KG Berlin: Gesellschafter einer GbR könnten separat neben oder statt der GbR auf Unterlassung in Anspruch genommen werden

veröffentlicht am 12. März 2012

KG Berlin, Beschluss vom 14.11.2005, Az. 1 W 307/05
§ 242 BGB, § 421 BGB, § 422 BGB

Das KG Berlin hat entschieden, dass die Gesellschafter einer GbR neben oder statt der GbR persönlich in Anspruch genommen werden können (BGH NJW 2001, 1056/1060). Sie seien aber nur dann Gesamtschuldner, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Mehrere Unterlassungsschuldner seien keine Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421, 422 BGB, da die Erfüllung der Unterlassungspflicht des einen Schuldners nicht den anderen von seiner gleichartigen Verpflichtung zur Unterlassung befreie (OLG Koblenz, JurBüro 1985, 257). Für die Haftung der Gesellschafter einer GbR auf Unterlassung gelte nichts anderes. Zum Volltext der Entscheidung:

Kammergericht Berlin

In dem Rechtsstreit

gegen

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Eißholzstraße 30-33, 10781 Berlin, … durch … beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird auf seine Kosten nach einem Wert von 516,20 EUR zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert gemäß § 567 Abs. 2 ZPO erreicht.

Mit dem Rechtsmittel verfolgt der Antragsgegner das Ziel, die in diesem Verfahren erfolgte Kostenfestsetzung als rechtsmissbräuchlich aufzuheben und die Kosten lediglich in der Höhe festzusetzen, wie sie bei einer – mit dem Schriftsatz vom 20.04.2005 beantragten – Verbindung des vorliegenden Verfügungsverfahrens 16 O 144/05 mit dem Verfügungsverfahren Landgericht Berlin 15 O 159/05 der Antragsteller gegen den Antragsgegner T. T. entstanden und festzusetzen wären. Er hat dazu dargelegt, dass in diesem Falle nach einem Gegenstandswert von – zusammengerechnet – 40.000 EUR gegen die Streitgenossen Kosten in Höhe von 2.312,40 EUR festgesetzt worden wären, die hälftig auf ihn entfielen. In Höhe der Differenz zu dem im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen ihn allein festgesetzten Betrag von 1.672,40 EUR sieht sich der Antragsgegner beschwert.

II.

Das Rechtsmittel bleibt jedoch erfolglos. Die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegner T. und K. in getrennten Verfahren war nicht rechtsmissbräuchlich. Die – im Übrigen unstreitigen – Kosten sind im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zutreffend gegen den Antragsgegner allein festgesetzt worden.

1.
Im vorliegenden Verfahren – Antragsschrift vom 07.03.2005 – und im Verfahren 15 O 159/05 – Antragsschrift vom 14.03.2005 – haben die Antragsteller jeweils die Antragsgegner als Gesellschafter der „P. K. und T. T. GbR“ auf Unterlassung einer Äußerung in Anspruch genommen, die in einem der GbR zuzurechnenden Schreiben vom 10.02.2005 verbreitet wurde. Dementsprechend sind in beiden Verfahren einstweilige Verfügungen ergangen und die jeweiligen Antragsgegner verpflichtet worden, die Verfahrenskosten zu tragen.

a)
Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Beschwerde, dass in einem solchen Falle gegenüber der Kostenfestsetzung, die für jedes Verfahren getrennt zu erfolgen hat, hinsichtlich der durch die getrennte Verfahrenseinleitung entstandenen Mehrkosten der Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben werden kann (vgl. OLG Stuttgart MDR 02, 117 mwN) und dass diese Mehrkosten sich im Vergleich dazu ergeben, welche Kosten unter Berücksichtigung der Parallelverfahren anteilig auf den einzelnen Streitgenossen entfielen (Senat, JurBüro 01, 99 sowie KG, 25. Zivilsenat JurBüro 02, 35).

b)
Entgegen der Auffassung der Antragsgegner handelt es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungspflicht nicht um eine Gesamtschuld der Gesellschaft K. und T., für die der Grundsatz gilt, dass die gleichzeitige gerichtliche Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern zur Vermeidung überflüssigen Prozessaufwandes nach Möglichkeit in einem Verfahren zu erfolgen hat (vgl. LG Berlin JurBüro 1998, 1694). Mehrere Unterlassungsschuldner sind keine Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421, 422 BGB, da die Erfüllung der Unterlassungspflicht des einen Schuldners nicht den anderen von seiner gleichartigen Verpflichtung zur Unterlassung befreit (OLG Koblenz, JurBüro 1985, 257). Für die Haftung der Gesellschafter einer GbR auf Unterlassung gilt nichts anderes. Diese können neben oder statt der GbR persönlich in Anspruch genommen werden (BGH NJW 2001, 1056/1060), sind aber nur dann Gesamtschuldner, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

c)
Liegt eine Gesamtschuld nicht vor, so setzt der Einwand des Rechtsmissbrauchs voraus, dass für die getrennte Geltendmachung gleichartiger und aus einem einheitlichen Lebensvorgang herrührender Ansprüche sachliche Gründe nicht bestehen (Senat aaO). So liegt der Fall hier aber nicht.

Die Antragsteller begründen das getrennte Vorgehen damit, nur im Falle des hiesigen Anspruchsgegners über eine sichere Zustellungsanschrift verfügt zu haben. Dieses Verfahren hätten sie daher „Pilotverfahren“ betrieben, um nicht durch Schwierigkeiten mit der Zustellung an den Mitgesellschafter T. die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO zu versäumen.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Antragsteller die Unterlassungsaufforderung vom 18.02.2005 an beide Gesellschafter der GbR unter derer Anschrift in K. gerichtet hatten, die sie in den Antragsschriften vom 7. Und 14.03.2005 dann auch als Anschriften der Gesellschafter angegeben haben. Da die Gesellschafter nach Verweigerung der Unterwerfungserklärung persönlich in Anspruch genommen wurden, war es sachgerecht, die einstweiligen Verfügungen an deren Privatanschriften zuzustellen. Das erfolgte gegen den hiesigen Antragsgegner unter dessen Anschrift in R. bei K. am 29.03.2005 und gegen den Antragsgegner T. unter dessen Anschrift in H. am 08.04.2005.

Die Entscheidung der Antragsteller, das Verfahren gegen den hiesigen Antragsgegner als „Pilotverfahren“ zu führen, erweist sich auch deswegen als nicht rechtsmissbräuchlich, weil die am 10.03.2005 ergangene einstweilige Verfügung darauf gestützt war, dass der Antragsgegner das wettbewerbswidrige Schreiben vom 10.02.2005 unter seiner Geschäftsbezeichnung T. Verlag versandt hatte, was für den Antragsgegner T. nicht zutraf.

Schließlich rechtfertigt der unterschiedliche Ablauf der Verfahren das getrennte Vorgehen. Bei der Prüfung, ob in erstattungsrechtlicher Sicht ein Rechtsmissbrauch vorliegt, so dass entstandene Mehrkosten nicht als notwendig anzuerkennen sind, ist eine nachträgliche Betrachtung des Verfahrensablaufs vorzunehmen (OLG Hamburg MDR 04, 787). Im vorliegenden Verfahren kam es nach dem Widerspruch des Antragsgegners zur mündlichen Verhandlung vom 24.5.2005, in deren Verlauf er den Widerspruch zurücknahm. Dadurch sind anwaltliche Terminsgebühren zum Streitwert von 20.000 EUR entstanden. Der Antragsgegner T. hat alsdann am 25.5.2005 seinen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 15.03.2005 zurückgenommen, so dass der Termin vom 28.6.2006 aufgehoben wurde. Für das Folgeverfahren sind damit geringere Kosten entstanden als bei der Durchführung des Termins für die verbundenen Verfahren zum doppelten Streitwert (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1985, 257; OLG München MDR 1993, 286).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

I