KG Berlin: Gleichzeitiger Antrag auf einstweilige Verfügung vor zwei Gerichten rechtsmissbräuchlich

veröffentlicht am 9. Februar 2017

KG Berlin, Urteil vom 11.10.2016, Az. 5 U 139/15
§ 12 Abs. 2 UWG, § 935 ZPO, § 940 ZPO

Das KG Berlin hat entschieden, dass die gleichzeitige Beantragung einer einstweiligen Verfügung wegen Wettbewerbsverstoßes an zwei unterschiedlichen Gerichtsstandorten (LG Hamburg, LG Berlin) rechtsmissbräuchlich ist. Im vorliegenden Fall hatte der Abmahnende den vor dem LG Hamburg gestellten Verfügungsantrag zurückgezogen, nachdem die dortige Kammer den Unterlassungsanspruch verneint hatte und seinen Unterlassungsanspruch vor dem LG Berlin weiterverfolgt. Über die parallele Verfahrensführung hatte der Abmahnende weder Gericht noch Abgemahnten informiert. Die Verheimlichung seiner Doppelstrategie sei rechtsmissbräuchlich, da dem Abgemahnten auf diese Weise gezielt die Anhörung verhindert werde.


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Was wir davon halten? Auch wenn wir nicht verfahrensbeteiligt waren und nicht zu den berüchtigten „Abmahnhaien“ der Republik gehören: Diese Argumentation überzeugt uns nicht. Selbstverständlich ist jede Kammer selbst gehalten, den jeweiligen Antragsgegner ggf. anzuhören. Das LG Hamburg kann die Anhörung des Antragsgegners nicht allein deshalb unterlassen, weil der identische Verfügungsantrag (dem LG Hamburg unbekannt) möglicherweise am LG Berlin verhandelt wird. Auch das Fehlen einer außergerichtlichen Abmahnung spricht mangels Rechtsnachteil des Abgemahnten nicht für Rechtsmissbrauch; in diesem Fall kann der Abgemahnte den Unterlassungsanspruch grundsätzlich sofort anerkennen und sich gegen die Kostenlast verwehren. Die vom Abmahnenden ebenfalls beantragte Entscheidung ohne mündliche Verhandlung wurde in der Rechtsprechung früher als „Schubladenverfügung“ bezeichnet und entspricht seit Jahrzehnten dem Mustertext unzähliger Prozessformularbücher; auch hieran ist kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch zu erkennen. Der Antrag dient vor allem dem Beschleunigungsinteresse des gerichtlich tätigen Abmahners. Ein Kostenvorteil entsteht dem Abmahnenden nicht, da der Abgemahnte gegen die ihm ebenfalls zuzustellende zeitlich nachfolgende einstweilige Verfügung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (auf Grund der vom anderen Gericht bereits erlassenen einstweiligen Verfügung) vorgehen kann.

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