LG Siegen: Patentanmeldung für Dritte ohne Zulassung als Patent- oder Rechtsanwalt stellt unerlaubte Rechtsberatung dar / RDG

veröffentlicht am 30. Dezember 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Siegen, Urteil vom 28.03.2014, Az. 5 O 169/13
§ 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG; § 2 RDG, § 3 RDG

Das LG Siegen hat entschieden, dass derjenige, der für einen anderen ein Patent anmeldet, ohne Rechtsanwalt oder Patentanwalt zu sein, wegen unerlaubter Rechtsberatung nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 2, 3 RDG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Siegen

Urteil

I.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgende außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu bewerben und/ oder zu erbringen:

für Dritte als Vertreter auf dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte (wie Patente, Gebrauchs- und Geschmackssachen, Marken) gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Europäischen Patentamt (EPA) aufzutreten, insbesondere für Dritte gewerbliche Schutzrechte anzumelden, und/ oder

die Rechte von Inhabern gewerblicher Schutzrechte gegenüber Dritten zu vertreten, und/ oder

in sonstiger Weise Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte anzubieten und/ oder zu erbringen, insbesondere zu werben bzw. werben zu lassen mit dem Hinweis „gewerbliche Schutzrechte gemäß § 5 RDG“;

II.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.085,04 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.6.2013 zu zahlen.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist die als Körperschaft öffentlichen Rechts organisierte berufsständische Vereinigung der Patentanwälte in Deutschland. Sie macht gegen den Beklagten, der ein Ingenieurbüro in S betreibt, wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche und einen auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichteten Zahlungsanspruch geltend.

Dem liegt zugrunde, dass der Beklagte in der Vergangenheit mehrfach als Stellvertreter Dritter im Hinblick auf gewerbliche Schutzrechte tätig wurde.

Ausweislich eines Ausdrucks aus dem DPMA-Register vom 4.3.2013 (Anl. K1, Bl. 16) wurde der Beklagte zu dem Zeitpunkt unter 13 dortigen Aktenzeichen jeweils als Vertreter geführt. Bei insgesamt 10 dieser Aktenzeichen war der Beklagte nicht als Anmelder/Inhaber oder als Erfinder genannt, nämlich unter den laufenden Nummern 1, 2, 4, 7- 13 bzw. den Aktenzeichen 10 2007 043 088.6, 10 2007 046 746.1, 10 2007 049 312.8, 10 2010 031 872.8, 20 2007 012 574.7, 20 2007 013 167.4, 202007 014 048.7, 20 2010 009 634.0, 20 2010 012 194.9 und 50 2008 000 763.6. Als Anmelder bzw. Inhaber waren hinsichtlich dieser Verfahren in 5 Fällen die N GmbH, in 3 Fällen die S AG, und jeweils einmal die P GmbH, sowie die W GmbH & Co. KG, benannt. Der Beklagte ist unstreitig zu keinem Zeitpunkt Angestellter der durch diese Gesellschaften betriebenen Unternehmen gewesen.

Mit Schreiben vom 13.8.2013 (B1, 82) bestätigte der unter den ersten vier Aktenzeichen – 10 2007 043 088.6, 10 2007 046 746.1, 10 2007 049 312.8, 10 2010 031 872.8 – jeweils als Erfinder registrierte Prof. K, dass der Beklagte Miterfinder sei.

Die an das deutsche Patent- und Markenamt gerichteten Anträge waren jeweils vom Beklagten ausgefüllt und unterzeichnet, wobei seine Anschrift in S jeweils als Empfangsadresse für Schreiben des DPMA angegeben und angekreuzt war, dass der Empfänger nicht Anmelder oder Vertreter, sondern Zustellungsbevollmächtigter sei (B15, 142-144)

Bei zwei weiteren europäischen Patentanmeldungen zu den Prioritäten gem. der deutschen Aktenzeichen 20 2011 001 194 und 10 2010 049 727 war ebenfalls der Beklagte jeweils als Erfinder genannt (B2-B3, 83-84).

Auch im Rahmen der Anmeldung von Wortmarken wurde der Beklagte als Vertreter der S AG, tätig. Hinsichtlich der Wortmarke „Steinberger“ und der Wort-Bildmarke „Puma Solingen“ war jeweils die Gesellschaft als Inhaber angegeben, während der Beklagte wiederum als Vertreter (K3, 20) bzw. sein Geschäftssitz als Zustelladresse (K4, 21-22) registriert war.

Als hinsichtlich der Wort-Bildmarke „Puma Solingen“ die S AG schriftlich abgemahnt wurde, erklärte der Beklagte mit Schreiben an die Patentanwälte O vom 14.3.2013 (K5, 23-24), deren Nachricht sei zuständigkeitshalber an ihn weitergeleitet worden, da eine Bevollmächtigung seitens der S AG vorliege. Die Marke sei am 23.10.12 angemeldet und am 23.1.2013 eingetragen worden, so dass die Widerspruchsfrist noch laufe, deshalb bis dahin keine Nutzung der Marke erfolgt und kein Schaden entstanden sei. Gleichzeitig wurde die Bitte um einen Gesprächstermin im Rahmen gütlicher Einigung geäußert. Als Anlage zu diesem Schreiben wurde eine Vollmacht d. S AG an den Beklagten vom 13.10.2012 (K6, 25), wonach dem Beklagten bis auf Widerruf „Vollmacht in Sachen ‚gewerbliche Schutzrechte‘ – Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Marken, Patente“ erteilt war.

Im Geschäftsverkehr trat der Beklagte, wie sich aus dem Ausdruck eines Brancheninserats vom 30.4.2013 (K14, 52) ergab, u.a. mit der Tätigkeitsbeschreibung auf: „Gewerbliche Schutzrechte in Verbindung mit Entwicklungen (§ 5 RDG)“. Auf der Website der B GmbH Unternehmensberatung wurde der Beklagte unter der Überschrift „Netzwerker“ als Kooperationspartner des Unternehmens im Bereich „Produktentwicklungen im Elektro-/ Elektroniksektor, Recherchen und gewerbliche Schutzrechte (gemäß § 5 RDG)“ aufgeführt (K13, 49-51).

Nachdem sich die Klägerin zunächst selbst an den Beklagten gewandt hatte, forderte sie ihn mit anwaltlichem Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 16.5.2013 auf, bis zum 31.5.2013 eine dem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (K15, 54-59). Dabei wies sie darauf hin, dass die Tätigkeit des Beklagten gegen die §§ 2, 3 RDG verstoße und daher gleichzeitig einen Wettbewerbsverstoß nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG darstelle, und forderte ihn auf, die Abmahnkosten zu erstatten. Mit Schreiben vom 24.5.2013, in dem er auf den Inhalt früherer Schreiben an die Klägerin Bezug nahm, führte der Beklagte daraufhin aus, er sei ausnahmslos als Zustellungsbevollmächtigter und nicht als Vertreter tätig geworden und habe niemals Rechte von Inhabern gewerblicher Schutzrechte gegenüber Dritten vertreten oder mit dem Hinweis auf gewerbliche Schutzrechte gem. § 5 RDG ohne den Zusatz „in Verbindung mit Entwicklungen“ geworben (K16, 60-61). Eine Verpflichtung zur Unterlassung bestehe daher nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht:

Die Tätigkeit des Beklagten verstoße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da die Vertretung Dritter im Rahmen der Anmeldung gewerblicher Schutzrechte allein Patent- oder Rechtsanwälten vorbehalten sei. Ob der Beklagte tatsächlich Miterfinder sei, könne für die Bewertung nicht erheblich sein. Der Beklagte sei daher zur Unterlassung verpflichtet und habe die durch die Abmahnung angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.085,04 € nebst Zinsen zu erstatten.

Sie beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgende außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu bewerben und/ oder zu erbringen:

für Dritte als Vertreter auf dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte (wie Patente, Gebrauchs- und Geschmackssachen, Marken) gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Europäischen Patentamt (EPA) aufzutreten, insbesondere für Dritte gewerbliche Schutzrechte anzumelden, und/ oder

die Rechte von Inhabern gewerblicher Schutzrechte gegenüber Dritten zu vertreten, und/ oder

in sonstiger Weise Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte anzubieten und/ oder zu erbringen, insbesondere zu werben bzw. werben zu lassen mit dem Hinweis „gewerbliche Schutzrechte gemäß § 5 RDG“;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.085,04 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2013 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet:

Er sei in erheblichem Umfang selbst als Erfinder tätig. Dementsprechend sei er auch hinsichtlich aller Erfindungen, die sich aus dem Auszug aus dem Register des DPMA ergeben, und weiterer Erfindungen als Erfinder an der technischen Entwicklung beteiligt gewesen. Seine Benennung als Erfinder sei nur versehentlich unterblieben und werde nachgeholt (B16, 144R-147R). Er sei in den Fällen, in denen er nicht selbst Anmelder gewesen sei, stets nur als Zustellungsbevollmächtigter aufgetreten. Seine Eintragung als Vertreter im Register des DPMA sei fälschlich erfolgt, und das geschehe wegen einer Anpassung der Datenverarbeitung nicht mehr. Die Anmeldung der jeweiligen Schutzrechte, auch bezüglich der Wort- bzw. Wort-Bildmarken, sei lediglich untergeordneter Bestandteil des jeweiligen Produktentwicklungsprozesses gewesen.

Er ist der Ansicht:

Die Klage sei mangels hinreichend bestimmten Antrags unzulässig. Da er jeweils als Miterfinder beteiligt gewesen sei und deshalb ein eigenes Interesse an der Eintragung der Rechte besessen habe, sei er nicht in Angelegenheiten Dritter tätig geworden. Zudem habe seine Tätigkeit keine Rechtsdienstleistung dargestellt, weil das weitgehend automatisierte Anmeldeverfahren keine besondere Sachkenntnis erfordere und er jeweils nur Zustellungsbevollmächtigter gewesen sei. Jedenfalls handele es sich bei den von ihm vorgenommenen Tätigkeiten um erlaubte Nebenleistungen seiner schwerpunktmäßig technischen Leistungen zur Produktentwicklung. Außerdem erhebt er die Einrede der Verjährung.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt. Nach § 253 II Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 I ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (BGH GRUR 2011, 539, 540).

Der Verbotsantrag der Klägerin bezieht sich indes konkret auf die beschriebenen Verhaltensweisen des Beklagten. Der Beklagte hat sich gegen die erhobenen Vorwürfe im Einzelnen mit konkretem Vortrag verteidigt. Welche Verhaltensweisen ihm verboten sein sollen, ergibt sich anhand der angegebenen Konkretisierungen ohne weiteres aus dem gestellten Klageantrag in Verbindung mit dem begründenden Sachvortrag.

Um die im Vollstreckungsverfahren vorzunehmende Überprüfung, ob ein Verstoß gegen das im Erkenntnisverfahren ausgesprochene Verbot vorliegt, zu ermöglichen, bedarf es keines in die Einzelheiten gehenden Urteilstenors des Vollstreckungstitels. Vielmehr reicht es aus, dass im Urteilstenor (oder auch in den Gründen) zum Ausdruck kommt, welche Art Handlung nicht erneut vorgenommen werden darf (BGH NJW 2009, 2823, 2824). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Tatsache, dass der Beklagte zukünftig als abhängig Beschäftigter eines Unternehmens für dieses in rechtmäßiger Weise beispielsweise Patentanmeldungen vornehmen könnte, erfordert deshalb keine weitere Beschränkung des Klageantrags, denn das Unternehmen, zu dem der Beklagte als dessen Angestellter gehören würde, wäre nicht als „Dritter“ anzusehen.

Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte ist gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zur Unterlassung der inkriminierten Wettbewerbshandlungen verpflichtet, wobei die Klägerin gem. § 8 I UWG aktivlegitimiert ist.

Aufgrund des unstreitig feststehenden Sachverhalts können Verstöße des Beklagten gegen die Verbote gem. §§ 2, 3 RDG festgestellt werden. Die Bestimmung des Art. 1 § 1 RBerG zählt zu den Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln, und dasselbe gilt für die Bestimmung des § 3 RDG. Diese stellt klar, dass Rechtsdienstleistungen angesichts des fortbestehenden Verbotscharakters des neuen Gesetzes, das gemäß § 1 I S. 2 RDG dazu dient, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, nur aufgrund gesetzlicher Erlaubnis erbracht werden dürfen und im Übrigen verboten sind, so dass § 4 Nr. 11 UWG anwendbar ist (BGH GRUR 2011, 539, 541; NJW 2009, 3242, 3244, m.w.N.).

Der Beklagte hat hier Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 I RDG erbracht, wonach damit „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“ gemeint ist.

„Fremde“ Angelegenheiten hat jeder in Bearbeitung, der sich nicht ureigenen Problemen oder solchen des eigenen Unternehmens oder Arbeitgebers zuwendet (Römermann, NJW 2008, 1249, 1250). Die Anmeldung von Patenten begründet vor allem Rechte und Pflichten im Hinblick auf den Anmelder, so dass die Vornahme der Anmeldung durch jemanden, der nicht selbst als Anmelder auftritt oder diesem organisatorisch eindeutig zuzuordnen ist, nicht dessen ureigene Angelegenheiten unmittelbar betrifft. Ein lediglich mittelbares Eigeninteresse macht eine fremde Rechtsangelegenheit nicht zu einer eigenen (BGH NJW 2007, 3570, 3572).

Der Beklagte war unstreitig nicht Organ oder Angestellter der jeweils als Anmelder/ Inhaber registrierten Gesellschaften. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang der Beklagte tatsächlich Miterfinder war. Zwischen den Interessen und den Rechtspositionen eines Erfinders einerseits und eines Anmelders andererseits besteht keine grundsätzliche und schon gar keine vollständige Kongruenz. Dementsprechend handelte der Beklagte jedenfalls überwiegend in Angelegenheiten Dritter, als er die Patentanmeldungen vornahm.

Der Zweck der Bestimmungen in §§ 1, 2 RDG besteht – wie zuvor gem. Art. 1 § 1 I RBerG – darin, die Rechtsuchenden vor ungeeigneten Beratern zu schützen und ist daher bereits dann berührt, wenn unerlaubt Rechtsberatung auch nur angeboten wird, da dies die Gefahr begründet, dass sich der Angebotsempfänger an einen nicht ausreichend qualifizierten Berater wenden wird (BGH NJW 2005, 2458, 2459). Die Beurteilung, ob eine geschäftsmäßige Tätigkeit unter die Erlaubnispflicht fällt, richtet sich danach, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder aber die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es im Wesentlichen um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BGH a.a.O.).

Die erforderliche Abwägung ergibt, dass die Einleitung und Betreibung des Verfahrens zur Anmeldung gewerblicher Schutzrechte schwerpunktmäßig der Klärung rechtlicher Verhältnisse dient, weil sein Ziel die Begründung staatlich gewährleisteter allgemeingültiger Schutzrechte ist. Das folgt ohne weiteres aus folgenden Gesichtspunkten:

Das Patenterteilungsverfahren ist weitgehend justizförmig ausgestaltet (BVerfG GRUR 2003, 723; Mes, PatG/ GebrMG, 3. Aufl., Einleitung vor § 34 Rn. 7). Deshalb müssen z.B. bestimmende Schriftsätze, d.h. solche Eingaben an das Patentamt, die wesentliche Parteierklärungen enthalten (mit denen ein Verfahren eröffnet oder beendet wird, ein Verfahrensabschnitt eingeleitet oder beendet wird, insbesondere eine neue Instanz eröffnet wird), vom Anmelder oder durch seinen bevollmächtigten Vertreter eigenhändig unterschrieben sein (Mes, a.a.O., Rn. 17). Dabei kann der inländische Anmelder – der ausländische Anmelder muss – sich im Patenterteilungsverfahren durch einen Patentanwalt (gegebenenfalls Patentassessor, Erlaubnisscheininhaber, §§ 155 Abs. 2, 178 PatAnwO) oder Rechtsanwalt vertreten lassen (Mes, a.a.O., Rn. 36).

Zur Vertretung berufen ist allerdings allein dieser Personenkreis, weil § 3 II Nr. 1 PAO die Rechtsberatung auf dem Gebiet des Patentwesens grundsätzlich Rechtsanwälten und Patentanwälten zuweist. Die umfassende Rechtsberatung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ist nämlich eine erhebliche Sachkunde erfordernde Tätigkeit, die eine qualifizierte und umfassende Ausbildung voraussetzt. Als unabhängige Organe der Rechtspflege und als berufene Berater und Vertreter der Rechtsuchenden haben Patentanwälte gem. § 3 II PAO die Aufgabe, ihre Mandanten in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere wegen eines Patents, eines Gebrauchsmusters, des Schutzes einer Topographie, einer Marke, eines geschützten Kennzeichens oder eines Sortenschutzrechts zu beraten und Dritten gegenüber zu vertreten sowie in solchen Angelegenheiten vor den Ämtern und Gerichten zu vertreten und sachgerechte Konfliktlösungen herbeizuführen. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Patentanwalt voraus (BGH NJW-RR 2005, 427, 430).

Der Beklagte leitete jeweils die Anmeldungsverfahren durch Zusammenstellung der benötigten Unterlagen, Ausfüllen und persönliche Unterzeichnung der maßgeblichen Antragsformulare ein. Dabei trat er wenigstens in 10 Fällen jeweils nicht in eigenen Angelegenheiten als Anmelder, sondern als Vertreter für Dritte auf und legte dazu Vertretervollmachten vor, ohne Patentanwalt oder Rechtsanwalt zu sein.

Dieselben Erwägungen gelten hinsichtlich der unstreitigen und im Übrigen urkundlich bewiesenen Tätigkeit des Beklagten hinsichtlich der Eintragung der Wort- und der Wort-Bildmarke. Der Beklagte hat unstreitig insoweit das Antragsverfahren betrieben. Darüber hinaus hat er schriftlich als Vertreter der als Anmelder und Markeninhaberin aufgetretenen juristischen Person die Abwehr von markenrechtlichen Ansprüchen übernommen. Beides ist als erlaubnispflichtige Rechtsberatung zu qualifizieren, wobei die bereits dargelegten Grundsätze zur Rechtfertigung des Erlaubnisvorbehalts ohne weiteres übertragbar sind.

Auf die Frage, ob der Beklagte lediglich als Zustellbevollmächtigter hinsichtlich der Wortmarke „Steinberger“ aufgetreten war, kommt es nicht an, denn gem. § 96 MarkenG kann auch als Zustellbevollmächtigter nur ein Rechtsanwalt und Patentanwalt bestellt werden, um sicherzustellen, dass der Empfänger die notwendige Fachkompetenz im Umgang mit entsprechenden Verfahrenshandlungen besitzt (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., MarkenG § 96 Rn. 11).

Das Tätigwerden für einen Dritten in Zusammenhang mit dessen Abmahnung wegen eines Markenrechtsverstoßes stellt eine grundsätzlich ohne entsprechende Erlaubnis gem. § 3 RDG verbotene Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 I RDG dar (BGH GRUR 2012, 79, 80). Der Beklagte bediente sich in diesem Zusammenhang einer umfassenden Vollmacht der S AG für den Bereich sämtlicher gewerblicher Schutzrechte.

Die beschriebenen Tätigkeiten stellen keine erlaubten Nebenleistungen im Sinne von § 5 RDG dar.

Nach der Bestimmung des § 5 I RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ziel der Vorschrift ist es, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern, andererseits aber den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten. Erlaubt ist die Tätigkeit nach § 5 I S. 1 RDG nur, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild desjenigen gehört, der die Rechtsdienstleistung erbringt, und wenn sie eine Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit ist. Ob eine Nebenleistung gegeben ist, ist gem. § 5 I S. 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (BGH GRUR 2011, 539, 542).

Aufgrund der erheblichen Anforderungen, die sich aus 3 II Nr. 1 PAO für die Rechtsberatung auf dem Gebiet des Patentwesens ergeben, müssen insoweit enge Grenzen gezogen werden. Danach fehlt es hier am erforderlichen sachlichen Zusammenhang zwischen der technisch geprägten Produktentwicklung und dem justizförmig ausgestalteten Verfahren zur Begründung, Erhaltung und Verteidigung gewerblicher Schutzrechte, denn für die Haupttätigkeit sind Rechtskenntnisse praktisch gar nicht erforderlich. Demgegenüber sprechen Inhalt und Umfang der erforderlichen Leistungen zur Vertretung in Verfahren zur Anmeldung gewerblicher Schutzrechte gegen eine Einordnung als untergeordnete Nebenleistung. Das gilt erst recht für die außergerichtliche Verteidigung gegen eine markenrechtliche Abmahnung.

Die unstreitig seitens des Beklagten entfalteten Aktivitäten sind deshalb nicht als erlaubte Nebenleistungen anzusehen, so dass er für deren Erbringung auch keine Werbung machen darf. Die Verwendung des Hinweises auf den Zusammenhang mit Entwicklungen ist dabei unerheblich, weil auch ein tatsächlich bestehender Zusammenhang zu einem Produktentwicklungsprozess unter Beteiligung des Beklagten nicht zur Anwendbarkeit von § 5 I RDG führen würde.

Die feststehenden Wettbewerbsverstöße indizieren die Wiederholungsgefahr. Diese wird durch die Weigerung des Beklagten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, noch zusätzlich bekräftigt. Die geltend gemachten Abwehransprüche bestehen daher.

Sie sind auch nicht verjährt. Der sich darauf berufende Beklagte ist hinsichtlich der Voraussetzungen des Verjährungseintritts darlegungs- und beweisbelastet. Er hat indes nicht substantiiert dargetan oder unter Beweis gestellt, dass und weshalb die Ansprüche der Klägerin verjährt sein sollten. Er ist insbesondere dem substantiierten Vortrag der Klägerin, sie habe von den gerügten Handlungen erst im März 2013 Kenntnis erlangt, nicht konkret entgegen getreten und hat nicht dargetan, dass, wann und in welcher Weise die Klägerin früher Kenntnis erlangt oder hätte haben müssen.

Da Wettbewerbsverstöße gegeben sind, kann die Klägerin Ersatz für die Kosten der außergerichtlichen Abmahnung gem. § 12 I S. 2 UWG verlangen.

Der diesbezügliche Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 I, 280 I, II, 286 I BGB. Mit Ablauf der im anwaltlichen Schreiben auf den 31.5.2013 gesetzten Frist geriet der Beklagte in Verzug, da das Schreiben seinem Inhalt nach gleichzeitig insoweit als Mahnung zu verstehen war. Zudem ist das Schreiben des Beklagten vom 24.5.2013 als ernsthafte und endgültige Weigerung zu verstehen, welche eine Mahnung gem. § 286 II Nr. 3 BGB entbehrlich machte.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

I