LG Frankfurt a.M.: Vorverurteilung eines Polizeibeamten durch Vorgesetzten während eines Ermittlungsverfahrens kann 8.000,00 EUR Schmerzensgeld auslösen

veröffentlicht am 21. April 2011

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2011, Az. 2-04 O 584/09, 2/04 O 584/09, 2-4 O 584/09, 2/4 O 584/09
§ 839 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 34 GG

Wird gegen einen Beamten ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs u.a. geführt und ist dieses nicht abgeschlossen, darf sein Dienstvorgesetzter im Rahmen einer Mitarbeiterbesprechung nicht erklären, dass der Beamte in kriminelle Machenschaften verstrickt sei und er dafür persönlich sorgen werde, dass der Beamte nicht mehr auf die Dienststelle zurückkehren werde, sowie, dass sich die Beamten von ihm fernhalten und keinen Kontakt zu ihm aufnehmen sollten. Das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das betroffene Polizeipräsidium wurde zu einem Schmerzensgeld von 9.000,00 EUR verurteilt. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil

In dem Rechtsstreit

gegen

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2010 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 610,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist als Beamter auf Lebenszeit im Polizeivollzugsdienst der Beklagten beschäftigt. Er führt den Dienstgrad Erster Kriminalhauptkommissar und leitete bis März 2006 das Kommissariat 43 des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main, zuständig für Personenfahndung. Die Arbeitsatmosphäre dort war seit längerer Zeit angespannt. Am 10.03.2006 übergaben Mitarbeiter der Dienststelle der damaligen Polizeivizepräsidentin T. einen Ordner, der den Kläger belastendes Material im Hinblick auf mögliche strafrechtliche Verstöße wegen Betrugs und Untreue sowie Dienstpflichtverletzungen enthielt.

Der Polizeipräsident Dr. T. übersandte den Ordner am 17.03.2006 ohne vorherige Anhörung des Klägers zur Überprüfung an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Diese leitete gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue und anderer Delikte ein. Der Polizeipräsident Dr. T. leitete sodann mit Verfügung vom 24.03.2006 (Bl. 76 ff. d. A.) wegen des Verdachts schwerwiegender Dienstvergehen ein förmliches Disziplinarverfahren gem. § 29 HDO gegen den Kläger ein und ordnete die vorläufige Dienstenthebung des Klägers gem. § 83 HDO an. Das Disziplinarverfahren, welches bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger ausgesetzt wurde, wurde mit Verfügung vom 17.07.2007 (Bl. 96 ff. d. A.) wegen des Vorwurfs der Gegenzeichnung eines vorgetäuschten Dienstunfalls eines Kollegen erweitert. Mit Beschluss vom 27.03.2006 (Bl. 74 f. d. A.) ordnete das Amtsgericht Frankfurt am Main die Durchsuchung der Diensträume der Kriminaldirektion bei dem Polizeipräsidium an.

Am 29.03.2006 gegen 10:00 Uhr wurde der Kläger, der an diesem Tag dienstfrei hatte, in seiner Privatwohnung über die Vorwürfe informiert. Er musste seinen Dienstausweis und seine Dienstwaffe abgeben und wurde in Anwesenheit eines Polizeipsychologen ins Polizeipräsidium Frankfurt am Main gefahren. Dort wurde dem Kläger gegen Mittag die Einleitung des Disziplinarverfahrens sowie die vorläufige Dienstenthebung eröffnet und ihm Hausverbot für die Räumlichkeiten des Polizeipräsidiums erteilt. Zuvor wurden die Beamten des Kommissariats gegen 11:30 Uhr im Rahmen einer Besprechung, bei der neben den Beamten des Kommissariats die Polizeivizepräsidentin T., Staatsanwalt K., Mitarbeiter des Hessischen Landeskriminalamtes sowie die Polizeibeamten Ba. und F. anwesend waren, von der Polizeivizepräsidentin T. über die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe und die sich unmittelbar anschließende Durchsuchung der Diensträume in Kenntnis gesetzt.

Der Kläger zeigte den Vorfall vom 29.03.2006 mit Schreiben vom 21.03.2008 (Bl. 148 d. A.) als Dienstunfall an, da er eine psychische Dekompensation erlitten habe. Der Antrag auf Unfallfürsorge wurde jedoch nicht beschieden, da der Kläger einen Fragebogen nicht an die Behörde zurücksandte. Mit Schreiben vom 13.01.2011 wurde der Antrag auf Anerkennung des Dienstunfalls schließlich durch den Kläger zurück genommen.

In den Jahren 2006 und 2007 erschienen mehrere Presseberichte über die Vorwürfe gegen den Kläger und dessen Suspendierung. Insbesondere erschienen am 17.12.2007 in der „B.-Zeitung“ unter dem Titel „4 neue Skandale erschüttern Polizei“ mehrere Artikel, die sich mit den Vorgängen im Polizeipräsidium Frankfurt am Main befassten (Bl. 185 d. A.). Der Fall des Klägers wurde dabei unter der Überschrift „Kripo-Chef gratis zur Eintracht“ behandelt. In diesem Artikel wurde der Polizeipräsident Dr. T. wie folgt zitiert: „Ja stimmt, das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten läuft. Wir haben ihm Hausverbot erteilt, die Dienstwaffe entzogen, ihn suspendiert. Zudem wurden seine Bezüge gekürzt. Daran sehen sie, dass wir die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen… Aufgrund der Vorwurfslage wäre es auch nicht optimal, wenn der alte zurückkehren würde.“ In einem weiteren Artikel, welcher den Titel „Das ist gelinde gesagt eine Sauerei“ trug, wurden verschiedene Vorfälle bei der Frankfurter Polizei aufgeführt, zu denen der Polizeipräsident Dr. T. wie folgt Stellung nahm: „Das ärgert mich maßlos! Es ist gelinde gesagt eine Sauerei, dass einzelne Beamte, einzelne schwarze Schafe, sich so gegenüber ihren Kollegen verhalten. Es ärgert mich unglaublich, dass einige dabei sind, die zu Lasten der superarbeitenden Kollegen den schlechten Eindruck vermitteln, die Frankfurter Polizei als ganzes würde nicht rechtsstaatlich arbeiten… Wenn wir Fehlverhalten unserer Beamten entdecken, leiten wir Diziplinar-, bzw. Ermittlungsverfahren ein – natürlich ohne Rücksicht darauf, um wen es sich handelt.“

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main stellte mit Verfügung vom 05.06.2008 (Bl. 100 ff. d. A.) und vom 24.06.2009 (Bl. 104 ff. d. A.) die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger gem. § 170 Abs. 2 StPO ein. Mit Verfügung des Polizeipräsidenten vom 09.04.2009 (Bl. 114 f. d. A.) wurden die vorläufige Dienstenthebung und die Anordnung der Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge aufgehoben. Der Kläger wurde daraufhin an das Polizeipräsidium Südosthessen abgeordnet, wo er keine Dienststelle mehr leitet.

Das Disziplinarverfahren gegen den Kläger wurde nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens mit Verfügung vom 22.07.2009 (Bl. 116 ff. d. A.) fortgesetzt und nach Erstellung des Abschlussberichts vom 05.10.2010 (Anlage B 14) mit Verfügung vom 16.12.2010 (Bl. 447 ff. d. A.) mangels Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.11.2009 (Bl. 46 ff. d. A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,00 EUR bis spätestens zum 01.12.2009 anzuerkennen.

Der Kläger begehrt mit seiner der Beklagten am 18.01.2010 zugestellten Klage Schmerzensgeld für persönlichkeitsverletzende und rufschädigende Äußerungen sowie Vorverurteilungen seiner Person. Darüber hinaus macht er Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten geltend.

Der Kläger behauptet, die Polizeivizepräsidentin T. habe im Rahmen der Besprechung mit den Beamten des Kommissariats am 29.03.2006 erklärt, er sei als Dienststellenleiter in schwere kriminelle Machenschaften verstrickt. Er werde auf Grund der verübten umfangreichen Straftaten nicht mehr in den Polizeidienst zurückkehren. Dafür werde sie persönlich sorgen. Alle Beamten sollten sich von ihm fernhalten und keinerlei Kontakt mehr zu ihm aufnehmen. Der Polizeipräsident Dr. T. habe es willentlich veranlasst, dass die Presseveröffentlichungen ihn in den Vordergrund rückten. Der Polizeipräsident sei noch vor dem Presseinterview mit der „B.-Zeitung“ über den Ermittlungsstand beim Hessischen Landeskriminalamt informiert gewesen. Durch das Verhalten der Polizeivizepräsidentin sei seine Gesundheit angegriffen worden. Er müsse noch immer fachärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000,- € nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszins liegender Zinsen seit dem 01.12.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 610,11 € nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszins liegender Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Polizeivizepräsidentin T. habe bei der Besprechung am 29.03.2006 im Rahmen einer kurzen Begründung gewissermaßen nur anmoderierend ausgeführt, dass es Vorwürfe gegen den Kläger gebe, die die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main veranlasst hätten, ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Untreue einzuleiten und in diesem Zuge nun Durchsuchungsmaßnahmen erforderlich würden. Die Hinweise der Polizeivizepräsidentin hätten ausschließlich der Unterrichtung der Mitarbeiter des Kommissariats gedient. Sie seien über die bevorstehende vorläufige Dienstenthebung des Klägers, den Umstand, dass Herr B. als Abwesenheitsvertreter zunächst das Kommissariat leite, da der Kläger zunächst nicht mehr zur Verfügung stehe sowie das gegenüber dem Kläger auszusprechende Hausverbot informiert worden. Es sei bei diesem Gespräch weder von der Polizeivizepräsidentin noch von Herrn Ba. geäußert worden, dass der Kläger wegen seiner Straftaten nicht mehr in den Polizeidienst zurück kehren werde und alle Beamten sich von ihm fernhalten bzw. keinen Kontakt mehr zu ihm aufnehmen sollten. Die Berichte in der „B.-Zeitung“ und andere Presseberichte seien weder von der Behördenleitung des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main noch durch die Pressestelle des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main gefördert oder veranlasst worden. Der Polizeipräsident sei nicht vor dem Presseinterview bei der „B.-Zeitung“ über die Ermittlungen des Hessischen Landeskriminalamtes informiert gewesen, vielmehr habe er erstmals am 14.02.2008 die Ermittlungsakte angefordert und Kenntnis von deren Inhalt erlangt.

Die Kammer hat gem. Beweisbeschluss vom 11.08.2010 (Bl. 223 f. d. A.) i. d. F. vom 17.09.2010 (Bl. 273 Rs. d. A.) und vom 06.10.2010 (Bl. 290 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W., G., B., J., V., Br., T., Ba., K., M., Sch., K. und Bra. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der öffentlichen Sitzungen vom 10.11.2010 (Bl. 298 ff. d. A.) und vom 29.11.2010 (Bl. 403 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 8.000,00 EUR gem. § 839 i. V. m. Art. 34, 1, 2 Abs. 1 GG wegen einer schweren Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Es ist anerkannt, dass ein Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Zahlung einer Geldentschädigung für immaterielle Schäden zum Gegenstand haben kann (BGH, NJW 1994, 1950; Palandt/Sprau, BGB. 70. Aufl., § 839, Rz. 37). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ausnahmslos die Zubilligung einer Geldentschädigung rechtfertigt. Vielmehr führt die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann zu einem Anspruch auf Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BGH, a. a. O.; NJW 1995, 861, NJW 1996, 984, NJW 2005, 215; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 1791; Palandt/Sprau, a. a. O., § 823, Rz. 124 m. w. N.).

Ob eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in diesem Sinne vorliegt, ist insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner auch von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens abhängig. Dabei lässt sich die Frage, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung so schwerwiegend ist, dass die Zubilligung von Schmerzensgeld gerechtfertigt ist, nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls beantworten (BGH, a. a. O., OLG Düsseldorf, a. a. O.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Zubilligung einer Geldentschädigung in Höhe von 8.000,- € gerechtfertigt.

Die damalige Polizeivizepräsidentin T. hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch ihre Äußerungen im Rahmen der Mitarbeiterbesprechung in schwerer Weise verletzt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für die Kammer mit hinreichender Gewissheit fest, dass die Polizeivizepräsidentin T. am 29.03.2006 während der Mitarbeiterbesprechung erklärt hat, dass der Kläger in kriminelle Machenschaften verstrickt sei und nicht mehr auf die Dienststelle zurückkehren werde. Dafür werde sie persönlich sorgen. Die Beamten sollten sich von ihm fernhalten und keinen Kontakt zu ihm aufnehmen.

Die Zeugen W., G. und J. haben im Rahmen ihrer Vernehmung ausgesagt, dass die Polizeivizepräsidentin während der Besprechung erklärt habe, der Kläger sei in kriminelle Machenschaften verstrickt. Diese Aussagen sind glaubhaft. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Zeugen auf Grund ihres gemeinsamen Berufes und der Bedeutung bzw. Außergewöhnlichkeit des Ereignisses vom 29.03.2006 in der Folgezeit häufiger über die Vorfälle gesprochen haben und deshalb grundsätzlich die Möglichkeit der Suggestion besteht. Auch wurde im Beweisbeschluss der Kammer vom 11.08.2010 das Beweisthema ausdrücklich benannt, so dass auch insoweit die Möglichkeit der (unbewussten) Beeinflussung besteht. Nichtsdestoweniger ist die Kammer von der Richtigkeit der Aussagen überzeugt. Die Zeugen haben nämlich nicht lediglich zielgerichtet und ohne Abweichung in Details übereinstimmend das Beweisthema bestätigt. Vielmehr enthalten die Aussagen hinsichtlich der konkreten Einzelheiten durchaus Unterschiede, die dafür sprechen, dass die Zeugen einen individuell erlebten Sachverhalt schildern und nicht ein nachträglich konstruiertes Geschehen. So hat etwa der Zeuge W. ausgesagt, dass er an den konkreten Wortlaut der Äußerung der Polizeivizepräsidentin keine Erinnerung mehr habe, diese entweder davon gesprochen habe, dass der Kläger in kriminelle Machenschaften verstrickt sei, Straftaten oder kriminelle Taten begangen habe. Der Zeuge G. hat dagegen bekundet, die Polizeivizepräsidentin habe erklärt, dass der Kläger in kriminelle Machenschaften verstrickt sei und dies damit begründet habe, dass ein Richter sogar einen Durchsuchungsbeschluss erlassen habe. Der Zeuge G. hat zudem abweichend von dem Zeugen W. ergänzend bekundet, dass er sich zu Wort gemeldet und gesagt habe, dass die Vorwürfe wohl keinerlei Bestand haben dürften und diese von bestimmten Leuten angeleiert worden wären. Der Zeuge J. hat insoweit einen anderen Wortlaut angegeben und ausgesagt, der Zeuge G. habe die Polizeivizepräsidentin gefragt, ob gegen die Urheber der Angelegenheit vorgegangen werde, wenn sich die Vorwürfe gegen den Kläger als Null und Nichtig herausstellen sollten. Ferner hat der Zeuge J. wiederum abweichend bzw. zusätzlich zu den beiden anderen Zeugen bekundet, dass die Polizeivizepräsidentin gesagt habe, dass ihr der Kläger von einer früheren Sache bekannt sei und die Staatsanwaltschaft damals schlampig ermittelt habe.

Diese im Detail bestehenden Unterschiede, die nicht den Kern der jeweiligen Aussagen betreffen, sprechen nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen. Sie sind vielmehr auf Grund der unterschiedlichen subjektiven Wahrnehmung jeder Person, insbesondere hinsichtlich des Randgeschehens, sowie der nach dem eingetretenen Zeitablauf unterschiedlichen Erinnerung der Zeugen ohne weiteres nachvollziehbar. Wie bereits erörtert, hätte die perfekte Übereinstimmung der Aussagen auch in den Details vielmehr umgekehrt auf eine gegenseitige Suggestion hingedeutet. Aus dem Umstand, dass der eine Zeuge dieses und der andere Zeuge jenes Detail schildert und Einzelheiten teilweise verschieden dargestellt werden, ergibt sich, dass vorliegend Selbsterlebtes geschildert worden ist.

Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen spricht zudem, dass die Zeugen auch in dem für den Ausgang des Rechtsstreits relevanten Kerngeschehen offen Wissenslücken eingeräumt haben. Der Zeuge W. hat ausgesagt, sich an den genauen Wortlaut der Formulierung nicht mehr erinnern zu können. Der Zeuge G. hat eingestanden, sich nicht sicher zu sein, ob die Vizepräsidentin gesagt habe, dass sie dafür sorgen werde, dass der Kläger nicht zur Polizei zurück komme. Auch erinnere er sich nicht, ob sie von „schweren“ kriminellen Machenschaften des Klägers oder allein von kriminellen Machenschaften gesprochen habe. Auch der Zeuge J. hat bekundet, nicht zu wissen, ob die Polizeivizepräsidentin geäußert habe, dass der Kläger nicht in den Dienst zurückkehren werde.

Die Glaubhaftigkeit der Aussagen wird ferner dadurch bestätigt, dass die Zeugen G. und J. anschaulich ihre Gefühlslage und Reaktion auf die Äußerungen der Polizeivizepräsidentin geschildert haben. So hat der Zeuge G. ausgesagt, dass er über die Information, der Kläger sei suspendiert worden, überrascht und konsterniert gewesen sei und sich daraufhin zu Wort gemeldet habe. Der Zeuge J. hat bekundet, dass er nach der Mitteilung geschockt gewesen sei. Die Schilderung dieser individuellen Reaktionen, die angesichts der kompromisslosen Äußerungen der Polizeivizepräsidentin plausibel erscheinen, zeigt, dass die Zeugen vorliegend ein selbst erlebtes Geschehen bekundet haben.

Zudem stimmen die Aussagen im wesentlichen mit den Aussagen der Zeugen V., Br., Sch. und M. überein. Diese haben nämlich bekundet, dass die Polizeivizepräsidentin geäußert habe, der Kläger sei in „schwere“ kriminelle Machenschaften verstrickt. Auch wenn die Kammer angesichts der sich insoweit widersprechenden Aussagen nicht davon überzeugt ist, dass die Polizeivizepräsidentin von „schweren“ kriminellen Machenschaften gesprochen hat, bestätigen auch diese Zeugen, dass im Kern zumindest von kriminellen Machenschaften die Rede war. Dass die angeführten Zeugenaussagen vorliegend nicht gänzlich übereinstimmen und hinsichtlich der Frage, ob die kriminellen Machenschaften zusätzlich als schwer qualifiziert wurden, voneinander abweichen, spricht im Hinblick darauf, dass das Wahrnehmen und Behalten von Vorgängen von Subjektivität geprägt ist, wiederum nicht gegen, sondern vielmehr für die Glaubhaftigkeit der jeweiligen Aussagen.

Die Bekundungen der Zeugen V., Br., Sch. und M. sind im Kern glaubhaft. Dies folgt nach Überzeugung der Kammer in erster Linie daraus, dass die Zeugen im Vergleich zu den jeweils anderen Zeugen unterschiedliche Details berichten und damit zeigen, dass sie individuell erlebtes und kein nachträglich konstruiertes Geschehen wiedergeben. So hat der Zeuge V. bekundet, die Polizeivizepräsidentin habe erklärt, sie habe den Chef vom Dienst suspendieren müssen, weil er in schwere kriminelle Machenschaften verstrickt sei und er werde nicht mehr auf die Dienststelle zurückkommen. Der Kläger habe massive Verfehlungen begangen, die aufgeklärt werden müssten; dafür werde sie sorgen. Der Zeuge Br. hat dagegen ausgesagt, die Vizepräsidentin habe erst auf Nachfrage erklärt, dass der Kläger in schwere kriminelle Machenschaften verstrickt sei. Auch haben die Zeugen wiederum an mehreren Stellen Wissens- bzw. Erinnerungslücken eingestanden und nachvollziehbar ihre gefühlsmäßige Reaktion auf die Äußerungen der Polizeivizepräsidentin bekundet. Insbesondere der Zeuge Br. hat seine Gefühlslage sehr anschaulich geschildert und ausgesagt, dass er geschockt und entsetzt gewesen sei und sich mit den Vorwürfen allein gelassen gefühlt habe. Auch habe er sich Gedanken darüber gemacht, wie er mit den Vorwürfen umgehen werde.

Die Kammer ist auch deshalb davon überzeugt, dass die Polizeivizepräsidentin erklärt hat, der Kläger sei in kriminelle Machenschaften verstrickt, weil diese Äußerung mit den sonstigen Umständen harmoniert und sich zwanglos mit der Lebenserfahrung in Einklang bringen lässt. So erscheint die gewählte Formulierung vor dem Hintergrund, dass die Vizepräsidentin erst seit kürzerer Zeit im Amt war und insoweit ihre Tatkraft erst noch unter Beweis stellen musste, durchaus vorstellbar. Auch fügt sie sich widerspruchslos in den Gesamtzusammenhang und die ansonsten verwendete Wortwahl ein, insbesondere im Hinblick auf die von der Polizeivizepräsidentin selbst eingestandene Erklärung, der Kläger werde nicht mehr auf die Dienststelle zurück kehren. Weiterhin ergibt sich die Plausibilität der Erklärung daraus, dass die Polizeivizepräsidentin – wie von ihr selbst ausgesagt – während der Besprechung keine Einzelheiten zu den Vorwürfen genannt hat. Es liegt deshalb nahe, dass sie die gegen den Kläger bestehende Verdachtslage mit der streitgegenständlichen Äußerung umschrieben bzw. zusammengefasst hat. Dass die Polizeivizepräsidentin keine näheren Details zu dem vermeintlich strafrechtlich relevanten Verhalten des Klägers bekannt gegeben hat, ergibt sich neben der Aussage der Vizepräsidentin u. a. aus den Bekundungen des ebenfalls von der Beklagten benannten Zeugen Ba., der im einzelnen nachvollziehbar bekundet hat, dass nicht von konkreten Straftatbeständen gesprochen worden sei, weil dies unter kriminalistischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll gewesen wäre. Dies habe man im Rahmen der Vorbesprechung so vereinbart. Dies haben auch die Zeugen V. und Sch. bestätigt. Zudem hat der Zeuge B., der sachlich und ohne erkennbare Belastungstendenzen ausgesagt hat, anschaulich dargestellt, dass er in Unkenntnis der konkreten Vorwürfe gedacht habe, der Kläger habe jemanden „erschossen“ bzw. es müsse etwas ganz Schwerwiegendes passiert sein. Dies spricht ebenfalls dafür, dass die Polizeivizepräsidentin die konkret in Betracht kommenden Vorwürfe nicht genannt hat.

Der Annahme, dass die Polizeivizepräsidentin T. geäußert hat, der Kläger sei in kriminelle Machenschaften verwickelt, steht auch ihre Zeugenaussage nicht entgegen. Unabhängig davon, inwieweit die Aussage der Zeugin T. angesichts der deutlichen Distanzierung von ihrer eigenen Aussage durch den jeweils verwendeten Zusatz „ich erinnere“ insgesamt glaubhaft ist oder nicht, hat sie zu der Frage, ob sie sich entsprechend geäußert hat, keine Stellung bezogen und nicht etwa eine derartige Äußerung ausgeschlossen.

Für die Kammer steht ferner fest, dass die Polizeivizepräsidentin während der Besprechung am 29.03.2006 erklärt hat, dass der Kläger nicht mehr auf die Dienststelle zurückkehren werde. Dies folgt schon daraus, dass die Polizeivizepräsidentin im Rahmen ihrer Vernehmung selbst ausgesagt hat, dass sie geäußert habe, der Kläger werde nicht mehr als Dienststellenleiter auf die Dienststelle zurückkehren. Diese Aussage wird durch die im wesentlichen inhaltsgleichen glaubhaften Bekundungen der Zeugen W., B., J., V., Br. sowie F., die ebenfalls ausgesagt haben, die Vizepräsidentin habe erklärt, der Kläger kehre nicht auf die Dienststelle zurück, bestätigt. Dagegen ist die Kammer angesichts der soeben angeführten, insoweit widersprechenden Aussagen nicht davon überzeugt, dass – so wie von den Zeugen G., Sch. und M. bekundet – die Polizeivizepräsidentin geäußert hat, der Kläger werde nicht mehr zur Polizei zurückkehren. Dafür spricht auch nicht die vorläufige Suspendierung des Klägers, da im Falle einer Suspendierung der Betroffene auch nicht mehr auf seine frühere Dienststelle zurückkehrt und es deshalb durchaus möglich ist, dass sich die Aussage der Polizeivizepräsidentin auf die Dienststelle beschränkte.

Zudem geht die Kammer davon aus, dass die Polizeivizepräsidentin zusätzlich angegeben hat, sie werde persönlich dafür sorgen, dass der Kläger nicht zurückkehre. Dies haben die Zeugen W., Br., Sch. und M. bekundet, deren Aussagen aus den bereits oben erörterten Gründen glaubhaft sind. Die Äußerung erscheint auch plausibel, da die Polizeivizepräsidentin über entsprechende Entscheidungsbefugnisse bzw. Einflussmöglichkeiten verfügt und sie im Rahmen ihrer Vernehmung selbst ausgesagt hat, dass sie eine Rückkehr des Klägers aus fürsorglichen Überlegungen ausschließe. Es liegt vor diesem Hintergrund nahe, dass sie sich auch persönlich für eine Nichtrückkehr des Klägers auf die Dienststelle habe einsetzen wollen.

Schließlich besteht für die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch hinreichende Gewissheit, dass die Polizeivizepräsidentin den Mitarbeitern des Kommissariats geraten hat, sich vom Kläger fernzuhalten. Dies hat der von der Beklagten benannte Zeuge F., der am Ausgang des Rechtsstreits kein Interesse hat, ohne Umschweife glaubhaft bekundet. Die Aussage des Zeugen F. wird insoweit durch die Bekundungen der Zeugen W., G., B., J., V., Br., Sch. sowie M. bestätigt, die ebenfalls – wenn auch mit unterschiedlichen Formulierungen – ausgesagt haben, die Polizeivizepräsidentin hätte die anwesenden Beamten aufgefordert, sich vom Kläger fernzuhalten. Zudem hat auch die Zeugin T. im Rahmen ihrer Vernehmung eine solche Äußerung nicht ausgeschlossen, sondern lediglich bekundet, dass sie sich daran nicht erinnere.

Die dargestellten Äußerungen der Polizeivizepräsidentin lassen die erforderliche Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Klägers vermissen und verletzen seinen Anspruch auf soziale Anerkennung gegenüber seinen Kollegen und Mitarbeitern. Der Kläger wurde durch die Erklärungen der Polizeivizepräsidentin stigmatisiert und sein Ansehen erheblich beschädigt. Es handelte sich nicht um eine ausgewogene und sachliche Informationen über den Verdacht der Begehung von Straftaten durch den Kläger. Vielmehr enthielten die Äußerungen eine Vorverurteilung des Klägers und verstießen insoweit gegen die Unschuldsvermutung. Die Polizeivizepräsidentin hat die Beamten des Kommissariats nicht objektiv und sachlich über den Erkenntnisstand des Ermittlungsverfahrens, welches ganz am Anfang stand, unterrichtet, sondern den Sachverhalt aus ihrer Sicht bewertet und zu erkennen gegeben, dass die Vorwürfe gegen den Kläger ihrer Meinung nach berechtigt sind.

Unter Berücksichtigung der bereits erörterten maßgeblichen Kriterien, die eine Persönlichkeitsverletzung als schwerwiegend qualifizieren (Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie Grad des Verschuldens) ist vorliegend von einer schweren Persönlichkeitsverletzung des Klägers auszugehen. Diese Bewertung folgt für die Kammer in erster Linie daraus, dass für die Polizeivizepräsidentin überhaupt kein Anlass für derartige Äußerungen bestand. Sie hätte dem unzweifelhaft bestehenden Informationsbedürfnis der Mitarbeiter des Kommissariats ohne weiteres dadurch Rechnung tragen können, dass sie sachlich und ohne eigene Beurteilung der Vorwürfe über die Sachlage und die äußeren Umstände berichtet hätte. So hätte es ausgereicht, die anwesenden Beamten über die Tatsache, dass ihr ein Ordner mit strafrechtlich relevanten Verdachtsmomenten gegen den Kläger übergeben und dieser an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main weitergeleitet wurde, zu informieren. Ferner hätte sie die Beamten über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens und des Disziplinarverfahrens, den Erlass des Durchsuchungsbeschlusses durch das Amtsgericht Frankfurt am Main sowie die personellen Konsequenzen für das Kommissariat unterrichten können. Weitere, über diese sachlichen Informationen hinausgehende Erklärungen waren weder zur Aufrechterhaltung des Betriebs des Kommissariats noch zur Befriedigung des Informationsinteresses der Beamten erforderlich. Zudem ist die Persönlichkeitsverletzung auch deshalb als schwerwiegend zu qualifizieren, weil die Vorwürfe der Polizeivizepräsidentin während der gesamten Dauer des Ermittlungs- und Disziplinarverfahrens unverändert im Raum standen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Äußerungen, insbesondere mit der verbundenen Aufforderung, sich von dem Kläger fernzuhalten, erheblichen diffamierenden Charakter hatten.

Die Amtspflichtverletzung geschah auch schuldhaft. Die Polizeivizepräsidentin hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass ihre Äußerungen den Kläger in unangemessener Weise vorverurteilen und sie insoweit gegen ihre Amtspflichten verstößt (§ 276 BGB).

Dagegen kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass weitere (schwerwiegende) Persönlichkeitsverletzungen vorliegen, die eine höhere Geldentschädigung rechtfertigen. So stellt die Einleitung des Disziplinarverfahrens ohne vorherige Anhörung des Klägers vorliegend schon keine Amtspflichtverletzung der Beklagten dar. Zwar war dem Kläger gem. § 22 Abs. 2 S. 1 Hessische Disziplinarordnung grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, sobald dies ohne Gefährdung des Ermittlungszwecks möglich war. Diese Anhörungspflicht wurde jedoch dadurch überholt, dass das Disziplinarverfahren zugleich mit seiner Einleitung im Hinblick auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ausgesetzt wurde. Während der Zeit der Aussetzung durfte die Beklagte von einer Anhörung des Klägers absehen, da die Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erfolgen sollte (BGH, MDR 2000, 333). Auch die Übersendung des Ordners an die Staatsanwaltschaft und die Einleitung des Ermittlungsverfahrens ohne vorherige Anhörung des Klägers haben nicht zu einer Persönlichkeitsverletzung des Klägers geführt. Die Beklagte ist auf Grund ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, ihre Beamten nicht vorschnell der Strafverfolgung auszusetzen (VG Koblenz, DÖD 1983, 231). Das Verhältnis zwischen Beamten und Dienstvorgesetzen muss von Offenheit und Vertrauen beherrscht sein. Daraus folgt, dass der Dienstvorgesetzte aus einem Sachverhalt grundsätzlich nur dann eine dem Beamten ungünstige Folgerung ziehen darf, wenn er zuvor dem Beamten Gelegenheit gegeben hat, zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen und Erklärungen darüber abzugeben, wie er zu seiner Handlungsweise gekommen ist (BGH, a. a. O.). Ungeachtet der Frage, inwieweit diese Grundsätze auch im Fall des Bestehens einer Anzeigepflicht des Dienstherrn bzw. im Fall, dass durch die vorherige Anhörung des Beamten die weiteren Ermittlungen gefährdet werden, Geltung beanspruchen, ist jedoch vorliegend zu berücksichtigen, dass die unterbliebene Anhörung keine negativen Auswirkungen für den Kläger hatte. Dass das Ermittlungsverfahren einen den Kläger weniger belastenden Verlauf genommen hätte bzw. die Beklagte von der Übersendung der Ordner an die Staatsanwaltschaft bei vorheriger Anhörung des Klägers Abstand genommen hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr erscheint es vor dem Hintergrund der Aufklärungsschwierigkeiten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und der Komplexität der Vorwürfe ausgeschlossen, dass sich die Vorwürfe durch die vorherige Anhörung des Klägers ohne weiteres hätten ausräumen lassen und die Anhörung die Beklagte von der Anzeige abgehalten hätte.

Auch hat die Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die streitgegenständlichen Presseveröffentlichungen verletzt.

Die Äußerungen des Polizeipräsidenten Dr. T. stellen keinen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass der Polizeipräsident die Presse über den Sachverhalt informiert hat, da der Öffentlichkeit insoweit ein Informationsrecht zusteht. Auch der Inhalt der Erklärungen des Polizeipräsidenten ist nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Falls des Klägers hat der Polizeipräsident ohne den Namen des Klägers zu erwähnen, allein den objektiven Gegebenheiten entsprechend darüber berichtet, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger laufe, dass ihm Hausverbot erteilt worden sei, ihm die Dienstwaffe entzogen, er vom Dienst suspendiert sei und seine Bezüge gekürzt worden seien. Diese (sachliche) Schilderung enthält keine Vorverurteilung des Klägers und keinen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, vielmehr wird der Sachverhalt neutral dargestellt. Auch die Aussage, es wäre angesichts der Vorwurfslage nicht optimal, wenn der Kläger zurückkehren würde, enthält keine Stellungnahme in der Sache selbst und keine Bewertung über die Berechtigung des Tatverdachts. Es wird insoweit allein auf die tatsächlich auftretenden Schwierigkeiten bei einer Rückkehr des Klägers, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsatmosphäre im Kommissariat, hingewiesen. Zudem wählte der Polizeipräsident ausdrücklich eine zurückhaltende Formulierung („nicht optimal“). Ferner sind auch die Äußerungen des Polizeipräsidenten, die sich auf verschiedene Vorfälle aus der Vergangenheit bei der Frankfurter Polizei beziehen, nicht geeignet, eine Persönlichkeitsverletzung des Klägers zu begründen. Der Polizeipräsident drückt insoweit lediglich ganz allgemein seinen Unmut darüber aus, dass durch das Fehlverhalten einzelner Beamter ein schlechter Eindruck hinsichtlich der Frankfurter Polizei insgesamt entstehe. Ein Bezug zu dem Sachverhalt des Klägers wird nicht hergestellt und lässt sich dem Inhalt des Interviews nicht entnehmen.

Ob sich aus der räumlichen Anordnung der Presseartikel ein Bezug zu dem Kläger ergibt und dieser so in den Vordergrund gerückt wird, dass eine Vorverurteilung des Klägers erfolgt, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Jedenfalls steht nicht fest, dass die konkrete Anordnung der Presseartikel durch die Beklagte veranlasst wurde und der Kläger planmäßig in den Mittelpunkt gerückt wurde. Der Zeuge Br. hat dies bei seiner Vernehmung nicht bestätigt. Der ebenfalls zu dem Termin geladene von der Beklagten benannte Zeuge Dr. T. war insoweit nicht gegenbeweislich zu vernehmen, da dem Kläger bereits der Hauptbeweis nicht gelungen ist. Daran ändert auch die Vorschrift des § 399 ZPO nichts. Diese räumt nur dem Gegner des Beweisführers, vorliegend also der Beklagten, das Recht ein, im Fall, dass der Beweisführer auf seinen Zeugen verzichtet, zu verlangen, den erschienenen Zeugen vernehmen zu lassen.

Schließlich ist es auch unerheblich, ob der Polizeipräsident bereits vor dem Presseinterview über die Erkenntnisse des Hessischen Landeskriminalamtes unterrichtet war oder nicht. Der Polizeipräsident hat keine inhaltlichen Äußerungen in der Sache getroffen, so dass nicht ersichtlich ist, weshalb er bei entsprechender Kenntnis die Erklärungen so nicht hätte abgeben dürfen. Der Polizeipräsident wäre zudem auch bei Kenntnis nicht verpflichtet gewesen, die Presse über die internen Einschätzungen des Hessischen Landeskriminalamtes zu unterrichten, sondern durfte sich auf die Wiedergabe der objektiven äußeren Tatsachen beschränken.

Auch die vom Kläger behaupteten psychischen Beeinträchtigungen führen nicht zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes. Der Kläger hat nicht ausreichend dargelegt, dass diese kausal auf den Äußerungen der Polizeivizepräsidentin beruhen. Insbesondere die vorgelegten Atteste der Ärzte P. und W.L. vom 10.06.2010 und 29.05.2010 (Bl. 189 f. d. A.) treffen insoweit keine Aussage. Die Kammer erachtet es zwar ohne weiteres für nachvollziehbar, dass der Kläger damals psychische Belastungen erlitten hat. Dass diese aber gerade auf den Erklärungen der Polizeivizepräsidentin beruhten, erscheint wenig wahrscheinlich, vielmehr dürften – wie von den Ärzten geschildert – die sonstigen Umstände, wie die vorläufige Suspendierung, das Ermittlungsverfahren und die negativen Presseberichte, für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers kausal geworden sein.

Die Kammer erachtet im Rahmen der Ausübung ihres Schätzungsermessens gem. § 287 ZPO unter Berücksichtigung der zuvor erörterten Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000,- € für angemessen. So ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Äußerungen lediglich gegenüber einem überschaubaren Kreis von Beamten getätigt wurden und insoweit keine Außenwirkung eintrat. Andererseits haben sich die Vorwürfe gegen den Kläger als gegenstandslos herausgestellt und er ist bislang von der Beklagten nicht angemessen rehabilitiert worden, insbesondere ist keine Entschuldigung oder sonstige Relativierung der Äußerungen erfolgt. Zudem wurden die Äußerungen während der gesamten Dauer des Ermittlungs- und Disziplinarverfahrens nicht ausgeräumt und der Kläger wird bis heute nicht adäquat beschäftigt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Vorwürfe nicht von einem einfachen Behördenmitarbeiter, sondern von der Behördenspitze erhoben wurden und diese Auswirkungen im gesamten beruflichen Umfeld des Klägers hatten. Im Übrigen lässt die Äußerung trotz ihres erheblichen diffamierenden Charakters jegliche Sensibilität vermissen. Der Sorgfaltsmaßstab ist hier nicht nur in einfacher Weise, sondern im Bereich der bewussten Fahrlässigkeit in erheblicher Weise verletzt worden. In Anbetracht dieser Umstände erscheint zum Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigungen und zur Genugtuung des Klägers das zugesprochene Schmerzensgeld notwendig, aber auch ausreichend.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht auf Grund des Bestehens versorgungsrechtlicher Ansprüche ausgeschlossen. Zwar beantragte der Kläger, die Vorfälle vom 29.03.2006 als Dienstunfall anzuerkennen. Der insoweit im Fall der Berechtigung bestehende Anspruch gem. § 46 Abs. 1 S. 1 BeamtenVG gegen den Dienstherrn schließt als versorgungsrechtlicher Sonderanspruch einen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 i. V. m. Art. 34 GG aus (Palandt/Sprau, a. a. O., § 839, Rz. 4). Weitergehende Ansprüche bestehen nur, wenn der Dienstunfall durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung verursacht worden ist (Palandt/Sprau, a. a. O., Einf. v. § 823, Rz. 10). Der Kläger hat vorliegend jedoch – wie die Parteien in ihren nachgelassenen Schriftsätzen vom 14.01.2011 bzw. 17.01.2011 übereinstimmend erklärt haben – seinen Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall zurückgenommen und ist damit nicht anspruchsberechtigt gem. § 46 BeamtenVG.

Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG, § 249 BGB begründet. Dem Kläger steht ein Betrag in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 8.000,- € zu (1,3 x 412,- € + 20,- € Auslagenpauschale zzgl. Mehrwertsteuer), der gem. § 308 ZPO entsprechend dem Klageantrag zu 2) zu begrenzen ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Kläger kann jedoch Zinsen erst ab Rechtshängigkeit verlangen, da ein früherer Zinsbeginn nicht ersichtlich ist. Insbesondere folgt ein solcher nicht aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.11.2009, da dieses mangels Aufforderung zur Leistung keine verzugsbegründende Mahnung enthielt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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