LG Itzehoe, Urteil vom 15.03.2011, Az. 7 O 318/10
§ 249 BGB
Das LG Itzehoe hat entschieden, dass die anwaltlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei einer Rechtsschutzversicherung keinen erstattungsfähigen Schadensersatz darstellen. Zitat:
„Weitere Rechtsverfolgungskosten sind nicht ersatzfähig. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Einholung der Deckungszusage. Inwieweit Kosten für die Einholung einer Deckungszusage ersatzfähig sind, ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Teilweise wurden entsprechende Ansprüche zugesprochen (vgl. LG Amberg, Urt. v. 26.05.1993 – 24 S 1492/92, AGS 1993, 58; LG Amberg, Urt. v. 19.02.2009 – 24 O 826/08, NJW 2009, 2610; LG Berlin, Urt. v. 09.12.2009 – 42 O 162/09, zit. nach juris; LG Ulm, Urt. v. 08.04.2010 – 6 O 244/09, ZfS 2010, 521). Überwiegend sind diese Kosten als nicht ersatzfähig angesehen worden (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.09.2010, Az. 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 09.09.2010, Az. 8 O 1617/10, juris; LG Erfurt, Urteil vom 27.11.2009, Az. 9 O 1029/09, NZV 2010, 259; LG Berlin, Urteil vom 17.04.2000, Az. 58 S 428/99, VersR 2002, 333; LG Schweinfurt, Urteil vom 20.03.2009, Az. 23 O 313/08, NJW-RR 2009, 1254).
Obergerichtlich hat sich bislang, soweit ersichtlich, nur das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 12.01.2011, Az. 14 U 78/10, zitiert nach juris) mit der Ersatzfähigkeit dieser Kosten befasst. Es hat die Ersatzfähigkeit abgelehnt. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
Die Einholung einer Deckungszusage gehört bei wertender Betrachtung nicht zu den Kosten, die der Durchsetzung berechtigter Schadensersatzansprüche dienen. Der Geschädigte unterhält eine Rechtsschutzversicherung, um sein eigenes Kostenrisiko abzudecken. Macht er seine Ansprüche gerichtlich erfolgreich geltend, bedeutet dies für ihn grundsätzlich kein Kostenrisiko. Denn ihm werden die ihm entstandenen Auslagen vom unterliegenden Gegner erstattet. Die Rechtsschutzversicherung hat im Falle des Obsiegens allein die Bedeutung, zu verhindern, dass der Geschädigte einstweilen mit Gerichtskosten und seinen Anwaltskosten in Vorlage treten müsste. Damit würde er zwar zeitweise (bis zum Obsiegen) finanzielle Mittel binden, die er in dieser Zeit nicht anders einsetzen kann und würde insoweit auch das Insolvenzrisiko seines Prozessgegners tragen. Diese beiden Punkte sind im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung aber von untergeordneter Bedeutung. Deren wesentliche Funktion besteht darin, denjenigen, der Ansprüche gerichtlich geltend macht, von dem Risiko freizuhalten, mit den Ansprüchen teilweise zu unterliegen. Denn durch die Prozessführung entstehen erhebliche Kosten beim Kläger, dem Gericht und dem Prozessgegner, die schlussendlich nach dem Maßstab des Unterliegens verteilt werden und die insbesondere bei amtsgerichtlichen und kleineren landgerichtlichen Streitwerten mindestens erhebliche Anteile dessen kosten, worum die Parteien eigentlich streiten. Die wesentliche Funktion der Rechtsschutzversicherung liegt darin, das Kostenrisiko des Geschädigten für den Fall abzusichern, dass er mit seiner Forderung ganz oder teilweise nicht durchdringt und insoweit die Prozesskosten selbst tragen müsste. Der Sache nach dient die Rechtsschutzversicherung daher im Wesentlichen der Geltendmachung von Forderungen, die ex ante (möglicherweise) unberechtigt oder nicht durchsetzbar sein könnten. Das Risiko, im Rahmen eines Rechtsstreits unbegründete Forderungen geltend zu machen, ist jedoch vom konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Dieses Kostenrisiko gehört vielmehr zum allgemeinen Prozessrisiko. Ein derartiges Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen. Denn die Deckungszusage dient im Wesentlichen nicht der Geltendmachung berechtigter Forderungen, sondern deckt im Gegenteil vor allem das Risiko aus der Geltendmachung von Forderungen, die aus Anlass des Verkehrsunfalls erhoben werden, sich möglicherweise aber gerade nicht als berechtigt herausstellen. Der Schädiger muss aber nicht das Risiko tragen, dass sich daraus ergibt, dass der Geschädigte aus Anlass des Verkehrsunfalls (unbeabsichtigt) unberechtigte Forderungen gegen ihn erhebt.
Soweit die Deckungszusage hinsichtlich der Geltendmachung berechtigter Forderungen untergeordnet auch die Funktion hat, einem Geschädigten die Vorfinanzierung seiner Anwaltskosten abzunehmen, kommt es darauf vorliegend nicht an, weil ohnehin nur ein Freistellungsanspruch geltend gemacht wird. Die Klägerin hat diese Anwaltskosten aus eigenen Mitteln noch gar nicht aufgebracht. Das Insolvenzrisiko des Gegners ist vorliegend, da eine große deutsche Versicherungsgesellschaft mitverklagt ist, vernachlässigbar.“