LG Hamburg: Identifizierende Berichterstattung vor Verurteilung verletzt Persönlichkeitsrecht, insbesondere bei Ausschluss der Öffentlichkeit

veröffentlicht am 9. Dezember 2009

LG Hamburg, Urteil vom 23.10.2009, Az. 324 O 120/09
§§ 823, 1004 BGB analog

Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine identifizierende Berichterstattung unzulässig ist, wenn die betreffende Person noch nicht verurteilt ist und auf Grund des akuten Gesundheitszustandes der Person die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Zwar habe es sich bei den im Strafverfahren gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen nicht um solche aus dem Bereich der kleineren bzw. ganz gewöhnlichen Kriminalität gehandlet (hier: sexueller Missbrauch der Tochter). Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung aber Angeklagter gewesen, so dass bis zu einem etwaigen Schuldspruch die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung für ihn gesprochen habe.

Insbesondere führten weder eine besondere Bekanntheit oder hervorgehobene Stellung noch eine Privatsphärenöffnung der Person zu einem Vorrang des Interesses der Öffentlichkeit, nicht nur über das Strafverfahren an sich, sondern auch über die Person des Angeklagten informiert zu werden. Vielmehr sei sogar die Öffentlichkeit aufgrund des Gesundheitszustandes des Klägers ausgeschlossen gewesen, so dass ein umso stärkeres Interesse des Klägers an der Wahrung seines Anonymitätsinteresses bestanden habe. Die Kammer um dem vorsitzenden Richter Buske verwies auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Berichterstattungen über die Entstehung, Ausführung und Verfolgung einer Straftat unter Namensnennung, Abbildung und Darstellung des Straftäters (BVerfG, Beschluss vom 10.06.2009, Az. 1 BvR 1107/09, Rn. 20)

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