LG Halle: Zur Glaubhaftmachung der Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung im Falle eines „Fotoklaus“

veröffentlicht am 20. Juni 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Halle, Urteil vom 01.06.2012, Az. 2 O 3/12
§ 12 Abs. 2 UWG

Das LG Halle hat entschieden, dass eine einstweilige Verfügung wegen rechtswidriger Verwendung eines Fotos (hier: bei Facebook) nur dann beantragt werden kann, wenn die Dringlichkeit einer solchen gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht wird. Eine Vermutung der Dringlichkeit analog § 12 Abs. 2 UWG sei mangels Regelungslücke im Urheberrechtsgesetz nicht gegeben. Die Kammer orientierte sich bei der Prüfung der Dringlichkeit an dem Wert des Fotos, dessen Erstellung mit maximal 500,00 EUR zu bewerten sei. Durch einen im Hauptsacheverfahren erlangten Unterlassungstitel würden die Interessen des Antragstellers gleichermaßen gewahrt, allein unter Verlust eines Zinsvorteils von etwa 12,00 EUR. Dieser Verlust rechtfertige aber noch keine einstweilige Verfügung. Was wir davon halten? Es ist schon erstaunlich, welche wissenschaftliche Tiefe ein Urteil zu der Frage der Dringlichkeit erreichen kann, wenn die eigentliche Frage – die Bewertung einer Urheberrechtsverletzung durch rechtswidrige Platzierung eines Fotos auf einer sog. Pinnwand bei Facebook, ggf. durch einen Dritten – ausgespart werden soll. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Halle

Urteil

ln dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung


gegen

wegen Urheberrechtsverletzung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle durch … auf die mündliche Verhandlung vom 30.05.2012 für Recht erkannt:

Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor seiner Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Verfügungskiägerin betreibt den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten, weil dieser auf einem Internetauftritt eine von der Geschäftsführerin der Klägerin gefertigte Fotografie einer Spielzeugente führt.

Die Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin fertigte am 03.02.2011 für Zwecke der Produktpräsentation das abgemahnte Foto einer farbenfroh gestalteten Spielzeugente mit Rolluntersatz und Astronautenhelm sowie stellte dieses der Verfügungsklägerin zur Verfügung. Auf einem Internetauftritt des Verfügungsbeklagten unter der Adresse URL de- de.facebook.com/xyz erschien am 29.03.2012 unter anderem dieses Foto.

Die Verfügungsklägerin forderte den Verfügungsbeklagten am 30.03.2012 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unteriassungserklärung auf. Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Verkauf von Badeenten.

Die Verfügungsklägerin beantragt, dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzuerlegen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, das Foto in der geschehenen Weise öffentlich zugänglich zu machen, soweit hierzu nicht die Zustimmung der Verfügungsklägerin vorliegt.

Der Verfügungsbeklagte stellt den Antrag, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Halle als Folge der rügelosen Einlassung des Verfügungsbeklagten örtlich und sachlich zuständig. Der Antrag scheitert deshalb nicht schon daran, dass nach der Bewertung der Kammer der Streitwert auch nicht entfernt die Zuständigkeitsschwelle des § 23 Ziffer 1 GVG erreicht, sondern von der Kammer mit allenfalls 500,00 EUR angenommen wird.

II.
Die Kammer kann dahingestellt lassen, ob die Verfügungsklägerin materiellrechtlich aus § 97 Abs. 1 UrhG gegen den Verfügungsbeklagten einen Unterlassungsanspruch hat, also insoweit ein Verfügungsanspruch besteht. Jedenfalls fehlt es insoweit an einem Verfügungsgrund. Die Sache ist nach der Bewertung der Kammer auch nicht entfernt so eilbedürftig, dass hierdurch das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eröffnet wäre:

1.
Eine einstweilige Verfügung darf allgemein zur Durchsetzung eines materiellrechtlich bestehenden Anspruchs nicht schon einfach deshalb ergehen, um zu einer schnelleren Entscheidung zu gelangen. Der Gesetzgeber hat als Korrelat dazu, dass das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Intensität der gerichtlichen Tatsachenprüfung im Vergleich zu einem Hauptsacheverfahren erheblich einschränkt, damit typischerweise gerade die Rechte der in Anspruch genommenen Partei einschneidend verkürzt und dies auch durch die über § 936 ZPO anwendbare Regelung in § 926 ZPO sowie § 945 ZPO nur sehr begrenzt kompensiert wird, den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 und 940 ZPO zusätzlich davon abhängig gemacht, dass Umstände dargelegt und glaubhaft gemacht werden, aus denen sich eine besondere Eilbedürftigkeit ergibt.

Soweit der Gesetzgeber für eine Reihe von Sachgebieten durch speziellere, den allgemeinen Regeln der §§ 935 und 940 ZPO vorgehende Normierungen entweder von der Darlegung einer besonderen Eilbedürftigkeit befreit oder jedenfalls die Anforderungen hierfür abgesenkt hat, greift dergleichen im vorliegenden Verfahren nicht. Soweit in der Literatur und auch Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung für aus dem Urheberrechtsgesetz geltend gemachte Ansprüche eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG erwogen wird, sieht die Kammer hierfür keine taugliche Grundlage. Spätestens nachdem der Gesetzgeber es in Kenntnis der bereits spätestens seit 1995 andauernden Kontroverse bei seitdem Jahr 1996 inzwischen 17 Novellierungen des Urheberrechtsgesetzes für nicht angezeigt hielt, eine § 12 Abs. 2 UWG entsprechende Regelung in das Urheberrechtsgesetz einzufügen, kommt das Bestehen einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Regelungslücke als notwendige Voraussetzung einer Analogie nicht mehr ernstlich in Betracht (zum Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung sowie den hierzu verwendetem gegenläufigen Argumenten vgl. Kefferpütz, in: Wandke/Bullinger, UrhG, 3. Aufl., vor § 97 Rn. 77 f.).

Gegen die erwogene analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG spricht weiter ein systematisches Argument. Der Gesetzgeber hat nämlich für einen Teilbereich urheberrechtlicher Ansprüche den Erlass einer einstweiligen Verfügung von den besonderen Voraussetzungen der §§ 935 und 940 ZPO an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes abgekoppelt, nämlich in § 42a Abs. 6 S. 2 UrhG für Zwangslizenzen zur Herstellung von Tonträgern (vgl. hierzu: Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 42a UrhG Rn. 28). Dass der Gesetzgeber diese Freistellung nur auf ein kleines Teilsegment des Anwendungsbereiches des Urheberrechtsgesetzes begrenzt hat, lässt sehr deutlich erkennen, dass er insgesamt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gerade nicht von der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes befreien wollte, insbesondere der Gesetzgeber auch nicht flächendeckend im Bereich des Anwendungsbereichs des Urheberrechtsgesetzes die Voraussetzungen eines Verfügungsgrundes als gegeben ansieht.

Jedenfalls im Ergebnis geht auch der zuständige Berufungssenat des Oberlandesgerichts Naumburg davon aus, dass § 12 Abs. 2 UWG nicht analog anwendbar ist (Beschluss vom 03.03.2011, Az. 9 W 25/11). Die rechtliche Konsequenz ist, dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung einer ausreichenden Rechtsgrundlage entbehrt, solange nicht besondere Umstände glaubhaft gemacht sind, welche eine den Anforderungen des §§ 935 und 940 ZPO genügende Eilbedürftigkeit begründen (so etwa in den auch in der weiteren Folge zitierten obergerichtlichen Entscheidungen ausdrücklich: OLG Hamburg, Beschluss vom Januar 2007, Az. 5 W 147/08, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.1998,5 Az. W 6/98, Rn. 27). Diese Voraussetzung darf die Kammer nicht ignorieren, ohne die von jedem Gericht zu beachtende Bindung an Gesetz und Recht zu missachten.

Für die besondere Dringlichkeit, welche das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung öffnet, genügt nicht schon allein, dass die Verfügungsklägerin ihren Anspruch beschleunigt betrieben haben mag. Allerdings ließ der zuständige Berufungssenat des Oberlandesgerichts Naumburg in seiner bereits zitierten Entscheidung (bei Ablehnung einer analogen Anwendung von § 12 Abs. 2 UWG) als einzigen für eine Eilbedürftigkeit angeführten Grund genügen, dass der Verfügungskläger dort sein Verfahren nachdrücklich betrieben hatte. Dagegen, dass das Oberlandesgericht insoweit lediglich missverständlich formuliert hat oder ihm ein Versehen unterlaufen ist, spricht dabei, dass es allein auf die betreffende Passage gestützt eine erstinstanzliche Entscheidung abgeändert hat.

Die Kammer sieht bislang keine ausreichende Grundlage, dem Oberlandesgericht Naumburg insoweit zu folgen. Die Kammer hält für – mit der Ausnahme der zitierten Entscheidung des zuständigen Berufungssenats – bislang allgemein anerkannt, dass das beschleunigte Betreiben eines Anspruches selbst keine Eilbedürftigkeit begründet, sondern nur umgekehrt ein nicht beschleunigtes Betreiben eines Anspruches eine aus anderem Grund entstandene Eilbedürftigkeit wieder entfallen lassen oder andere Indizien für eine Eilbedürfigkeit widerlegen kann (Drescher in: MüKo-ZPO, Aufl., § 935 Rn. 19; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 935 Rn. 8, § 940 Rn. 5; Fischer, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 935 Rn. 4 a. E.; von der obergerichtlichen Rechtsprechung im Bereich des Urheberrechts etwa KG, Urteil vom 09.02.2001, Az. U 9667/00, Rn. 14; für andere Rechtsbereiche etwa OLG Celle, Beschluss vom 09.07.2008, Az. 13 U 144/08, Rn. 4; OLG Hamm, Urteil vom 31.08.2006, Az. 4 U 124/06, Rn. 17 f.; Hanseatisches OLG Bremen, Beschluss vom 25.06.2003, Az. 1 W 31/03, Rn. 2; Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 26.04. 2001, Az. 3 U 268/00, Rn. 26; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.12.1999, Az. 22 U 170/99, Rn. 3 bis 5; wie auch die nachfolgenden Entscheidungen zitiert jeweils nach Juris; in der urheberrechtlichen Kommentarliteratur etwa: Kefferpütz, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., vor §§ 97 ff. UrhG Rn. 85).

Der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vermag die Kammer keine Begründung dafür zu entnehmen, warum dieser bislang allgemein anerkannte nach der Bewertung der Kammer auch in den bereits aufgeführten gesetzlichen Grundlagen zum Ausdruck gekommene Grundsatz nicht mehr gelten soll. Die Kammer hat sich auch sonst bislang kein rechtlich tragfähiges Argument erschließen können, das es ihr erlauben würde, der abweichenden – womöglich allerdings auch nur im zitierten Einzelfall missverständlich formulierten oder von der Kammer missverstandenen – Rechtsprechung des zuständigen Berufungssenats zu folgen.

Anderes vermag die Kammer auch sonst nicht der von ihr geprüften land- und oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen:

So beschränken sich etwa die nachfolgend zitierten Entscheidungen gerade nicht auf die Feststellung, ob das Verfahren unverzögert betrieben wurde, sondern prüfen im Gegenteil, ob besondere eine Eilbedürftigkeit begründende Umstände vorliegen, etwa in Gestalt eines Schadens, der nachträglich nicht mehr wiedergutzumachen ist, halten solche besonderen – über ein bloßes eiliges Betreiben hinausgehende – Umstände also gerade für erforderlich (OLG Hamburg, Beschluss vom 09.01.2007, Az. 5 W 147/05, Rn. 15, 17; LG Köln, Urteil vom 07.03.2007, Az. 28 O 551/06, Rn. 23; LG Leipzig, Urteil vom 19.05.2005, Az. 5 O 1304/05, Rn. 22).

Soweit einzelne veröffentlichte Berufungsentscheidungen weitere Prüfungspunkte nicht ausdrücklich behandeln, gibt dies nicht her, dass die betreffenden Gerichte eine Eilbedürftigkeit für entbehrlich und ausreichend halten, dass eine an sich nicht eilige Sache schlicht von dem Antragsteller eilig betrieben worden ist. In einer Berufungsentscheidung müssen nach Maßgabe des § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 ZPO nämlich nur diejenigen Punkte aufgeführt werden, welche für die Abänderung oder Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Entscheidung erheblich waren. Soweit in mehreren veröffentlichten obergerichtlichten Entscheidungen zum Erlass einstweiliger Verfügung nur die Frage eines Verfügungsanspruches behandelt ist, dagegen nicht die Frage, welche Anforderungen an einen ausreichenden Verfügungsgrund zu stellen sind, gibt dies lediglich her, dass ein Verfügungsgrund in den entschiedenen Fällen entweder unproblematisch war und deshalb nach Maßgabe des § 540 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 2 ZPO nicht der Behandlung bedurfte oder das Berufungsgericht seine Entscheidung hierauf nicht stützte (so offenbar etwa: OLG Hamburg, Urteil vom 9. April 2008, 5 U 124/07, Rn. 36 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Januar 1998, 25 W 6/98, Rn. 27).

Soweit sich die Gründe einer zitierten landgerichtlichen Entscheidung zum Verfügungsgrund in der Tat allein auf die Mitteilung beschränken, dass „die Eilbedürftigkeit nicht etwa durch ein zu langes Zuwarten … selbst widerlegt“ wird (LG Leipzig, Beschluss vom 8. Februar 2008, 5 O 383/08, Rn. 3), mag es sein, dass eine Eilbedürftigkeit begründende Umstände im dort entschiedenen Fall so offensichtlich waren, dass ihr Vorliegen nicht mehr im Streit war, sondern nur noch die Frage, ob eine einmal entstandene Eilbedürftigkeit wieder widerlegt wurde. Ansonsten könnte die Kammer dieser (auch nur landgerichtlichen) Entscheidung aus den dargestellten Gründen nicht folgen, weil sie den Vorgaben der §§ 935 und 940 ZPO nicht gerecht würde.

Erst recht ergibt sich aus keiner der zitierten Entscheidungen auch nur der Ansatz einer rechtlichen Ausführung dafür, dass – und vor allem warum – für eine der entschiedenen Sachen einem beschleunigten Betreiben der Sache für die Prüfung des Vorliegens mehr als die Bedeutung zukommen soll, dass eine anderweitig zu begründende Eilbedürftigkeit durch ein nicht beschleunigtes Betreiben widerlegt oder nachträglich entfallen kann.

Es kommt damit für die zu treffende Entscheidung darauf an, ob besondere Umstände vorgetragen (und glaubhaft gemacht) sind, welche im vorliegenden Einzelfall eine so hohe Eilbedürftigkeit begründen, dass der Verfügungsklägerin nicht zuzumuten ist, den von ihr geltend gemachten Anspruch in einem Hauptsacheverfahren zu betreiben.

Dafür vermag die Kammer vorliegend gar nichts zu erkennen. Im Gegenteil ist die Sache sogar ganz besonders wenig eilbedürftig.

Die wirtschaftliche Bedeutung des von der Verfügungsklägerin betriebenen Verbotes einer Benutzung des fraglichen Lichtbildes für die Verfügungsklägerin liegt darin, dass die Verfügungsklägerin für ihre eigene Berechtigung für eine Nutzung der fraglichen Fotos Aufwendungen erbringen musste, nämlich in Form von Arbeitszeit ihrer das Foto höchstpersönlich fertigenden Geschäftsführerin zuzüglich eines eventuellen Materialaufwandes, während der Verfügungsbeklagte sich diesen Aufwand sparte.

Dieser Wettbewerbsvorsprung würde indes nicht nur dann ausgeglichen, wenn der Verfügungsbeklagten im Wege einer einstweiligen Verfügung zeitnah die Verwendung der fraglichen Werbeaufnahmen untersagt würde. Auch dann, wenn dies etwas später durch ein Urteil in einem Hauptsacheverfahren entschieden würde, wäre die Verfügungsbeklagte gezwungen, entweder Rechte an den fraglichen Fotos selbst zu erwerben oder neue Werbefotografien anfertigen zu lassen. Eine spätere Entscheidung würde der Verfügungsbeklagten insoweit allenfalls Zinsvorteile bei der Finanzierung eigener Werbeaufnahmen verschaffen. Solche Zinsvorteile genügen aber bei weitem nicht, eine den Anforderungen der §§ 935 oder 940 ZPO genügende Eilbedürftigkeit zu begründen. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Größenordnung dieser Zinsvorteile umreißt. Würde man die Kosten der Fertigung des Fotos (bereits wohl deutlich überzogen) mit 500,00 EUR annehmen, die typische zeitliche Beschleunigung einer erstinstanzlichen Eilentscheidung nach mündlicher Verhandlung im Vergleich zu einer vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Entscheidung im Normalverfahren mit etwa einem Vierteljahr, würde selbst bei einem Zinssatz von 10 % der Zinsvorteil des Verfügungsbeklagten gerade einmal 12,50 EUR (500,00 EUR x 0,1 x 3/12) betragen.

Allenfalls in dieser Größenordnung beliefe sich damit der Nachteil der Verfügungsklägerin, wenn sie auf das Normalverfahren verweisen bleibt. Es liegt fern, hierin einen Nachteil zu sehen, der die Sache eilbedürftig macht.

Soweit es in urheberrechtlichen Fällen häufiger als in anderen Rechtsgebieten so sein mag, dass ein effektiver Rechtsschutz nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden kann (Kefferpütz in: Wandtke/Buliinger, Urheberrecht, vor §§ 97 ff. Rn. 84), ist dies im vorliegenden Fall wie dargelegt gerade nicht so. Mit Blick auf die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens, dass sich die Verfügungsbeklagte jederzeit gegen entsprechenden finanziellen Aufwand eine gleichwertige Fotografie verschaffen kann, liegt ein ernsthafter Nachteil der Verfügungsklägerin, wenn sie auf den Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren verwiesen wird, völlig fern, ist im Übrigen auch nicht ansatzweise dargelegt und erst recht nicht glaubhaft gemacht.

III.
Mit Blick darauf, dass eine Eilbedürftigkeit vorliegend sogar offensichtlich ausscheidet, kommt es rechtlich nicht einmal darauf an, ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch womöglich auch auf die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG stützen ließe, was allerdings die Verfügungsklägerin selbst nicht geltend macht.

Zwar würde dann – in unmittelbarer Anwendung – § 12 Abs. 2 UWG eine widerlegliche Vermutung tatsächliche Vermutung einer den Anforderungen an einen Verfügungsgrund genügenden Dringlichkeit begründen (Köhler, in: UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 3.13 m. w. N.). Aus den bereits dargelegten Gründen wäre indes – eine Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 UWG unterstellt – die Vermutung einer Eilbedürftigkeit im vorliegenden Verfahren auch offensichtlich und ohne dass die Kammer noch Raum für vernünftige Zweifel daran zu erkennen vermag widerlegt.

IV.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 6 ZPO in Verbindung mit §711 ZPO.

Mit Blick darauf, dass der Gegenstandswert des Verfahrens nach der Bewertung der Kammer die Zulässigkeitsschwelle für eine Berufung nach § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO nicht übersteigt, hat die Kammer über die Zulassung der Berufung zu befinden.

Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 511 Absatz 4 Satz 1 Ziffer 1 3. Alt. ZPO vor. Zwar geht die Kammer davon aus, dass die in dieser Entscheidung aufgeworfenen Maßstäbe für einen das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eröffnenden Verfügungsgrund bislang anerkannten Grundsätzen entspricht, insbesondere, dass hiernach ein verzögertes Betreiben ein sonst gegebenes Eilbedürfnis zerstören kann, ein eiliges Betreiben ein fehlendes Eilbedürfnis aber nicht ersetzt. Wie unter Ziffer II.2 der Entscheidungsgründe ausgeführt, vertritt der zuständige Berufungssenat aber möglicherweise eine abweichende Ansicht. In dieser Konstellation erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Berufung, um dem Berufungssenat die Möglichkeit zu geben, seine Rechtsprechung klarzustellen und gegebenenfalls auch durchzusetzen.

Auf das Urteil hingewiesen hat der Kollege RA Arno Lampmann (hier).

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