LG Frankfurt: Bei 10 eBay-Angeboten liegt gewerbliches Handeln vor, kein Privat-Verkauf

veröffentlicht am 12. Juli 2008

LG Frankfurt, Beschluss vom 08.10.2007, Az. 2/03 O 192/07
§§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG, §§ 257, 683, 677, 670 BGB

Das Landgericht Frankfurt ist der Ansicht, dass bereits bei zehn Angeboten über fabrikneue oder neuwertige Ware ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, also kein privates Handeln mehr vorliegt. Eine solche Anzahl verkaufter neuer oder neuwertiger Bekleidungsstücke ließe sich nach der Lebenserfahrung mit einem privaten Gelegenheitsverkauf nicht erklären. Dies wiederum begründe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Verkaufstätigkeit den privaten Bereich verlassen hat und als geschäftlich zu qualifizieren ist. Das Landgericht wies darauf hin, dass allgemein auf die gesamten Umstände des Einzelfalls abzustellen sei, wobei deren Bewertung sich jeder schematischen Betrachtungsweise entziehe. Abzustellen sei auf die Dauer der Verkaufstätigkeit, die Zahl der Verkaufs- bzw. Angebotshandlungen im fraglichen Zeitraum, die Art der zum Verkauf gestellten Waren, deren Herkunft, der Anlass des Verkaufs und die Präsentation des Angebots. Die Folgen der Entscheidung sind für den Verkäufer weitreichend. Unter anderem hat der Onlinehändler eine ganze Reihe gesetzliche Informationspflichten zu beachten, z.B. die Widerrufsbelehrung von Verbrauchern oder eine Auflistung der Vertragsschritte, die erforderlich sind, um ein bestimmtes Produkt käuflich zu erwerben. Darüber hinaus kann der betreffende Anbieter, wie vorliegend, kostenpflichtig auf Unterlassung von Markenrechsverstößen und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Das Urteil des Landgerichts weicht von einer vorausgehenden Entscheidung des OLG Frankfurt ab (Beschluss vom 27.07.2004, Az. 6 W 54/04). Dieses hatte entschieden, dass bei fünfzig Auktionen, der Vorhaltung eigener AGB und dem Powersellerstatus ein Handeln im geschäftlichen Verkehr gegeben sei. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts bedeutet aber weniger eine Mindestregelung, als eine Festlegung, wann jedenfalls von einem geschäftlichen, und nicht mehr privaten Verhalten auszugehen ist. Der Bundesgerichtshof hat sich darauf beschränkt, zu erklären, dass ein unternehmerisches Verhalten auch dann vorliegen kann, wenn keine Absicht besteht, mit der Verkaufstätigkeit Gewinn zu erzielen (BGH, Urteil vom 29.03.2006, Az. VIII ZR 173/05).

Landgericht Frankfurt a.M.

Beschluss

In dem Rechtsstreit

[…]

gegen

[…]

wird der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die beabsichtigte Prozessführung bietet nach dem bisherigen Vorbringen des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass die Beklagte ihre Markenrechte gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz verletzt hat und ihr deswegen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5 Markengesetz zusteht. Daraus folgend steht der Klägerin ein Anspruch auf Freistellung von der Zahlung von Abmahnkosten aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 677. 670 BGB i.V. mit § 257 BGB zu.

Die Beklagte haftet als Inhaber des Ebay-Accounts … für die von ihm vorgenommenen Angebotshandlungen.

Der Beklagte hat auch im geschäftlicher Verkehr gehandelt. Dieser Begriff ist weit auszulegen. Hierunter fällt jede selbstständige wirtschaftlichen Zwecken dienende Tätigkeit, die nicht rein privates, amtliches oder geschäftsinternes Handeln ist; die Verfolgung eines Erwerbszwecks ist hierbei ebenso wenig erforderlich wie eine Gewinnerzielungsabsicht (vgl. OLG Frankfurt a.M., OLGR 04, 423, 424 m.w.N.). Entscheidend ist damit im vorliegenden Zusammenhang, ob die Benutzung der Klagemarke im Rahmen einer planmäßigen. auf gewisse Dauer angelegten Verkaufstätigkeit erfolgt ist, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände mit der Vornahme lediglich privater Gelegenheitsverkäufe nicht mehr zu erklären ist (vgl. OLG Frankfurt a.M, Beschluss vom 19.04.2005 Az.: 6 U 182/04 S. 3. unten Hinweis auf GRUR 2004. 1043. 1044 m.w.N.).

Für die Frage. ob ausgehend von diesen allgemeinen Erwägungen Verkaufsangebote auf einer Internet-Auktionsplattform im Rahmen eines geschäftlichen Verkehrs erfolgen, ist stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei deren Bewertung sich jeder schematischen Betrachtungsweise entzieht. Abzustellen ist insbesondere auf die Dauer der Verkaufstätigkeit, die Zahl der Verkaufs- bzw. Angebotshandlungen im fraglichen Zeitraum, die Art der zum Verkauf gestellten Waren, deren Herkunft, der Anlass des Verkaufs und die Präsentation des Angebots (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vorn 19.04.2005 Az :6 U 182/04 – S. 3).

Zwischen den Parteien ist umstritten, wie viele mit der Klagemarke gekennzeichnete Bekleidungsstücke im Februar über den ebay-Account des Beklagten angeboten worden sind. Unter Bezugnahme auf die in (der Anlage) vorgelegte Trackingliste geht die Klägerin von 10 Teilen aus.

Diese Anzahl verkaufter neuer oder jedenfalls neuwertiger Bekleidungsstücke lasst sich nach der Lebenserfahrung mit einem privaten Gelegenheitsverkauf nicht erklären. Dies begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Verkaufstätigkeit den privaten Bereich verlassen hat und als geschäftlich zu qualifizieren ist.

Eine solche tatsachliche Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn der Verkäufer Tatsachen vorträgt und erforderlichenfalls beweist, die geeignet sind, den genannten Erfahrungssatz zu erschüttern. Dies hat der Beklagte bislang nicht getan. Der Sachvortrag des Beklagten, er habe nicht zehn, sondern nur vier verschiedene Artikel verkauft, nötigt nicht zu einer Beweisaufnahme, weil er unerheblich ist.

Denn für das Handeln im geschäftlichen Verkehr kommt es nicht auf die innere Absicht, sondern auf die erkennbar nach außen tretende Zielrichtung des Handelnden an (vgl. BGH, GRUR 2002, 622. 624 = shell.de; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.07.2004. Az.: 6 W 54/04. S. 4 der Gründe). Entscheidend ist danach nicht die Anzahl der Verkaufsgegenstände, sondern die Anzahl der Verkaufsvorfälle. Denn der vom Account des Beklagten angesprochene Adressatenkreis kann nicht erkennen, woher die einzelnen Bekleidungsstücke stammen und ob der Beklagte etwa, wie behauptet von ihm vormals eingestellte Bekleidungsstucke selbst ersteigert hat. Für die zu treffende Abgrenzung zwischen privatem und geschäftlichem Handeln ist daher jedes mit einer eigenen Nummer versehene Angebot zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO

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