LG Dortmund: Der Internetauftritt einer Rechtsanwaltskanzlei muss keinen Hinweis auf die Berufshaftpflichtversicherung enthalten / Die Informations-Varianten nach der DL-InfoV

veröffentlicht am 14. Mai 2013

LG Dortmund, Urteil vom 26.03.2013, Az. 3 O 102/13 – nicht rechtskräftig
§ 8 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 4 Nr. 11 UWG, § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV,
§ 2 Abs. 2 DL-InfoV

Das LG Dortmund hat entschieden, dass eine Rechtsanwaltskanzlei die gemäß DL-InfoV erforderlichen Informationen nicht notwendigerweise auf der kanzleieigenen Internetseite vorhalten muss. Streitig war, dass sich auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten im Impressum keinerlei Angaben zu einer Berufshaftpflichtversicherung der Verfügungsbeklagten sowie deren Geltungsbereich befanden. § 2 Abs. 2 DL-InfoV räume dem Dienstleistungserbringer indes vier alternative und gleichwertige Möglichkeiten zur Erfüllung der Pflicht aus § 2 Abs. 1 DL-InfoV ein. So erlaube es der § 2 Abs. 2 Nr. 2 DL-InfoV dem Dienstleistungserbringer, seine Pflicht zur Bereitstellung der Informationen dadurch zu erfüllen, dass am Ort der Leistungserbringung oder aber des Vertragsschlusses die erforderlichen Informationen so vorgehalten würden, dass sie dem Dienstleistungsempfänger leicht zugänglich seien. Dazu zähle beispielsweise auch ein Aushang im Geschäftslokal, der leicht zu sehen sein müsse. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Dortmund

Urteil

1.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.

2.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert in Höhe von 10.000 EUR.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger darf die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Verfügungskläger nimmt die Verfügungsbeklagte auf Unterlassung aufgrund eines angeblichen Wettbewerbsverstoßes in Anspruch.

Der Verfügungskläger ist Rechtsanwalt; bei der Verfügungsbeklagten handelt es sich um eine Partnerschaft von Rechtsanwälten. Sowohl der Verfügungskläger als auch die Verfügungsbeklagte bieten ihre Leistung jeweils auch über das Internet an.

Eine frühere Mandantin des Verfügungsklägers wird zudem nunmehr von der Verfügungsbeklagten in zwei Rechtstreitigkeiten im Zusammenhang mit anwaltlichen Honoraren gegen den Verfügungskläger vertreten.

Auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten befanden sich zunächst im Impressum keinerlei Angaben zu einer Berufshaftpflichtversicherung der Verfügungsbeklagten sowie deren Geltungsbereich.

Mit Schreiben vom 06.03.2013 wies der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte darauf hin, dass ihr Internetauftritt entgegen den Vorschriften der DL-InfoV keinen Hinweis auf eine Berufshaftpflichtversicherung und deren Geltungsbereich enthalte. Zugleich forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte zur Unterlassung unter Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung auf.

Mit Telefax vom 09.03.2013 wies die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger darauf hin, dass sie insoweit von dem ihr in § 2 Abs. 2 DL-InfoV eingeräumten Wahlrecht Gebrauch mache. Die geforderte Unterlassungserklärung gab die Verfügungsbeklagte nicht ab.

Die Verfügungsbeklagte änderte – allerdings ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – ihren Internetauftritt sodann nach einem erneuten Schreiben des Verfügungsklägers vom 12.03.2013. Sie wies nunmehr im Impressum ihres Internetauftritts darauf hin, dass für die Rechtsanwälte G und S eine Berufshaftpflichtversicherung bei der V und für den Rechtsanwalt H bei der B bestehe. Einen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich der Berufshaftpflichtversicherung enthielt der Internetauftritt der Verfügungsbeklagten allerdings weiterhin nicht.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, § 2 Abs. 1 DL-InfoV sehe vor, dass eine etwaige Berufshaftpflichtversicherung und deren Geltungsbereich zwingend im Impressum des Internetauftritts einer Anwaltskanzlei anzugeben seien. Das Verhalten der Verfügungsbeklagten stelle daher eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG dar, so dass auch ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs.1 UWG bestehe.

Der Verfügungskläger beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, auf ihrer Internetseite keinen Hinweis auf eine Berufshaftpflichtversicherung und deren Geltungsbereich vorzuhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte rügt zunächst die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Der Verfügungskläger wie auch die Verfügungsbeklagte hätten nämlich ihren Sitz nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts. Der Verfügungskläger habe vielmehr eine gezielte Auswahl des Gerichtsstandes zum Nachteil der Verfügungsbeklagten vorgenommen.

Zudem ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor, da sie in zulässiger Weise von ihrem Wahlrecht des § 2 Abs. 2 DL-InfoV Gebrauch gemacht habe. In diesem Zusammenhang behauptet die Verfügungsbeklagte, in den Räumlichkeiten ihrer Kanzlei seien im Wartezimmer die entsprechenden Informationen als Aushang an der Wand angeschlagen. Zudem lägen die Informationen dort in einer Mappe mit der Aufschrift „Kanzleiinformationen“ aus. Sowohl der Aushang als auch die Mappe würden aber die erforderlichen Angaben zur Berufshaftpflichtversicherung und deren räumlichen Geltungsbereich enthalten.

Auch sei überhaupt nicht erkennbar, welche wettbewerbsrechtlichen Beeinträchtigungen die bloße Nichtangabe der Haftpflichtversicherung und des räumlichen Geltungsbereichs auf der Internetseite einer Anwaltskanzlei auslösen sollte. Kein Mandant hätte sich insoweit für die Verfügungsbeklagte entschieden, gerade weil die betreffenden Angaben fehlen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung hat vorliegend keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig.

Insbesondere ist das angerufene Gericht auch zuständig.

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 13 Abs. 1 S. 1 UWG.

Zudem folgt die örtliche Zuständigkeit aus § 14 Abs. 2 UWG. Danach ist nämlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Dabei ist bei einem behaupteten Wettbewerbsverstoß im Internet – wie auch im vorliegenden Fall – der Begehungsort jeder Ort, an dem die Information Dritten bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird (BGH GRUR 2005, 431). Ist die relevante Information insoweit auch zum Abruf im Internet in Deutschland bestimmt, so ist die Zuständigkeit der deutschen Gerichte insgesamt begründet (BGH GRUR 2005, 431; BGH GRUR 2006, 513; Köhler/Bornkamm, UWG, § 14 Rn. 16) – und damit auch die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist vorliegend die Wahl des Landgerichts Dortmund durch den Verfügungskläger auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar kann die Inanspruchnahme eines ganz bestimmten Gerichtsstands im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein; dies ist aber nicht schon bei der bloßen Ausnutzung bestimmter Rechtsprechungsgewohnheiten an bestimmten Gerichten gegeben (KG WRP 2008, 511; OLG Hamm GRUR-RR 2012, 279).

In der Sache ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aber unbegründet. Dem Verfügungskläger steht nämlich der mit dem Antrag geltend gemachte Verfügungsanspruch unter keinerlei rechtlichen Gesichtspunkten zu.

So steht dem Verfügungskläger insbesondere kein Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 8, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV zu, da es an einer unlauteren Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG fehlt.

Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt zwar insbesondere derjenige unlauter, der einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zudem handelt es sich bei der DL-InfoV auch um eine solche Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (BGH GRUR 2010, 6522; Köhler/Bornkamm, UWG, Vorbemerkung zur DL-InfoV Rn. 8, 14).

Ein Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV ist aber vorliegend nicht feststellbar.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV muss ein Dienstleistungserbringer zwar grundsätzlich vor Abschluss eines schriftlichen Vertrages oder, sofern kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung unter anderem Angaben zu einer Berufshaftpflichtversicherung – insbesondere den Namen und die Anschrift des Versicherers sowie den räumlichen Geltungsbereich der Versicherung – machen, sofern eine solche besteht. Dass für die Verfügungsbeklagte auch eine Berufshaftpflichtversicherung besteht ist vorliegend zwischen den Parteien unstreitig.

Der § 2 Abs. 2 DL-InfoV räumt dem Dienstleistungserbringer indes vier alternative und gleichwertige Möglichkeiten zur Erfüllung der Pflicht aus § 2 Abs. 1 DL-InfoV ein. So erlaubt es der § 2 Abs. 2 Nr. 2 DL-InfoV dem Dienstleistungserbringer seine Pflicht zur Bereitstellung der Informationen dadurch zu erfüllen, dass am Ort der Leistungserbringung oder aber des Vertragsschlusses die erforderlichen Informationen so vorgehalten werden, dass sie dem Dienstleistungsempfänger leicht zugänglich sind. Dazu zählt beispielsweise auch ein Aushang im Geschäftslokal, der leicht zu sehen sein muss. Genau dies aber behauptet die Verfügungsbeklagte, indem sie vorträgt, die erforderlichen Informationen seien im Wartezimmer ihrer Kanzlei an der Wand ausgehängt und zudem in einer Mappe auf einem Tisch im Wartezimmer zu finden. Die Darlegungs- und Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung obliegt insoweit aber dem Verfügungskläger (vgl. BGH GRUR 2012, 945; BGH GRUR 2008, 834; Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 11.22, 11.50a). Der Verfügungskläger hat aber vorliegend einen Verstoß gegen die DL-InfoV durch die Verfügungsbeklagte nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Verfügungskläger trägt nämlich lediglich vor, dass der Internetauftritt der Verfügungsbeklagten keinen Hinweis auf die Berufshaftpflichtversicherung enthält. Dies reicht aber nicht aus, um eine Verletzungshandlung zu bejahen. Die Verfügungsbeklagte trägt nämlich vor, sie mache von ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch und stelle dem Dienstleistungsempfänger die erforderlichen Informationen in ihren Kanzleiräumen zur Verfügung.

Anderes würde allenfalls dann gelten, wenn die Verfügungsbeklagte auch im Internet selbst ihre anwaltlichen Dienstleistungen erbringt. Dann wäre das Wahlrecht des § 2 Abs. 2 DL-InfoV eingeschränkt, da der § 2 Abs. 1 DL-InfoV ausdrücklich fordert, dass die entsprechenden Informationen vor einem Vertragsschluss oder vor Dienstleistungserbringung dem Dienstleistungsempfänger zur Kenntnis gebracht werden müssen. Insoweit wäre dann ein Aushang bzw. eine Mappe mit den relevanten Informationen im Wartezimmer der Kanzlei nicht ausreichend. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür, dass die Verfügungsbeklagte tatsächlich im Internet ihre anwaltlichen Dienstleistungen erbringt weder ersichtlich noch seitens des beweisbelasteten Verfügungsklägers hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Internetauftritt der Verfügungsbeklagten dient ausschließlich der Mandanteninformation und -akquise.

Überdies würde es zudem auch an der nach § 3 Abs. 1 UWG erforderlichen spürbaren Beeinträchtigung eines etwaigen Verstoßes fehlen. Denn insbesondere bei Verstößen gegen Vorschriften wie der DL-InfoV ist stets sorgfältig zu prüfen, ob nicht ein Bagatellverstoß anzunehmen ist (vgl. auch KG GRUR-RR 2008, 352; Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 11.158). So kann die Spürbarkeit nämlich zu verneinen sein, wenn die unlautere geschäftliche Handlung allenfalls geeignet ist, für den Handelnden einen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen (vgl. BGH WRP 2000, 1135; BGH GRUR 2001, 258; Köhler/Bornkamm, UWG, § 3 Rn. 124). Die streitgegenständliche Handlung – hier die Unterlassung der Angabe der Berufshaftpflichtversicherung im Impressum des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten – ist aber nach Ansicht der Kammer als bloßer Bagatellverstoß einzuordnen, dem eine wettbewerbsrechtliche Relevanz fehlt. Ein Wettbewerbsvorteil für die Verfügungsbeklagte ist letztlich nicht erkennbar. Im Gegenteil dürften potentielle Mandanten das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung eher als vorteilhaft und als ein – wenn auch eher untergeordnetes – Kriterium für die Auswahl eines bestimmten Rechtsanwalts ansehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

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