LG Braunschweig: Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Markeninhabern können nicht ohne Weiteres gekündigt werden

veröffentlicht am 17. Oktober 2013

LG Braunschweig, Urteil vom 28.08.2013, Az. 9 O 2637/12
§ 314 BGB

Das LG Braunschweig hat entschieden, dass die Kündigung einer markenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarung nicht ohne Weiteres möglich ist, wenn die Vereinbarung selbst kein Kündigungsrecht enthält. Eine ordentliche Kündigung sei somit nicht möglich, für eine außerordentliche Kündigung fehle es vorliegend an einem wichtigen Grund. Ein solcher könne die wesentliche Änderung von Marktverhältnissen zwischen den Vertragsparteien sein, dies sei hier jedoch zu verneinen. Zur Pressemitteilung vom 28.08.2013:

„Das Landgericht Braunschweig hat ein Verfahren zwischen zwei bekannten und weltweit tätigen Herstellern von Kräuterschnaps entschieden. Geklagt hat ein in Wolfenbüttel ansässiger Hersteller gegen den Wettbewerber aus Rheinberg. Mit Urteil vom 28.08.2013, (Aktenzeichen 9 O 2637/12) hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig die Klage abgewiesen.

Bei dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob eine Abgrenzungsvereinbarung (noch) gültig ist. Die beiden Spirituosenhersteller hatten im Jahre 1974 einen Vertrag geschlossen, der die Verwendung der Farben Grün und Orange auf den Etiketten und Verpackungen der Kräuterschnapsflaschen regelte. Der Vertrag sah vor, dass die Verwendung der Farbe Grün in dominierender Weise der Beklagten vorbehalten war, während umgekehrt der Klägerin die Verwendung der Farbe Orange zustand. Dementsprechend gestalteten die Parteien über Jahrzehnte ihren Marktauftritt.

Im Jahr 2009 kündigte die Klägerin diesen Vertrag wegen nach ihrer Ansicht veränderter Marktverhältnisse. Eine von der Klägerin in Auftrag gegebene Meinungsumfrage habe ergeben, dass die Mehrheit der Befragten die Farbe Grün mit der Klägerin verbinde und nicht mit der Beklagten. Auch die geringeren Werbeausgaben und rückläufige Absatzzahlen bei der Beklagten seien ein Beleg für die geänderten Verhältnisse.

Die Beklagte, die eine Veränderung der Verhältnisse bestreitet, verweist insbesondere darauf, dass die Farbe Grün bei der Aufmachung ihrer Produkte – wie bereits seit Jahrzehnten- nach wie vor eine wesentliche Rolle spiele. Ein Grund für die Kündigung der Vereinbarung sei nicht daher nicht ersichtlich.

Die Kammer begründet die Klagabweisung mit dem Fehlen eines Kündigungsgrundes. Ein ordentliches Kündigungsrecht habe der Vertrag nicht vorgesehen. Wie die Marken selbst würden solche Abgrenzungsvereinbarungen grundsätzlich zeitlich unbeschränkt gelten. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Die Bedeutung der Farbe Grün für die Beklagte habe sich nicht verringert, da sie zur Vermarktung ihrer Kräuterspirituosen nach wie vor in großem Umfang die Farbe Grün verwende. Eine wesentliche Veränderung der Marktverhältnisse in dem Zeitraum zwischen 1974 und 2009 sei nicht feststellbar. Ein Festhalten an dem Vertrag sei der Klägerin auch nicht unzumutbar. Schließlich könne die Klägerin die Farbe Grün in gewissem Umfang, z.B. durch Abbildung von Kräutern, nutzen. Sie sei auch trotz der Vereinbarung sehr erfolgreich.

Die Vereinbarung sei auch nicht aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig. Denn zum Zeitpunkt des Abschluss des Vertrages im Jahr 1974 habe es im Hinblick auf den konkreten Marktauftritt der Beklagten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Beklagten gegen die Klägerin Unterlassungsansprüche hätten zustehen können und daher Gründe für den Abschluss der Vereinbarung vorgelegen hätten.

Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden.“

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