LG München I: Zum Anspruch auf Gegendarstellung bei falscher „Titelzeile“ trotz Korrektur im Zeitungsartikel

veröffentlicht am 19. März 2024

LG München I, Endurteil vom 14.12.2023, Az. 26 O 14617/23
Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPrG

Das LG München I hat entschieden, dass ein Zeitungsverlag eine Gegendarstellung gem. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPrG schuldet, wenn er wahrheitswidrig direkt unter der Überschrift im Vorspann deutlich von dem Fließtext hervorhebt: „Die Staatsanwaltschaft hat Strafbefehl erlasser (gegen …)“. Die Aussage sei eine objektiv falsche Tatsachenbehauptung, da nicht die Staatsanwaltschaft, sondern das Amtsgericht (hier: AG Tiergarten) den Strafbefehl erlässe. An dem Anspruch auf Gegendarstellung ändere sich auch nichts durch die Tatsache, dass der Strafbefehl nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen werden könne. Ebensowenig sei dem Zeitungsverlag behilflich, dass im Volltext des Artikels dann richtig dargestellt werde, dass das Amtsgericht den Strafbefehl erlassen habe, da der Leser anhand der ersteren Leitzeile sich nicht gehalten sehe, noch den Volltext des Artikels zu lesen. Zu dieser Entscheidung existiert ein zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichtes Berufungsurteil des OLG München (OLG München, Urteil vom 16.01.2024, Az. 18 U 5073/23). Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht München I

Endurteil

1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 01.12.2023 – Az. 26 O 14617/23 – wird bestätigt.
 
2. Die Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand
1
Der Verfügungskläger begehrt von der Verfügungsbeklagten die Veröffentlichung einer Gegendarstellung in der ….
2
Der Verfügungskläger ist Tennisprofi. Die Verfügungsbeklagte ist Herausgeberin der Printausgabe der ….
3
Am 03.11.2023 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte auf Seite 3 der Printausgabe der … einen Artikel über den Verfügungskläger mit dem Titel „…“. Unter der Überschrift wird im Vorspann bzw. Lead über den Verfügungskläger Folgendes berichtet:

„Bis zu ihrer Trennung inszenierten sich Tennisstar … und die Influencerin … als Traumpaar. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen den Sportler erlassen – wegen häuslicher Gewalt. Er bestreitet die Vorwürfe. Und es gab einen Vertrag, der sie zum Schweigen bringen sollte.“
4
Zu dem weiteren Inhalt des Berichts und der grafischen Gestaltung wird auf die Anlage AST 1 Bezug genommen.
5
Ca. 1 Monat zuvor, am 02.10.2023, hatte das Amtsgericht Tiergarten gegen den Verfügungskläger einen Strafbefehl erlassen. Auf die Anlage AG 1 wird Bezug genommen.
6
Mit Schreiben vom 08.11.2023 ließ der Verfügungskläger die von ihm unterschriebene Gegendarstellung gemäß Anlage AST 2 der Verfügungsbeklagten zuleiten. Hierauf erwiderte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 09.11.2023 (Anlage AST 3).
7
Der Verfügungskläger trägt vor, in der Überschrift befänden sich bereits drei Falschbehauptungen, die blickfangartig von dem Durchschnittsleser zur Kenntnis genommen werden, ohne dass er den Artikel unbedingt lese. Insbesondere die zuletzt noch streitgegenständliche Äußerung, die Staatsanwaltschaft habe gegen den Verfügungskläger einen Strafbefehl erlassen, sei unwahr, denn der Strafbefehl sei nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von dem Amtsgericht erlassen worden.
8
Die unwahre Tatsachenbehauptung sei gegendarstellungsfähig. Es sei dabei zu berücksichtigen, dass die Behauptung in dem Absatz unter der Überschrift einen in sich geschlossenen – falschen – Aussagegehalt habe, der vollkommen unabhängig von dem ihm nachfolgenden Artikel sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass sich die beanstandete Äußerung in einem grafisch deutlich hervorgehobenen Bereich befinde und damit gewissermaßen für sich allein stehe.
9
Dem Gegendarstellungsanspruch fehle auch nicht das berechtigte Interesse. Denn die wahrheitsgemäße Information, dass der Strafbefehl vom Amtsgericht erlassen worden sei, sei auch von entsprechender Bedeutung. Der juristische Laie stelle bei Erwähnung der Staatsanwaltschaft rasch eine Verbindung zu schwerwiegenden Verbrechen her. Mit dem Amtsgericht hingegen verbinde der Laie ein geringfügiges Vergehen. Genau diese Konnotation habe die Verfügungsbeklagte offenbar verhindern wollen, indem sie vom Erlass des Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft gesprochen habe.
10
Der Verfügungskläger hat zunächst eine Gegendarstellung gemäß Anlage AST 2 auch im Hinblick auf die weiteren Aussagen unter der Überschrift in dem streitgegenständlichen Artikel, „(…) wegen häuslicher Gewalt. … Und es gab einen Vertrag, der sich zum Schweigen bringen sollte“ beantragt.
11
Auf Hinweis der Kammer mit Beschluss vom 23.11.2023 hat der Verfügungskläger mit Schriftsatz vom 30.11.2023 seinen Antrag umgestellt und die Gegendarstellung um die Äußerungen „wegen häuslicher Gewalt. … Und es gab einen Vertrag, der sich zum Schweigen bringen sollte“ sowie die entsprechenden zunächst beantragten Entgegnungen gekürzt und beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzuerlegen, in dem gleichen Teil der Zeitung „…“, in der der Artikel „…“ erschienen ist, mit gleicher Schrift und unter Hervorhebung des Wortes „Gegendarstellung“ als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftgröße wie „…“ sowie den Fließtext in der Größe der Schrift der Worte „Bis zu ihrer Trennung inszenierten sich Tennisstar … und die Influencerin … als Traumpaar ….“ (… vom 3.11.2023, Seite 3/Unterüberschrift) in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

Gegendarstellung

In … vom 3. November 2023 heißt es auf Seite 3 in einem Artikel mit der Überschrift „…“:

„Tennisstar … und die Influencerin … Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen den Sportler erlassen …“

Hierzu stelle ich fest:

Der Strafbefehl wurde nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern vom Amtsgericht erlassen.

06.11.2023


12
Mit Beschluss vom 01.12.2023 hat die Kammer die nunmehr beantragte einstweilige Verfügung mit der Einschränkung erlassen, dass sich diese nicht auf die Stadtausgabe bezieht.
13
Hiergegen hat der Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 04.12.2023 Widerspruch eingelegt.
14
Der Verfügungskläger beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 01.12.2023 zu bestätigen.
15
Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 01.12.2023 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
16
Die Verfügungsbeklagte trägt vor, bei zutreffender Interpretation seien die Behauptungen, gegen die sich die Gegendarstellung richte, überhaupt nicht aufgestellt worden. Denn für die Feststellung, welche Tatsachenbehauptung in der Ausgangsveröffentlichung enthalten sei, sei nicht isoliert auf einen kleinen Textteil, sondern auf den gesamten Artikel abzustellen. In der Gesamtschau des Artikels werde klar, dass der Strafbefehl vom Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen wurde, da dies an mehreren Stellen des Artikels erwähnt werde. Auch die Schwere des Fehlverhaltens, um das es gehe, werde durch den Kontext klar, da im Artikel „einfache Körperverletzung“ als Grund für den Strafbefehl genannt werde. Damit sei klar, dass die im Vorspanntext erwähnte häusliche Gewalt eine einfache Körperverletzung gewesen sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Erwähnung des Amtsgerichts überhaupt zu einem „milderen“ Eindruck führen könne. Aber auch bei isolierter Betrachtung enthalte die Formulierung, „Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen den Sportler erlassen“ nicht unabweisbar die Aussage, dass der Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft „erlassen im Sinne des § 408 Abs. 3 Satz 1 StPO“ wurde. Denn auch das, was die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren tatsächlich macht, könne laiensprachlich als „Erlass“ bzw. „erlassen“ bezeichnet werden. Wenn gesagt wird, die Staatsanwaltschaft habe einen Strafbefehl erlassen, könne damit nur gemeint sein, dass sie den entsprechenden Antrag gestellt habe.
17
Dem Gegendarstellungsanspruch fehle auch das berechtigte Interesse, denn es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Leserschaft bei Erwähnung der Staatsanwaltschaft rasch eine Verbindung zu schwerwiegenden Verbrechen herstelle. Letztlich komme es aber auch nicht auf die belastende Wirkung der Staatsanwaltschaft an, da der Verfügungskläger überhaupt nicht beanspruchen könne, dass die Staatsanwaltschaft nicht genannt werden, denn der Satz hätte auch lauten können, dass die Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen den Sportler beantragt habe. Zudem sei die Gegendarstellung irreführend, da der Verfügungskläger bei den Lesern den milderen Eindruck erwecken wolle, es habe vorliegend „nur“ das Amtsgericht gehandelt. Dies stimme aber nicht, denn das Amtsgericht habe den Strafbefehl nur erlassen können, weil die Staatsanwaltschaft diesen zuvor beantragt habe.
18
Hinsichtlich des nunmehr gekürzten Gegendarstellungsanspruches fehle sowohl die Zuleitung als auch das Veröffentlichungsverlangen. Auch sei eine Kürzung des Gegendarstellungsanspruches durch das Gericht nach der sog. „M. Sch.“ nicht zulässig gewesen, denn eine Erklärung des Betroffenen, die das Gericht ermächtige, eine Kürzung vorzunehmen, habe nicht vorgelegen.
19
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
20
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil sich der zulässige Widerspruch als unbegründet erweist. Denn der Verfügungskläger hat einen Anspruch auf Abdruck der Gegendarstellung gem. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPrG in der zuletzt beantragten und tenorierten Fassung.
21
1. Der Gegendarstellungsanspruch ergibt sich vorliegend aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPrG, denn die Verfügungsbeklagte hat ihren Sitz in … und damit ist der Erscheinungsort in … gelegen.
22
2. Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPrG ist der Verleger einer Zeitschrift verpflichtet, zu Tatsachen, die darin mitgeteilt wurden, auf Verlangen einer unmittelbar betroffenen Person deren Gegendarstellung abzudrucken. Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayPrG muss die Gegendarstellung die beanstandete Stelle bezeichnen, sich auf tatsächliche Angaben beschränken und vom Einsender unterzeichnet sein.
23
3. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, denn die streitgegenständliche Behauptung stellt eine Tatsachenbehauptung dar, von welcher der Verfügungskläger als namentlich Benannter auch unmittelbar betroffen ist. Zudem liegt jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein materiell sowie formell zulässiges Gegendarstellungsverlangen vor.
24
3.1 Bei der nunmehr noch streitgegenständlichen Aussage, „Tennisstar … und die Influencerin … Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen den Sportler erlassen“, handelt es sich um eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung mit einem eindeutigen Aussagegehalt.
25
3.1.1 Bei der Interpretation einer Äußerung ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, der ihren Sinn aber nicht abschließend festlegt. Vielmehr wird bei der Ermittlung des Inhalts einer Aussage eine Würdigung des Aussagegehaltes der Veröffentlichung in ihrem Gesamtzusammenhang vorzunehmen sein. Denn ausgehend vom Wortlaut und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Die beanstandete Äußerung darf daher nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH v. 26.1.2021 – VI ZR 437/19 – Rz. 11; OLG München v. 08.03.2017 – 18 W 370/17 – Rz. 11; alle Entscheidungen, auch im Folgenden und soweit nicht anders gekennzeichnet, zitiert nach juris-Datenbank). Auszugehen ist dabei von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch (BGH v. 14.11.1994 – Az. VI ZR 56/94 – Rz. 59). Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden, noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikum hat (BVerfG v. 25.1.2005 – Az. 1 BvR 1696/98 – Rz. 31).
26
3.1.2 Ist der so ermittelte Sinn einer Äußerung eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu Grunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG v. 25.10.2005 – Az. 1 BvR 1696/98 – Rz. 31). Wird – wie hier – ein Gegendarstellungsanspruch geltend gemacht, darf im Hinblick auf den besonderen Schutz der Presse nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG die zu einer Verurteilung führende Deutung nur zugrunde gelegt werden, wenn alle Deutungen ausgeschlossen werden können, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen (BVerfG v. 25.10.2005 – Az. 1 BvR 1696/98 – Rz. 33).
27
3.1.3 Für Gegendarstellungsverlangen in Bezug auf eine Titelschlagzeile hat das BVerfG verdeutlicht (Beschluss v. 20.11.2018 – Az. 1 BvR 2716/17 – Rz. 15 und 17):
 
„Dabei ist eine von der weiteren Berichterstattung im Innenteil von Presseerzeugnissen gesonderte Würdigung der Titelseitenschlagzeile und die Zuerkennung daran anknüpfender Gegendarstellungsansprüche grundsätzlich ohne Verletzung des Gebots der kontextabhängigen Würdigung von Äußerungen möglich. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Schlagzeile als solche – ohne Berücksichtigung des damit betitelten oder angekündigten Berichts – einen gegendarstellungsfähigen Tatsachenkern aufweist (vgl. BVerfGE 97, 125 <151 f.>). Bietet eine Titelschlagzeile dem jeweils maßgeblichen Verkehrskreis eine Bandbreite von Verständnismöglichkeiten, muss der gegendarstellungserhebliche Aussagegehalt zudem eindeutig bestimmbar sein, um einen Gegendarstellungsanspruch zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Februar 2018 – 1 BvR 442/15 –, juris, Rn. 22 und 24; ebenso bereits BVerfGK 13, 97 <102 ff.>). Andernfalls wäre nicht klar, hinsichtlich welcher Tatsachen die die Gegendarstellung beanspruchende Person der in der Titelschlagzeile gemachten tatsächlichen Behauptung entgegentritt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Februar 2018 – 1 BvR 442/15 –, juris, Rn. 20).
 
(…)
 
Bereits aus der notwendigen Spiegelbildlichkeit der Gegendarstellung zur angegriffenen Tatsachenbehauptung ergibt sich, dass die aufgestellte Behauptung unter Ausscheidung anderer möglicher Deutungsvarianten auf einen Inhalt verdichtet werden können muss, der eine hinreichend konkrete tatsächliche Gegendarstellung erlaubt. (…)“
28
3.1.4 Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Aussage – die zwar keine Titelschlagzeile darstellt, allerdings direkt unter der Überschrift im Vorspann deutlich von dem Fließtext hervorgehoben ist – eine Tatsachenbehauptung mit einem eindeutigen und abschließenden Aussagegehalt darstellt, der auch aufgrund des eindeutigen Wortlautes nicht anders gedeutet werden kann, als dass „die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erlassen hat“, so dass schon für eine Auslegung anhand des Gesamtzusammenhangs kein Raum ist. Denn die Aussage enthält eine in sich abgeschlossene und aus sich heraus interpretierbare Sachaussage und hat nicht nur die Aufgabe, den Leser auf die im folgenden Text zu lesende Detaildarstellung zu lenken. Anhand der unzweideutigen Aussage im Vorspann unter der Überschrift wird die Tatsachenbehauptung von dem Leser auch als solche aufgenommen, ohne dass es für ihn erforderlich wäre, hinsichtlich dieser konkreten Aussage sich weitere Informationen aus dem Kontext einzuholen.
29
Zudem hat die Kammer bereits im Beschluss vom 01.12.2023 ausgeführt, dass der weitere Fließtext auch nicht dazu geeignet ist, den Deutungsgehalt der angegriffenen Aussage bestimmen zu können, sondern vielmehr in dem Fließtext die bereits im Vorspann abschließend getätigte eindeutige Tatsachenbehauptung nunmehr anders dargestellt wird. Unter diesen Umständen kann eine kontextabhängige Würdigung schon deshalb nicht erfolgen, als sich der Leser dann fragen wird, welche der beiden aufgestellten Tatsachenbehauptungen nun die richtige ist. Dies führt auch nicht dazu, nunmehr von einer mehrdeutigen Tatsachenbehauptung auszugehen, denn es liegt nicht eine Aussage mit mehrdeutigem Inhalt, sondern zwei Tatsachenbehauptungen mit unterschiedlichern eindeutigen Inhalt vor.
30
Eine isolierte Betrachtung der abschließenden Aussage liegt auch deshalb nahe, da die angegriffene Textpassage ähnlich wie eine Titelschlagzeile schon aufgrund der optischen Gestaltung und Hervorhebung des Vorspanns unmittelbar unter der Überschrift deutlich hervorgehoben und von dem Fließtext getrennt wird und von dem Leser schon deshalb isoliert wahrgenommen wird. Selbst der flüchtige Leser wird damit sofort auf die dann nach dem Inhalt abgeschlossene Aussage gestoßen. Insofern wird es für den Leser auch nicht erforderlich sein, zum Verständnis den gesamten Text zu lesen, zumal es auch nicht um einen komplizierten Sachverhalt geht, der umfassender Erläuterungen im Fließtext bedarf.
31
3.1.5 Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass vorliegend für die in sich abgeschlossene Aussage im Vorspann dieselben Grundsätze gelten müssen wie für den Fall deutlich hervorgehobener Überschriften auf Titelseiten mit abschließendem Aussagegehalt. Wenn die Titelseite eine eigenständige Tatsachenaussage enthält, die aus sich heraus, das heißt ohne den im Heftinneren stehenden Artikel, verständlich ist, kann diese auch ohne Rücksicht auf den Inhalt des Artikels angegriffen werden (OLG München v. 08.03.2017 – 18 W 370/17 – Rz. 12 ff. m.w.N.). Bei der Interpretation ist dann der Inhalt des angekündigten Artikels in der Zeitschrift in den Kontext nicht einzubeziehen.
32
Die Kammer kann damit die Argumentation der Verfügungsbeklagten, wonach die Äußerung nach zutreffender Interpretation gar nicht getätigt worden sei, nicht teilen. Denn eine dem Wortlaut nach eindeutig aufgestellte Tatsachenbehauptung kann nicht durch eine Tatsachenbehauptung mit einem anderen Aussagegehalt im Fließtext des Berichts anders interpretiert werden. Die Äußerungen „die Staatsanwaltschaft hat Strafbefehl erlasser“ und „das Amtsgericht Tiergarten hat Strafbefehl erlassen“ stehen als zwei unterschiedliche Aussagen nebeneinander. Dass nicht beide Varianten der Wahrheit entsprechen können, liegt auf der Hand, führt aber nicht dazu, dass diejenige unwahre Tatsachenbehauptung – welche von beiden das ist, wird dem Durchschnittsleser im Zweifel nicht bekannt sein – in den wahren Tatsachengehalt umgedeutet werden kann. Die von der Verfügungsbeklagten zitierte Rspr. des OLG Hamburg (Beschl. v. 20.12.1999, 7 W 117/99) ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Denn der Durchschnittsleser eines Wirtschaftsteils, der sich nicht auf die Überschrift beschränkt, sondern tiefer in das Thema einsteigen will, kann nicht mit dem Leser der Überschrift des streitgegenständlichen Artikels gleichgesetzt werden. Es handelt sich vorliegend nicht um komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge, die sicherlich nicht abschließend in der Überschrift und dem nachfolgenden Vorspann dargestellt werden können, sondern um die simple Aussage, es sei von der Staatsanwaltschaft Strafbefehl erlassen worden, die keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Thematik bedarf. Aus Sicht eines verständigen Lesers wurde damit die Kernaussage bereits getroffen. Soweit der Leser an den Hintergründen interessiert ist, wird er zwar den weiteren Fließtext wahrnehmen, allerdings nicht, um den konkreten Aussagegehalt dieser abschließender Äußerung deuten zu können.
33
3.1.6 Die Kammer kann auch der Verfügungsbeklagten nicht darin folgen, dass die streitgegenständliche Formulierung nicht unabweisbar die Aussage enthalte, dass der Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft erlassen wurde und es nicht verfehlt sei, wenn man von „Erlass“ spreche, da die Staatsanwaltschaft jedenfalls eine amtliche bzw. behördliche Verfügung getroffen habe. Angesichts des klaren Wortlauts ist die Kammer der Auffassung dass die Formulierung nicht im Sinne einer „abschließenden Verfügung“ verstanden werden kann. Ausgehend von dem Durchschnittsleser wird dieser im Zweifel den Unterschied zwischen Beantragung und Erlass auch ohne juristische Vorkenntnisse kennen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird ein Antrag nicht mit einer endgültigen Entscheidung verbunden, sondern vielmehr damit, dass über diesen zunächst noch entschieden werden muss. Insofern handelt es sich nicht um eine fachsprachliche Unkorrektheit, sondern um eine gerade für den Leser unterschiedliche Bedeutung.
34
3.2 Die verlangte Gegendarstellung beschränkt sich ihrerseits auf Tatsachenbehauptungen, die weder offensichtlich unwahr noch irreführend sind.
35
3.2.1 Wie die Gegendarstellung sich nur gegen Tatsachenbehauptungen der Erstmitteilung wenden darf, so darf auch ihr entgegnender Teil ausschließlich aus Tatsachenbehauptungen besteien. Es gilt das Prinzip Tatsachen gegen Tatsache (Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Auflage § 29 Rz. 29.27). Bei der Äußerung „Der Strafbefehl wurde nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von dem Amtsgericht erlassen“ handelt es sich zweifelsfrei um eine Tatsachenbehauptung, die sich thematisch mit der Erstmitteilung befasst, sich spiegelbildlich gegen sie wendet und als solche eindeutig ist, unstreitig eine wahre Tatsachenbehauptung darstellt und auch keine Irreführung hervorruft. Die Entgegnung beinhaltet auch eine klare Widerlegung der Erstmitteilung und enthält keine weiteren Äußerungen, die nicht mit der Erstmitteilung in Zusammenhang stehen.
36
3.2.2 Die Kammer kann vor dem Hintergrund der klaren Tatsachenbehauptung auch keine Irreführung erkennen. Denn soweit die Verfügungsbeklagte insoweit darauf abstellt, der Verfügungskläger wolle bei den Lesern den (aus seiner Sicht) milderen Eindruck erwecken, es habe „nur“ das Amtsgericht gehandelt, so entspricht diese Behauptung der Wahrheit und kann schon deshalb nicht irreführend sein. Daran ändern auch nichts, dass ein Strafbefehl grundsätzlich nur ergehen kann, wenn die Staatsanwaltschaft einen solchen vorher beantragt hat. Der Verfügungskläger war insofern nicht gehalten, auch diese Information noch in seine Gegendarstellung aufzunehmen, denn die Entgegnung richtet sich ausschließlich gegen die Äußerung, die Staatsanwaltschaft habe Strafbefehl erlassen, was von dem Verfügungskläger insoweit richtiggestellt wird, als dass dies nicht die Staatsanwaltschaft, sondern das Amtsgericht war. Ein von der Verfügungsbeklagten gewünschter Zusatz, dass die Staatsanwaltschaft den Strafbefehl aber beantragt habe, kann von dem Verfügungskläger nicht verlangt werden. Insofern ist es unerheblich, dass – wie die Verfügungsbeklagte meint – auch noch andere Alternativen der Formulierung möglich gewesen wären. Der Verfügungskläger durfte dennoch die streitgegenständliche Formulierung, die der Wahrheit entspricht und ausschließlich eine Entgegnung der Ausgangsmitteilung enthält, wählen. Eine Irreführung sieht die Kammer darin nicht.
37
3.2.3 Die Kammer teilt weiter nicht die Ansicht der Verfügungsbeklagten, dass die Wiedergabe der Ausgangsmitteilung überflüssige Zusätze, nämlich „und die Influencerin … da …“ enthalte. Dies ergibt sich schon aus dem Recht des Betroffenen, die Veröffentlichung einer Gegendarstellung zu verlangen, die aus sich allein heraus verständlich ist und den Leser in die Lage versetzt, sofort den Vergleich zwischen der beanstandeten Tatsachenbehauptung und der Entgegnung zu ziehen, ohne gezwungen zu sein, zum Verständnis der Gegendarstellung ein Exemplar der Zeitung, in welcher sich der beanstandete Bericht befunden hat, herauszusuchen (Walter Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Auflage 2017, 5. Kapitel, Rz. 129). Die Aufnahme von Frau … ist für den Leser erforderlich, um zu verstehen, auf welche Berichterstattung sich die Gegendarstellung bezieht, insbesondere dass Gegenstand der Berichterstattung die Geschehnisse mit der ehemaligen Lebensgefährtin des Verfügungsklägers war und dass in diesem Zusammenhang von dem Amtsgericht Strafbefehl erlassen wurde. Bei entsprechender Kürzung, so dass nicht klar wird, dass es um die Thematik mit der ehemaligen Lebensgefährtin des Verfügungsklägers geht, wird der Leser den Sachverhalt nicht zuordnen können und bei Interesse gezwungen sei, den Ausgangsbericht zu recherchieren. Der Zusatz ist daher auch nicht überflüssig, sondern steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entgegnung, da Hintergrund des Strafbefehls die Auseinandersetzung mit der Influencerin … war. Aufgrund der Kürze der von der Verfügungsbeklagten als überflüssiger Zusatz bezeichneten Passage kann auch insoweit nicht von Geschwätzigkeit oder von einem gesteigerten Platzbedarf gesprochen werden.
38
3.3 Es fehlt auch nicht an einem berechtigten Interesse. Insofern handelt es sich um einen Ausschlussgrund, der von der Verfügungsbeklagten darzulegen wäre (Himmelsbach/Mann, Presserecht, § 13 Rz. 138).
39
3.3.1 Da die Gegendarstellung auch bezogen auf ihren Inhalt im Wesentlichen formaler Natur ist, wird deren Geltendmachung durch das das gesamte Zivilrecht beherrschende Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemäß §§ 226, 242 BGB eingeschränkt. Nach ständiger Praxis bedeutet dies, dass ein Gegendarstellungsanspruch dann nicht besteht, wenn es am berechtigten Interesse des Betroffenen fehlt (Soehring/Hoene, Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Auflage, § 29 Rz. 29.31). Dies kann insbesondere bei Belanglosigkeit der Erstmitteilung oder der Entgegnung der Fall sein. Voraussetzung eines Gegendarstellungsanspruchs ist nicht unbedingt eine erhebliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Veröffentlichung. Der Anspruch ist nicht nur dann gegeben, wenn die persönliche Ehre oder der wirtschaftliche Ruf verletzt worden sind; vielmehr kann auch dann eine Gegendarstellung verlangt werden, wenn etwa das Selbstverständnis oder das Persönlichkeitsbild des Betroffenen verletzt sind. Gleichwohl muss die beanstandete Tatsachenbehauptung ebenso wie die Entgegnung für den unbefangenen Dritten nachvollziehbar von einigem Gewicht sein und nicht lediglich ein im Hinblick auf den eigentlichen Kern der Mitteilung völlig untergeordnete Rolle ohne besonderen Informationswert spielen (Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 2017, 5. Kap., Rz. 189).
40
3.3.2 Die Kammer sieht nach diesen Grundsätzen nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung der Gegendarstellung. Bei der Unterscheidung, ob die Staatsanwaltschaft oder das Amtsgericht einen Strafbefehl erlassen hat, handelt es sich nach Auffassung der Kammer nicht um eine lediglich wertneutrale Falschdarstellung. Die unwahre Tatsachenbehauptung, die Staatsanwaltschaft habe Strafbefehl erlassen, führt dazu, dass der Leser damit jedenfalls ein Fehlverhalten von gravierenderem Gewicht assoziiert als mit einem Strafbefehl des Amtsgerichts. Dass ein Strafbefehl immer von der Staatsanwaltschaft beantragt werden muss, wird dem juristischen Laien jedenfalls weniger bekannt sein, als dass die Zuständigkeit für schwerwiegendere Straftaten bei dem Landgericht und nicht dem Amtsgericht liegt. Auch wenn dem Durchschnittsleser ohne einen Blick ins Gesetz nicht die exakten Zuständigkeitsgrenzen geläufig sein dürften, so wird der Durchschnittsleser der … schon durch das Lesen anderer Berichte und Veröffentlichungen den Eindruck gewonnen haben, dass Straftaten von geringerem Gewicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts führen. Daran ändert auch die Formulierung in dem Vorspanntext, dass es um „häusliche Gewalt“ gehe, nichts. Denn auch „häusliche Gewalt“, die keinen im StGB definierten Straftatbestand darstellt, kann von unterschiedlicher Schwere sein, so dass der Leser damit nicht zwangsläufig eine niedrigschwellige Tat verbindet. Da die beanstandete Äußerung offensichtlich unwahr und die Behauptung in dem Gegendarstellungsverlangon offensichtlich der Wahrheit entspricht und für den Verfügungskläger diese Unterscheidung eine erhebliche Rolle spielt, besteht jedenfalls aus Sicht der Kammer ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung.
41
3.4 Die Gegendarstellung erfüllt auch – jedenfalls zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung – die formalen Anforderungen.
42
3.4.1 Fälligkeitsvoraussetzung für den Gegendarstellungsanspruch ist, dass der Anspruchsteller den Abdruck der Gegendarstellung gefordert haben muss. Dabei muss die Unterzeichnung der Gegendarstellung grundsätzlich durch den Betroffenen selbst erfolgen, denn der Anspruch ist höchstpersönlicher Natur und daher nicht übertragbar. Der Anspruch wird damit erst mit dem Zugang des Verlangens des Betroffenen gegenüber dem Medium, die formulierte Gegendarstellung zu veröffentlichen, konkretisiert und fällig (Seitz, a.a.O., 5. Kapitel, Rz. 11).
43
3.4.2 Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 08.11.2023 (AST 2) hat der Verfügungskläger das ursprüngliche Gegendarstellungsverlangen der Verfügungsbeklagten zugeleitet und insoweit auch in diesem Umfang zunächst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Auf Hinweis der Kammer vom 23.11.2023, dass die begehrte Gegendarstellung jedenfalls in einigen Punkten nicht zulässig sei, zu welchem beide Parteien die Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, erfolgte von dem Verfügungskläger eine entsprechende Kürzung der Gegendarstellung. Zwar ist dem Verfügungsbeklagten beizupflichten, dass ein entsprechendes Gegendarstellungsverlangen vorgerichtlich nicht erfolgt ist. Die Kürzung der zunächst begehren Gegendarstellung im Rahmen des Rechtsstreits ist allerdings nach Auffassung der Kammer zulässig.
44
3.4.3 Grundsätzlich gilt im Gegendarstellungsrecht das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip. Danach scheitert der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung dann, wenn auch nur ein Teil der verlangten Gegendarstellung „unzulässig“ ist, d.h., wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen auch nur für einen Teil der (mehrgliedrigen) Gegendarstellung nicht gegeben sind. Denn in diesem Fall ist eine Kürzung durch das Gericht deshalb nicht möglich, da das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dem entgegensteht, dass andere – also der Verpflichtete oder das Gericht – in die vom Betroffenen persönlich geschöpfte eigene Erklärung eingreifen (Himmelsbach/Mann, a.a.O., § 13 Rz. 168, 169).
45
3.4.4 Das Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes für Gegendarstellungen bedingt allerdings eine Einschränkung des Grundsatzes „ganz oder gar nicht“ für solche Fälle, in welchen eine mehrgliedrige Gegendarstellung selbständige Punkte enthält, also solche, die von anderen Punkten derart unabhängig sind, dass sie aus sich heraus verständlich sind und ihre Streichung das Verständnis der anderen Punkte nicht ändert. Solche „selbständigen Kürzungen“ belasten das Medium nicht, weil hier dem Betroffenen weniger zugesprochen wird, als beantragt. Sie erleichtern aber das Verfahren (OLG München v. 26.06.1998 – 21 U 3494/98 – Rz. 64). Allerdings kann das Gericht solche selbständigen Kürzungen nur vornehmen, wenn es hierzu ausdrücklich und durch persönliche Erklärung des Betroffenen ermächtigt ist. Die Gegendarstellung ist eine höchstpersönliche Erklärung und zwar in ihrer Gesamtheit, so wie sie persönlich vom Betroffenen verlangt wurde. Dementsprechend bedarf es einer ebensolchen höchstpersönlichen Erklärung des Betroffenen, wenn hieran Änderungen vorgenommen werden sollen (OLG München v. 26.06.1998 – 21 U 3494/98 – Rz. 65).
46
3.4.5 Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die von dem Verfügungskläger beanstandete Passage ist inhaltlich unabhängig von den weiteren zunächst beanstandeten Passagen und aus sich heraus verständlich. Insofern handelt es sich um eine sogenannte „selbständige Kürzung“ (Himmelsbach/Mann, a.a.O., § 13 Rz. 171). Es liegt auch eine entsprechende persönliche Erklärung des Verfügungsklägers vom 06.11.2023 vor. Dass eine entsprechende Vollmacht vorliegt, wurde mit Schriftsatz des Verfügungsklägervertreters vom 30.11.2023 vorgetragen und mit Schriftsatz vom 11.12.2023 als Anlage AST 5 sowie im Original vorgelegt. Zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung liegt damit die Erklärung des Verfügungsklägers vor, nach welcher er selbst mit der Kürzung einverstanden ist. Nach der sog. „M. Sch.“ war daher die Kürzung der Gegendarstellung durch die Kammer vorzunehmen.
47
3.4.6 Schließlich wird die Verfügungsbeklagte durch die beantragte und in der erlassenen einstweiligen Verfügung gewählte Ausgestaltung hinsichtlich der Größe auch in ihrer redaktionellen Gastaltungsfreiheit nicht unangemessen beeinträchtigt. Dass die Gegendarstellung zu einer Veröffentlichung auf Seite 3 der … gleichfalls auf dieser Seite mit gleicher Schrift und gleicher Größe der Schrift zu veröffentlichen ist, ist nicht nur eine Folge von Art. 10 Abs. 2 Satz 1 BayPrG, sondern trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Gegendarstellung möglichst dieselbe Aufmerksamkeit erwecken soll und auf diese Weise von demselben Leserkreis zur Kenntnis genommen werden kann, der die Erstrnitteilung gelesen hat. Dies ist schon aufgrund des Prinzips der Waffengleichheit erforderlich (Soehring/Hoene, a.a.O., § 29 Rz. 29.96).
48
3.4.7 Die einstweilige Verfügung war im Ergebnis daher zu bestätigen.

II.
49
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

I