EuG: Das HABM muss nicht jede fehlerhafte Fax-Mitteilung gegenüber dem Absender anzeigen

veröffentlicht am 28. März 2011

Rechtsanwalt Dr. Ole DammEuG, Urteil vom 15.03.2011, Az. T-50/09
Regel 80 Abs. 2 EU-VO Nr. 2868/95

Das Europäische Gericht Erster Instanz hat entschieden, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) bei einer unvollständigen Fax-Sendung eines Markeninhabers nicht immer gehalten ist, diesen auf die Unvollständigkeit hinzuweisen. Die Faxmitteilung hatte mit den Worten begonnen „Wir möchten die folgenden Beweisstücke vorlegen …“ aber keines der fraglichen Beweisstücke enthalten. Damit sei die Faxmitteilung aber noch nicht unvollständig im Sinne von Regel 80 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95. Der Wortlaut dieser Regel lautet:

Ist eine durch Fernkopierer erhaltene Mitteilung unvollständig oder unleserlich oder hat das [HABM] ernste Zweifel in Bezug auf die Richtigkeit der Übermittlung, so teilt das [HABM] dies dem Absender mit und fordert ihn auf, innerhalb einer vom [HABM] festgelegten Frist das Originalschriftstück durch Fernkopierer nochmals zu übermitteln oder das Originalschriftstück gemäß Regel 79 Buchstabe a) vorzulegen. Wird dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen, so gilt der Tag des Eingangs der nochmaligen Übermittlung oder des Originalschriftstücks als der Tag des Eingangs der ursprünglichen Mitteilung … Wird der Aufforderung nicht fristgemäß nachgekommen, so gilt die Mitteilung als nicht eingegangen.“

Eine solche Mitteilung, so das EuG, könne nur dann als unvollständig angesehen werden, wenn der Absender tatsächlich beabsichtigt und versucht habe, die fraglichen Beweisstücke durch Fernkopierer zu übermitteln.

Das Ziel dieser Bestimmung besteht darin, den Absendern von Fax-Mitteilungen an das HABM die Möglichkeit zu geben, diesem nach Ablauf der Widerspruchsfrist ihre Unterlagen nochmals zu übermitteln oder die Originalschriftstücke vorzulegen, wenn eine der in dieser Regel angesprochenen Situationen vorliege, damit sie die sich daraus ergebenden Mängel beheben können (Urteil des Gerichts vom 15. Mai 2007, Black & Decker/HABM – Atlas Copco [dreidimensionale Darstellung eines gelb-schwarzen Elektrowerkzeugs u. a.], T?239/05, T?240/05, T?245/05 bis T?247/05, T?255/05 und T?274/05 bis T?280/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60). Das HABM habe zu Recht feststellt, dass diese Bestimmung auf Fälle abziele, in denen ein objektives Element, das mit besonderen oder anormalen technischen Umständen zusammenhänge, die nicht dem Willen des fraglichen Beteiligten unterlägen, diesen daran hindere, die Unterlagen in zufriedenstellender Weise durch Fernkopierer zu übermitteln.

Habe der Absender dagegen nur ein Schreiben, in dem alle Beweisstücke aufgezählt werden, die er geltend zu machen beabsichtigte, durch Fernkopierer übermitteln wollen und diese dann als Anlage zum auf dem Postweg versendeten Original dieses Schreibens verschickt, könne er sich nicht auf Regel 80 Abs. 2 der EU-VO Nr. 2868/95 berufen.

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