KG Berlin, Beschluss vom 07.10.2008, Az. 5 W 267/08
§§ 14 Abs. 2, 5 MarkenG
Das KG Berlin hat entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen bereits der Verkauf von 3 gleichartigen T-Shirts auf der Auktionsplattform eBay als gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist. Es handelte sich im entschiedenen Fall um 3 identische T-Shirts, die Plagiate einer bekannten Marke darstellten. Das Gericht sah es als „überwiegend wahrscheinlich“ an, dass ein Posten gleichartiger Plagiate erworben worden war, um diese sukzessiv zur Gewinnerzielung zu verkaufen. Die Version des Antragsgegners, die T-Shirts für eine Skatrunde gekauft und sie bei Nichtgefallen zur Schadensminderung weiter verkauft zu haben, erachtete das Gericht als nur „denkbar“. Die Selbsteinstufung des Verkäufers als privater Anbieter wurde ebenfalls als unerheblich angesehen. Diese Entscheidung verschärft die bereits vom LG Frankfurt aufgestellten Voraussetzungen, nach der gewerbliches Handeln bei 10 Verkäufen bejaht wurde (? bitte klicken Sie auf diesen Link: LG Frankfurt).
Kammergericht Berlin
Beschluss
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
…
gegen
…
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch … am 07.10.2008 beschlossen:
I.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 22. August 2008 – 15 O 359/08 – geändert:
1.
Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, die mit der Bezeichnung „Christian Audigier“ versehen sind, anzubieten oder zu verkaufen oder sie zu diesem Zweck zu erwerben oder den Markennamen „Christian Audigier“ in der Werbung zu benutzen, sofern es sich nicht um Originalwaren der Markeninhaberin handelt bzw. für solche geworben wird, insbesondere es zu unterlassen, über das Internetauktionshaus eBay T-Shirts unter dem Markennamen „Christian Audigier“ anzubieten, die keine Originalware der Markeninhaberin sind.
2.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin die folgenden Auskünfte zu erteilen:
a)
Herkunft der über das Internetauktionshaus eBay unter dem Verkäufernamen „hgzursee“ angebotenen T-Shirts der unter I 1 bezeichneten Art, einschließlich Name und Anschrift des Herstellers und /oder des Lieferanten, von dem sie angeboten und/oder geliefert worden sind,
b)
Menge der unter I 2 a bezeichneten erhaltenen oder bestellten T-Shirts,
c)
Namen und Anschriften von gewerblichen Abnehmern, an welche die unter I 2 a benannten T-Shirts verkauft worden sind.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III.
Der Wert des Verfahrens wird für beide Instanzen (für die erste Instanz unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung auch in diesem Punkt) auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 567 ff. ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Der Antragstellerin stehen die im Eilverfahren geltend gemachten – dringenden – gemeinschaftsmarkenrechtlichen Ansprüche bei summarischer Beurteilung der Sachlage zu. Der Senat hält es entgegen dem Landgericht gegenwärtig für überwiegend wahrscheinlich und damit für glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner die drei in Rede stehenden, identisch aussehenden und – nach Glaubhaftmachung – gefälschten „MEN SHIRTS“ der Größe M im geschäftlichen Verkehr angeboten hat (vgl. auch BGH GRUR 2008, 702, Tz. 43 – Internet-Versteigerung III). Dass die Markenbenutzung hier im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit erfolgt, erscheint bei besagter Sachlage jedenfalls wahrscheinlicher, als dass sie im privaten Bereich erfolgt. Für die vom Landgericht erwogene Variante, der Antragsgegner könnte die identischen T-Shirts etwa für seine Skatrunde erworben haben und wolle sie – nach Nichtgefallen – nunmehr zur Schadensminderung verkaufen, gibt es keinen Anhalt. Sie erscheint zwar denkbar, aber nicht überwiegend wahrscheinlich. Überwiegend wahrscheinlich ist nach der Einschätzung des Senats bei gegenwärtiger Aktenlage die Variante des Einkaufs eines Postens gleichartiger Plagiate und dessen sukzessiven Verkaufs zu Gewinnzwecken und damit eine auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichtete kommerzielle Tätigkeit des Antragsgegners. Dass der Antragsgegner sich selbst als privaten Verkäufer bezeichnet (und in diesem Zusammenhang Garantie und Warenrücknahme auszuschließen sucht), ändert an vorstehender Einschätzung nichts.
2.
Die Formel zur Auskunftsverpflichtung weicht in Anwendung von § 938 ZPO geringfügig von der im Antrag vorgeschlagenen Fassung ab.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Wertfestsetzung auf § 3 ZPO. Die von der Antragstellerin vorgerichtlich angegebenen 90.000,00 EUR (Hauptsachewert) und vom Landgericht demzufolge angenommenen 60.000,00 EUR für das Eilverfahren erscheinen bei der hier in Rede stehenden Sachlage weit übersetzt, auch wenn die Antragstellerin „Christian Audigier“ bereits für eine „neue Kult-Marke“ halten mag. 30.000,00 EUR erscheinen demgegenüber bei (bislang) gerade einmal drei angebotenen Plagiaten (mit einem offenbar erforderten Mindestgebot von 1,00 EUR) angemessen.
Vorinstanz: Landgericht Berlin, Az. 15 O 359/08