierung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die für die Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrags zu berücksichtigen ist.
I.
Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsantrag zu 1 mit Recht stattgegeben.
1.
Der Unterlassungsantrag zu 1 ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Mit der Wendung „wie unter froogle.google.de am 28. Juli 2007 geschehen“ hat die Beklagte die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand ihres Unterlassungsantrags zu 1 gemacht. Sie hat als Anlage zur Widerklageschrift einen Bildschirmausdruck der Internetseite froogle.google.de vom 28. Juli 2007 vorgelegt, auf der sich die beanstandete Werbung befand. Die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags ist in der Regel unproblematisch, wenn der Kläger lediglich das Verbot der Handlung begehrt, so wie sie begangen wurde (BGH, Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 454 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; Urt. v. 16.7.2009 – I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Tz. 10 = WRP 2009, 1377 – Betriebsbeobachtung).
Es kann dahinstehen, ob die Formulierung „in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich oder anderweitig hervorgehobenen Weise“ hinreichend bestimmt ist. Die Beklagte hat es in ihrem Vorbringen zur Widerklage, das zur Auslegung des Widerklageantrags heranzuziehen ist, als wettbewerbswidrig beanstandet, dass der beworbenen Digitalkamera auf der beanstandeten Suchmaschinenseite keinerlei Hinweis darauf zugeordnet ist, ob und wenn ja in welcher Höhe Versandkosten anfallen. Die Beklagte erstrebt mit dem Unterlassungsantrag zu 1 demnach das Verbot einer Werbung unter Angabe von Preisen auf einer Suchmaschinenseite, wenn auf dieser Seite in keiner Weise auf zusätzlich anfallende Versandkosten hingewiesen wird. Der Unterlassungsantrag zu 1 zielt entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf ab, der Klägerin vorzuschreiben, wie der Hinweis auf die Versandkosten zu gestalten ist, wenn sie mittels einer Suchmaschine unter Angabe von Preisen wirbt. Unter diesen Umständen handelt es sich bei der beanstandeten Formulierung lediglich um einen überflüssigen Zusatz zum Unterlassungsantrag zu 1, der dessen Bestimmtheit nicht beeinträchtigt.
2.
Das Berufungsgerichthat mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsantrag zu 1 nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 sowie Abs. 6 Satz 1 und 2 PAngV begründet ist.
a)
Die Klägerin haftet im Streitfall nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG für ihr eigenes wettbewerbswidriges Verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 123/08 Tz. 20 – Espressomaschine). Sie hat selbst veranlasst, dass auf der Internetseite der Suchmaschine für die von ihr angebotene Digitalkamera unter Angabe von Preisen geworben wurde, ohne dass die Versandkosten benannt wurden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin, wie das Berufungsgericht angenommen hat, für das Verhalten des Betreibers der Suchmaschine haftet, weil dieser als ihr Beauftragter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts enthält die Suchmaschine Froogle die Produktinformationen, die von Händlern elektronisch eingereicht werden. Nur die Rangfolge der Angebote wird durch eine Rangermittlungssoftware von Google erstellt. Die Klägerin hat dem Betreiber der Suchmaschine den Kaufpreis der Digitalkamera ohne Hinweis auf zusätzlich anfallende Versandkosten zum Einstellen in die Suchmaschine mitgeteilt. Der Betreiber der Suchmaschine hat diese Angaben unverändert in seine Suchmaschine übernommen. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht darauf an, ob der Suchmaschinenbetreiber die Entscheidung getroffen hat, in seiner Suchmaschine nur Preise ohne Versandkosten zu listen. Das ändert nichts daran, dass es allein die Entscheidung des Werbenden ist, ob er sich einer solchen Suchmaschine bedient.
b)
Die Werbung der Klägerin verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 sowie Abs. 6 Satz 1 und 2 PAngV.
aa)
Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 sowie Abs. 6 Satz 1 und 2 PAngV sind Vorschriften, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (BGH, Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 25 = WRP 2008, 98 – Versandkosten). Die Anwendung dieser Vorschriften steht mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken in Einklang (BGH, Urt. v. 16.7.2009 – I ZR 140/07, GRUR 2010, 251 Tz. 16 f. = WRP 2010, 245 – Versandkosten bei Froogle I; Urt. v. 16.7.2009 – I ZR 50/07, GRUR 2010, 248 Tz. 16 = WRP 2010, 370 – Kamerakauf im Internet, m.w.N.).
bb)
Da die Klägerin einen Online-Shop unterhält, in dem sie Letztverbrauchern Elektronikprodukte im Wege des Versandhandels zum Kauf anbietet, hat sie nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 PAngV anzugeben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen. Die Bestimmung des § 1 Abs. 2 PAngV gilt zwar nach ihrem Wortlaut allein für Angebote; sie erfasst bei ihrer durch Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr im Binnenmarkt gebotenen richtlinienkonformen Auslegung aber auch die Werbung unter Angabe von Preisen (BGH GRUR 2010, 251 Tz. 12 – Versandkosten bei Froogle I, m.w.N.). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der beanstandete Auftritt in der Preissuchmaschine zumindest eine Werbung unter Angabe von Preisen darstellte.
cc)
Die Angaben nach der Preisangabenverordnung müssen gemäß § 1 Abs. 6 PAngV der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen (Satz 1) und dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein (Satz 2). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es diesen Anforderungen nicht genügt, wenn die Liefer- und Versandkosten – wie hier – nicht der Internetseite der Suchmaschine zu entnehmen sind, sondern erst auf der über eine elektronische Verknüpfung erreichbaren Internetseite des Werbenden genannt werden.
(1)
Ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung liegt im Allgemeinen allerdings nicht schon darin, dass auf einer Internetseite nur der Preis einer Ware ohne Hinweis darauf genannt wird, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen.
Der Verbraucher rechnet im Versandhandel damit, dass zusätzlich zum Warenpreis noch Versandkosten anfallen können. Daher genügt es in aller Regel den Anforderungen des § 1 Abs. 6 PAngV, wenn die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV anzugebenden Liefer- und Versandkosten alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite genannt werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb notwendig aufgerufen werden muss (vgl. BGH GRUR 2008, 84 Tz. 31 und 33 – Versandkosten; BGH GRUR 2010, 248 Tz. 24 ff. – Kamerakauf im Internet).
Die Höhe der Liefer- und Versandkosten hängt zudem häufig vom Umfang der Gesamtbestellung des Kunden ab. Deshalb reicht es auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV aus, bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird (BGH GRUR 2010, 248 Tz. 27 – Kamerakauf im Internet).
(2)
Eine Werbung für Waren in Preisvergleichslisten einer Preissuchmaschine ist jedoch – wie der Senat inzwischen entschieden hat (BGH GRUR 2010, 251 Tz. 13 ff. – Versandkosten bei Froogle I) – anders zu beurteilen. Hier dürfen die zum Kaufpreis hinzukommenden Versandkosten nicht erst auf der eigenen Internetseite des Anbieters genannt werden, die über eine – beispielsweise bei der Warenabbildung oder dem Produktnamen angebrachte – elektronische Verknüpfung erreicht werden kann.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Preisangabenverordnung bezweckte leichte Vergleichbarkeit des aus dem Endpreis sowie den Liefer- und Versandkosten bestehenden Gesamtpreises einer Ware nicht gewährleistet ist, wenn in einer Preissuchmaschine nur der Kaufpreis ohne Versandkosten genannt wird. Preissuchmaschinen sollen dem Verbraucher vor allem einen schnellen Überblick darüber verschaffen, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das fragliche Produkt letztlich fordert. Deshalb erwartet der Verbraucher die Angabe des Endpreises sowie aller zusätzlichen Kosten. Da die Versandkosten der verschiedenen Anbieter nicht unerheblich voneinander abweichen, ist der Verbraucher für einen Kostenvergleich darauf angewiesen, dass in der Liste nur Preise genannt werden, die diese Kosten einschließen oder bei denen jedenfalls darauf hingewiesen wird, in welcher Höhe zusätzliche Versandkosten anfallen. Umgekehrt rechnet der Verbraucher nicht damit, dass der in der Preisvergleichsliste angegebene Preis noch unvollständig und der letztlich zu zahlende Betrag nur dadurch zu erfahren ist, dass die Internetseite des Anbieters aufgesucht wird (BGH GRUR 2010, 251 Tz. 14 – Versandkosten bei Froogle I).
Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Angabe eines Kaufpreises ohne Hinweis auf zusätzlich anfallende Versandkosten in einer Preissuchmaschine darüber hinaus eine für die Kaufentscheidung wesentliche Weichenstellung herbeiführen kann. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der Verbraucher, der sich mit Hilfe einer Preisvergleichsliste informiert, sich bevorzugt mit den preisgünstigsten Angeboten befasst und über die elektronische Verknüpfung die Internetseite eines entsprechenden Anbieters aufsucht. Wird der Verbraucher erst nach dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass bei dem fraglichen Produkt zusätzliche Versandkosten anfallen, ist eine für den Kaufentschluss wichtige Vorauswahl bereits getroffen. Auch wenn sich ein Teil der Interessenten der Mühe unterziehen wird, nunmehr zu überprüfen, ob bei den Preisen der anderen Anbieter ebenfalls die Versandkosten noch nicht eingeschlossen waren, wird ein anderer Teil aufgrund des Hinweises auf die Versandkosten annehmen, dass wohl auch bei den anderen Anbietern noch zusätzlich Versandkosten anfallen. Unabhängig davon bleibt der Anlockeffekt, der in jedem Fall damit verbunden ist, dass bei der Preisangabe in der Preisvergleichsliste ein Hinweis auf die noch zusätzlich zu zahlenden Versandkosten fehlt (BGH GRUR 2010, 251 Tz. 15 – Versandkosten bei Froogle I).
dd)
Die beanstandete Werbung ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG 2004) bzw. die Interessen von Mitbewerbern und Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1, 2 Satz 1 UWG 2008). Die Nichtberücksichtigung der Versandkosten kann dazu führen, dass das Angebot der Klägerin in der Günstigkeitshierarchie der Suchmaschine vor Angeboten von Mitbewerbern erscheint, die hinsichtlich des Gesamtpreises preisgünstiger sind. Die Nutzer der Preisvergleichsliste können dadurch dazu verleitet werden, sich näher mit dem Angebot der Klägerin statt mit dem Angebot der Mitbewerber zu befassen (vgl. BGH GRUR 2010, 251 Tz. 19 – Versandkosten bei Froogle I).
3.
Der Unterlassungsantrag zu 1 ist auch deshalb begründet, weil die beanstandete Werbung zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis der Digitalkamera enthält bzw. Informationen über zusätzliche Fracht-, Liefer- und Zustellkosten vorenthält und daher gegen §§ 8, 3 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 UWG 2004, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 5a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UWG 2008 verstößt (vgl. BGH GRUR 2010, 251 Tz. 17 – Versandkosten bei Froogle I).
Die Angabe des Verkaufspreises ohne Versandkosten auf der Preisvergleichsseite einer Preissuchmaschine führt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher zur Fehlvorstellung, die beworbene Ware könne zu dem angegebenen Preis ohne weitere Kosten erworben werden und hat dadurch zugleich einen wettbewerbsrechtlich relevanten Anlockeffekt.
II.
Der Unterlassungsantrag zu 2 ist gleichfalls nach §§ 8, 3 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 UWG 2004, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG 2008 begründet.
1.
Die Klägerin ist als Täterin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG wettbewerbsrechtlich dafür verantwortlich, dass in der Suchmaschine für die fragliche Digitalkamera ein Preis angegeben ist, der niedriger ist als der Preis, den sie – ausweislich der Angaben in ihrem eigenen Online-Shop – tatsächlich verlangt hat. Die Klägerin hat dem Betreiber der Suchmaschine den – von ihr zunächst auch tatsächlich geforderten – Kaufpreis der Digitalkamera mitgeteilt. Dieser hat den mitgeteilten Kaufpreis unverändert in die Suchmaschine eingestellt. Zu einem späteren Zeitpunkt hat die Klägerin den Kaufpreis heraufgesetzt, obwohl in der Suchmaschine noch der niedrigere Kaufpreis angezeigt war. Dies hat dazu geführt, dass der in der Suchmaschine angegebene Preis der Digitalkamera bis zur folgenden Nacht unterhalb des Preises gelegen hat, den die Klägerin tatsächlich verlangt hat.
Da die Klägerin die Abweichung zwischen dem in der Suchmaschine beworbenen Preis und dem von ihr tatsächlich geforderten Preis durch die Erhöhung des Kaufpreises selbst herbeigeführt hat, kommt es auch insoweit nicht darauf an, ob die Klägerin für das Verhalten des Betreibers der Suchmaschine nach § 8 Abs. 2 UWG haftet. Die Klägerin macht deshalb ohne Erfolg geltend, sie sei nicht verantwortlich dafür, dass der Betreiber der Suchmaschine die mitgeteilten Preisänderungen nur einmal täglich in das System übernehme (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 123/08 Tz. 20 – Espressomaschine).
Im Übrigen hat die Klägerin sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Suchmaschine in Kenntnis der technischen und zeitlichen Abläufe bedient. Sie wusste daher, dass der Betreiber der Suchmaschine die von den Werbenden mitgeteilten Preisänderungen nur einmal täglich, nämlich um 2 Uhr nachts, in das System übernimmt. Sie hätte eine Abweichung zwischen dem in der Suchmaschine ausgewiesenen und dem tatsächlich geforderten Preis daher beispielsweise dadurch vermeiden können, dass sie den Preis der Digitalkamera gleichfalls erst um 2 Uhr nachts erhöht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine frühere Preiserhöhung, wie die Klägerin geltend macht, zwingend erforderlich war. Die Klägerin hätte auch darauf hinwirken können, dass Preisänderungen entweder unverzüglich in die Suchmaschine eingestellt werden oder auf der Internetseite der Suchmaschine ausreichend deutlich auf die möglicherweise fehlende Aktualität der Preisangaben hingewiesen wird (vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 123/08 Tz. 12 ff. – Espressomaschine).
2.
Die von der Klägerin zu verantwortende Werbung mit einem geringeren als dem tatsächlich geforderten Preis ist nach § 5 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 UWG 2004, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 UWG 2008 irreführend.
a)
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe dadurch, dass sie den der Suchmaschine gemeldeten Preis der Digitalkamera nachträglich geändert habe, so dass in der Suchmaschine bis zur folgenden Nacht ein vom tatsächlichen Verkaufspreis abweichender Preis erschienen sei, eine falsche Vorstellung über den Preis ihrer Ware erregt. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher erwarte, dass die in einer Preissuchmaschine im Internet angegebenen Preise aktuell seien.
b)
Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe der Klägerin unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO keine Gelegenheit gegeben, sich zu der angeblichen Verbrauchererwartung zu äußern, die es seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Hätte es ihr rechtliches Gehör gewährt, hätte sie beispielhaft einige Testberichte von Nutzern der beiden führenden Suchmaschinen vorgelegt und dazu vorgetragen, die Erwartungen der Verbraucher hinsichtlich der Aktualität einer Preissuchmaschine würden erfüllt, wenn die Suchmaschine ihre Internetseite im 24-Stunden-Takt jeweils um 2 Uhr nachts aktualisiere.
Entgegen der Darstellung der Revision hatte die Klägerin ausreichend Gelegenheit, zur Verbrauchererwartung hinsichtlich der Preisaktualität von Suchmaschinen vorzutragen, und hat dies auch getan. Der Revision ist es verwehrt, neuen Sachvortrag in den Rechtsstreit einzuführen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Mit ihrer anderen Beurteilung der Verbrauchererwartung versucht die Revision im Übrigen lediglich, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Insbesondere widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts, der durchschnittlich informierte Nutzer einer Preissuchmaschine erwarte, dass die dort angegebenen Preise aktuell seien, nicht der Lebenserfahrung (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 123/08 Tz. 10 – Espressomaschine).
3.
Die Irreführung der Verbraucher über den Preis der Ware ist auch wettbewerbsrechtlich relevant und geeignet, zu einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher (§ 3 UWG 2004) bzw. zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Interessen von Mitbewerbern und Verbrauchern (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG 2008) zu führen.
C.
Die Revision der Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 08.02.2007, Az. 35 O 125/06 KfH
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.01.2008, Az. 2 U 12/07