LG Hamburg: Der „Biotabak“ und das umweltgerechte Sterben des Rauchers / Zur Wettbewerbswidrigkeit „kreativer“ Werbung

veröffentlicht am 20. März 2009

LG Hamburg, Urteil vom 05.09.2008, Az. 406 O 94/08
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 22 Abs. 2 Nr. 2 TabakG

Das LG Hamburg hat in dieser Entscheidung dem Bundesverband Verbraucherzentralen Recht darin gegeben, dass die Werbung für Tabakerzeugnisse mit dem Begriff „Biotabak“ wettbewerbswidrig ist. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 TabakG sei es verbo­ten, im Verkehr mit Tabakerzeugnissen oder in der Werbung für Tabakerzeugnisse Bezeichnungen oder sonstige Angaben zu verwenden, die darauf hindeuteten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien. Der Begriff „Bio“ deute im Zu­sammenhang mit für den menschlichen Genuss bestimmten Produkten darauf hin, dass es sich um natürliche Produkte ohne künstliche Zusatzstoffe handele.

Dem durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher sei der Begriff „Bio“ insbesondere im Zusammenhang mit Lebensmitteln geläufig. Er stehe im Zusammenhang mit für den menschlichen Verzehr oder Genuss be­stimmten Produkten und zwar stets dahin, dass sich die solchermaßen bezeichne­ten Produkte von anderen Erzeugnissen dadurch unterschieden, dass sie zum Woh­le der Umwelt und des Verbrauchers u.a. nur aus natürlichen Inhalts- bzw. Zusatz­stoffen beständen.

Der durchschnittlich informierte Verbraucher möge dabei auch noch wissen, dass es insoweit rechtliche Rahmenbedingungen insbesondere des Europa­rechtes gebe; deren genauer Inhalt und Reichweite seien ihm jedoch durchweg nicht bekannt. Das Verkehrsverständnis der Verbraucher sei daher mit dem Inhalt dieser rechtlichen Regelungen nicht deckungsgleich. Soweit diese Normen die Verwendung von Begriffen wie „Bio“ regelten, werde dabei die gesetzeskonforme Verwendung dieser Begriffe unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß oder als Verstoß gegen anderweitige Rechtsvorschrif­ten gewertet werden können. Dies betrifft den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht. Denn es fehlte an Vorschriften, die die Verwendung des Begriffes „Bio“ für Zigaretten dem Grunde nach zuließen.

Auch aus anderen Gründen sei keine einschränkende Auslegung des § 22 Abs. 2 Nr. 2  TabakG geboten. Zwar könne es in Einzelfällen durchaus als sachgerecht erscheinen, Ausnahmen von dem gesetzlichen Verbot zuzulassen, wenn es um Informationen gehe, deren Verbreitung im Interesse des Verbrauchers liege. Die Zulassung solcher Ausnahmen habe der Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 Nr. 2  TabakG jedoch der Regelung durch Rechtsverordnung vorbehalten. Die Zulassung von Ausnahmen von dem gesetzlichen Verbot im Wege der einschränkenden Auslegung des Gesetzes kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht.

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