LG Stuttgart: Zum Vertrieb von Getränken ohne Zulassung nach der europäischen Novel-Food-VO

veröffentlicht am 23. Mai 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Stuttgart, Urteil vom 04.12.2009, Az. 31 O 117/09 KfH
§§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG;
Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (Novel-Food-Verordnung)

Das LG Stuttgart hat entschieden, dass der Online-Vertrieb von Lebensmitteln wettbewerbswidrig ist, wenn eine Zulassung nach der EU-Novel-Food-Verordnung nicht gegeben ist. Der Beklagten hatte das Getränk „… Guanabana“ im geschäftlichen Verkehr ohne Zulassung nach dieser Verordnung beworben bzw. verkauft. Die im Getränk enthaltene Frucht Guanabana falle jedoch in den Anwendungsbereich dieser Verordnung und habe keine Zulassung der zuständigen Behörde. Die Guanabana-Frucht aus Mittel- und Südamerika bzw. Lebensmittel daraus seien nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der EU verwendet worden. Die Frucht werde in einschlägigen Lexika zu Lebens- oder Nahrungsmitteln selbst mit aktuellem Stand nicht aufgeführt. Unter diesen Umstände gebe es keine Erfahrungen darüber, dass der Genuss des Saftes unbedenklich sei. Der Konsum der Frucht in außereuropäischen Ländern sei für die Frage eines nennenswerten Verzehrs innerhalb der EU unerheblich.

Den Einwand der Beklagten, dass Erzeugnisse dieser Frucht bereits seit 10 Jahren von anderen Herstellern in anderen Teilen Europas vertrieben werden, bewertete das Gericht als unbeachtlich, da sich daraus nicht ergebe, in welcher Menge ein Vertrieb und darauffolgender Verzehr tatsächlich stattgefunden habe. Auch der zolltechnischen Einordnung der Frucht durch die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif im Kapitel „Genießbare Früchte“ könne keine Aussage über deren Unbedenklichkeit im Sinne der Novel-Food-Verordnung entnommen werden. Da die Novel-Food-Verordnung auch den Schutz der Marktteilnehmer (vor gesundheitlichen Folgen) bezwecke, ergebe sich bei einem Verstoß dagegen auch gleichzeitig die Wettbewerbswidrigkeit des Handelns.

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