BGH: Zur Berechnung des Schadens und zur Auskunftspflicht des Verletzers bei einer Urheberrechtsverletzung

veröffentlicht am 8. März 2013

BGH, Urteil vom 16.08.2012, Az. I ZR 96/09
§ 97 Abs. 1 UrhG aF; § 242 BGB

Der BGH hat entschieden, dass im Falle einer urheberrechtswidrigen Veröffentlichung von Bildern in einer Tageszeitung seitens der Zeitung Auskunft zu erteilen ist, um die Berechnung des Schadensersatzes für den Urheber zu ermöglichen. Diese Auskunft müsse sich auf alle Faktoren beziehen, die zur Berechnung erforderlich seien. Im vorliegenden Fall seien dies die Anzahl verkauften Exemplare der Zeitung, in welcher die Bilder abgedruckt waren, eine dezidierte Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben über den mit den jeweiligen Ausgaben in Deutschland erwirtschafteten Gewinn sowie die Anzahl der in Deutschland an den einzelnen Wochentagen (Montag bis Freitag) des Juni 2007 verkauften Exemplare der Zeitung zu Vergleichszwecken für eine mögliche Auflagensteigerung. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2012 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Mai 2009 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 3 (Nr. 3 der Urteilsformel des Landgerichts) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 13. November 2008 abgeändert und die Klage mit dem Antrag zu 3 abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4. Der Kläger trägt 1/4 der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten. Im Übrigen behält der Streithelfer seine außergerichtlichen Kosten auf sich.

Tatbestand

Die Beklagte, die die Bild-Zeitung verlegt, erwarb von dem Streithelfer Rainer L. Filmaufnahmen, die den tödlichen Fallschirmsprung des Politikers Jürgen Möllemann am 5. Juni 2003 zeigten. Sie erstellte daraus einzelne Bilder und veröffentlichte diese in den Ausgaben der Bild-Zeitung vom 29. und 30. Juni 2007.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich an Bord des Flugzeugs befunden, aus dem Jürgen Möllemann am 5. Juni 2003 abgesprungen sei, und habe die Filmaufnahmen gemacht. Für die mit den Ausgaben der Bild-Zeitung vom 29. und 30. Juni 2007 erzielten Verkaufs- und Anzeigenerlöse seien die Veröffentlichungen der fraglichen Bilder mitursächlich gewesen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe das ihm an der Bildfolge zustehende Schutzrecht schuldhaft verletzt und sei deshalb zur Auskunft über die verkauften Zeitungsexemplare und die von ihr erzielten Einnahmen und Ausgaben verpflichtet. Die Auskunft benötige er, um seinen Schadensersatzanspruch zu berechnen.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm
1. Auskunft zu erteilen über die Anzahl der am 29. Juni 2007 (Ausgabe 149/26) sowie am 30. Juni 2007 (Ausgabe 150/26) verkauften Exemplare der Bild-Zeitung sowie durch dezidierte Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen über den mit den jeweiligen Ausgaben in Deutschland erwirtschafteten Gewinn;
2. Auskunft zu erteilen über die Anzahl der in Deutschland an den einzelnen Wochentagen (Montag bis Freitag) des Juni 2007 verkauften Exemplare der Bild-Zeitung;
3. Auskunft zu erteilen über die entsprechenden Vergleichszahlen aus dem Monat Juni der Jahre 2005 und 2006.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, ihr seien die Rechte, die Bilder öffentlich zugänglich zu machen, von Rainer L. eingeräumt worden. Zwischen der Veröffentlichung der Bilder und den von ihr erzielten Verkaufserlösen und Anzeigeneinnahmen bestehe kein Zusammenhang.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2009 – 4 U 220/08, juris).

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Das Berufungsgericht hat die Auskunftsansprüche nach § 97 Abs. 1 UrhG aF in Verbindung mit § 242 BGB für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil sie dessen Recht an den auf der CD-Rom aufgenommenen Laufbildern im Sinne von § 95 UrhG verletzt habe. Zwischen den Parteien sei nicht mehr umstritten, dass der Kläger die Filmaufnahmen gefertigt habe.

Die Beklagte habe die Bilder öffentlich zugänglich gemacht, ohne mit der nötigen Sorgfalt zu prüfen, ob die Person, von der sie Rechte herleite, zu deren Einräumung imstande gewesen sei.

Dem Kläger sei durch die Verletzung seines Schutzrechts an den Laufbildern ein Schaden entstanden. Zu dessen Berechnung benötige er die verlangten Angaben über die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit den Verkaufs- und Anzeigenerlösen der Beklagten. Diese seien mittelbar auf die rechtswidrige Nutzung des Schutzrechts des Klägers an den Laufbildern zurückzuführen. Auch ein nur mittelbar erzielter Gewinn könne bei der Schadensbemessung nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns berücksichtigt werden. Die Angaben seien auch für die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie erforderlich. Für die Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr sei der Wert des verletzten Rechts von Bedeutung, der durch den Gewinn aus der Verwertung des Rechts beeinflusst werde.

II.
Die Revision hat keinen Erfolg, soweit sie gegen die Verurteilung nach den Klageanträgen zu 1 und 2 gerichtet ist. Dagegen ist die gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 3 gerichtete Revision begründet.

1.
Die Parteien haben die geltend gemachten Ansprüche nicht durch Abschluss eines Vergleichs (§ 779 BGB) einverständlich geregelt. Ein Vergleich ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Sie haben zwar bekundet, einen Vergleich auf der Grundlage des vom Senat gemachten Vorschlags abschließen zu wollen. Den Erklärungen fehlt aber der erforderliche Rechtsbindungswillen. Sie gehen über unverbindliche Absichtserklärungen nicht hinaus.

2.
Das Berufungsgericht hat zu Recht den mit den Klageanträgen zu 1 und 2 verfolgten Auskunftsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG aF in Verbindung mit § 242 BGB bejaht.

a)
Die Frage, inwieweit dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und zur Vorbereitung der Berechnung des Schadensersatzanspruchs ein unselbständiger Auskunftsanspruch zusteht, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht. Das vorliegende Verfahren hat rechtsverletzende Handlungen am 29. und 30. Juni 2007 zum Gegenstand. Auf den in Rede stehenden Schadensersatzanspruch und dem seiner Durchsetzung dienenden Auskunftsanspruch ist danach § 97 Abs. 1 UrhG aF anwendbar.

b)
Der aus § 97 Abs. 1 UrhG aF und § 242 BGB abgeleitete unselbständige Anspruch auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung eines Schadensersatzanspruchs setzt voraus, dass die Beklagte widerrechtlich und schuldhaft ein dem Kläger nach dem Urheberrechtsgesetz zustehendes Recht verletzt hat (dazu unter aa), dem Kläger aufgrund dieser Rechtsverletzung ein Schadensersatzanspruch zusteht (dazu unter bb), zu dessen Berechnung die Auskunft erforderlich ist und der Kläger in entschuldbarer Weise über den Umfang des Anspruchs im Unklaren ist (dazu unter cc), während die Beklagte unschwer Auskunft erteilen kann (dazu unter dd; vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2010 – I ZR 122/08, GRUR 2010, 1090 Rn. 14 = WRP 2010, 1520 Werbung des Nachrichtensenders; hierzu allgemein auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 232 f. – Monumenta Germaniae Historica; Urteil vom 13. Dezember 2001 – I ZR 44/99, GRUR 2002, 602, 603 = WPR 2002, 715 – Musikfragmente). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

aa)
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte in das dem Kläger zustehende Recht an den Laufbildern über den Fallschirmabsturz von Jürgen Möllemann widerrechtlich und schuldhaft eingegriffen hat (§ 97 Abs. 1 UrhG aF in Verbindung mit § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 UrhG). Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass der Kläger die Filmaufnahmen hergestellt hat. Diese genießen als Bildfolge im Sinne von § 95 UrhG Laufbildschutz. Das dem Kläger als Hersteller nach § 94 Abs. 1 Satz 1, § 95 UrhG zustehende ausschließliche Recht umfasst auch einzelne Teile der Bildfolge unabhängig von der Größe oder Länge des Ausschnitts (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – I ZR 42/05, BGHZ 175, 135 Rn. 18 – TV-Total). Zu den geschützten Teilen der Bildfolge rechnen auch Einzelbilder (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl., § 94 Rn. 29). Dieses Recht hat die Beklagte durch die Veröffentlichung einzelner Bilder aus den vom Kläger hergestellten Filmaufnahmen in den Ausgaben der Bild-Zeitung vom 29. und 30. Juni 2007 verletzt.

Die Beklagte hat die Verletzungshandlungen schuldhaft, und zwar fahrlässig, begangen. Sie war verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, dass sie durch die Veröffentlichung der in Rede stehenden Bilder nicht in die Rechte des Klägers als Hersteller der Laufbilder eingreift (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 – I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 375 – Schallplattenimport III; Urteil vom 10. Oktober 1991 – I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 36 f. Bedienungsanweisung; Urteil vom 25. März 2010 – I ZR 130/08, CR 2011, 263 Rn. 20). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht nachgekommen. Das zieht die Revision auch nicht in Zweifel.

bb)
Aufgrund der schuldhaften Verletzung seines ausschließlichen Schutzrechts an den Laufbildern steht dem Kläger als Hersteller nach § 97 Abs. 1 UrhG aF ein Schadensersatzanspruch zu. Hierfür stehen die drei Berechnungsarten zur Verfügung: die konkrete Schadensberechnung einschließlich des entgangenen Gewinns, Schadensersatz in Höhe der angemessenen Lizenzgebühr oder Herausgabe des Verletzergewinns (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 – I ZR 98/06, BGHZ 181, 98 Rn. 32 – Tripp-Trapp-Stuhl; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 – I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Rn. 22 = WRP 2009, 319 Whistling for a train; Urteil vom 26. März 2009 I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Rn. 13 = WRP 2009, 847 Resellervertrag).

Die Verletzungshandlung liegt nach dem 29. April 2006 und damit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nach ihrem Art. 20 Abs. 1 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war. Deshalb ist auch die Auslegung des vor diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen § 97 Abs. 1 UrhG aF soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92, Slg. 1994, I-3325 = NJW 1994, 2473 Rn. 26 Dori/Recreb). Für die hier interessierende Frage der Möglichkeit der Berechnung des Schadensersatzes auf dreierlei Weise hat sich durch die Richtlinie 2004/48/EG nichts geändert. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2004/48/EG sieht die Möglichkeit der Berechnung des Schadensersatzanspruchs anhand des konkreten, dem Verletzten entstandenen Schadens, des vom Verletzer erzielten Gewinns oder der Lizenzanalogie vor (hierzu auch Erwägungsgrund 26 der Richtlinie).

cc)
Die Auskunft über die Anzahl der am 29. und 30. Juni 2007 verkauften Exemplare der Bild-Zeitung sowie den in Deutschland erwirtschafteten Gewinn anhand einer Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben (Klageantrag zu 1) und über die Anzahl der im Inland an den Wochentagen (Montag bis Freitag) des Juni 2007 verkauften Exemplare der Bild-Zeitung (Klageantrag zu 2) ist zur Berechnung des Schadensersatzanspruchs erforderlich. Allerdings kann ein aus § 97 Abs. 1 UrhG aF und § 242 BGB abgeleiteter unselbständiger Anspruch auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung des Schadensersatzanspruchs nur in dem Umfang bestehen, in dem eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 – I ZR 27/03, BGHZ 166, 233 Rn. 45 Parfumtestkäufe; BGH, GRUR 2010, 1090 Rn. 19 – Werbung des Nachrichtensenders). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger die begehrte Auskunft über die Anzahl der verkauften Zeitungsexemplare und den erzielten Gewinn der Beklagten vom 29. und 30. Juni 2007 und – als Vergleichsmaßstab – über die Anzahl der im Juni 2007 von montags bis freitags verkauften Exemplare der Bild-Zeitung für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns und der Lizenzgebühr benötigt. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

(1)
Der Kläger kann die Herausgabe des Verletzergewinns insoweit verlangen, als dieser auf der Rechtsverletzung beruht (vgl. BGHZ 181, 98 Rn. 41 – Tripp-Trapp-Stuhl; BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 87/07, GRUR 2010, 237 Rn. 20 = WRP 2010, 390 – Zoladex). Der herauszugebende Gewinn muss aus der Schutzrechtsverletzung gezogen worden sein. Jeder ursächliche Zusammenhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erlangten Gewinn reicht grundsätzlich aus (BGH, Urteil vom 29. Mai 1962 – I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 – Dia-Rähmchen II). Dagegen ist der Gewinn nicht herauszugeben, soweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem vom Verletzer erzielten Gewinn ganz oder teilweise fehlt (BGH, Urteil vom 30. Januar 1959 – I ZR 82/57, GRUR 1959, 379, 380 Gasparone I).

(2)
Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zu Recht angenommen, ein Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem von der Beklagten erzielten Gewinn sei im Streitfall gegeben, weil die Verkaufs- und Anzeigenerlöse auf die rechtswidrige und schuldhafte Nutzung des ausschließlichen Schutzrechts des Klägers zurückzuführen seien. Bei einer mittelbaren Medienfinanzierung – etwa bei einem Nachrichtensender und einem Nachrichtenportal im Internet, die sich über Werbeerlöse finanzierten komme es nicht darauf an, wie hoch die Zahlungsbereitschaft der werbenden Unternehmen für die konkrete Berichterstattung sei. Es genüge die Zahlungsbereitschaft für vergleichbare Inhalte. Diese Grundsätze seien auch im vorliegenden Fall anzuwenden, in dem es um die Verwertung der Bilder in einer gedruckten Zeitung gehe, die sowohl über Verkaufs- als auch über Anzeigenerlöse finanziert werde.

(3)
Die Revision setzt dem ohne Erfolg entgegen, der Verletzergewinn müsse auf der Rechtsverletzung beruhen. Davon könne im Streitfall nicht ausgegangen werden. Für die Erzielung der Verkaufs- und Anzeigenerlöse am 29. und 30. Juni 2007 seien die in der Bild-Zeitung veröffentlichten Bilder aus den Filmaufnahmen des Beklagten nicht kausal. Die Anzeigen seien unabhängig vom jeweiligen Inhalt der Zeitungsausgaben gebucht. Der Kläger könne allenfalls den an den fraglichen Tagen erzielten, auf der Veröffentlichung der Bilder beruhenden Mehrgewinn herausverlangen. Das Auskunftsverlangen könne sich daher nur auf eine außergewöhnliche Auflagensteigerung beziehen. Einkunftsarten, die mit der Rechtsverletzung nicht im Zusammenhang stünden, dürften nicht in die Betrachtung einbezogen werden.

Für die Beurteilung, ob die Verwendung der fraglichen Bilder der Filmaufnahmen des Klägers für die Anzeigenerlöse ursächlich geworden ist, kommt es wie der Senat für einen vergleichbaren Fall in dem Urteil „Werbung des Nachrichtensenders“ (BGH, GRUR 2010, 1090 Rn. 23) bereits entschieden hat – nicht darauf an, ob die Anzeigenkunden den redaktionellen Inhalt der Zeitung vorhersehen konnten. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Anzeigeneinnahmen und der Bildberichterstattung reicht es vielmehr aus, dass die Anzeigenkunden der Beklagten ihre Werbung im Umfeld einer redaktionellen Berichterstattung platzieren. Das folgt aus der Aufmachung einer Zeitung, auch einer Boulevardzeitung wie der Bild-Zeitung, bei der redaktionelle Texte und Bildberichterstattung einerseits und Anzeigen andererseits zu einer einheitlichen Gesamtaufmachung zusammengefasst werden und bei der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die von der Aktualität der redaktionellen Berichterstattung ausgehende Aufmerksamkeit des Publikums dazu benutzt wird, das dadurch geweckte Interesse der Leser auch auf die bezahlten Anzeigen zu lenken. Mit diesem Ziel platzieren die Kunden der Beklagten ihre Anzeigen in der Zeitung. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass den Anzeigenaufträgen der Kunden der Beklagten die Einbindung der Werbung in die redaktionelle Berichterstattung zugrunde liegt. Das liegt bei einem Anzeigenauftrag für eine Zeitung auch auf der Hand. Damit ist die Berichterstattung einschließlich der Bildberichterstattung mitursächlich für die Anzeigeneinnahmen. Da am 29. und 30. Juni 2007 zu der redaktionellen Berichterstattung auch Bilder aus den Filmaufnahmen des Klägers zählten, sind diese mitursächlich für die Anzeigenerlöse der Beklagten geworden. Dasselbe gilt für die Erlöse, die die Beklagte durch den Verkauf der Bild-Zeitung an diesen Tagen erzielt hat. Die Leser kaufen die Zeitung in erster Linie wegen ihres redaktionellen Inhalts.

Dieser ursächliche Zusammenhang zwischen der Berichterstattung und den Verkaufs- und Anzeigenerlösen wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Höhe dieser Einnahmen von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist, zu denen nicht ausschließlich die tagesaktuelle Berichterstattung, sondern weitere Umstände zählen, wie etwa das allgemeine Leserinteresse, das der Bild-Zeitung entgegengebracht wird, sowie ihre Stellung im Markt die Absatzbemühungen der Beklagten im Hinblick auf die verkaufte Auflage und die Anzeigenaufträge. Diese für die Einnahmen ebenfalls mitbestimmenden Faktoren schließen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Berichterstattung, einschließlich der Bildberichterstattung, und den Verkaufs- und Anzeigenerlösen nicht aus. Daraus ergibt sich nur, dass der Verletzergewinn lediglich zu einem Bruchteil auf der Urheberrechtsverletzung der Beklagten beruht und nur in diesem Umfang herauszugeben ist.

Entgegen der Ansicht der Revision kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Ausgaben der Bild-Zeitung am 29. und 30. Juni 2007 mit anderen Inhalten als den Bildern aus dem Film des Klägers hätte füllen können. Mit diesem Einwand ist die Beklagte nach Sinn und Zweck der Schadensberechnung anhand des Verletzergewinns ausgeschlossen. Der Verletzergewinn ist deshalb auch nicht – wie die Revision meint – auf einen Mehrgewinn durch die fragliche Bildveröffentlichung beschränkt.

Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, den der verletzte Rechtsinhaber erlitten hat. Es wäre unbillig, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf der unbefugten Benutzung des Ausschließlichkeitsrechts beruht. Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 2000 – I ZR 246/98, BGHZ 145, 366, 371 – Gemeinkostenanteil; BGHZ 181, 98 Rn. 76 – Tripp-Trapp-Stuhl). Mit diesem Rechtsgedanken stünde es in Widerspruch, wenn der Verletzer den auf einer Rechtsverletzung beruhenden Gewinn behalten könnte, weil er von der Möglichkeit einer anderen Berichterstattung gerade keinen Gebrauch gemacht hat, sondern schuldhaft das Schutzrecht des Klägers verletzt hat.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger zur Berechnung des Verletzergewinns auch Auskunft über die Zahl der im Inland im Juni 2007 von montags bis freitags verkauften Exemplare der Bild-Zeitung beanspruchen kann. Der Kläger benötigt diese Angaben, um beurteilen zu können, ob die Beklagte mit der fraglichen Bildberichterstattung am 29. und 30. Juni 2007 eine Steigerung der Auflage der Bild-Zeitung gegenüber der Auflagenhöhe in einem Vergleichszeitraum erzielt hat. Damit wären zusätzliche Erlöse und eine Gewinnsteigerung verbunden, die eine Erhöhung des an den Kläger herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns zur Folge hätte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der fraglichen Bildberichterstattung in ausschließlich werbefinanzierten Medien, die die zwischen den Parteien ergangenen Senatsentscheidungen zum Gegenstand hatten (BGH, GRUR 2010, 1090 Werbung des Nachrichtensenders; BGH, CR 2011, 263). Während in den beiden letztgenannten Fällen die Höhe der Erlöse nicht durch den konkreten Inhalt der Sendungen beeinflusst wurde, ist im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, dass die fragliche Bildberichterstattung zu einer Steigerung der verkauften Auflage der Bild-Zeitung am 29. und 30. Juni 2007 geführt hat.

(4)
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger die mit den Klageanträgen zu 1 und 2 begehrte Auskunft auch zur Berechnung des Schadensersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie benötigt.

Bei dieser Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005, I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 – Pressefotos). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 407 Rn. 25 – Whistling for a train). Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenzgebühr liegt es nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem maßgeblichen Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (vgl. BGH, GRUR 2009, 407 Rn. 29 – Whistling for a train). Entsprechende Feststellungen zu einer bestehenden Branchenübung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Der Kläger hat deshalb ein berechtigtes Interesse, die für die Schadensschätzung erforderlichen Umstände zu erfahren. Hierzu rechnen die vom Verletzer erzielten Umsätze und der Gewinn (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 Rn. 49 = WRP 2010, 384 BTK) sowie die Vergleichszahlen über die Auflagenhöhe im Juni 2007.

(5)
Der Kläger ist auch in entschuldbarer Weise über den Umfang des Anspruchs im Unklaren. Er hat keine andere Möglichkeit, sich die für die Berechnung des Verletzergewinns und der Lizenzgebühr erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

dd)
Schließlich kann die Beklagte unschwer über die mit den Klageanträgen zu 1 und 2 beanspruchten Angaben Auskunft erteilen.

Die Revision macht in diesem Zusammenhang ohne Erfolg geltend, die Verpflichtung zur Offenlegung der Verkaufszahlen, der Einnahmen und Ausgaben und des erwirtschafteten Gewinns zur Berechnung des Schadensersatzanspruchs stelle einen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit und das durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Interesse an der Geheimhaltung der Geschäftsdaten dar und sei unverhältnismäßig.

(1)
Der Anspruch des Klägers auf die begehrte Auskunft tritt nicht hinter der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit der Beklagten zurück.

Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 verbürgte Pressefreiheit schützt die Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht (BVerfGE 66, 116, 133). Der Pressefreiheit kommt ein besonders hoher Rang zu (BVerfGE 35, 202, 221 f.). Die Pressefreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet. Sie findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Hierzu gehören § 97 Abs. 1 UrhG aF und § 242 BGB, die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs sind. Die Vorschriften dienen der wirksamen Durchsetzung von Ansprüchen nach einer Verletzung der im Urheberrechtsgesetz begründeten ausschließlichen Schutzrechte. Die aus den allgemeinen Gesetzen sich ergebenden Grenzen der Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG müssen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ihrerseits im Licht dieser Grundrechte gesehen und selbst wieder eingeschränkt werden (BVerfGE 7, 198, 208 f.).

Die danach grundsätzlich erforderliche Abwägung zwischen der Pressefreiheit, auf die die Beklagte sich berufen kann, und dem Anspruch des Klägers auf effektive Verfolgung seines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung seines Schutzrechts geht zugunsten des Klägers aus. Die durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit wird durch die begehrte Auskunft in einem allenfalls geringen Ausmaß betroffen, weil die Auskunft sich nur auf die mit den Ausgaben der Bild-Zeitung vom 29. und 30. Juni 2007 verbundenen Verkaufszahlen und Erlöse unter Angabe der Einnahmen und Ausgaben und die Höhe der Auflage der Bild-Zeitung in dem überschaubaren Zeitraum von montags bis freitags im Juni 2007 bezieht. Demgegenüber dient die Pressefreiheit nicht dazu, dass sich die Beklagte durch rechtswidrige und schuldhafte Eingriffe in ein ausschließliches Schutzrecht des Klägers in unzulässiger Weise Vorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb verschafft (vgl. BGH, GRUR 2010, 1090 Rn. 32 – Werbung des Nachrichtensenders; CR 2011, 263 Rn. 38).

(2)
Das durch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiegt das Interesse des Klägers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht hat zu einem konkreten Geheimhaltungsinteresse der Beklagten keine Feststellungen getroffen. Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, die Beklagte müsse befürchten, dass der Kläger die sensiblen Daten an Wettbewerber weitergeben werde. Die Revision zeigt nicht auf, dass es sich bei der begehrten Auskunft nach den Klageanträgen zu 1 und 2 um Angaben handelt, an denen die Beklagte ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse hat, das so schwer wiegt, dass dahinter das Auskunftsinteresse des Klägers zurücktreten müsste. Dazu müsste das Interesse der Beklagten an der Zurückhaltung der Informationen über das allgemeine Interesse jeden Unternehmens an der Zurückhaltung von internen Geschäftszahlen deutlich hinausgehen. Das ist vom Berufungsgericht weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

(3)
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte einen Wirtschaftsprüfervorbehalt vorsehen müssen. Die Auskunfts- und Rechnungslegung erfasst in dem Umfang, in dem sie der Kläger beanspruchen kann, keine geheimhaltungsbedürftigen Informationen der Beklagten, die die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts rechtfertigen könnte.

3.
Die Revision hat dagegen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunft nach dem Klageantrag zu 3 richtet. Mit diesem Klageantrag verlangt der Kläger Auskunft über die an den einzelnen Wochentagen (Montag bis Freitag) im Juni 2005 und 2006 verkauften Exemplare der Bild-Zeitung. Der Kläger kann die Erteilung der Auskunft mit diesem Inhalt von der Beklagten nicht verlangen, weil sie ohne Einfluss auf die Berechnung seines Schadensersatzanspruchs ist. Die Anzeigenaufträge werden regelmäßig ohne Bezug zu einer bestimmten Berichterstattung erteilt. Gegenteiliges macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann der Kläger die begehrten Angaben zu den Verkaufszahlen für die Monate Juni 2005 und 2006 nach dem Klageantrag zu 3 auch nicht beanspruchen, um zu kontrollieren, ob die für den 29. und 30. Juni 2007 mitgeteilten Verkaufszahlen plausibel sind. Die Angabe der Verkaufszahlen über den Zeitraum für Juni 2007 nach dem Klageantrag zu 2 hinaus für weitere zwei Monate allein zu dem Zweck, eine allgemeine Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen, ist unverhältnismäßig und der Beklagten daher nicht zumutbar.

Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch nach dem Klageantrag zu 3 geltend, die Auskünfte seien erforderlich, um zu prüfen, ob der Beklagten aus dem Verkauf der beiden streitgegenständlichen Ausgaben ein Mehrerlös entstanden sei, der auf die Benutzung des besonders attraktiven Aufmachers zurückzuführen sei. Um diese Prüfung vornehmen zu können, reicht die Auskunft nach dem Klageantrag zu 2 aus. Der zeitliche Abstand zwischen der Veröffentlichung am 29. und 30. Juni 2007 zu den Monaten Juni 2005 und 2006 ist so groß, dass die Auflagenzahlen in diesen Monaten für den vom Kläger angestrebten Vergleich ohnehin keine oder allenfalls so geringe Aussagekraft aufweisen, dass das Auskunftsverlangen nach dem Klageantrag zu 3 nicht gerechtfertigt ist.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 13.11.2008, Az. 8 O 288/07
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.05.2009, Az. I-4 U 220/08

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