LG Düsseldorf: Vor einer Domain-Löschung muss nicht außergerichtlich abgemahnt werden

veröffentlicht am 12. September 2013

LG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2013, Az. 2a O 371/10
§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 93 ZPO, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass vor der Klage auf Löschung bzw. Verzicht auf eine Internet-Domain eine Abmahnung im technischen Sinne nicht erforderlich ist. Werde der spätere Beklagte vor der Klage auf die Rechte des Klägers hingewiesen und zur Löschung/Freigabe der Domain aufgefordert, sei dies ausreichend. Nach Klageerhebung könne der Beklagte sich nicht durch ein sofortiges Anerkenntnis von der Kostenforderung befreien, da er durch sein vorheriges Verhalten Anlass zur Klage gegeben habe. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Düsseldorf

Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil

In dem Rechtsstreit

hat die 2 a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf im schriftlichen Vorverfahren am 11.02.2011durch … für Recht erkannt:

I.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die Bezeichnung „wrberkley“ als Internetdomain registrieren zu lassen.

II.
Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der … auf die Internet-Domain „wrberkley.de“ zu verzichten und gegenüber der … alle hierzu erforderlichen Erklärungen abzugeben.

III.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gem. Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird.

IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die im Jahr 2003 gegründete Klägerin ist die europäische Tochtergesellschaft der …, einem weltweit tätigen Versicherungsunternehmen. Im Mai 2010 nahm sie als Versicherung eine Niederlassungstätigkeit in Deutschland auf.

Hauptbevollmächtigter der deutschen Niederlassung ist Herr A., der zuvor für die B., Düsseldorf tätig war.

Der Beklagte ist ein ehemaliger Mitarbeiter der B. Am 16.04.2010 registrierte er bei der … die Internetdomain „wrberkley.de“.

Im August 2010 stellte die Klägerin im Rahmen einer Registrierungsanfrage bei der … fest, dass die Domain „wrberkley.de“ durch den Beklagten bereits registriert war. Daher beantragte sie bei der … die Einrichtung eines Dispute-Eintrags.

Mit Schreiben vom 18.08.2010 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Domain „wrberkley.de“ freizugeben. Gleichzeitig wies die Klägerin den Beklagten im Rahmen dieses Schreibens darauf hin, dass sie, wenn die Domainaufgabe nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Schreibens erfolge, unmittelbar den Rechtsweg beschreiten würde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage … Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 19.08.2010 teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass er die Domain zur Vermeidung etwaiger Streitigkeiten aufgeben werde. Wegen der weiteren Einzelheiten der E-Mail wird auf Anlage HKLW 6 Bezug genommen.

Der Beklagte kündigte daraufhin lediglich seinen Vertrag mit seinem Provider C. zum 15.04.2011. Mit E-Mail vom 31.08.2010 bat die Klägerin den Beklagten um Mitteilung des AuthInfo-Codes zur Übertragung der Domain, was der Beklagte mit E-Mail vom 31.08.2010 unter Hinweis darauf, dass der Klägerin nur ein Recht auf Freigabe, nicht auf Übertragung der Domain zustehe, ablehnte. Gleichzeitig teilte er der Klägerin mit, dass sie ihm gerne ein Angebot zur Übertragung der Domain unterbreiten könne. Wegen der weiteren Einzelheiten der Email wird auf Anlage … Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.09.2010 forderte die Klägerin den Beklagten erneut auf, die Domain „wrberkley.de“ bis zum 15.09.2010 freizugeben, also gegenüber der … auf die Domain zu verzichten und ihr hierüber einen Nachweis zu erbringen. Gleichzeitig teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie alternativ auch bereit sei, bis zu diesem Datum den Authorisierungscode entgegen zu nehmen. Für den Fall dass diese Frist fruchtlos verstreichen würde, wurde dem Beklagten Klageerhebung angedroht. Zudem behielt die Klägerin sich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Anlage HKLW 9 verwiesen.

Am 21.10.2010 reichte die Klägerin gegen den Beklagten eine Klage beim hiesigen Gericht ein. Ursprünglich hat sie beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die Bezeichnung „wrberkley“ als Internetdomain registrieren zu lassen;

2. den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der … auf die Internet-Domain „wrberkley.de“ zu verzichten und gegenüber der … alle hierzu erforderlichen Erklärungen abzugeben;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen gem. Ziffer 1) entstanden ist und noch entstehen wird;

4. den Beklagten zu verurteilen, an sie 775,64 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 17.12.2010 hat sich Rechtsanwalt D. für den Beklagten bestellt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom selben Tag hat sich zudem Rechtsanwalt E. für den Beklagten bestellt und erklärt, dass die Ansprüche 1.-3. anerkannt würden. Im Übrigen hat er beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 03.01.2011 hat Rechtsanwalt D. die Mandatsniederlegung angezeigt. Mit weiterem Schriftsatz vom 04.02.2011 hat er erklärt, dass sein Schriftsatz vom 17.12.2010 versehentlich erfolgt sei, bevor er die dem Beklagten per 16.12.2010 übermittelte Vollmacht zurückerhalten habe.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.01.2011 ihren Klageantrag zu 4. zurückgenommen. Sie beantragt nunmehr, den Beklagten seinem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen und ihm die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.

Der Beklagte ist der Ansicht, er habe keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Insbesondere sei er vor Klageerhebung nicht abgemahnt worden. Eine Abmahnung müsse immer ein bestimmtes, näher bezeichnetes Verhalten rügen, die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten und gerichtliche Folgen für den Fall ankündigen, dass eine Erklärung nicht abgegeben werde. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Im Hinblick auf den Antrag zu 3. sei er vor Klageerhebung zudem zu keinem Zeitpunkt aufgefordert worden, zur Frage seiner Kostentragungspflicht Stellung zu nehmen.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens wird im Übrigen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Soweit der Beklagte die Klageforderung anerkannt hat, war er gemäß seinem Anerkenntnis zu verurteilen, § 307 ZPO.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

§ 93 ZPO ist vorliegend nicht einschlägig. Denn der Beklagte hat durch sein vorprozessuales Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben. Daher kann dahinstehen, ob das Anerkenntnis des Beklagten durch den Schriftsatz von Herrn Rechtsanwalt E. vom 17.12.2010 aufgrund des gleichzeitigen Klageabweisungsantrags des nicht bevollmächtigten Rechtsanwalt D. als sofortiges Anerkenntnis zu bewerten ist.

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 18.08.2010 (Anlage …) aufgefordert, die streitgegenständliche Domain „wrberkley.de“ freizugeben. Gleichzeitig hat sie den Beklagten schon in diesem Schreiben im letzten Absatz darauf hingewiesen, dass sie, wenn der Beklagte dieser Aufforderung nicht binnen 14 Tagen nachkommt, unmittelbar den Rechtsweg beschreiten wird.

Dieser Aufforderung ist der Beklagte nicht nachgekommen. Daher hat die Klägerin den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 09.09.2010 erneut zur Freigabe der Domain aufgefordert. Auch in diesem Schreiben hat die Klägerin dem Beklagten bei erfolglosem Fristablauf Klageerhebung angedroht und sich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalten.

Die Tatsache, dass die Klägerin den Beklagten in diesen Schreiben nicht zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat, ist unschädlich. Denn die Klägerin begehrte von dem Beklagten in erster Linie eine Leistung und kein Unterlassen, nämlich die Freigabe der Domain durch eine Verzichtserklärung gegenüber der … . Diese Forderung hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten unter Hinweis auf die Verletzung ihrer Namensrechte durch die erfolgte Registrierung in beiden vorgenannten Schreiben deutlich erklärt. Darüber hinaus wurde dem Beklagten in beiden vorgenannten Schreiben auch eine gerichtliche Inanspruchnahme angedroht, für den Fall, dass er der Aufforderung der Klägerin binnen der jeweils gesetzten Frist nicht nachkommt. Der Beklagte ist dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen. Für eine Anwendung des § 93 ZPO ist daher kein Raum.

III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 1 ZPO.

Streitwert: 10.000,00 EUR

I