LG Frankenthal: Verschleiert eine Kontaktanzeige ihren gewerblichen Charakter, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor

veröffentlicht am 11. Mai 2015

LG Frankenthal, Urteil vom 13.01.2015, Az. 1 HK O 14/14
§ 2 Nr. 1 UWG, § 4 Nr. 3 UWG

Das LG Frankenthal hat entschieden, dass die Herausgabe einer Kontaktanzeige, welche nicht erkennen lässt, dass der Kontakt ausschließlich über eine gewerbliche Partnervermittlung gegen Zahlung einer Gebühr zustande kommen könne, irreführend ist. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Anzeige in einer Zeitungsrubrik erscheine, in welcher private Kontaktanzeigen üblich seien. In diesem Fall müsse der gewerbliche Charakter einer Anzeige verdeutlicht werden. Zum Volltext der Entscheidung:

 


Landgericht Frankenthal

Urteil

In dem Rechtsstreit

 

wegen Unterlassung

hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch … auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2015 für Recht erkannt:

1.
Das Versäumnisurteil vom 23. September 2014 wird aufrechterhalten.

2.
Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,– € vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 23.09.2014 darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit festgesetzt werden.

4.
Der Streitwert wird auf 15.000,– € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist ein im Sinne von § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG klagebefugter Verband zu sein.

Der Beklagte betreibt in Ort eine gewerbliche Partnervermittlung, die mit „B“ firmiert und unter der Homepage nw.de/ erreichbar ist.

Am 05.06.2014 erschienen im „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ auf S. 49 unter der Rubrik „Bekanntschaften“ folgende Annoncen (GA 9):

„Er 54 s. Partnerin (gerne Ausländerin)“

„Sie 54 mollig sucht Partner“

Als Kontaktadresse waren jeweils „B- nw.de 0XXXX/576XXX“ angegeben. Die angegebene Telefonnummer ist diejenige der Partnervermittlung des Beklagten.

Der Kläger trägt vor:

Die fraglichen Anzeigen seien vom Beklagten aufgegeben worden, diesem jedenfalls aber zuzurechnen. Bei diesen Anzeigen stelle es sich um eine irreführende Werbung dar, da dem Verbraucher nicht mitgeteilt werde, dass es sich bei den Kontaktanzeigen um ein gewerbliches Angebot des Beklagten handele.

Er, der Kläger, habe den Beklagten wegen dieser unzulässigen Kontaktanzeigen erfolglos abgemahnt, wodurch ihm Abmahnkosten in Höhe von 178,50 € entstanden seien. Dies ergebe sich daraus, dass er im Jahr 2013 insgesamt 1.803 Abmahnungen ausgesprochen habe, wodurch ihm Kosten von insgesamt 367.901,18 € entstanden seien. Pro Abmahnung seien somit Kosten von durchschnittlich 204,05 € entstanden; abgerundet werde lediglich eine Pauschale von 150,– € zzgl. USt. geltend gemacht.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2014 nicht zur Sache verhandelt, worauf ihn die Kammer durch Versäumnisurteil gleichen Datums verurteilt hat,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Partnervermittlungen zu werben, ohne klar und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass es sich um das Angebot einer gewerblich tätigen Partnervermittlung handelt, sofern dies geschieht wie in der Werbung im „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ vom 05. Juni 2014, Seite 9 Anlage K2;

2. an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05. August 2014 zu zahlen.

Dieses Versäumnisurteil wurde dem Klägervertreter am 29.09.2014 und dem Beklagtenvertreter am 30.09.2014 zugestellt. Der Beklagte hat hiergegen am 01.10.2014 Einspruch einlegen lassen.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil vom 23.09.2014 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Er sei für die streitgegenständlichen Anzeigen nicht verantwortlich; diese seien ihm auch nicht zuzurechnen. Er inseriere lediglich im „Stadtanzeiger“ für Ort, Inserate im „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ habe er noch niemals aufgegeben. Seine Anzeigen seien stets mit dem Zusatz „PV“ für Partnervermittlung gekennzeichnet. Dies sei mit den Mitarbeitern des „Stadtanzeigers“ für Ort so vereinbart worden, d.h. diesen werde lediglich der Text der Partneranzeige mitgeteilt, der Zusatz „PV“ erscheine dann automatisch vor seiner Homepage und Telefonnummer. Wenn die Mitarbeiter des „Stadtanzeigers“ für Neustadt möglicherweise eigenmächtig seine Anzeige im „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ veröffentlicht und hierbei den Zusatz „PV“ nicht abgedruckt hätten, dann gehe dies nicht zu seinen Lasten und sei ihm auch nicht als eine den Unterlassungsanspruch auslösende Erstbegehung zuzurechnen.

Abgesehen hiervon sei die beanstandete Werbung auch nicht irreführend. In den fraglichen Anzeigenblättern würden Kontaktanzeigen von Privatpersonen ausschließlich unter einem Chiffre veröffentlicht, lediglich bei Partnervermittlungen erscheine die Homepage bzw. eine Telefonnummer. Dies sei den Partnersuchenden auch bekannt, so dass eine Irreführung über den gewerblichen Charakter der beanstandeten Kontaktanzeigen ausscheide.

Eine Abmahnung habe er vorprozessual nicht erhalten, weshalb die Anfertigung einer solchen und die geltend gemachten Kosten hierfür bestritten würden und nicht erstattungsfähig seien.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. T. und M. B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.01.2015 Bezug genommen. Im Übrigen wird zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil vom 23.09.2014 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt (§ 341 Abs. 1 S. 1 ZPO), sodass der Prozess in die Lage zurückversetzt ist, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO). Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme entspricht das Versäumnisurteil indes der Sach- und Rechtslage, weshalb es aufrechtzuerhalten ist (§ 343 ZPO).

1.
Die Klage ist begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 3 UWG.

Gemäß § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert.

a)
Dass es sich bei den streitgegenständlichen Kontaktanzeigen um geschäftliche Handlungen handelt, steht außer Zweifel, da hierdurch ersichtlich eine Kontaktaufnahme zur Partnervermittlung des Beklagten und damit letztendlich ein Geschäftsabschluss mit diesem angebahnt werden soll, § 2 Nr. 1 UWG. Dies stellt auch der Beklage nicht in Abrede, denn er macht nicht geltend, die Interessenten könnten über die angegebenen Kommunikationsmittel direkt Kontakt zu den Partnersuchenden aufnehmen, ohne hierfür die entgeltlichen Dienste des Beklagten in Anspruch nehmen zu müssen.

b)
Entgegen der Auffassung des Beklagten wird dieser Werbecharakter seiner Inserate auch verschleiert. Dies folgt zum einen aus der Tatsache, dass die Inserate in der Rubrik „Herzenswünsche“ und dort unter der Überschrift „Bekanntschaften“ erscheinen. In dieser Rubrik erscheinen unstreitig auch Inserate privater Kontaktsuchender, also ohne Werbecharakter. Es ist demnach Sache des Beklagten, seine eigenen – gewerblichen – Inserate hiervon so deutlich abzugrenzen, dass der Leser, der selbst auf eine „Bekanntschaft“ aus ist, erkennen kann, dass es sich bei der fraglichen Kontaktanzeige um ein Inserat einer gewerblichen Partnervermittlung handelt, bei dem nur gegen Zahlung einer „Gebühr“ eine Kontaktaufnahme möglich ist.

Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dies ergebe sich bereits daraus, dass in der fraglichen Anzeige als Kontaktadresse kein Chiffre, sondern eine Internet-Adresse nebst Telefonnummer erscheint. Dem „spontanen“ Kontaktsuchenden, der nicht ständig in den fraglichen Rubriken der Anzeigenblätter „unterwegs ist“ und deshalb nicht bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt ist, ist im Zweifel nicht bekannt, dass dort Kontaktanzeigen Privater jedenfalls überwiegend unter einem Chiffre veröffentlicht werden. An solche „unbedarften“ Erstkunden sind die fraglichen Inserate aber jedenfalls auch gerichtet. Die Mitglieder der erkennenden Kammer, die als solche – potentiellen – Erstkunden demnach zu dem angesprochenen Personenkreis gehören, können aus eigener Sachkunde beurteilen, dass es nicht „Allgemeingut“ ist, dass private Kontaktanzeigen nur unter einem Chiffre veröffentlicht werden und dass die Angabe einer Internetadresse und einer Telefonnummer zwingend auf eine gewerbliche Partnervermittlung hindeutet, die damit quasi offen als Agent desjenigen auftritt, der eine Bekanntschaft sucht, also des „Er, 56“ oder der „Sie, 54, mollig“.

Abgesehen hiervon hat die durchgeführte Beweisaufnahme auch ergeben, dass dies bei dem fraglichen Anzeigenverlag auch nicht so selbstverständlich ist oder jedenfalls zum hier fraglichen Zeitpunkt war, wie der Beklagte geltend macht. Der Zeige E. T., der Geschäftsführer der u.a. die Anzeigenblätter „Stadtanzeiger Ort“ und „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ herausgebenden X Vertriebs- und Dienstleistungsgesellschaft mbH & Co.KG, hat zwar bekundet, in der Regel werde darauf geachtet, dass private Anzeigen nur unter einem Chiffre erscheinen, er hat dann aber eingeräumt, dass es durchaus möglich ist, dass solche Anzeigen auch einmal mit einer Telefonnummer erscheinen können, wenn der Kunde dies wünscht und bereit ist, die „unangenehmen“ Folgen in Kauf zu nehmen. Auch löst nach den Angaben des Zeugen E. T. eine Chiffre zusätzliche Gebühren aus, was einen Privatinserenten ebenfalls veranlassen könnte, hiervon Abstand zu nehmen. Schließlich gilt auch, dass die Frage, wie bei den fraglichen Anzeigeblättern Privatannoncen und gewerbliche Anzeigen erscheinen und kenntlich gemacht werden, ohnehin eine interne Entscheidung des Herausgebers darstellt, die sich dem Leser nicht ohne Weiteres erschließt.

Es kann dahinstehen, ob Kontaktanzeigen, hinter denen eine gewerbliche Partnervermittlung steht, stets mit einem Zusatz wie etwa „PV“ gekennzeichnet werden müssen, um den gewerblichen Charakter kenntlich zu machen, oder ob es im Einzelfall auch ausreichen kann, wenn sich etwa aus der angegeben Homepage erschließt, dass diese zu einer gewerblichen Partnervermittlung gehört. Aus der Internetadresse des Beklagten (B- nw.de) lässt sich dies jedenfalls nicht mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, da diese Adresse auch einer Privatperson („B“) oder einem nichtkommerziellen Singletreff usw. „gehören“ könnte.

c)
Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die nach alldem als unlauter anzusehenden streitgegenständlichen beiden Kontaktanzeigen vom 05.06.2014 lösten gleichwohl ihm gegenüber keinen Unterlassungsanspruch aus, weil sie ihm bzw. seiner Partnervermittlung nicht als sog. Erstbegehung zurechenbar seien.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest (§ 286 ZPO), dass der Beklagte die beiden streitgegenständlichen Kontaktanzeigen aufgegeben hat. Die Zeugin M. B., die zuständige Mitarbeiterin beim „Stadtanzeiger Ort“, bei der der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen seine Annoncen aufzugeben pflegt, hat hierzu bekundet, dass die Anzeigen des Beklagten in einem „Paket“ erschienen sind, zu dem eben auch das „Wochenblatt, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen“ gehört. Die Zeugin hat durch Vorlage der entsprechenden Rechnung/Barquittung vom 12.05.2014 auch belegt bzw. rekonstruiert, dass der Beklagte diese Annoncen auch bezahlt hat. Schließlich sind diese nach Angaben der Zeugin M. B. wortgleich auch im „Stadtanzeiger Ort“ erschienen, wo der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen zu inserieren pflegt.

Ebenso wenig trifft es nach den Angaben der Zeugin M. B. zu, dass es sich bei den streitgegenständlichen Kontaktanzeigen um dem Beklagten nicht zuzurechnende „Ausreißer“ gehandelt habe, weil seine Inserate ansonsten stets mit dem Zusatz „PV“ für Partnervermittlung gekennzeichnet gewesen seien und dies mit den Mitarbeitern des „Stadtanzeigers“ für Ort auch so vereinbart worden sei. Die Zeugin M. B. hat hierzu ausgesagt, in der Anfangsphase, hier Juni 2014, seien die Kontaktanzeigen des Beklagten sämtlich ohne „PV“ erschienen, was mit dem Beklagten so auch besprochen gewesen sei. Erst bei späteren Annoncen sei dann auf Vorschlag der Zeugin der Zusatz „PV“ aufgenommen worden.

Damit steht fest, dass die beiden streitgegenständlichen, ohne diesen Zusatz erschienen Anzeigen durchaus dem Beklagten zurechnen sind, weshalb dahinstehen kann, inwieweit sich dieser im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits ein etwaiges Fehlverhalten von Mitarbeitern des „Stadtanzeigers“ Ort zurechnen lassen müsste.

 d)
Der nach alldem gegebene Unterlassungsanspruch des Klägers wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte nach den Angaben der Zeugin M. B. nunmehr seine Kontaktanzeigen mit dem Zusatz „PV“ zu veröffentlichen pflegt. Aus dem aufgezeigten Wettbewerbsverstoß streitet eine tatsächliche Vermutung für die den Unterlassungsanspruch auslösende Wiederholungsgefahr, die letztendlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann (vgl. Köhler/Bornkamm/Bornkamm UWG § 8 Rn. 1.33 f). Eine solche hat der Beklagte indes nicht abgegeben. Sein Einwand, die diesbezügliche Abmahnung des Klägers nicht erhalten zu haben, ändert hieran nichts. Sollte dieser Einwand den Tatsachen entsprechen, so hätte für den Beklagten die Möglichkeit bestanden, den Unterlassungsantrag anzuerkennen und sich auf die Kostenregelung des § 93 ZPO zu berufen. Da der Beklagte dies nicht getan hat, bleibt es dabei, dass weiterhin zu seinen Lasten von einer den Unterlassungsanspruch begründenden Wiederholungsgefahr auszugehen ist.

2.
Gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG hat der Kläger auch Anspruch auf Ersatz seiner Abmahnkosten. Durch Vorlage der Abmahnung vom 09.07.2014 nebst Faxprotokoll (GA 73 ff) ist die Anfertigung einer Abmahnung belegt. Dass sich deren Zugang bzw. Nichtzugang nicht nachweisen lässt, geht zulasten des Beklagten (BGH, Beschluss vom 21. 12. 2006 – I ZB 17/06, GRUR 2007, 629). Gegen die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten von 150,– € zzgl. USt. ist nichts zu erinnern (§ 287 ZPO).

3.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

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