LG Köln: Werbung eines Discounters mit Doppelgänger verletzt Persönlichkeitsrecht des Prominenten

veröffentlicht am 5. Januar 2022

LG Köln, Beschlus vom 11.06.2021, Az. 28 O 218/21
§ 1004 Abs. 1 analog BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG, § 23 KUG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GG

Das LG Köln hat im Wege der einstweiligen Verfügung entschieden, dass die Werbung eines Discounters für seine Ware unter Verwendung eines Prominenten (hier: Jogi Löw) dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Kammer verwies auf die Entscheidung OLG Köln, Urteil vom 06.03.2014, Az. 15 U 133/13. Der Streitwert wurde auf 100.000 EUR festgesetzt. Zum Volltext der Entscheidung:


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Landgericht Köln


Beschluss



I.                   
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird – unter Berücksichtigung der Schutzschrift der Antragsgegnerin vom 02.06.2021 – angeordnet:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, verboten den ca. 40-Sekunden langen Werbeclip zu dem Motto „Einer für Alles. Alles für günstig“ öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu verbreiten und/oder vorstehende Handlungen durch Dritte begehen zu lassen, soweit im Clip ein Double des Antragstellers auftritt und auf diese Weise für die in den Discountern der Marke „Netto“ angebotenen Produkte geworben wird, wenn dies geschieht wie in dem über YouTube unter der URL https://youtu.be/tQ… entfernt abrufbaren Werbeclip.

II.                 
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III.              
Streitwert: 100.000 EUR

1Gründe:

2Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 10.06.2021 ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Verfügungsgrundes und des Verfügungsanspruchs glaubhaft gemacht.

31.

4Die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) liegen angesichts der im Äußerungsrecht bestehenden Interessenlage vor, zumal der Antragsteller das Verfahren zügig betrieben hat. Einer Anhörung der Antragsgegnerin bedurfte es nach der zu dem vorliegenden kongruenten Abmahnung vom 1.6.2021 und der daraufhin eingereichten und vom Gericht berücksichtigten Schutzschrift nicht.

52.

6Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG sowie aus §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artikel 2 Abs. 1, Artikel 1 Abs. 1 GG. Unter Berücksichtigung der  Grundsätze der Entscheidung des OLG Köln vom 06.03.2014 – Az. 15 U 133/13 – sind die Bildnisse des Doppelgängers im vorliegenden Fall als Bildnisse des Antragstellers anzusehen. Auf den Grad der Ähnlichkeit der beiden Personen und somit auf die von der Antragsgegnerin im Einzelnen aufgeführten Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild beider und hinsichtlich ihrer Sprachgewohnheiten kommt es im Ergebnis nicht an, denn es geht gerade darum, den Werbewert des Klägers durch die Erregung von Aufmerksamkeit für die von der Antragsgegnerin angebotenen Waren fruchtbar zu machen. Hierfür reicht es aus, wenn durch eine auf den ersten Blick gegebene Ähnlichkeit beider Personen die – wenn auch u.U. nur flüchtige – Vorstellung erzeugt wird, bei der gezeigten Person handele es sich um den prominenten Antragsteller. Dass im weiteren Verlauf des Films mit genau dieser Vorstellung gespielt wird, indem gerade die Frage thematisiert wird, ob es sich um den Antragsteller handele, ist unschädlich, denn das Ziel der Erregung von Aufmerksamkeit wurde bereits erreicht. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob bei dem Betrachter letztlich Zweifel verbleiben, ob der Antragsteller nicht doch der Darsteller sein könnte.

7Soweit der Bundesgerichtshof eine Darstellung durch eine andere Person erst dann als Bildnis der dargestellten Person ansieht, „wenn der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder einer nachgestellten berühmten Szene oder Fotographie der Fall sein kann“ (Pressemitteilung zur Entscheidung vom 18.5.2021 – VI ZR 441/19 – Film über Odenwaldschule), steht dies dem von der Kammer gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Im Falle eines Spielfilmes mag es darauf ankommen, ob im Ergebnis die Täuschung über die Identität beider Personen aufrecht erhalten bleibt. Geht es dagegen wie im vorliegenden Fall allein um die Erregung von Aufmerksamkeit durch das Auftreten eines Doppelgängers, ist nach Auffassung der Kammer nach den weiterhin einschlägigen Grundsätzen der o.a. Entscheidung des OLG Köln ein Bildnis des Dargestellten schon dann anzunehmen, wenn durch die auf den ersten Blick gegebene Ähnlichkeit beider Personen die (wenn auch nur vorübergehende) Vorstellung entsteht, es handele sich um den dargestellten Prominenten selbst. Dass dies im vorliegenden Fall zu bejahen ist und auch der Intention der Antragsgegnerin entspricht, kann nicht zweifelhaft sein.

8Nicht weiter begründungsbedürftig sind die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs, insbesondere das Fehlen eines zeitgeschichtlichen Ereignisses.

93.

10Die Zustellung der Beschlussverfügung erfolgt angesichts der Beteiligung der Antragsgegnerseite von Amts wegen. Dies berührt die Pflichten aus §§ 936, 929 ZPO (Vollziehung) nicht.

114.

12Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO und die Ordnungsmittelandrohung aus § 890 Abs. 2 ZPO.

13Rechtsbehelfsbelehrung:

14Gegen diesen Beschluss kann Widerspruch eingelegt werden. Dieser ist bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich durch einen zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen und soll begründet werden.

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