KG Berlin: Zum Anspruch auf Gegendarstellung bezüglich eines Eintrags in einem privaten Blog

veröffentlicht am 19. Dezember 2016

KG Berlin, Beschluss vom 28.11.2016, Az. 10 W 173/16
§ 56 Abs. 1 RStV

Das KG Berlin hat entschieden, dass der Betreiber eines privaten Blogs unter Umständen dazu verpflichtet werden kann, eine Gegendarstellung abzudrucken. Dazu müsse der Blog als journalistisch-redaktionelles Angebot qualifiziert werden. Dies sei nach Ansicht des KG Berlin bereits dann der Fall, wenn zwar nicht zu jeglicher aktuellen politischen Frage Stellung bezogen werde, aber die vorhandenen Stellungnahmen jeweils Bezug zu aktuellen Vorkommnissen und politischen Fragestellungen hätten. Ferner unterscheide sich der streitgegenständliche Blog hinsichtlich der Professionalisierung der Arbeitsweise und des Grades an organisierter Verfestigung in hohem Maße von typischen privaten Blogs, so dass eine einstweilige Verfügung zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung Bestand habe. Zum Volltext der Entscheidung:


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Kammergericht Berlin

Beschluss

In dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

hat der 10. Zivilsenat des Kammergerichts durch … am 28. November 2016 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts vom 20.10.2016 – 27 O 513/16 – wird zurückgewiesen.

Gründe

Die nach §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte und zulässig eingelegte so­fortige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das Landgericht zu­treffend ausgeführt hat, besteht kein Anspruch des Antragsgegners auf Gewährung von Prozess­kostenhilfe, da der von ihm beabsichtigte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 4. Oktober 2016 nicht die gem. § 114 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Aussichten auf Erfolg hat.

Die einstweilige Verfügung wäre auf den Widerspruch zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Gegendarstellungsanspruch wegen der Veröffentli­chung des Beitrages vom 19. September 2016 auf der Internetseite http://….eu gegen den Antragsgegner als Anbieter gem. § 56 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) zu.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Internetseite des Antrags­gegners um ein Telemedium i.S.v. § 56 RStV. Die technische Qualifizierung als Telemedium ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV. Die Internetseite verfügt auch über ein journalistisch­-redaktionell gestaltetes Angebot.

Das Landgericht hat insofern zu Recht darauf abgestellt, dass das Angebot der Internetseite des Antragsgegners das Kriterium der Aktualität erfüllt. Denn Aktualität bezieht sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht darauf, dass zu jeglicher aktuellen politischen Frage Stellung bezogen wird. Im Gegenteil ist sie inhaltlich zu bemessen. Sofern im Angebot des Antrags­gegners Stellung genommen wurde, geschah dies jeweils mit Bezug zu aktuellen Vorkommnissen und politischen Fragestellungen.

Eine Periodizität des Angebotes selbst ist im Rahmen des § 56 RStV gerade nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass § 56 Abs. 1 Satz 1 RStV die Einstellung von Inhalten pe­riodischer Druckerzeugnisse beispielhaft erwähnt.

Ein ausreichendes Maß an Faktizität besteht ebenfalls. Diese wird bemessen an den Inhalten selbst und nicht an den (ohnehin kaum bemessbaren) Erwartungen des Publikums. Auch ein Äu­ßern politischer oder sonstiger Meinungen hindert nicht den Faktizitätsanspruch des Angebots, der lediglich bei einer hier nicht erkennbaren Vermischung realer und fiktionaler Darstellung oder ei­nem Beschränken auf rein fiktionale Darstellungen entfallen kann (so zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14 -, BGHZ 206, 347-365).

Auch hinsichtlich der übrigen Kriterien, namentlich der Professionalisierung der Arbeitsweise und des Grades an organisierter Verfestigung, führt das Landgericht zutreffend aus, dass der Interne­tauftritt des Antragsgegners sich in hohem Maße von typischen privaten Blogs unterscheidet und insofern eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung aufweist.

Auch die sonstigen Voraussetzungen der Veröffentlichung einer Gegendarstellung liegen vor. Die Gegendarstellung wurde durch den Antragsteller innerhalb von 9 Tagen und damit unverzüglich gem. § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV zugeleitet. Der Wortlaut der Gegendarstellung ist nicht zu beanstan­den. Die Entgegnung des Antragstellers ist weder mehrdeutig, noch irreführend oder offensichtlich unwahr. Sie beschränkt sich auf eine Negation der durch den Antragsgegner getätigten Äuße­rung. Diese konnte nur dahin verstanden werden, dass der Antragsteller behauptet habe, der „Pirat“ Claus-Brunner sei zahlungsunfähig. Dies hat der Antragsteller aber auch nach der Darstel­lung des Antragsgegners nicht getan, sondern lediglich Zweifel an der Finanzierbarkeit eines „CSD“-Wagens durch Herrn Claus-Brunner geäußert.

Schließlich verfangen auch die weiteren Einwendungen des Antragsgegners gegen die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung nicht. Der Inhalt der einstweiligen Verfügung des Landgerichts ist in ausreichendem Maße bestimmt. Dem Antragsgegner wurde aufgegeben, die Gegendarstellung im gleichen Teil der Website ….eu zu veröffentlichen, in dem sich auch der Beitrag „Ciao Faxe!“ befand, der die vom Antragsteller angegriffene Aussage enthält. Dabei handelt es sich erkennbar um den auf der Internetseite des Antragsgegners enthaltenen Blog.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Vorinstanz:
LG Berlin, Az. 27 O 513/16

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