LG Hamburg, Beschluss vom 02.03.2011, Az. 308 O 458/10 – nicht rechtskräftig
§ 97 UrhG
Das LG Hamburg hat entschieden, dass sog. Sharehost-Anbieter (wie etwa Rapidshare) verpflichtet sind, nicht nur die eigenen Server, sondern auch „gängige Linksammlungen im Internet“ zu überprüfen, ob dort „Hinweise auf urheberrechtswidrig im Programm des Sharehosts abgespeicherte Dateien existieren.“ Die Störerhaftung von Sharehostern in Deutschland ist das Produkt zweier zerstrittener Eltern: Während in Köln/Düsseldorf die Störerhaftung von Sharehostern abgelehnt wird, findet sie in Hamburg größte Zustimmung (vgl. Rechtsprechungsübersicht und hier). Die Düsseldorfer Rechtsprechung hat übrigens dazu geführt, dass Deutschland auf der Piracy Watch List auftauchte (hier). Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im vorliegenden Verfahren hatte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) beantragt. Die Kammer war der Ansicht, dass der Sharehoster nach den Grundsätzen der sog. Störerhaftung dafür mitverantwortlich sei, dass die fraglichen Titel über seinen Dienst illegal veröffentlicht worden seien, weil er seiner Prüfpflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. Zitat aus der Pressemitteilung des Landgerichts:
„Aufgrund der vorangegangenen Hinweise auf die illegalen Uploads habe die Antragsgegnerin eine erhöhte Prüfpflicht getroffen. Es sei der Antragsgegnerin deshalb auch zumutbar gewesen, die gängigen Linksammlungen auf Links zu etwaigen illegalen Inhalten in ihrem Datenbestand zu überprüfen. Das gelte selbst dann, wenn sich diese Prüfung teilweise nur manuell und nicht ausschließlich softwaregestützt vornehmen lasse. Die regelmäßige Überprüfung einschlägiger Link-Sammlungen stelle ein effektives Mittel dar, um Rechtsverletzungen zu verhindern oder zumindest fortdauernde Rechtsverletzungen zu unterbinden. Unzumutbar sei die softwaregestützte Prüfung nur dann, wenn der finanzielle Aufwand außer Verhältnis zu den Erlösen stünde. Dazu habe die Antragsgegnerin jedoch keine belastbaren Zahlen vorgetragen. Die von der Antragsgegnerin eingesetzten Wort- und Hashfilter könnten von Nutzern jedenfalls leicht umgangen werden. Auch seien komprimierte Dateien von der Antragsgegnerin nicht in allen Formaten überprüft worden. Konkrete Angaben zu dem von ihr angeblich neu entwickelten effektiveren Filtersystem habe die Antragsgegnerin nicht mitgeteilt.„
Was wir davon halten? Interessant ist nunmehr, welche Hinweise der Sharehoster bekommen hatte. Hier ist einerseits der allgemeine Hinweis auf das illegale Filesharing bestimmter Musikwerke denkbar, wie aber auch ein konkreter Hinweis auf eine bestimmte Linksammlung im Internet. Die Störerhaftung der Sharehoster wird im ersteren Fall vom LG Hamburg in einem äußerst kritischen Maße ausgeweitet, da kaum zu ermitteln ist, welche Linksammlungen „gängig“ sind und welche nicht. Bereits deshalb ist dem Sharehoster kaum – wie von der Kammer gefordert – eine Benennung der ihm voraussichtlich entstehenden Kosten möglich, welche notwendig wäre, um die obige Prüfungspflicht als außerverhältnismäßig anzugehen.