LG München I: Keine irreführende Werbung bei Produktbewertungen durch Familienmitglieder, Freunde oder Mitarbeiter

veröffentlicht am 3. Oktober 2022

LG München I, Endurteil vom 15.02.2018, Az. 17 HK O 10637/17
§ 3 Abs. 2, Abs. 4 UWG, § 5a Abs. 2 UWG, § 263 StGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB

Das LG München I hat entschieden, dass ein Produkt bei Amazon durch die Mutter, dessen Freund oder Mitarbeiter bewertet werden darf, ohne dass der Verkäufer hierauf hinweisen muss. Denn diese Quellen der Bewertungen seien keine wesentlichen Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG. Es ist zwar zutreffend, dass Einträge auf Internetseiten oder Portalen, die Erfahrungen von Nutzern mit einem bestimmten Produkt oder einem Unternehmen wiedergeben, für viele Verbraucher eine wichtige Informationsquelle seien. Es sei aber auch anerkannt, dass beispielsweise ein Bewertungsportal, welches die Ergebnisse aufgrund von Bewertungen der Kunden eines Unternehmens ermittele, nicht den Anforderungen an objektiv unabhängige Tests genügen müsse. Dies bedeute auf der anderen Seite aber auch, dass der durchschnittlich informierte, situationsbedingt aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucherwisse, wenn er sich Bewertungen durch Dritte gegenübersehe, dass es sich dabei nicht um vollkommen objektive Bewertungen im Sinne eines Tests, beispielsweise durch Warentestungsinstitute oder ähnliches handele, sondern dass bei solchen Bewertungen, die private Dritte auf Internetseiten abgeben, es sich um eine subjektive Bewertung des jeweiligen Produktes durch denjenigen, der die Bewertung abgebe, handele. Die angesprochenen Verkehrskreise wüssten deshalb, dass eine vollkommene Objektivität und Neutralität von solchen Kundenbewertungen nicht zwingend erwartet werden könne. Die von der Klagepartei geäußerte Auffassung, dass bei Verwandten, Mitarbeitern oder Freunden des Unternehmens per se eine Neutralität und Objektivität nicht gegeben sei und nicht gegeben sein könne, teile die Kammer nicht. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht München I

Endurteil

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand
1
Die Klagepartei vertreibt Sport-, insbesondere Fitnessartikel, z.B. im Internet. Die Beklagte zu 1), deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) sind, vertreibt ebenfalls Fitnessartikel, seit Herbst 2016 u.a. über die Handelsplattform amazon.
2
Frau …, die Mutter der Beklagten zu 2) und 3), gab auf der Amazon-Seite unter „Profile“ bezüglich eines bei der Beklagten erworbenen Fitnessgerätes eine Produktbewertung ab. Insoweit wird auf die Anlage LSG 9 Bezug genommen.
3
Ein Herr …, ein Freund des Beklagten zu 3), gab auf der Amazon-Seite unter „Bewertungen“ hinsichtlich eines von der Beklagten erworbenen Springseiles eine Bewertung ab. Insoweit wird auf Anlage LSG 11 Bezug genommen.
4
Herr …, der für einige Monate bei der Beklagten zu 1) als Praktikant tätig war, gab auf der Amazon-Seite unter „Profile“ hinsichtlich einer bei der Beklagten erworbenen Gymnastikmatte eine Bewertung ab. Insoweit wird auf die Anlage LSG 21 Bezug genommen.
5
Deswegen mahnte die Klagepartei mit anwaltlichem Schreiben vom 11.05.2017 (Anlage LSG 12) die Beklagten ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
6
Desweiteren mahnte die Klagepartei die Beklagten wegen eines weiteren Wettbewerbsverstoßes ab mit anwaltlichem Schreiben vom 09.06.2016 (Anlage LSG 16). Dieser Abmahnung lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Beklagten in ihrem Internetauftritt unter www…..de im Menüpunkt „über uns“ angaben, das Unternehmen … sei im Frühjahr 2016 in Kirchheim unter Teck entstanden (Anlage LSG 15).
7
Die Klagepartei trägt vor, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch dahingehend zu, dass es den Beklagten verboten werde, beim Vertrieb von Sport- und Fitnessprodukten mit Bewertungen zu werben, die nicht von objektiven und unabhängigen Dritten stammen, nämlich mit Bewertungen von engen Verwandten (Eltern, Geschwister, Großeltern, Onkel, Tanten, Cousin und Cousinen), von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) oder von persönlichen Freunden der Beklagten zu 2) und/oder 3), ohne darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um Bewertungen von unabhängigen Dritten handelt.
8
Insoweit trägt die Klagepartei vor, dass grundsätzlich gelte, dass sich Kunden an Bewertungen von Produkten auf Internetportalen ganz wesentlich ausrichten würden, insbesondere an Produkttests von Dritten. Diejenigen Unternehmen, deren Produkte höher bewertet würden, würden wesentlich besser und mehr verkaufen.
9
Bei sogenannten Produkttests von Dritten würden die potenziellen Käufer erwarten, dass die Tests objektiv und unabhängig, von neutralen Dritten und nach objektiven Kriterien durchgeführt werden und nicht von Personen, die in persönlicher enger Beziehung zu den Inhabern des die Produkte vertreibenden Unternehmens stünden. Solche Personen würden, selbst wenn sie es subjektiv meinen sollten, die Produkte nicht objektiv bewerten, und unabhängige Bewerter seien sie entgegen dem Verbraucherverständnis ohnehin nicht. Bewertungen welche aufgrund von persönlichen Beziehungen aus Gefälligkeit oder weil man selbst Mitarbeiter sei, abgegeben würden, seien ein Betrug am Verbraucher. Durch die Verwendung der Bewertungen in ihrer Werbung würden die Beklagten konkludent erklären, dass die Bewertungen von unabhängigen und objektiven Testpersonen stammen würden und nicht von Verwandten und Freunden.
10
Damit stehe der Klagepartei ein Unterlassungsanspruch zunächst wegen versuchten Betruges nach den §§ 263 StGB, § 823 Abs. 2, 1004 BGB zu. Im Übrigen liege auch ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot aus § 5 a Abs. 2 UWG vor, weil die Beklagten dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten würden, nämlich die, dass die Bewertungen nicht von objektiven und unabhängigen Tester stammen würden sondern von Verwandten und Freunden.
11
Damit stehe der Klagepartei auch nach den §§ 823 Abs. 2 BGB, bzw. 9 UWG ein Anspruch auf Schadensersatz zu, sowie ein Anspruch auf Auskunftserteilung aus § 242 BGB und Gewohnheitsrecht. Die Beklagten hätten jedenfalls schuldhaft, zumindest fahrlässig gehandelt. Das Feststellungsinteresse hinsichtlich der Feststellung der Schadensersatzpflicht bestehe, weil der Schadensersatz der Klägerin derzeit noch nicht konkret beziffert sei.
12
Darüber hinaus bestehe ein Anspruch auf Beseitigung der in Rede stehenden Bewertungen aus dem Internetportal. Da die gegenüber den Beklagten ausgesprochene Abmahnung berechtigt gewesen sei, seien die Beklagten auch zum Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Anwaltskosten verpflichtet, darüber hinaus auch zur Erstattung der Kosten für die anwaltliche Tätigkeit gegenüber Amazon, soweit die Klagepartei bei Amazon wegen Verstoßes gegen die Amazon-Richtlinien vorstellig wurde.
13
Darüber hinaus habe die Klagepartei auch Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten für die zweite Abmahnung vom 09.06.2017 im Zusammenhang mit der Werbung der Beklagten dahingehend, dass das Unternehmen im Frühjahr 2016 entstanden sei. Diese Werbung der Beklagten sei gemäß § 5 UWG irreführend und damit unzulässig gewesen. Der Verbraucher nehme wegen dieser Aussage an, dass das Unternehmen bereits seit diesem Zeitpunkt auf dem Markt aktiv gewesen sei und seit diesem Zeitpunkt Verkäufe getätigt habe. Dies sei aber tatsächlich nicht der Fall gewesen, da die Beklagte erst im Herbst ihr Unternehmen begann und es umfangreichere geschäftliche Aktivitäten der Beklagten ohnehin erst seit Anfang 2017 gäbe.
14
Die Haftung der Beklagten zu 2) und 3) neben der GbR persönlich ergebe sich daraus, dass auf deren gemeinsame Veranlassung hin als alleinige Geschäftsleitung der Beklagten zu 1) alle entsprechenden Werbemaßnahmen veranlasst und durchgeführt worden seien.
15
Die Klagepartei beantragt daher:

I)
16
Den Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren – die Ordnungshaft zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen – verboten, beim Vertrieb von Sport- und Fitnessprodukten mit Bewertungen zu werben, die nicht von objektiven und unabhängigen Dritten stammen, nämlich mit Bewertungen von engen Verwandten (Eltern, Geschwister, Großeltern, Onkel, Tanten, Cousin und Cousinen), von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) oder von persönlichen Freunden der Beklagten zu 2) und/oder 3), ohne darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um Bewertungen von unabhängigen Dritten handelt.

II)
17
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III)
18
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer I. Auskunft zu erteilen, unter genauer Angabe aller mit Handlungen gemäß Ziff. I. beworbenen Produkte mit Namen oder Typenbezeichnung; der Dauer der jeweiligen Internetwerbung, der Angabe der Internetseiten und etwaiger weiterer Werbemedien, in denen diese Handlungen begangen wurden (Art der Werbemedien, Verbreitungsgebiet, Auflage bei Printmedien, Art und Zeitpunkt der Werbung), der Anzahl der Clicks bei Internetwerbung.

IV)
19
Die Beklagten werden verurteilt, alle Bewertungen gemäß Antrag I. auf Internetportalen, insbesondere bei Amazon und ebay, zu entfernen, ebenso alle Rankings, in die solche Bewertungen eingegangen sind.

V)
20
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, für die Klägerin an die …, außergerichtliche Kosten in Höhe von € 3.296,40 sowie weitere Abmahnkosten in Höhe von € 1.044,40 zu bezahlen, jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung.
21
Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.
22
Die Beklagten tragen vor, in Bezug auf ihr Unternehmen gebe es eine Vielzahl von positiven Bewertungen, die man sich alle ehrlich verdient habe. Keiner der Rezensenten sei zu irgendeiner Bewertung veranlasst worden, noch hätten die Beklagten sonst irgendwie unlauter Einfluss auf die Rezensenten genommen. Die Beklagten hätten auf die Veröffentlichungen der Bewertungen keinerlei Einfluss genommen, Einfluss auf den Inhalt und die Bewertungen könnten die Beklagten auf der Plattform Amazon nicht nehmen. Bei der Wertung durch Frau … habe es sich um keinen „Fake“ gehandelt, auf die Bewertung hätten die Beklagten keinerlei Einfluss genommen. Die Beklagten hätten keinerlei Maßnahmen ergriffen, um die Bewertungen oder Rankings zu manipulieren.
23
Auch Herr …, den der Beklagte zu 3) als Freund bezeichnet, sei zur Bewertung des Produktes der Beklagten in keinster Weise veranlasst worden, die Bewertung sei auch nicht gefälscht.
24
Herr … habe die Matte privat gekauft und eine Bewertung abgegeben, wovon die Beklagte nichts gewusst habe. Die Bewertung durch Herrn … habe die beklagte Partei weder initiiert noch beeinflusst.
25
Im Übrigen trägt die beklagte Partei vor, dass ein Wandel in der Verkehrsanschauung stattgefunden habe. Bei Bewertungen durch Dritte und nicht irgendwelche Institute würden die Verkehrskreise nicht mehr von einer objektiven und unvoreingenommenen Bewertung ausgehen. Das was die jeweiligen Rezensenten als Bewertung abgäben, falle unter die freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 GG. Hierauf habe der Händler keine Einflussmöglichkeit. Die Verkehrserwartung, wie von der Klagepartei vorgetragen, bestreitet die beklagte Partei.
26
Im Übrigen erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
27
Hinsichtlich der zweiten Abmahnung trägt die Beklagte vor, die falsche Datumsangabe auf der Internetseite sei einem Versehen geschuldet gewesen. Diese Angabe sei aber wegen der kurzen Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt Frühjahr 2016 und im Zeitpunkt, zu dem die Geschäfte tatsächlich aufgenommen worden seien, für die angesprochenen Verkehrskreise ohne Bedeutung. Im Übrigen wird insoweit die Höhe des Streitwertes bestritten.
28
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 07.12.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.
29
Die zulässige Klage erweist sich aus den nachfolgenden Gründen insgesamt als unbegründet:

I)
30
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch Klageantrag Ziffer I. besteht nicht:
31
1. Dieser geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus den §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 5 a Abs. 2 UWG wegen Vorenthaltens einer wesentlichen Information:
32
a) Sofern nicht durch Gesetz angeordnet, besteht eine Informationspflicht des Unternehmers gegenüber Kunden nur dann, wenn diese nach Treu und Glauben oder den anständigen Marktgepflogenheiten erwarten dürfen, dass ihnen die betreffenden Tatsachen mitgeteilt werden. Dies setzt eine Interessenabwägung voraus unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei das Interesse der Marktteilnehmer an umfassender Information, insbesondere über negative Eigenschaften der angebotenen Ware, abzuwägen ist mit dem Interesse der Unternehmer, diese nicht offenbaren zu müssen. Maßgeblich ist dabei, inwieweit die Marktteilnehmer auf die Mitteilung der Tatsache angewiesen sind und dem Unternehmer eine Aufklärung zumutbar ist.
33
Den Charakter einer Wesentlichkeit i.S.v. § 5 a Abs. 2 UWG erhält eine Information dann, wenn sie den Charakter hat, dass der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen sie benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen und deren Vorenthaltung den Verbraucher daher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, die er sonst nicht getroffen hätte. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Information nicht schon dann wesentlich, weil sie für eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die vom Verbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht zukommt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018 Rdn. 2.8, 3.10 a, 3.1.1 zu § 5 a).
34
Nach im Schrifttum vertretenen Auffassungen ist eine Information dann wesentlich, wenn die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers mit ihr „steht und fällt“ (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O., Rdn. 1.2 zu § 5 a).
35
Generell ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und eine Interessenabwägung vorzunehmen.
36
Nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG ist erforderlich, dass der Verbraucher je nach den Umständen diese Information benötigt. Dabei gilt, dass erst dann, wenn feststeht, dass eine wesentliche Information vorenthalten wurde, in einem weiteren Schritt zu prüfen ist, ob der Verbraucher diese nach den Umständen für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt.
37
Der Durchschnittsverbraucher benötigt eine wesentliche Information nach den Umständen dann, wenn sie voraussichtlich oder wahrscheinlich bei der Abwägung des Für und Wider seiner geschäftlichen Entscheidung zumindest eine Rolle spielen kann.
38
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) nicht fest, dass die Beklagten dadurch, dass sie nicht angeben, dass die Bewertung von der Mutter bzw. von einem Mitarbeiter oder einem Freund stammen, wesentliche Informationen i.S.v. § 5 a Abs. 2 UWG den angesprochenen Verbrauchern vorenthalten würden.
39
Es ist zwar zutreffend, dass Einträge auf Internetseiten oder Portalen, die Erfahrungen von Nutzern mit einem bestimmten Produkt oder einem Unternehmen wiedergeben, für viele Verbraucher eine wichtige Informationsquelle sind (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O. Rdn. 7.80 zu § 5 a).
40
Es ist aber u.a. anerkannt, dass beispielsweise ein Bewertungsportal, welches die Ergebnisse aufgrund von Bewertungen der Kunden eines Unternehmens ermittelt, nicht den Anforderungen an objektiv unabhängige Tests genügen muss (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, Rdn. 3.21 a zu § 5 a). Dies bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass die angesprochenen Verkehrskreise, der durchschnittlich informierte, situationsbedingt aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, wissen, wenn sie sich Bewertungen durch Dritte gegenübersehen, dass es sich dabei nicht um vollkommen objektive Bewertungen im Sinne eines Tests, beispielsweise durch Warentestungsinstitute oder ähnliches handelt, sondern dass bei solchen Bewertungen, die private Dritte auf Internetseiten abgeben, es sich um eine subjektive Bewertung des jeweiligen Produktes durch denjenigen, der die Bewertung abgibt, handelt. Die angesprochenen Verkehrskreise wissen deshalb, dass eine vollkommene Objektivität und Neutralität von solchen Kundenbewertungen nicht zwingend erwartet werden kann.
41
Die von der Klagepartei geäußerte Auffassung, dass bei Verwandten, Mitarbeitern oder Freunden des Unternehmens per se eine Neutralität und Objektivität nicht gegeben ist und nicht gegeben sein könne, teilt die Kammer nicht. Es mag durchaus sein, dass die Abgabe von Bewertungen durch solche Personen „einen Geschmack“ hat, es kann aber nach Auffassung der Kammer nicht in jedem Falle davon ausgegangen werden, dass der die Bewertung Abgebende nur deshalb eine bessere oder nicht zutreffende Bewertung abgibt, weil er in einem Näheverhältnis zu dem bewerteten Unternehmen steht.
42
Selbst wenn von dem Vorenthalten einer Information i.S.v. § 5 a Abs. 2 UWG ausgegangen wird, wird diese Information, dass es sich um einen Angehörigen, Freund oder Mitarbeiter handelt, für den Verbraucher jedenfalls nicht benötigt i.S.v. § 5 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG, damit der Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen kann.
43
Bei dieser Information handelt es sich, wie oben ausgeführt und teilweise in der Literatur vertreten, gerade nicht um eine Information, mit der die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers stehen oder fallen würde. Der Verbraucher entscheidet sich für ein Produkt in erster Linie deshalb, weil er es braucht oder haben will, weil ihm die Eigenschaften des Produktes zusagen, wegen der Preisgünstigkeit oder ähnlichem. Wenn den Verbrauchern die Mitteilung gemacht würde, dass einige der Bewertungen, die die Beklagte erhalten hat, von einer Angehörigen, einem Freund oder Mitarbeiter stammen, wäre diese Mitteilung nicht geeignet und für den Verbraucher erforderlich, damit dieser eine informierte geschäftliche Entscheidung trifft. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass ein Durchschnittsverbraucher, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, allein aufgrund des Umstandes, dass einige der zahlreichen Bewertungen von Nahestehenden stammen, davon abgehalten werden könnte, eine Kaufentscheidung zu treffen oder dass gerade das Fehlen dieser Mitteilung ihn veranlassen würde, eine Kaufentscheidung zu treffen. Die Frage, ob positive Bewertungen vorhanden sind und in welchem Umfang, spielt nach Auffassung der erkennenden Kammer für den Durchschnittsverbraucher allenfalls die Rolle eines einzelnen Mosaiksteinchens im Rahmen einer ganzen Reihe von Beweggründen, die den Verbraucher zum Abschluss eines Geschäftes bewegen. Die Kammer ist vielmehr der Auffassung, dass der Verbraucher auch ohne diese Mitteilung in der Lage ist, auf Grundlage von ausreichenden Informationen eine für ihn nützliche und damit rationale geschäftliche Entscheidung zu treffen, weil ihm ausreichende Informationen an die Hand gegeben sind, die ihm die Abwägung der Vor- und Nachteile der Entscheidung ermöglichen.
44
Damit scheidet ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 5 a Abs. 2 UWG aus.
45
2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. § 263 StGB.
46
Die Voraussetzungen eines (versuchten) Betruges nach § 263 StGB liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
47
Zum einen ist bereits eine Täuschungshandlung im Sinne dieser Vorschrift für die Kammer jedenfalls nicht nachgewiesen, weil diese voraussetzen würde, dass die Beklagten eine bewusste Täuschungshandlung vorgenommen haben, wofür erforderlich wäre, dass ihnen positiv bekannt war, dass diese drei Personen auf dem Bewertungsportal von Amazon Bewertungen eingestellt haben. Dies haben die Beklagten bestritten, ein Nachweis dieser Kenntnis liegt nicht vor, so dass der Tatbestand des § 263 StGB bereits wegen Fehlens einer Täuschungshandlung nicht gegeben ist.
48
Darüber hinaus ist überhaupt nicht klar, ob Verbraucher, die wegen der fehlenden Information über das nahe Verhältnis der Bewerter zu der Beklagten einen Kaufentschluss getroffen hätten, einen Vermögensnachteil i.S.d. § 263 StGB erlitten hätten. Ein solcher Vermögensnachteil wäre jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Kunden, die einen Kauf tätigen, ein entsprechendes Äquivalent erhalten haben. Dass dies nicht der Fall gewesen wäre, ist in keinster Weise ersichtlich.
49
Damit scheidet auch der Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. § 263 StGB aus.

II)
50
Die geltend gemachten Folgeansprüche Anträge Ziffer II. auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, Antrag III. auf Auskunftserteilung und IV. auf Beseitigung, sind unbegründet.
51
Da, wie oben ausgeführt, weder eine wettbewerbswidrige Handlung i.S.v. § 5 a Abs. 2 UWG vorlag, noch der Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB eingreift, bestand ein Unterlassungsanspruch nicht, der Klagepartei kann somit ein Schaden i.S.v. § 9 UWG bzw. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht entstanden sein. Damit scheidet der geltend gemachte Feststellungsanspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht aus, ebenso der darauf gerichtete vorgeschaltete Anspruch auf Auskunftserteilung.
52
Mangels wettbewerbswidrigen Handelns der Beklagten scheidet auch ein Beseitigungsanspruch aus.

III)
53
Der insoweit geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten bzw. Kosten im Zusammenhang mit der Kontaktierung von Amazon sind ebenfalls unbegründet.
54
Diese Ansprüche ergeben sich nicht aus § 12 Abs. 2 UWG, wie oben ausgeführt war die an die Beklagten gerichtete Abmahnung nicht berechtigt i.S.v. § 12 Abs. 2 UWG.
55
Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB scheiden aus den obigen Gründen ebenfalls aus.
56
Auch eine Geschäftsführung ohne Auftrag i.S.v. § 677 f. BGB und damit ein Ersatzanspruch nach § 683 BGB sind nicht gegeben, weil das von der Klagepartei insoweit vorgenommene Geschäft gerade nicht im Interesse der Beklagten erfolgte, da diese weder eine wettbewerbswidrige Handlung noch eine deliktische Handlung begangen haben.

IV)
57
Der im Zusammenhang mit der zweiten Abmahnung vom 09.06.2017 geltend gemachte Zahlungsanspruch ist ebenfalls unbegründet, diese Abmahnung war nicht berechtigt i.S.v. § 12 Abs. 2 BGB:
58
Zwar war die Angabe, dass das Unternehmen … bereits im Frühjahr 2016 entstanden sei, nicht zutreffend, weil diese Gesellschaft ihre Tätigkeit allenfalls erst im September oder Oktober 2016 aufgenommen hat.
59
Nach Auffassung der Kammer fehlt es insoweit allerdings an der wettbewerblichen Relevanz i.S.v. § 3 Abs. 2, Abs. 4 UWG. Die Angabe mag zwar, selbst wenn bloß Fahrlässigkeit vorlag, nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprochen haben, für die Kammer ist allerdings nicht ersichtlich, dass diese Angabe für die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, geeignet gewesen wäre, das wirtschaftliche Verhalten wesentlich zu beeinflussen.
60
Eine wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 UWG die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Frage, ob ein Unternehmen einige Monate vorher bereits gegründet war und tätig war oder nicht, ist für die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, nicht geeignet, diese davon abzuhalten, mit der Beklagten eine geschäftliche Beziehung einzugehen oder nicht.
61
Es fehlt somit an der wettbewerblichen Relevanz i.S.v. § 3 UWG.
62
Damit bestand ein Unterlassungsanspruch der Klagepartei nicht und war daher die von ihr ausgesprochene Abmahnung nicht berechtigt. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 12 Abs. 2 UWG besteht daher nicht.
63
Damit war die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.

B.
64
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

C.
65
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 2 ZPO.

Verkündet am 15.02.2018

I