BPatG: Die Wortmarke „myJobs“ ist für die Klasse „Werbung“ schutzfähig

veröffentlicht am 16. Januar 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBPatG, Beschluss vom 27.11.2013, Az. 29 W (pat) 523/12
§ 8 Abs. 2 MarkenG

Das BPatG hat entschieden, dass für die Wortmarke „myJobs“, die für die Waren-/Dienstleistungsklasse „Werbung“ angemeldet wurde, keine Eintragungshindernisse bestehen. Es gebe keinen unmittelbaren beschreibenden Begriffsinhalt des Zeichens in Bezug auf „Werbung“, so dass ein Freihaltebedürfnis zu verneinen sei. Auch die Unterscheidungskraft sei gegeben, denn um zu einer beschreibenden Bedeutung des Anmeldezeichens „myJobs“ im Sinne eines individuellen, auf die Wünsche und Bedürfnisse des jeweiligen Kunden zugeschnittenen Angebots im Bereich der Branche „Arbeitsmarkt“ zu gelangen, müssten mehrere gedankliche Zwischenschritte vollzogen werden. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 028 652.3

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. November 2013 unter Mitwirkung der … beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2012 wird aufgehoben.

Gründe

I.
Das Wortzeichen

myJobs

ist am 21. Mai 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Dienstleistungen der Klasse 35, nämlich „Werbung“ angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2012 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 35 des DPMA die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1, 8 2 Nr. MarkenG wegen Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die aus allgemein verständlichen englischen Wörtern zusammengesetzte Wortkombination „myJobs“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen mit „Meine Jobs“ übersetzt. Dass die Worte sprachregelwidrig zusammengeschrieben seien und das Wort „Jobs“ groß geschrieben werde, begründe die Schutzfähigkeit nicht, weil es sich um übliche Gestaltungsmittel handle. Das Zeichen weise für die beanspruchte Dienstleistung „Werbung“ einen beschreibenden Inhalt dahingehend auf, dass es sich um Werbung im Zusammenhang mit Jobs handle bzw. die Werbedienstleistungen speziell für Jobs konzipiert worden seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss des DPMA vom 3. Februar 2012 aufzuheben.

Sie vertritt Ansicht, das Zeichen beschreibe in der Bedeutung „meine Jobs/meine Arbeit“ in keiner Form die Tätigkeit der Anmelderin, weil die Tätigkeit einer Werbeagentur weder in der Kreation von Jobs noch schwerpunktmäßig darin bestehe, Jobs in irgendeiner Form zu bewerben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.
Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und hat Erfolg.

Der Eintragung des Wortzeichens „myJobs“ als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG stehen in Bezug auf die in Klasse 35 angemeldete Dienstleistung „Werbung“ keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. Weder ist ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – auf das die Markenstelle ihre Zurückweisung gestützt hat – zu bejahen, noch fehlt dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

1.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228, 229 Rdnr. 33 – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 – Standbeutel; BGH GRUR 2012, 1044, 1045 Rdnr. 9 – Neuschwanstein). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 – Link economy; a.a.O. – Neuschwanstein).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH a.a.O. – Link economy). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch).

Ausgehend hiervon haben Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006).

Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von (sloganartigen) Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortzeichen gerechtfertigt sind (EuGH GRUR 2010, 228, 231 Rdnr. 36 – Vorsprung durch Technik; GRUR 2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, 951 Rdnr. 12 – My World; GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 – Willkommen im Leben; a.a.O. Rdnr. 9 – Die Vision). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a.a.O. – My World, Willkommen im Leben u. Die Vision). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a.a.O. Rdnr. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a.a.O. Rdnr. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH a.a.O. – My World).

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungkraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Zeichen „myJobs“ in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung „Werbung“.

a)
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den beiden dem englischen Grundwortschatz zugehörigen Wörtern „my“ und „Jobs“ (Langenscheidt Grundwortschatz Englisch, 2000) zusammen.

aa)
„Jobs“ ist der Plural des englischen Substantivs „Job“ und bedeutet „(Arbeits)Stellen, Jobs“ (Pons – Das Online Wörterbuch, www.pons.de). Im Deutschen ist der Begriff mit übereinstimmendem Sinngehalt gebräuchlich.

bb)
Das Possessivpronomen „my“ wird mit „mein/meine“ übersetzt (Pons – Das Online Wörterbuch, www.pons.de). Breite Verkehrskreise sind an Kombinationen des Pronomens „my“ bzw. „mein“ mit einer reinen Sachangabe in der Werbung gewöhnt. Wörter wie „my“ und „mein“ sind vielfältig gebräuchlich und werbeüblich, um auszudrücken, dass die Sachangabe bzw. das beworbene Produkt Gegenstand einer subjektiven Perspektive ist; der Verbraucher wird in den Mittelpunkt gestellt und die Waren und Dienstleistungen werden als speziell für dessen Bedürfnisse bestimmt angepriesen (vgl. BPatG 33 W (pat) 509/12 – Mein Windpark; 30 W (pat) 85/10 – MYPILOT; 25 W (pat) 3/10 – Myfruit; 29 W (pat) 35/07 – my choice).

b)
Die angemeldete Wortkombination „myJobs“ wird daher von den angesprochenen Verkehrskreisen – im vorliegenden Fall überwiegend Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene – unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als „meine Jobs“, „meine Arbeitsplätze“ übersetzt und verstanden werden.

c)
Ausgehend hiervon hat das beanspruchte Wortzeichen „myJobs“ keinen (unmittelbar) beschreibenden Begriffsinhalt; in seiner Bedeutung „meine Jobs“ gibt es kein Merkmal für „Werbung“ an. „Jobs“ im weitesten Sinne können zwar Gegenstand von Werbedienstleistungen sein, aber es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutet. Üblich ist etwa eine Bezeichnung nach Art des Mediums oder der Branche, auf die die Werbeleistungen bezogen sind, während eine Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet nicht erfolgt (BGH a.a.O. Rdnr. 24 – My World).

Weder ist aber dem Zeichen „myJobs“ ein Hinweis auf die Art des verwendeten Mediums zu entnehmen, noch ist es als Beschreibung der Branche, für die (schwerpunktmäßig) gearbeitet wird, geeignet. Die Recherche des Senats hat ergeben, dass Werbedienstleistungen speziell für den Bereich des Arbeitsmarkts zwar üblich sind, auf diesen Branchenschwerpunkt jedoch nur mit den Schlagworten „Arbeitsmarkt“, „Personal-/Stellenvermittlung“, „Personalberatung“, „Personal“ oder mit dem Oberbegriff „Dienstleistungen (und Handel)“ hingewiesen wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Begriff „Jobs“ als Branchenbezeichnung üblich ist.

Dem interessierten Publikum begegnet das Wort „Jobs“ im Zusammenhang mit Werbeagenturen vielmehr regelmäßig auf deren Internetseiten nur als Verknüpfung bzw. sog. Reiter zu Informationen über aktuell offene Stellenangebote in der Agentur selbst, wie die Recherchen des Senats ergeben haben. Aufgrund der Verbindung des Wortes „Jobs“ mit dem Possessivpronomen „my“ werden die Jobs personalisiert, so dass der Hinweis auf eigene Arbeitsplätze des jeweiligen Werbedienstleisters noch verstärkt wird.

Demgegenüber bedarf es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, um zu einer beschreibenden Bedeutung des Anmeldezeichens „myJobs“ im Sinne eines individuellen, auf die Wünsche und Bedürfnisse des jeweiligen Kunden zugeschnittenen Angebots im Bereich der Branche „Arbeitsmarkt“ zu gelangen. Eine solche analysierende Betrachtung hat aber zu unterbleiben.

d)
Die Markenstelle hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den grafischen Elementen – der Zusammenschreibung der beiden Wörter sowie der Binnengroßschreibung – um werbeübliche Ausgestaltungen handelt, die für sich genommen die Schutzfähigkeit nicht zu begründen vermögen (vgl. BPatG 27 W (pat) 231/09 – AssayBuilder, 24 W (pat) 66/07 – babyRuf, 29 W (pat) 93/03 – AuditMaster, 30 W (pat) 29/02 – myWebAssistant.de, 30 W (pat) 138/01 – myMusicScore).

2.
Da das angemeldete Wortzeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt in Bezug auf „Werbung“ hat, kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

I