LG Köln: Zur Frage, wann Google für die Inhalte fremder Blogs auf seiner Plattform blogspot.com/blogger.com haftet

veröffentlicht am 14. Juni 2011

LG Köln, Urteil vom 28.12.2010, Az. 28 O 402/10
§ 97 Abs. 1 UrhG

Das LG Köln hat in dem vorliegenden Fall zu der Frage ausgeführt, wann Google für die Inhalte fremder Blogs auf seiner Plattform blogspot.com/blogger.com haftet. Streitgegenständlich war ein Bild, welches unrechtmäßig in einem Blog hochgeladen worden war, den Google selbst nicht betrieb. Die Kammer führte ausführlich zur Haftung von Plattform-Anbietern aus und unterstrich die besondere Rolle von Google bei blogspot.com / blogger.com im Sinne einer Störerhaftung, da die eigentlichen Blog-Betreiber anonym blieben. Im vorliegenden Fall bejahte das LG Köln auch eine Haftung, allerdings nur deshalb, weil Google erst drei Wochen nach einer ursprünglichen Beschwerde die fragliche Löschung vorgenommen hatte. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Köln

Urteil

Die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom 28.12.2010 durch … für Recht erkannt:

Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und insgesamt nicht mehr als zwei Jahren, zu vollziehen an dem jeweiligen Chairman, verboten, gegenüber dem Verfügungskläger auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, das Bildes des Antragstellers öffentlich zur Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter SubDomains von blogspot.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 2. Foto am 17.06.2010 geschehen, gegenüber der Verfügungsklägerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Bildnis der Antragstellerin öffentlich zur Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter SubDomains von blogspot.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 1. Foto am 17.06.2010 geschehen

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Verfügungskläger jeweils zu 1/8, die Verfügungsbeklagte zu 3/4.

Tatbestand

Die Verfügungskläger sind deutsche Staatsangehörige. Der Verfügungskläger zu 2) betätigt sich als Unternehmensberater, die Verfügungsklägerin zu 1) ist Unternehmerin und Hochschulstudentin.

Die Verfügungsbeklagte stellt die technische Plattform in Form von Speicherplatz und technischer Infrastruktur für C1 auf ihren Servern in den Vereinigten Staaten bereit. Diese können sich einen Account anlegen und unter Zuhilfenahme der technischen Infrastruktur und des Speicherplatzes auf der Domain der Verfügungsbeklagten www.C1.com Blogs veröffentlichen. Die Accounts werden mit der Angabe einer Emailadresse von den Nutzern/Bloggern verifiziert. Die Inhalte der Blogs überprüft die Verfügungsbeklagte nicht. Die Domain und den Bloggerdienst nutzt die Verfügungsbeklagte kommerziell. Sie ist Administrator der Internetseite C2.com.

In den Nutzungsbedingungen der Verfügungsbeklagten für C2 heißt es unter anderem: „sie [der Nutzer] verpflichten sich, den Service unter Einhaltung aller anwendbaren Gesetze, Regeln und Bestimmungen auf Landes- und Bundesebene sowie auf nationaler und internationaler Ebene zu nutzen. … Die Verletzung dieser Verpflichtungen – einschließlich der Content-Richtlinien für C1 ) – kann zu fristloser Kündigung dieser Vereinbarung führen und Strafen sowie andere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In den Content-Richtlinien heißt es unter anderem: „Stellen wir jedoch fest, dass ein Verstoß vorliegt, ergreifen wir je nach Schwere des Verstoßes eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen: … Wir stellen das Blog hinter einen Unterbrecher, der nur dem Autor des Blogs Zugriff auf den Inhalt ermöglicht. Wir löschen das Blog. Wir deaktivieren den Zugriff des Autors auf dessen C1-Konto. Wir deaktivieren den Zugriff des Autors auf dessen Google-Konto.

Seit dem 28.05.2010 war auf der Domain B1.C2.com der in Anlage K1 wiedergegebene Artikel mit einem Foto, welches den Antragsteller zeigt, und einem Foto, welches die Antragstellerin zeigt, abrufbar. Diese Domain enthält kein Impressum. Für den Inhalt wird auf die Anlage K1 (Bl. 24f. d.A.) verwiesen.

Zunächst wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger mit Schreiben am 01.06.2010 an die Verfügungsbeklagte. Darin wies er die Verfügungsbeklagte darauf hin, dass für auf der Domain B1.C2.com vorgehaltenen Inhalte kein Impressum angegeben wird und dass dort Persönlichkeits-, Namens- und Urheberrechtsverletzungen begangen würden. Letztere wurden nicht im Einzelnen ausgeführt. Die Namen der Verfügungskläger erwähnte er nicht.

Nachdem er keine Reaktion bemerkte, teilte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger sodann unter Nennung der Namen der Verfügungskläger am 04.06.2010 an die E-Mail Adresse ……@……. mit, dass keine Einwilligung für die Verbreitung der Fotos vorlag. Der vollständige Blog mit den Fotos war in dem Schreiben abgebildet. Für das vollständige Schreiben wird auf die Anlage K6 verwiesen.

Am Abend des 17.06.2010 ging bei der Verfügungsbeklagten eine DMCA-Beschwerde eines Herrn G (G1 Verlag) ein. Dieser gab an, alleiniger Inhaber der Urheberrechte an den streitgegenständlichen Fotos zu sein. Auf diese Beschwerde wurden die Fotos aus dem Blog entfernt, was die Verfügungsbeklagte Herrn G unter dem 29.06.2010 mitteilte.

Die Verfügungskläger tragen vor, die zwei in dem Blog enthaltenen Fotos seien von Frau I im April 2009 in Q1 angefertigt worden. Sie seinen ausschließlich zur firmeninternen Verwendung bestimmt gewesen. Die Verfügungskläger hätten keine Einwilligung für die Veröffentlichung der Bilder im Rahmen der Anlage K1 oder sonst zur öffentlichen Zurschaustellung der Bilder erteilt. Sie hätten auch kein Entgelt für die Ablichtung erhalten.

Sie sind der Auffassung, dass die Verfügungsbeklagte als Störerin auf die begehrte Unterlassung haftet. Sie habe aufgrund des Hinweises auf das fehlende Impressum mit Schreiben vom 01.06.2010 den Blog unzugänglich machen müssen. § 55 iVm § 49 Satz 2 Nr. 13 und 14 RStV diene einem von Äußerungen im Internet betroffenen als individuelle Schutznorm im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Die Verfügungskläger beantragen, nachdem sie einen Teil ihrer ursprünglichen Anträge in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen haben, die Antragstellerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und insgesamt nicht mehr als zwei Jahren, zu vollziehen an dem jeweiligen Chairman,
1. es gegenüber dem Antragsteller auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, a) das Bildes des Antragstellers öffentlich zur Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter SubDomains von C2.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 2. Foto am 17.06.2010 geschehen.
2. Es gegenüber der Antragstellerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen
a) Das Bildnis der Antragstellerin öffentlich zur Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter SubDomains von C2.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 1. Foto am 17.06.2010 geschehen
und/oder Die in Anlage K1 wiedergegebenen Äußerungen über die Antragstellerin öffentlich zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
b) solange bei deren Verbreitung durch Telemedien gesetzlich geforderte Informationen zur inhaltlichen Verantwortlichkeit für den Artikel gem. Anlage K1 nicht leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar gehalten werden.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass der ihre Haftung auslösende Hinweis erst durch die Zustellung der Antragsschrift erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt seien die Fotos schon entfernt gewesen. Daher sei weder ein Unterlassungsanspruch noch ein Eilbedürfnis gegeben. Im Übrigen seien die Fotos unverzüglich auf die Beschwerde des Herrn G entfernt worden.

Eine Verletzung der Impressumspflicht gemäß § 55 RStV liege nicht vor, da es sich nicht um ein redaktionell-journalistisches Angebot handle, sondern um schlichte Meinungsäußerung des Bloggers. § 55 RStV sei zudem eine objektive Ordnungsvorschrift, aus der die Verfügungskläger keine Rechte herleiten könnten. Die anonyme Nutzung des Internets sei zudem gesetzgeberisch gewollt, wie § 13 TMG zeige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung wie erkannt stattzugeben, im Übrigen zurückzuweisen. Es lag nur hinsichtlich der Anträge 1 a) und 2 a) ein Anordnungsanspruch vor.

Im Einzelnen:

I.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln ist gegeben, da sich die Inhalte des blogs erkennbar an Adressaten im gesamten Gebiet der Bundesrepublik richten und damit auch in Köln wahrgenommen werden. Die Kenntnisnahme von dem beanstandeten Inhalt lag damit erheblich näher als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die von den Verfügungsklägern behauptete Rechtsverletzung durch Kenntnisnahme der Inhalte würde (auch) im Inland eintreten (BGH Urt. v. 02.03.2010, VI ZR 23/09 – New York Times, Rz. 20). Die Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO ist daher gegeben.

II.
Der Beurteilung ist auch deutsches Recht zugrunde zu legen. Nach den im internationalen Privatrecht maßgeblichen Grundsätzen ist auf Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung, zu denen auch die auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gestützten Unterlassungsansprüche gehören (BGH, 19.12.1995 – VI ZR 15/95, NJW 1996, 1128, 1129 m. w. N.), das Recht des Tatorts anzuwenden. Dies ist bei Internetdelikten einmal der Handlungsort, zum anderen aber auch jeder Ort, an dem das Medium verbreitet wird. Ob daneben für Unterlassungsansprüche, soweit es um die Verbreitung in anderen Ländern geht, auch die Anwendung des ausländischen Rechts in Betracht kommt, bedarf keiner Klärung.

III.
Anträge zu 1a und 2a

Der Verfügungskläger ist für den Antrag zu 1 a) passivlegitimiert, da das antragsgegenständliche Foto ihn zeigt. Die Verfügungsklägerin ist für den Antrag zu 2 a) passivlegitimiert, weil das dort gegenständliche Foto sie zeigt. Die Verfügungsbeklagte ist für beide geltend gemachten Unterlassungsansprüche passivlegitimiert. Da ihr der Inhalt des Blogs beim Einstellen auf die Plattform nicht bekannt war, kommt sie allerdings weder als Täterin noch Teilnehmerin an den Veröffentlichungen in Betracht. Ihr Beitrag bestand (zunächst) ausschließlich darin, die Plattform für Blogs Dritter zur Verfügung gestellt zu haben. Die §§ 7 ff. TMG finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Unterlassungsanspruch keine Anwendung (BGH, 27.03.2007 – VI ZR 101/06, NJW 2007, 2558 f – Meinungsforum).

Indes schließt dies eine weitergehende Verantwortung des Plattformbetreibers im Rahmen von Unterlassungsansprüchen nicht aus, und zwar in Form der Störerhaftung. Auszugehen ist insoweit von dem – aus §§ 186 StGB, 824 BGB abgeleiteten – allgemeinen medienrechtlichen Grundsatz, dass der Herr eines Massenmediums für dessen gesamten Inhalt haftungsrechtlich einzustehen hat, unabhängig davon, ob es sich um eigene Inhalte oder um lediglich verbreitete Inhalte Dritter handelt (Soehring, Presserecht, 3. Auflage, 16.10 ff). Denn der Unterlassungsanspruch kann nicht nur gegen den Behauptenden gerichtet werden, sondern grundsätzlich ebenso gegen den Verbreiter, und zwar hier sowohl gegen den intellektuellen als auch gegen den technischen Verbreiter (Burkhardt in Wenzel, a. a. O., Rn. 12.58 ff.), so dass dieser als Störer grundsätzlich auch für fremde Inhalte auf Unterlassung haften kann. Dabei findet die Haftungspriviligierung nach § 10 TMG auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung (BGH, 27.03.2007, a. a. O. – Meinungsforum; BGH, 19.04.2007 – I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 f – Internetversteigerung II).

Die Haftung des Betreibers als Störer setzt allerdings grundsätzlich die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung als solche vorgenommen haben. Der Umfang der Prüfungspflichten bestimmt sich dabei grundsätzlich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, 19.04.2007, a. a. O., – Internetversteigerung II) Der Bundesgerichtshof hat für den Fall des Internetforums hierzu entschieden (Urteil vom 27.03.2007, a. a. O., – Meinungsforum), dass gegen den Betreiber eines Internetforums grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Inhalte besteht, da diese durch den Betreiber verbreitet werden. Insoweit bestünde zwar keine Pflicht zu Überwachung des Kommunikationsvorganges, sobald der Betreiber aber Kenntnis erlange, müsse er die Sperrung oder Löschung des Vorganges veranlassen (BGH, 27.03.2007, a. a. O., – Meinungsforum). Denn die Besonderheit eines Internetforums, ebenso wie einer Bloggerdomain besteht darin, dass die Verbreitung der eingestellten Beiträge, im Unterschied etwa zur Übernahme von Leserbriefen in ein Printmedium, nicht Folge einer ausdrücklichen kognitiven Freigabe durch den Betreiber ist. Die Veröffentlichung erfolgt vielmehr allein aufgrund eines Eingabeaktes des jeweiligen Nutzers ohne vorherige konkrete Kenntnis des Betreibers.

Die aufgezeigten haftungsrechtlichen Grundsätze sind auch auf den Betreiber einer Bloggerdomain übertragbar. Denn durch die Zurverfügungstellung der Domain und der weiteren technischen Voraussetzungen schafft die Verfügungsbeklagte, wenn auch veranlasst durch Dritte, nämlich die C1, ein virtuelles Meinungsforum im weiteren Sinne. Dabei ermöglicht sie es ihren Bloggern gerade, sich nur durch eine E-Mailadresse zu verifizieren, d. h. diese können weitestgehend anonym bleiben. Die dortigen Eingabeakte nimmt zunächst der C1 ohne Einfluss der Verfügungsbeklagten vor. Dass es dabei zu Rechtsverstößen kommen kann, gerade weil die C1-Domain anonym und ohne Kontrolle beim Upload durch die Verfügungsbeklagte ist, ist dieser auch bewusst. Dies zeigt die vertragliche Verpflichtung der Nutzer zur Einhaltung aller anwendbaren Gesetze, Regeln und Bestimmungen auf Landes- und Bundesebene sowie auf nationaler und internationaler Ebene in den Nutzungsbedingungen.

Auf die Domain und die dort eingestellten Blogs hat die Verfügungsbeklagte den vorrangigen und technischen Zugriff als Betreiberin. Sie hat den administrativen Zugriff. Sie behält sich ausweislich der Nutzungsbedingungen und Content-Richtlinien als Administratorin und Betreiberin das Recht vor, bei der Verletzung der oben dargestellten Verpflichtung den Nutzungsvertrag fristloser zu kündigen, das Blog hinter einen Unterbrecher zu setzen, der nur dem Autor des Blogs Zugriff auf den Inhalt ermöglicht, das Blog zu löschen oder den Zugriff des Autors auf dessen C1-Kontooder dessen Google-Konto zu deaktivieren. Dies verdeutlicht die umfänglichen administrativen Möglichkeiten der Verfügungsbeklagten.

Im Übrigen betreibt die Verfügungsbeklagte die Domain www.C1.com im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit, sodass ihr eine Überwachung eher zuzumuten ist (hierzu OLG Hamburg, 22.08.2006 – 7 U 50/06, CR 2007, 44 ff). Denn selbst wenn sie die Inhalte der Blogs nicht durch Themenvorgabe wie in einem Meinungsforum veranlasst und aus den eingestellten Blogs keinen Nutzen zieht, profitiert sie doch mittelbar über die Werbeeinnahmen von der Häufigkeit der Nutzung der Blogs.

Die Verfügungskläger haben der Verfügungsklägerin mit in Deutsch gehaltenem Schreiben an die E-Mail Adresse ……@……. am 04.06.2010 mitgeteilt, dass keine Einwilligung für die Verbreitung der konkret wiedergegebenen Fotos vorlag.

Die Verfügungsbeklagte hat jedoch die Fotos erst aufgrund einer späteren Beschwerde am 29.06.2010, mithin mehr als drei Wochen nach dem Hinweis der Verfügungskläger, entfernt und damit nicht in angemessener Zeit.

Es liegt auch eine Rechtsverletzung vor. Die öffentliche Zurschaustellung der Fotos verletzt jeweils das Recht am eigenen Bild der Verfügungsklägerin und des Verfügungsklägers gemäß § 22 KUG. Die insoweit beweisbelastete Verfügungsbeklagte konnte die streitige Einwilligung der Verfügungskläger nicht glaubhaft machen. Ein Rechtfertigungsgrund gemäß § 23 KUG ist nicht vorgetragen.

Insoweit ist auch eine Wiederholungsgefahr gegeben. Diese ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BVerfG NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132). Sie wird durch die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 41 m.w.N.), an deren Widerlegung durch den Verletzer hohe Anforderungen gestellt werden. Die Wiederholungsgefahr wird grundsätzlich erst dann ausgeräumt, wenn der Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegenüber dem Verletzten verpflichtet, sein Verhalten einzustellen (vgl. statt aller: Vinck in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, § 81 Rn 24; Palandt, BGB, Einf. V. § 823 Rn. 20 m.w.N.; Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 42). Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der Verfügungsbeklagte nicht abgegeben. Allein die – noch nicht einmal durch den Hinweis der Verfügungskläger – veranlasste Entfernung der Fotos vor Zustellung der Antragsschrift lässt die Wiederholungsgefahr erst recht nicht entfallen. Vielmehr wird die Wiederholungsgefahr durch die Ausführungen der Verfügungsbeklagten in der Antragserwiderung noch bekräftigt, da die Verfügungsbeklagte ihr Verhalten rechtfertigt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 41). Auch ein Verfügungsgrund ist gegeben. Der streitige Beitrag wurde am 28.05.2010 online gestellt, der Antrag der Verfügungskläger ging am 17.06.2010 bei Gericht ein.

IV.
Antrag zu 2 b) bii)

Die Verfügungsklägerin ist für den Antrag zu 2 b) bii) passivlegitimiert, da über sie in dem streitgegenständlichen Blog identifizierbar berichtet wird. Die Verfügungsbeklagte ist auch insoweit passivlegitimiert. Denn der Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger hat jedenfalls mit dem Beitrag vom 04.06.2010 auch unter Identifikation der Verfügungsklägerin darauf hingewiesen, dass für die streitgegenständlichen Inhalte kein Impressum angegeben war.

Allerdings liegt insoweit keine Rechtsverletzung vor. Insbesondere liegt keine Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 55, 49 RStV vor. Denn der streitgegenständliche Blog unterliegt nicht den Informationspflichten des § 55 RStV.

Gemäß § 55 Abs. 1 RStV haben Anbieter von Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, Namen und Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

Nach der Begründung zu § 55 im 9. RÄStV (abgedruckt bei Held in Beck`scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 55 Rz. 6), in dem die Informationspflichten neu geregelt wurden, soll mit der Ausnahme von der Informationspflicht sicher gestellt werden, dass Kommunikation im privaten (persönlichen oder familiären) Bereich ohne Nennung des Namens und der Anschrift erfolgen kann. Damit werde dem Schutz der Privatsphäre Rechnung getragen. Nicht kennzeichnungspflichtig sei demnach private Kommunikation, auch wenn sie über die reine Telekommunikation hinausgehe. Dies betreffe etwa die Einstellung von Meinungsäußerungen in Foren. In diesen Fällen sei über den Plattformanbieter sichergestellt, dass die schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt werden können. Eine Kennzeichnungspflicht würde ansonsten dazu führen, dass die Kommunikation unterbliebe.

Danach fallen unter die Ausnahme von der Informationspflicht jedenfalls Einstellungen von Meinungsäußerungen in Foren. Das gilt auch, wenn das Thema der Meinungsäußerung weder persönlich noch familiär ist. „Persönlich“ bezieht sich nach dem Wortlaut auf die Zwecke der Kommunikation, nicht etwa auf das behandelte Thema. Persönlich ist der Zweck der Kommunikation aber auch dann, wenn der sich Äußernde dem persönlichen Bedürfnis nach Kommunikation politischer Meinungen, persönlichen Ärgers oder Enttäuschung nachkommt. Nach der Gesetzesbegründung bezieht sich persönlich auf die Kommunikation, auch wenn sie über die reine Telekommunikation hinaus geht. Insofern kann sich diese Kommunikation eben – typisch für das Internet – an die gesamte Internetgemeinschaft wenden. Die Ausnahme erfährt auch keine weitere Einschränkung dadurch, dass durch die Inhalte der Meinungsäußerung ein Bedürfnis entsteht, zu erfahren, wer hinter diesen Aussagen steht. Dies ist bei der Abfassung des Gesetzes vielmehr bereits bedacht worden, da keine Informationspflicht für notwendig erachtet wird, wo durch einen Plattformanbieter sichergestellt ist, dass die schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt sind. Daher geht die Auffassung zu weit, nach der die Ausnahme nur in Betracht kommt, wenn die Inhalte passwortgeschützt sind oder nur Inhalte aus dem engsten persönlichen Lebensbereich betroffen sind (so aber Ott, MMR 2007, 354, 356; für die Notwendigkeit einer weiten Fassung hingegen Kitz, ZUM 2007, 368, 372).

Der streitgegenständliche Blog entspricht hiernach dem Schutzzweck des Gesetzes und der ratio der Ausnahme von der Informationspflicht einer derartigen Äußerung einer privaten Meinung in einem Internetforum und fällt daher nicht unter die Informationenpflicht des § 55 Abs. 1 RStV. Denn der anonyme C1 gibt seine persönliche Meinung zu bestimmten Themen bekannt, wie dies auch bei Meinungsäußerungen in Foren der Fall ist. Aufgrund der Nutzungsbedingungen und der Content-Richtlinien übt die Verfügungsbeklagte als Anbieterin der Plattform C2.com eine ähnliche Funktion aus, wie der Anbieter eines Internetforums. Dadurch ist sichergestellt, dass die schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt sind. Dies mag bei anders gestalteten Blogs anders zu beurteilen sein. Zuletzt ist davon auszugehen, dass die Kommunikationsform des B1.C2.com nicht stattfinden würde, wenn der C1 der Informationspflicht unterfallen würde.

Die Abstufung der Informationspflichten des § 55 Abs. 1 und 2 RStV (näher dazu Kitz, aaO) führt dazu, dass für solche Inhalte, die nicht der Informationspflicht gemäß § 55 Abs. 1 RStV unterfallen, auch nicht die Impressumspflicht gemäß § 55 Abs. 2 RStV gilt.

V.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung sofort vollstreckbar (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 925 Rn. 9). Streitwert: Antrag 1) a): 7.500,00 EUR Antrag 1) b): 2.500,00 EUR Antrag 2) a): 7.500,00 EUR Antrag 2) b) bi): 1.250,00 EUR Antrag 2 b) bii): 1.250,00 EUR Insgesamt 20.000,00 EUR.

Auf die Entscheidung hingewiesen hat openjur.de.

I