LG Braunschweig: Irreführende Werbung mit „streng limitierten“ Gedenkmünzen

veröffentlicht am 26. April 2012

LG Braunschweig, Urteil vom 21.12.2011, Az. 9 O 1286/11
§ 8 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Das LG Braunschweig hat entschieden, dass ein Münzhändler, der zur Bewerbung von 10-Euro-Silbermünzen die Formulierung „amtlich streng limitierte Auflage“ verwendete, irreführend und damit wettbewerbswidrig handelt. Die verwendete Formulierung erzeuge beim Verbraucher den Eindruck, dass es sich bei den vertriebenen Münzen um seltene Exemplare handele, die möglicherweise in einer Auflage von einigen Tausend erschienen seien. Tatsächlich seien aber von den vertriebenen Münzen je Motiv mindestens 1,5 Mio. Stück ausgegeben worden, so dass die Formulierung „strenge Limitierung“ einen erheblichen Irrtum erzeuge. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Braunschweig

Urteil

In dem Rechtsstreit

wegen irreführender Werbung

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2011 durch … für Recht erkannt:

1.)
Der Beklagten wird untersagt im Rahmen geschäftlicher Handlungen für den Verkauf von Sondermünzen in Normalprägung / Stempelglanz mit der Aussage „amtlich streng limitiert“ wie nachfolgend wiedergegeben zu werben:

Abb.

2.)
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2011 zu zahlen.

3.)
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

5.)
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen irreführender Werbung auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 26 weiterer verbrau­cher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland.

Die Beklagte handelt mit Münzen. Sie hat an Verbraucher die als Anlage B1 im Original vorliegende Werbepost verschickt. In dieser war unter anderem das im Tenor wieder­gegebene Schreiben enthalten. Bei den beworbenen 10,00 €-Münzen in sechs ver­schiedenen Motiven handelt es sich um gültige Zahlungsmittel, die im Auftrag der Bundesregierung durch das Bundesministerium der Finanzen ausgegeben werden. Die Auflage liegt pro Motiv bei einer Größenordnung von etwa 1,8 Mio. Stück. Der weitaus größte Teil von diesen 1,8 Mio. (1,5 – 1,6 Mio) wird als sogenannte Normalprägung mit Stempelglanz ausgegeben. Diese Münzen werden zum Nominalwert von 10,00 € abgegeben und sind gültige Zahlungsmittel. Ein kleinerer Teil dieser 1,8 Mio. (200.000 bis 300.000) werden speziell für Sammlerzwecke in der teureren und aufwendigeren Fassung als Spiegelglanz ausgegeben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass eine irreführende Werbung vorliege. Diese Wer­bung sei daher zu unterlassen. Weiter sei ihr die Kostenpauschale zu erstatten.

Der Kläger beantragt:
Wie erkannt.

Die Beklagte beantragt:
Die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine falsche Angabe. Es sei tatsächlich so, dass die Gesamtzahl der ausgegebenen Münzen durch einen Kabinettsbeschluss, der auch im Bundesgesetz veröffentlicht werde, streng limitiert sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet

1.)
Der Kläger ist aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 UWG.

2.)
Der Antrag ist auch unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des BGH zur alternativen Klagehäufung (BGH GRU 2011, 521-TOV I. BGH GRUR 2011, 1043-TOV 11.) zulässig. Es handelt sich um einen Streitgegenstand. Es wird hier eine bestimmte Formulierung eines ganz bestimmten Werbeschreibens als irreführend angegriffen.

3.)
Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu.

Die Aussage „amtlich streng limitiert“ ist irreführend. Diese Aussage enthält zur Täu­schung geeignete Angaben über die Verfügbarkeit der Waren.

Bei der Beurteilung ist unter Zugrundelegung eines durchschnittlich informierten, auf­merksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 ­I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 – ATTACHE/TISSERAND) von der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise, also der von der entsprechenden Wer­bung angesprochenen Personen auszugehen. Diese Werbung richtet sich an Jeder­mann.

Es ist zwar zutreffend, dass durch den Beschluss der Bundesregierung und die ent­sprechende Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt eine amtliche Limitierung vorliegt. Es fehlt aber jedenfalls an einer amtlich streng limitierten Auflage. Limitierung bedeutet dem Wortsinne nach Begrenzung / Einschränkung.

Der Sache nach liegt eine solche Limitierung tatsächlich vor, da die zu prägende Stück­zahl von vornherein festgelegt ist. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten werden solche festgelegten Stückzahlen auch später üblicherweise nicht durch eine weitere Auflage erhöht. Es kann offen bleiben, ob bereits die Verwendung des Wortes limitiert in dem hier relevanten Zusammenhang zu einer Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise führen könnte. Nach Auffassung der Kammer ist es aber jedenfalls bei dem einschränkenden Zusatz „streng limitiert“ der Fall. Die Beklagte bewirbt die Münzen in ihrem Schreiben selber als „begehrte Sammelobjekte“ (die) später einmal einen viel höheren Wert haben können“. Es wird von einer „einmaligen Chance“ gesprochen. Weiter heißt es, dass nur wenige Bürger des Landes demnach alle sechs offiziellen Silbergedenkmünzen komplett besitzen könnten.

Es wird damit bewusst der Eindruck erweckt, dass es sich bei diesen Münzen um ein besonders knappes Gut handele, die nur in extrem niedriger Stückzahl verfügbar seien. In diesem Zusammenhang erzeugt die auch im Schreiben durch Unterstreichung extra hervorgehobene Passage „amtlich streng limitiert“ die Vorstellung, dass eine sehr geringe Stückzahl -vielleicht einige 1.000 Stück- dieser Münzen in den Handel kommen. Tatsächlich ist es aber so, dass von den unter anderem von der Beklagten vertriebenen Münzen je Motiv mindestens 1,5 Mio. Stück ausgegeben werden. Bei einer solchen Stückzahl im Millionenbereich kann von einer „strengen Limitierung“ nicht mehr die Rede sein.

Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten die Limitie­rung an Hand der erwarteten Nachfrage vorgenommen wird. Die zum Bundesverband gehörenden Münzhändler müssen danach vor der Beschlussfassung über die Auflagenhöhe und der Prägung der Münzen verbindliche Bestellungen abgeben. Diese Bestellungen werden der zuständigen Abteilung des Bundesfinanzministeriums zugelei­tet, die auf dieser Grundlage abschätzt, wie hoch die erwartete Nachfrage sein wird. Dies ist gerade das Gegenteil einer strengen Limitierung. Es wird vielmehr die Aufla­genhöhe der erwarteten Nachfrage angepasst.

4.)
Der Kläger kann von der Beklagten für die Abmahnung vom 25.3.2011 wegen des streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoßes gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG Aufwen­dungsersatz i.H.v. 200 € verlangen.

Die Abmahnung war berechtigt. Für einen Verband, dem es zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen, kommt in derartigen Fällen nur ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale in Betracht (so Bornkamm, in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 12 Rn. 1.98). Diese Pauschale ist auch bei einer teilweise berechtigten Abmahnung in voller Höhe zu zahlen (Köhler/Bornkamm, a.a.O. Rn. 1.99).

5.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

6.)
Der Streitwert war gemäß § 48 GKG festzusetzen.

Auf das Urteil hingewiesen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (hier).

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