LG Hamburg: Ein abmahnender Verband handelt selbst wettbewerbswidrig, wenn er Rechtsverstöße bei Mitgliedern duldet

veröffentlicht am 10. Dezember 2009

LG Hamburg, Urteil vom 22.10.2009, Az. 327 O 144/09
§ 8 Abs. 4 UWG

Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Verband, der Nicht-Verbandsmitglieder (hier: wegen Verstoß gegen das Glücksspielrecht) kostenpflichtig abmahnt, rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG handelt, wenn er nicht zugleich gleichartige Wettbewerbsverstöße bei den eigenen Mitgliedern abmahnt und dies vielmehr planmäßig duldet. Hierin liege eine Diskriminierung, die der Zulässigkeit der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen entgegenstehe.

Nach der Rechtsprechung des BGH könnte ein Rechtsmissbrauch vorliegen, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig dulde (BGH, Urteil vom 23.01.1997, I ZR 29/94, Rn. 34, GRUR 1997, 681, 683 – Produktwerbung, nach juris). Es sei zwar grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgehe. Denn es stehe dem Inanspruchgenommenen frei, seinerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen (BGH, Urteil vom 01.02.1967, Az. Ib ZR 3/65, GRUR 1967, 430, 432 – Grabsteinaufträge I; BGH. Urteil vom 12.07.1984, Az. I ZR 37/82, Rn. 20, GRUR 1985, 58, 59 – Mischverband II; BGH, Urteil vom 17.09.1998, Az. I ZR 117/96, Rn. 27 – Bonusmeilen; BGH, Urteil vom 06.04.2000, Az. I ZR 294/97, GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte, nach juris). Dies gelte auch dann, wenn ein Verband, der eine Rechtsfrage höchstrichterlich klären lassen wolle, zunächst gegen einen Dritten und nicht auch gegen ein eigenes Mitglied vorgehe (BGH, Urteil vom 12.12.1996, Az. I ZR 7/94, GRUR 1997, 537, 538 – Lifting-Creme; BGH GRUR 1997, 681, 683 – Produktwerbung; BGH GRUR 1999, 515, 516 – Bonusmeilen; BGH, Urteil vom 10.11.1999, Az. I ZR 212/97, WRP 2000, 502, 504 – Johanniskraut-Präparat; BGH, Urteil vom 06.05.2004, Az. I ZR 275/01, Rn. 45, WRP 2004, 1024, 1027 – Sportlernahrung II, nach juris). Anders verhalte es sich aber, wenn die Auswahl des Inanspruchgenommenen diskriminierend erfolge. Das sei der Fall, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe (BGH GRUR 1997, 681, 683 – Produktwerbung).

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