LG Itzehoe: Kein Ersatzanspruch des Abgemahnten für unberechtigte Abmahnung, wenn dies für den Abmahner nicht ohne Weiteres erkennbar war

veröffentlicht am 27. Januar 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Itzehoe, Beschluss vom 12.10.2011, Az. 1 S 179/10
§ 823 Abs. 1 BGB, § 678 BGB, § 683 BGB, § 670 BGB, § 677 BGB; § 9 UWG

Das LG Itzehoe hat in diesem Hinweisbeschluss konstatiert, dass ein zu Unrecht Abgemahnter keinen Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten vom Abmahnenden verlangen kann, wenn die Abmahnung nicht offentsichtlich unberechtigt war. Vorliegend hatte der Beklagte im Internet Bekleidung mit dem Hinweis „Original-Ware“ verkauft und war dafür von einem Mitbewerber abgemahnt worden. Auf Grund vergangener Rechtsprechung des LG Bochum und des BGH sei es durchaus vertretbar seitens des Klägers gewesen, eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten anzunehmen und deshalb abzumahnen. Auch wenn im konkreten Einzelfall ein Wettbewerbsverstoß durch das AG Meldorf verneint worden sei, führe dies nicht zur Kostenerstattungspflicht des Klägers. Zum Volltext der Entscheidung:

LG Itzehoe

Beschluss

Gründe

I.

Der Beklagte wird gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Denn das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht.

Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Beklagten auf Erstattung der ihm entstandenen anwaltlichen Gebühren abgelehnt.

1.
Ein Ersatzanspruch des Beklagten, aus § 9 UWG kommt nicht in Betracht. Denn die vom Kläger gegenüber dem Beklagten ausgesprochene Abmahnung ist nicht als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 UWG anzusehen. Der Kläger als Verkäufer von Bekleidung der Marke „Ed Hardy“ hat den Beklagten, der ebenfalls geschäftliche Bekleidung dieser Marke verkauft und damit ein Mitbewerber ist, wegen eines aus seiner Sicht vorliegenden Wettbewerbsverstoßes abgemahnt. Auch wenn nach der Bewertung durch das Amtsgericht die Abmahnung nicht berechtigt war, so ist allein darin gegenüber einem Wettbewerber keine unlautere Handlung zu sehen. In besonderen Fällen kann zwar in einer unberechtigten Abmahnung eine unlautere geschäftliche Handlung liegen, wenn hierdurch ein Mitbewerber im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG gezielt behindert wird. Der Beklagte hat aber schon nicht näher dargelegt, dass die durch den Kläger ausgesprochene Abmahnung als eine derartige gezielte Behinderung anzusehen ist. Daran vermag auch das Argument des Beklagten, die Abmahnung sei als eine im Sinne von § 8 Nr. 4 UWG missbräuchliche Massenabmahnung anzusehen, nichts zu ändern. Denn der Beklagte hat schon nicht näher dargelegt, dass die Abmahnung des Beklagten als missbräuchlich anzusehen ist. Allein die Behauptung, die Abmahnung stelle einen Rechtsmissbrauch dar, genügt nicht, sondern gerade bei einer Abmahnung durch einen Mitbewerber bedarf es einer näheren Darlegung, aus welchen Gründen diese rechtsmissbräuchlich sein soll.

Abgesehen von den zuvor genannten Gründen scheitert ein Anspruch aus §9 UWG auch – wie vom Amtsgericht zu Recht ausgeführt – an dem fehlendem Verschulden des Klägers (siehe hierzu unter 3).

2.
Ein Anspruch des Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, scheidet bereits deshalb aus, weil nach der Rechtsprechung des BGH eine unberechtigte Abmahnung im Hinblick auf ihre vergleichsweise geringe Intensität und das Recht auf Meinungsfreiheit des Abmahnenden nicht als rechtswidrige Verletzungshandlung anzusehen ist (vgl. die Nachweise bei Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 1.72).

3.
Ein Anspruch des Beklagten aus § 678 BGB besteht nicht, da es an dem hierfür erforderlichen Verschulden des Klägers fehlte. Da in einer Abmahnung eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Abmahnenden für den Abgemahnten als Geschäftsherren zu sehen ist, kommt ein Ersatzanspruch des Abgemahnten nach § 678 BGB zwar grundsätzlich in Betracht. Das hierfür notwendige Übernahmeverschulden liegt aber nur vor, wenn der Abmahnende erkennen konnte, dass die Abmahnung dem wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen des Abgemahnten insofern nicht entsprach, als dass sie unberechtigt war. Daran fehlt es hier. Auch wenn gemäß der – insoweit rechtskräftigen – Entscheidung des Amtsgerichts davon auszugehen ist, dass die durch den Kläger ausgesprochene Abmahnung unberechtigt war, so ist dem Kläger nicht vorzuwerfen, er hätte dies bereits zuvor erkennen können. Denn aufgrund der Entscheidung des BGH vom 23.10.2008 (Az. I ZR 121/07) konnte der Kläger durchaus davon ausgehen, dass die vom Beklagten vorgenommene Bewerbung seiner Ware als „Original-Ware“ insofern einen Wettbewerbsverstoß darstellt, als dass mit einer Selbstverständlichkeit geworben wird. Dies gilt erst Recht insofern, als dass das Landgericht Bochum in einem Urteil vom 10.02.2009 (Az. 12 O 12/09 – zit. nach Juris) einen Hinweis auf die Echtheit von angebotener Ware unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Werbung mit Selbstverständlichkeiten als Verstoß gegen § 5 UWG bewertet hatte. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung war es durchaus vertretbar, dass der Kläger auch in dem Hinweis des Beklagten, dass es sich bei der von ihm angebotenen Bekleidung des Herstellers „Ed Hardy“ um Original-Ware handelt, einen Wettbewerbsverstoß gesehen und deshalb den Beklagten abgemahnt hat. Dass das Amtsgericht Meldorf dies aufgrund der konkreten Umstände anders bewertet und einen Wettbewerbsverstoß verneint hat, ändert hieran nichts. Im Übrigen gilt in diesem Zusammenhang, dass ein Übernahmeverschulden nach § 678 BGB nicht bereits dann besteht, wenn bei einem Abmahnenden rechtliche Zweifel bestehen, ob eine Abmahhung berechtigt ist. Vielmehr fehlt es an einem solchen Verschulden, wenn nach Lage des Falls vernünftige Überlegungen es rechtfertigen, eine Unwissheit gegenüber einem Mitbewerber zu klären (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 19.09.2002, Az. 3 U54/99 – zit. nach Juris). Eine solche Situation lag hier in jedem Fall vor.

4.
Ein Ersatzanspruch aus §§ 683, 677, 670 BGB scheidet schließlich aus den vom Amtsgericht genannten zutreffenden Gründen, auf die Bezug genommen wird, aus.

II.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesen Hinweisen binnen einer Frist von drei Wochen Stellung zu nehmen, sofern die Berufung nicht zuvor aus Kostengründen (Reduzierung der Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren nach KV Nr. 1222, Anlage 1 zum GKG) zurückgenommen werden sollte.

Auf die Entscheidung hingewiesen hat openjur.de (hier).

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