LG Berlin: Zur Frage, wo die wesentlichen Eigenschaften der Ware (Textilmaterialangabe) im Onlineshop eingeblendet sein müssen / 2023

veröffentlicht am 28. Februar 2024

LG Berlin, Urteil vom 07.11.2023, Az. 91 O 69/23
Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB, § 312j Abs. 2 BGB, § 3 UWG, § 3a UWG, § 8 Abs. 1 UWG

Das LG Berlin hat entschieden, dass Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, somit die wesentlichen Eigenschaften der Ware, nur dann unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt zur Verfügung gestellt werden (vgl. § 312j Abs. 2 BGB), wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur – wie vorliegend – über das Anklicken der Produktdetailseite ohne eindeutigen Hinweis darauf, dass sich hier die Materialzusammensetzung befindet. Verfahrensgegenständlich war folgender Sachverhalt: Bei den Textilprodukten der Antragsgegnerin fand sich eine Materialangabe zu dem verwendeten Stoff zwar auf der Produktdetailseite, jedoch weder auf der Produktübersichtsseite zu Bekleidungswaren noch auf der finalen Bestellseite (Warenkorb), auf der sich der Bestellbutton befand. Ein Bekleidungsprodukt konnte entweder von der Produktdetailseite aus oder von der Produktübersichtsseite aus in den Warenkorb gelegt werden. Von dem Warenkorb aus konnte unmittelbar der Bestellbutton betätigt werden. Aus dem Warenkorb heraus konnte die Produktdetailseite durch Anklicken des Produktes aufgerufen werden. Nur hier befand sich eine Information über die Materialzusammensetzung. Dieser Verstoß gegen die Marktverhaltensregel des § 312j Abs. 2 BGB wurde gem § 3a UWG für wettbewerbswidrig befunden. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Berlin

Urteil

1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin zu 91 O 69/23 vom 01.08.2023 wird bestätigt.

2. Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu tragen.

Tatbestand

Der antragstellende Wettbewerbsverband nimmt die Antragsgegnerin als Betreiberin eines Onlineshops unter anderem für Bekleidung im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Fernabsatzes ohne Materialangabe der Bekleidungsstücke unmittelbar vor dem Vertragsschluss in Anspruch.

Dem Antragsteller gehört eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die vergleichbare Bekleidungswaren vertreiben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Antragstellers in der Antragsschrift (Blatt 3ff d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin vertreibt im Fernabsatz unter der Adresse shop.xxxx.com unter anderem Kleidung wie T-Shirts. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Antragsschrift (Platz 6f der Akten) Bezug genommen. Bei den Textilprodukten der Antragsgegnerin findet sich eine Materialangabe zu dem verwendeten Stoff zwar auf der Produktdetailseite, jedoch weder auf der Produktübersichtsseite zu Bekleidungswaren noch auf der finalen Bestellseite (Warenkorb), auf der sich der Bestellbutton befindet. Ein Bekleidungsprodukt kann entweder von der Produktdetailseite aus oder von der Produktübersichtsseite aus in den Warenkorb gelegt werden. Von dem Warenkorb aus kann unmittelbar der Bestellbutton betätigt werden. Aus dem Warenkorb heraus kann die Produktdetailseite durch Anklicken des Produktes aufgerufen werden. Nur hier befindet sich eine Information über die Materialzusammensetzung. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Screenshots (Anlagen A 4, A 5 als Beistücke zu den Akten) Bezug genommen.

Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 1. Juni 2023 vergeblich ab. Nachdem die Prozessvertreter der Antragsgegnerin zunächst um Fristverlängerung gebeten hatten, beantworteten sie die Abmahnung mit Schreiben vom 26. Juni 2023. Ein weiteres Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 13. Juli 2023 blieb erfolglos. Nach einer weiteren wird um Fristverlängerung mit Schreiben vom 20. Juli 2023 verlängerte der Antragsteller die Frist nochmals für die außergerichtliche Einigung bis zum 24. Juli 2023, ohne dass das Schreiben vom gleichen Tage der Antragsgegnerin zu einer Einigung führte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Antragstellers in der Antragsschrift (Blatt 7 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass in der Unterlassung der Angabe der Materialzusammensetzung unmittelbar vor dem Bestellvorgang

Auf den am 27. Juli 2023 bei Gericht eingegangenen Antrag des Antragstellers vom gleichen Tage hat das Landgericht Berlin am 1. August 2023 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erlassen, durch die dieser unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern im Fernabsatz in einem Onlineshop Kleidungsstücke anzubieten, ohne auf der Seite, auf welcher der Verbraucher sein Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages durch Bestätigung des Bestellbuttons abgeben kann, das Material des Bekleidungsstückes anzugeben, wenn dies geschieht wie am 31.Mai 2023 zwischen 12.22 Uhr und 12.39 Uhr im Internet unter der in der Antragsschrift in dem Antrag auf Blatt 2 genannten Subdomain (Anlage A 5). Gegen diese ihr am 7.August 2023 zugestellte einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin mit am 10. August 2023 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 11. August 2023 begründet.

Der Antragsteller beantragt, wie erkannt.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 27. Juli 2023 unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin vom 1. August 2023 zu 91 O 69/23 zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass ihr Recht auf rechtliches Gehör durch die Unterlassung der (erneuten) Anhörung vor Erlass der einstweiligen Verfügung verletzt worden sei, da die Antragsschrift nicht mit der Abmahnung überein gestimmt habe. Zudem hätte die Kammer nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil der Antragsteller schon durch sein vorprozessuales Abwarten zwischen Abmahnung und Antragstellung zu erkennen gegeben habe, dass keine besondere Dringlichkeit gegeben sei. Zudem sollen die Produktbestandteile von Textilien keine wesentlichen Eigenschaften, die unter die Informationspflicht des Verkäufers über wesentliche Informationen nach § 312j BGB fielen, vielmehr seien sie ausreichend auf der Produktdetailseite vorhanden. Dies sei übliche Branchenpraxis, die Information der Verbraucher über die Verlinkung sei ausreichend. Wegen des Vorbringens der Antragsgegnerin im einzelnen wird auf die Widerspruchsbegründung (Blatt 42 ff der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Auf den zulässigen Widerspruch der Antragsgegnerin hin war die einstweilige Verfügung zu bestätigen, da der zulässige Antrag sich auch im Lichte der Widerspruchsbegründung als begründet erweist, §§ 936, 925 ZPO. Dem Antragsteller steht sowohl ein Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund zur Seite.

I.
Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin der geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i.V.m. § 312j Abs. 2 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu. Nach den genannten Vorschriften kann der antragstellende rechtsfähige Verband zur Förderung gewerblicher Interessen von der Antragsgegnerin verlangen, dass sie es unterlässt, gegen die Marktverhaltensregel über Informationspflichten hinsichtlich wesentlicher Informationen beim Verbrauchervertrag im Fernabsatz bezüglich Kleidung zu verstoßen.

1.
Der Antragsteller ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Zum einen ist er in Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände bei dem Bundesamt für Justiz eingetragen, zum anderen verfügt er nach dem unstreitigen Sachverhalt über eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern, die ebenfalls Bekleidung verkaufen und deren Interessen durch die Verletzung der Informationspflichten berührt sind. Der Antragsteller hat unwidersprochen vorgetragen, dass ihm alleine 5 Unternehmen in der Bekleidungsbranche, die bundesweit Handel betreiben, 7 Lebensmittelfilialen Betriebe, welche in ihrem Sondersortiment auch die Kleidung anbieten, 6 Unternehmen der Branche Sportartikel sowie 30 Unternehmen, die Handel mit Waren aller Art einschließlich Bekleidung betreiben, angehören. Dass deren Interessen durch eine Verletzung der Informationspflichten berührt werden, liegt auf der Hand.

2.
Die Antragsgegnerin ist als Vertreiberin der streitgegenständlichen Kleidungsstücke für den Onlineauftritt einschließlich Onlineshop unstreitig verantwortlich und damit passiv legitimiert.

3.
§ 312j Abs. 2 BGB dient dem Schutz der Verbraucher und ist somit eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3a UWG (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl. § 3a Rn. 1.311).

4.
Gemäß § 312j Abs. 2 BGB ist der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr verpflichtet, dem Verbraucher u.a. die Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, somit die wesentlichen Eigenschaften der Ware, in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen.

a) Ein Zurverfügungstellen der Informationen, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, liegt nur dann vor, wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur – wie vorliegend – über das Anklicken der Produktdetailseite ohne eindeutigen Hinweis darauf, dass sich hier die Materialzusammensetzung befindet (Palandt-Grüneberg, BGB, 82. Aufl. § 312j Rn. 7; OLG München, GRUR-RR 2019, 265; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 3; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 2015, 1453 Tz. 16). Dies ergibt sich unzweideutig aus der Gesetzesbegründung, in der insoweit ausgeführt ist (BT Drucksache 17/7745 S. 10):

Die Informationen müssen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn – wie meist – die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. … Keinesfalls genügt es, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument entnehmbar sind.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich auch aus der Richtlinie 2011/83/EU, deren Art. 8 Abs. 2 durch § 312j Abs. 2 BGB umgesetzt wird (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O. § 312j Rn. 1), dass die Anzeige der wesentlichen Eigenschaften auf derselben Internetseite zu erfolgten hat, auf der die Bestellung abgeschlossen wird. Art. 8 Abs. 2 RL 2011/83/EU lautet wie folgt:

Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben a, e o und p genannten Informationen hin.

In Art. 6 Abs. 1 a) RL 2011/83/EU, der durch Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB umgesetzt wurde, sind wiederum die wesentlichen Eigenschaften der Waren in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren angemessenen Umfang genannt. In Erwägungsgrund 39 der RL 2011/83/EU heißt es hinsichtlich des Ortes der Anzeige:

Es ist wichtig, dass sichergestellt wird, dass die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Zu diesem Zweck sollte in dieser Richtlinie dafür Sorge getragen werden, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden.

Nach der Richtlinie 2011/83/EU, deren Umsetzung § 312j Abs. 2 BGB dient, sollen die Informationen, auf die unmittelbar vor der Bestellung hinzuweisen ist, somit in unmittelbarer Nähe der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, was bei einer bloßen Verlinkung gerade nicht der Fall ist. Dass die bloße Verlinkung auf die auf einer anderen Internetseite angegebenen wesentlichen Eigenschaften der Ware den Anforderungen des § 312j Abs. 2 BGB nicht genügt, ergibt sich auch daraus, dass die Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB mit den Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 (Gesamtpreis) und Nr. 11 und 12 (Laufzeit des Vertrages, Mindestdauer der Verpflichtungen) identisch geregelt sind. Dass hinsichtlich der Gesamtpreisangaben, der Vertragslaufzeit und der Mindestdauer der Vertragspflichten eine bloße Verlinkung auf diese in der Nähe des Bestellbuttons ausreichend sein sollte, ist aus Gründen des Verbraucherschutzes, dem die Regelungen dienen, fernliegend. Es mag aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit bei größeren Bestellungen – de lege ferenda – in Betracht kommen, hinsichtlich der wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen auch eine Verlinkung auf andere Seiten in der Nähe der Bestellschaltfläche für ausreichend zu erachten. De lege lata genügt dies den Anforderungen nicht.

b) Bei dem Material des Stoffes, dem Material des Gestells und dem Gewicht bei Sonnenschirmen sowie beim Material bei Bekleidungsstücken handelt es sich auch um wesentliche Eigenschaften der Waren im Sinne des Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB (OLG München, GRUR-RR 2019, 265 (bestätigt doch BGH vom 28.11.19 zu I ZR 43/19 – juris; vgl. auch OLG Köln, BeckRS 2016, 119172, Tz. 39; OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2017, Az. 4 W 34/16, 4 W 35/16, juris, dort Tz. 19 – Warenkorbansicht; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 7). Hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu erteilenden Informationen kommt es auf die konkrete Ware an. Maßgebend ist eine Beschreibung, aus der der Verbraucher die für seine Entscheidung maßgeblichen Merkmale entnehmen kann (BT-Drucksache 17/12637 S. 74). Da für den Verbraucher die Zusammensetzung des Materials eines Kleidungsstückes von maßgeblicher Bedeutung ist, handelt es sich um eine aufzuführende wesentliche Eigenschaft eines T-Shirts oder anderer Kleidungsstücke (vgl. OLG Hamburg a.a.O. Tz. 7; a. A. OLG Hamm a.a.O. Tz. 19 – Warenkorbansicht).

c) Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern i.S.d. § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen.

II.
Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Nach § 12 Abs. 1 UWG können einstweilige Verfügungen zur Sicherung der vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfassten Ansprüche allerdings ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden. Im Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1 UWG setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich keine gesonderte Darlegung und Glaubhaftmachung der in §§ 935, 940 ZPO geregelten Dringlichkeitsvoraussetzungen voraus; die Dringlichkeit wird insoweit vermutet (KG, Urteil vom 02. Juni 2017 – 5 U 196/16, Rn. 3, juris). Die von § 12 Abs. 1 UWG vorgesehene Vermutung kann jedoch dadurch widerlegt werden, dass der Verletzte durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gibt, dass die Verfolgung des beanstandeten Verstoßes für ihn selbst nicht eilig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 01. Juli 1999 – I ZB 7/99, Rn. 11, juris – Späte Urteilsbegründung). Eine solche Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung kommt nicht nur bei zögerlicher Verfahrenseinleitung (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 5. Dezember 2019 – 6 U 151/19, Rn. 16, juris), sondern auch dann in Betracht, wenn der Antragsteller (nach zunächst hinreichend zeitnaher) Verfahrenseinleitung durch sein (Prozess-)verhalten zu erkennen gibt, dass die Sache für ihn nicht (mehr) eilig ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19. August 2021 – I-4 U 57/21, Rn. 41, juris; KG, Urteil vom 17. Oktober 2014 – 5 U 63/14, Rn. 38, juris). Von einer zögerlichen Verfahrenseinleitung ist auszugehen, wenn der Verletzte in Kenntnis der maßgeblichen Umstände und der ihm fortdauernd drohenden Nachteile ohne überzeugenden Grund längere Zeit untätig geblieben ist und dadurch die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs verzögert hat. Dringlichkeitsschädlich verhält sich der Antragsteller dabei nach ständiger Rechtsprechung des Kammergerichts regelmäßig dann, wenn er vom Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis von der Person des Verletzers sowie von den maßgeblichen Umständen der Verletzungshandlung bis zur Einreichung des Verfügungsantrags länger als zwei Monate zugewartet hat (KG, Urteil vom 02. Juni 2017 – 5 U 196/16, Rn. 4, juris). Das ist vorliegend nicht der Fall gewesen. Soweit die Antragsgegnerin die angeblich zögerliche Verfahrenseinleitung rügt, so verkennt sie dabei, dass die Dauer der außergerichtlichen Korrespondenz maßgeblich dadurch geprägt war, dass die Antragsgegnerin vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten zweifach Fristverlängerung begehrt haben.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht zu treffen, arg. § 708 Nr.6 ZPO.

I