BVerfG, Urteil vom 01.12.2009, Az. 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07
Art. 4 Abs. 1, 2, 140 GG; Art. 139 WRV
Das BVerfG hat entschieden, dass die vom Bundesland Berlin praktizierte Zulassung von Geschäftsöffnungszeiten an allen vier Adventsonntagen dem Grundgesetz widerspricht. Die Möglichkeit der Ladenöffnung an allen vier Adventssonntagen sei mit den Schutzpflichtanforderungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 139 WRV nicht mehr in Einklang zu bringen. Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe müsse diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben; die Ausnahme davon bedürften eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes. Bloße wirtschaftliche Interessen von Verkaufsstelleninhabern und alltägliche Erwerbsinteressen der Käufer für die Ladenöffnung genügten dafür grundsätzlich nicht.
Zudem müssten bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht vorliegen, wenn mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollten. Vor diesem Hintergrund unterschreite die voraussetzungslose siebenstündige Öffnung an allen vier Adventssonntagen ohne hinreichend gewichtige Gründe das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß des Sonntagsschutzes. Die Regelung über die Öffnung aufgrund Allgemeinverfügung an vier weiteren Sonn- und Feiertagen trage nur bei einschränkender Auslegung den Erfordernissen des vom Gesetzgeber zu gewährleistenden Mindestschutzes Rechnung. Die für verfassungswidrig erklärte Adventssonntagsregelung bleibt allerdings noch bis zum 31. Dezember 2009 anwendbar, so dass die Ladenöffnung an den vier Adventssonntagen in diesem Jahr in Berlin noch möglich ist. Zu den Entscheidungsgründen im Einzelnen verweisen wir auf den Volltext der Entscheidung (JavaScript-Link: Urteil) und die Pressemitteilung des BVerfG (JavaScript-Link:Pressemitteilung).