LG Hamburg: Kein fliegender Gerichtsstand für Domainstreitigkeiten

veröffentlicht am 18. Juni 2011

LG Hamburg, Beschluss vom 09.06.2010, Az. 303 O 197/10
§ 32 ZPO; § 12 BGB

Das LG Hamburg hat entschieden, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts im Falle einer Unterlassungsklage nicht nach dem sog. „fliegenden Gerichtsstand“ richtet, wenn sich diese gegen die Benutzung und Löschung einer Domain mit der Begründung richtet, dass dies die Namensrechte (§ 12 BGB) der Klägerin verletze. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Hamburg

Beschluss

Das Landgericht Hamburg erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das gemäß § 32 ZPO zuständige Landgericht Lübeck.

Gründe

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg ist aus keinem denkbaren Gerichtsstand, insbesondere nicht aus § 32 ZPO eröffnet.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Unterlassung der Benutzung und Löschung der Domain www.worth.de mit der Begründung, dass dies ihre Namensrechte (§ 12 BGB) verletze.

Für den Fall der isolierten Löschungsklage ist eine örtliche Zuständigkeit nur im allgemeinen Gerichtsstand oder Wohnsitz des Beklagten gegeben. Für die Unterlässungsklage kommt es jedenfalls auf den Begehungsort i.S.d. § 32 ZPO an, hier den Handlungsort, an dem die tatbestandsmäßige Handlung insgesamt oder auch nur teilweise begangen worden ist, sowie den Erfolgsort, an dem die tatbestandsmäßige Rechtsverletzung bewirkt worden ist.

Grundsätzlich ermöglicht die Verwendung einer Domain den Zugriff auf diese an jedem beliebigen Ort, an welchem die technischen Empfangsgeräte vorhanden sind. Begehungsort für Rechtsverletzungen durch das Internet ist grundsätzlich daher nicht nur der Ort, an dem etwa der Internet-Server steht, Begehungsort sind auch weitere Orte, an denen die Information dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gebracht wird. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist jedoch bei Namensrechtsverletzungen als Verletzung absoluter Rechte im Internet die Zuständigkeit nach § 32 ZPO nicht allein wegen der bundesweiten Abrufbarkeit der Seite bei jedem deutschen Landgericht gegeben. Vielmehr spricht alles für eine Begrenzung einer ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (vgl. BGH MMR 2005, 239). Der ubiquitäre Gerichtsstand bei Rechtsverletzungen im Internet wird durch die Zivilkammer 2 als ehemalige Computerkammer des Landgerichts Hamburg in ständiger Rechtsprechung verneint. Ebenso verneint die Zivilkammer 3 als Fiskuskammer des Landgerichts Hamburg die Eröffnung der örtlichen Zuständigkeit, wenn klar ist, dass sich keinerlei Verbindung zum Sachverhalt, dem Sitz der Klägerin oder dem des Beklagten findet (vgl. statt aller Deister/Degen, Darf der Gerichtsstand fliegen?, NJOZ 2010,1). Im vorliegenden Fall besteht keinerlei sachlicher Bezug zum Landgerichtsbezirk Hamburg. Die Klägerin ist eine Gemeinde im Landgerichtsbezirk Lübeck, der Beklagte wohnt in Kassel, die technische Betreuung der Domain erfolgt in Aachen.

In diesen Fällen ist die allein auf den Kanzleisitz des Klägervertreters abstellende Begründung des Gerichtsstands mißbräuchlich.

Die Bejahung des fliegenden Gerichtsstandes bei Internetsachverhalten durch die Wettbewerbskammern des Landgerichts Hamburg und den entspr. Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg steht dem nicht entgegen.

Auf die Entscheidung hingewiesen hat RA Ralf Möbius.

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