LG Ulm: Zum Gerichtsstand bei Rückforderung von Casino-Einsätzen gegen PayPal

veröffentlicht am 21. September 2021

LG Ulm, Urteil vom 16.12.2019, Az. 4 O 202/18
§ 823 Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV

Das LG Ulm hat dem Nutzer eines Online-Casinos Recht gegeben und eine Forderung auf Rückzahlung seiner Spieleinsätze gegen die PayPal (Europe) S.a.r.l. et Cie, S.C.A. zugesprochen. Das LG Ulm sei gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 17 Abs. 1 lit. c (= Brüssel la VO) international und örtlich zuständiges Gericht. Dies gelte jedoch ausschließlich für die Prüfung von Ansprüchen des Klägers auf Grund einer unerlaubten Handlung der Beklagten. Hinsichtlich vertraglicher Ansprüche, sei das LG Ulm international unzuständig. Auch habe der Nutzer ein Recht auf Rückzahlung seiner Spieleinsätze. Die Beklagte habe durch die Ausführung von Zahlungen im Rahmen einer verbotenen Teilnahme ihres Kunden an einem Glücksspiel gegen § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV verstoßen. Die Beklagte habe sehenden Auges in Kauf genommen, dass die Zahlung, wie sie sich der Beklagten darstellt, mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel stehe. Die Beklagte habe jedenfalls trotz der Möglichkeit des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV keinerlei wirksame Maßnahmen zur Erreichung des Gesetzeszweckes getroffen. Die Versicherung der Glücksspielanbieter die „gesetzlichen Vorschriften“ einzuhalten, reiche hierfür nicht aus, nachdem die Illegalität von Onlinecasinospielen nach § 4 Abs. 4 GlückStV eindeutig sei. Zum Volltext der Entscheidung:


Rechtsanwalt für Glücksspielrecht

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Landgericht Ulm

Urteil

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat das Landgericht Ulm – 4. Zivilkammer – durch … am 16.12.2019 aufgrund des Sachstands vom 29.11.2019 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:

1.              
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.662,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.09.2017 sowie weitere 887,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.07.2018 zu zahlen.

2.              
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.              
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 9.662,23 € festgesetzt

Tatbestand

Die Beklagte bietet Zahlungsdienstleistungen über das Internet an.

Der Kläger hat bei der Beklagten einen Gewerbeaccount, über den er seit Bestehen aus seiner Tätigkeit als Händler für Multimedia Zubehör Zahlungsabwicklungen über ca. 3.600.000 USD getätigt hat.

In den Nutzungsbedingungen der Beklagten ist in Ziff. 15.1. zum Gerichtsstand geregelt:

„Im Fall von Beschwerden, die nicht anderweitig beigelegt werden können, haben englische Gerichte eine nicht ausschließliche Zuständigkeit. Das bedeutet, Sie können in England und Wales klagen, können aber auch einen anderen Gerichtsstand wählen. Ihre deut-schen Verbraucherschutzrechte, sowie Ihr Recht, gerichtliche Verfahren vor luxembuger Gerichten einzuleiten, bleiben von dieser Regelung unberührt“.

Zwischen dem 23.6.2017 und 15.8.2017 gab der Kläger Zahlungen von zusammen 9.662,23 € an die Firmen bet-at-home.com International Ltd. (Sitz: Malta) und 888 Germany Ltd (Sitz: Gibraltar) bei der Beklagten in Auftrag. Bei Beauftragung der Zahlungen befand sich der Kläger in Ulm, wie die Beklagte wusste, da die Standortdaten bei Abgabe des Zahlungsauftrags der Beklagten übermittelt werden. Die Zahlungen an 888 Germany Ltd. hatten den Verwendungszweck „888Poker“. Die Firma „bet-at-home“ bietet sowohl Internet-Casinospiele als auch Online-Sportwetten an.

Die Beklagte führte die Zahlungen aus und zog die Beträge vom Girokonto des Klägers bei der Volksbank Aalen ein.

Die Beklagte hat mit den genannten Glücksspielanbietern sogenannte Akzeptanzverträge abge-schlossen. Durch diese ist geregelt, dass die Glücksspielanbieter Zahlungen über den Zahlungs-dienst der Beklagten akzeptieren. Die Beklagte lässt sich vor Abschluss eines Akzeptanzvertra-ges von den Glücksspielfirmen versichern, dass diese eine Lizenz zum Anbieten von On-line-Glücksspiel für Schleswig-Holstein haben und „rechtmäßig“ handeln.
Der Ablauf bei beiden Wettportalen ist der gleiche: Zuerst erfolgt das Aufladen des Wettkontos, bevor dieses „abgespielt“ wird. Gewinne werden dem Wettkonto gutgeschrieben. Es gibt keinen Zwang, das aufgeladene Geld sofort abzuspielen. Vom „Spielgeldkonto“ können wieder Auszahlungen vorgenommen werden.

Der Kläger trägt vor, er habe bei beiden Glücksspiel Portalen Online-Casinospiele (Poker / Blackjack) gegen Wetteinsatz von Ulm aus gespielt. Das gesetzliche Verbot sei ihm nicht bekannt gewesen. Er habe die gesamten Einsätze verspielt.

Er ist der Meinung:

1.
Das LG Ulm sei international zuständig, da
–       er als Verbraucher gespielt habe und jede einzelne Zahlungsanweisung als Auftrag im Sinne des BGB zu sehen sei. Auf die Einordnung des Kontos als gewerblich komme es nicht an. Die Zuständigkeit ergebe sich damit aus Art. 17 Abs. 1 lit. c EuGVVO;
–       eine Zuständigkeit nach dem Erfüllungsort gern Art 7 Nr. 1 a EuGVVO in Ulm be-stehe;
–       die Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich vorsehe, man könne „einen anderen Gerichtsstand“ als England oder Wales wählen, daher auch Ulm.

2.
Die Beklagte habe ihre Kontroll- und Hinweispflichten aus dem Vertragsverhältnis verletzt, als sie an den Zahlungen mitwirkte, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls als naheliegend erachtet habe, dass er in Deutschland und nicht in Schleswig-Holstein spiele. Damit habe sie erkennen können, dass die Zahlungsausführung gegen § 4 Abs. 1 S. 2 Glücksspielstaatsvertrag Baden-Württemberg (im Folgenden: GlückStV) verstoße.

3.
Die Beklagte habe bei Abschluss der Akzeptanzverträge mit den in Gibraltar bzw. Malta ansässigen Glücksspielfirmen nicht sichergestellt, dass diese nicht für Zahlungen aus Deutschland mit Ausnahme von Schleswig-Holstein gelten. Dies sei als Pflichtverletzung der Beklagten ihm gegenüber zu werten. Zudem mache dies die Akzeptanzverträge nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV unwirksam.

4.
Der Anspruch ergebe sich auch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Beklagte gemäß §§ 675c Abs. 1 BGB i.V.m. § 670 BGB für die über die Beklagte angewiesenen Zahlungen eine Abbuchung in gleicher Höhe von seinem Girokonto vorgenommen habe. Da die Beklagte gem §§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV, 134 BGB die Zahlung an die Glücksspielunternehmen schon nicht hätte auszahlen dürfen, habe ihr auch kein Ausgleichsanspruch zugestanden. Die Abbuchungen von seinem Girokonto müssten daher nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB rückgängig gemacht werden.

5.
Der Anspruch ergebe sich zudem aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV.

Der Kläger beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.662,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.9.2017 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 € nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, es werde bestritten, dass der Kläger auch die tatsächlichen Spieleinsätze und nicht nur das Aufladen des Kontos in Deutschland und nicht in Schleswig-Holstein getätigt habe. Zudem werde bestritten, dass der Kläger überhaupt illegal am Glücksspiel teilgenommen habe und nicht etwa legale Geschäfte, wie – nach Meinung der Beklagten – legale Online-Sportwetten getätigt habe. Außerdem werde bestritten, dass der Einsatz verspielt sei und nicht etwa zu Gewinnen geführt habe.

Die Beklagte ist der Meinung:

1.
Das LG Ulm sei schon nicht international zuständig, da der Kläger den vertraglichen Anspruch auf den Zahlungsdienstrahmenvertrag bezüglich seines gewerblichen Kontos stütze. Der Verbrauchergerichtsstand sei daher nicht einschlägig. Es komme auf das Rahmenverhältnis und nicht auf die einzelne Zahlungsanweisung an.

Nach den vertraglichen Vereinbarungen seien zulässige Gerichtsstände nur Luxemburg, England, Wales und sonstige, welche die EuGVVO vorsehe. Da hier ein Zahlungsdienstleistungsvertrag vorliege, liege der Erfüllungsort in Luxemburg. Selbst wenn man einen deliktischen Anspruch prüfen wollte, so läge ein internationaler Gerichtsstand auch nicht vor, wenn das Delikt im Zusammenhang mit einem Vertrag erfolgt sei. Ein Gerichtsstand in Deutschland bestehe nicht.

2.
Sie habe keine Möglichkeit zu überprüfen, zu welchem Zeitpunkt und von welchem Ort aus der Kläger sein Spielguthaben einsetze. Somit könne sie auch nicht prüfen, ob das Glücksspiel illegal erfolge. Ansprüche gegen sie seien daher nicht denkbar.
3.
§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV sei so auszulegen, dass eine Mitwirkung an einer Zahlung nur dann verboten sei, wenn der Zahlungsdienstleister Kenntnis vom illegalen Glücksspiel ha-be. Es handle sich um eine Klarstellung zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlückStV, wonach erst nach Bekanntgabe einer Behörde, dass der Anbieter illegales Glücksspiel betreibe, die Zahlungsabwicklung zu unterlassen sei. Ohne Herbeiführung dieser „Störereigenschaft“ seien privatrechtliche Ansprüche ausgeschlossen. Andernfalls sei der Dienstleister in ei- ner mit Art. 56 AEUV nicht mehr zu vereinbarenden Weise in seiner Geschäftstätigkeit eingeschränkt. Er könne nur bei Verschulden haften, das eben hier nicht vorliege.

4.
Einem etwaigen Anspruch stehe zudem § 254 BGB entgegen.
5.
Eine deliktische Haftung liege zudem schon deshalb nicht vor, da „nach der Rechtsprechung des BGH im Fall von berufstypischen Handlungen“ ein bedingter Vorsatz nicht ausreiche.

Die Klage wurde der Beklagten am 06.07.2018 zugestellt. Nach mündlicher Verhandlung am 08.07.2019, bei welcher der Kläger angehört wurde, stimmten die Parteien dem schriftlichen Ver- fahren zu, das mit Beschluss vom 7.11.2019 angeordnet worden ist und der Entscheidung zu Grunde liegt.

Zum weiteren Vortrag wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Das Landgericht Ulm ist das gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO (= Brüssel la VO) international und örtlich zuständige Gericht. Dies gilt jedoch ausschließlich für die Prüfung von Ansprüchen des Klägers auf Grund einer unerlaubten Handlung der Beklagten. Hinsichtlich vertraglicher Ansprüche, ist das LG Ulm international unzuständig.

1.
Das LG Ulm ist nicht nach den Vorschriften zum Verbrauchergerichtsstand nach Art. 17 Abs. 1 lit. c EuGVVO international zuständig.

Der Verbraucherbegriff ist autonom und nicht nach § 13 BGB auszulegen. Es handelt sich um nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnde, private Endverbraucher (EuGH, Urt. 11. 7. 2002 -Rs. C-96/00, Tz. 38). Dabei kommt es darauf an, ob die Person gerade im Hinblick auf den konkreten Vertragsschluss Verbraucher ist. Zu prüfen sind die durch den Vertragspartner objektiv erkennbaren Umstände (EuGH, Urt. 20.1.2005 – Rs. C-464/01, Tz. 46). Bei gemischten Verträgen, die auch einem gewerblichen Zweck dienen, liegt keine Verbrauchereigenschaft vor, es sei denn, der gewerbliche Zweck tritt klar hinter den privaten zurück (EuGH, aao., Tz. 54). Ein einheitlicher Vertrag ist dabei nicht in einen gewerblichen und nicht gewerblichen Teil trennbar (EuGH, aaO., Tz. 44; Geimer/Schütze IntRechtsverkehr/Paulus, 56. EL September 2018, VO (EG) 1215/2012 Art. 17 Rn. 25).
Im Rahmen eines einheitlichen Zahlungsdienstrahmenvertrages ist die Zahlungsanweisung kein eigener Auftrag gemäß § 662 BGB. Die einzelne Weisung ist nur die Ausübung eines vertraglichen Rechts und kein eigener Auftrag:

Ein Zahlungsauftrag ist, auch wenn dies nach dem Wortlaut der Definition in Artikel 4 Nr.16 der Zahlungsdiensterichtlinie zunächst nicht offensichtlich ist, daher immer (nur) die Weisung des Zahlers an seinen Zahlungsdienstleister (siehe dazu auch Erwägungsgrund 25, Artikel 4 Nr. 7, 64, 65 Abs. 2, 66 Abs. 5, 69 Abs. 3 der Zahlungsdiensterichtlinie  [= Rtl 2007/64/EG])“ (BT-Drucks. 16/11643 S. 102; vgl. auch BeckOGK/Foerster, 15.4.2019, BGB § 675f Rn. 83; Köndgen JuS 2011, 481 (486)). Das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist ein Zahlungsdienstrahmenvertrag über E-Geld nach §§ 675c Abs. 2, 675f Abs. 2 BGB. Der Rahmenvertrag ist für das Gewerbe des Klägers abgeschlossen worden. Der Kläger nutzt den PayPal-Account für die Abwicklung seiner Geschäfte. Dementsprechend ist der Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 lit. c EuGVVO nicht eröffnet.

2.
Eine Zuständigkeit ergibt sich auch nicht nach dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art. 7 Nr. 1 a, b EuGVVO.

Der Zahlungsdienstrahmenvertrag zwischen den Parteien verpflichtet die Beklagte allein zu Tätigkeiten von ihrem Geschäftssitz aus. Von hier aus werden die Zahlungsdienstleistungen ausgeführt (Abbuchungen vom Gegenkonto des Klägers vorgenommen, Gelder transferiert). Dass der Kläger die vertraglichen Handlungen von Deutschland aus auslöst, ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes ohne Belang. Es ist auf den Ort abzustellen, an dem der Verpflichtete auf Grund des Vertrages Handlungen erbringen muss (Geimer/Schütze IntRechtsverkehr/Paulus, 56. EL September 2018, VO (EG) 1215/2012 Art. 7 Rn. 99).

Hier hatte die Beklagte Buchungen vom PayPal Account des Klägers auf den Account der Glücksspielanbieter vorzunehmen. Diese Accounts werden aber am Geschäftssitz der Beklagten in Luxemburg geführt.

Selbst wenn man vertreten würde, dass auch die Zahlungsanweisung betrachtet werden muss, lägen wenigstens mehrere Orte vor, an denen die Dienstleistung erbracht wird. Ohne klare Zuordnung der Hauptleistung kann aber nicht vom Grundsatz des Art. 4 EuGVVO (Geschäftssitz der Beklagten) abgewichen werden (Geimer/Schütze IntRechtsverkehr/Paulus, 56. EL September 2018, VO (EG) 1215/2012 Art. 7 Rn. 126).

3.
Der Kläger behauptet zudem, dass die genannte Bestimmung in den Nutzungsbedingungen ihm freie Rechtswahl zwischen allen Gerichtsständen zubillige. Hierfür wären die Nutzungsbedingungen zu prüfen. Dies kann nur nach dem Recht erfolgen, welches auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien anzuwenden ist.

Dies ist mangels vorgetragener Rechtswahl nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I VO luxemburgisches Recht. Der Zahlungsdienstrahmenvertrag ist ein Dienstvertrag, es gilt daher Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I VO (Schimansky/Bunte/Lwowski, Schefold, BankR-HdB, 5. Auflage 2017, 20. Kap., § 116 Rn. 65).
Dabei ist die Nutzungsbedingung aber nicht so auslegbar, dass alle Gerichtsstände „der Welt“ gemeint sein können. Die Nutzungsbedingungen nehmen ersichtlich auf die „Gerichtsstände“ Bezug, die nach den anwendbaren Vorschriften, hier daher der EuGVVO, zwischen den Parteien bestehen und erweitert diese um alle Gerichte in England und Wales. Bei völlig unbeschränkter, weltweiter Gerichtsstandswahl würde es offensichtlich keinen Sinn ergeben „zusätzlich“ die Gerichte von England und Wales für zuständig zu erklären.

4.
Jedoch besteht die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.

Der Kläger stützt seinen Anspruch auch auf einen Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV. Das schädigende Ereignis auf Grund dieser Anspruchsgrundlage war die Zahlungsanweisung des Klägers an die Beklagte. Diese gab er in Ulm ab.

a)
Nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO besteht ein Gerichtsstand sowohl am – nach der EuGVVO autonom zu bestimmenden – Handlungs- als auch am Erfolgsort (EuGH, Urt. 28.1.2015 – C-375/13, Tz. 45). Zur Bestimmung braucht nur der schlüssige Vortrag des Klägers gewürdigt zu werden (EuGH, Urt. 3.4.2014-C-387/12, Tz. 20).

aa)
Dabei ist es unerheblich, ob der Anspruch des Klägers konkurrierend auch auf eine vertraglicheAnspruchsgrundlage gestützt werden kann (BGH NJW 2008, 2344 (2345 Rn. 13)). Zwar hat derEuGH festgestellt, wie vom Beklagtenvertreter zitiert (Schriftsatz 5.11.2019, S. 2, Bl. 632), dass eine unerlaubte Handlung i.S. von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO vorliegt, wenn die Schadensersatzhaftung sich gerade nicht aus einer vertraglichen Verbindung ergeben soll (EuGH, Urt. 13.03.2014 – C-548/12, Tz. 18). Im gleichen Urteil stellt der EuGH aber ebenfalls fest – insoweit vom Beklagtenvertreter nicht zitiert-:

„Dass eine Vertragspartei eine Klage wegen zivilrechtlicher Haftung gegen die andere Vertragspartei erhebt, bedeutet aber noch nicht, dass diese Klage einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ iSv Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 betrifft. Dies ist nur dann so, wenn das vorgeworfene Verhalten als Verstoß gegen die vertraglichen Verpflichtungen angesehen werden kann, wie sie sich anhand des Vertragsgegenstandes ermitteln lassen. “ (EuGH aao., Tz. 23, 24).

Somit kommt es darauf an, ob die Verpflichtung, gegen die verstoßen worden sein soll, sich aus dem Gesetz oder aus dem Vertrag ergibt. Hier ergibt sie sich gerade nicht aus dem Vertrag, sondern allein aus § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV. Der vertragliche Gerichtsstand ist hier daher nicht gleich zu bestimmen, wie der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.

bb)
Vom EuGH klargestellt ist weiter, dass bei einem Vermögensschaden nicht grundsätzlich der Wohnort des Geschädigten als Erfolgsort angenommen werden kann (EuGH, Urt. 28.1.2015 -C-375/13, Tz. 49). Eine Zuständigkeit am Wohnort besteht hingegen, wenn dieser „tatsächlich der Ort des ursächlichen Geschehens oder der Verwirklichung des Schadenserfolgs“ ist (EuGH, aaO., Tz. 50). Dies ist der Fall, wenn sich der Schaden „unmittelbar auf einem Bankkonto des Klägers bei einer Bank im Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte verwirklicht“ (EuGH, aaO., Tz. 55).

Allein der Ort des Bankkontos reicht aber dann nicht aus, wenn das sonstige Tatgeschehen vollständig einem anderen Land zugeordnet werden kann und keine weiteren „spezifische Gegebenheiten“ des Einzelfalls eine Zuordnung zum Land des Bankkontos ermöglichen (EuGH, Urt. 16.6.2016 – C-12/15, Tz. 34-39). Eine Partei kann nicht allein durch die Wahl, von welchem Konto sie eine Schuld begleicht, einseitig den Erfolgsort bestimmen und einen Gerichtsstand „schaffen“.

Weiterhin ist als Deliktsort der Ort anzusehen, bei dem das für den Schaden ursächliche Geschehen zu verorten ist (EuGH, aaO., Tz. 28). Als „ursächliches“ Geschehen ist dabei das Geschehen anzusehen, über das gegebenenfalls Beweis erhoben werden müsste (EuGH, aaO., Tz. 27). Beim Vermögensschaden ist der Ort zu betrachten, an dem die Vermögensdisposition (die Zahlungsverpflichtung und nicht die Erfüllung) vom Geschädigten getroffen worden ist (Dörner, Zu StVO, 7. Aufl. 2017, Art. 7 Rn. 32; Geimer/Schütze IntRechtsverkehr/Paulus, 56. EL September 2018, VO (EG) 1215/2012 Art. 7 Rn. 203).

Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist sodann auch für die örtliche Zuständigkeit bestimmend (Dörner, ZustVO, 7. Aufl. 2017, Art. 7 Rn. 32).

b)
Bei der Prüfung, ob vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV eine unerlaubte Handlung vorliegt, ist zu beachten, dass die Vorschrift die Geldbewegungen (Cash-Flow), die im Endeffekt zu illegalem Glücksspiel führen, verhindern soll (vgl. Rock, „Cutting the Cash Flow“, ZfWG 2018, 20). Entscheidende Sachfrage und daher die Frage, über die gegebenenfalls Beweis zu erheben wä-re, ist daher der Ausgangspunkt des Zahlungsstroms. Nach obiger Definition ist dieser Ort daher als Ort des ursächlichen Geschehens zu werten.

Der Kläger hat die Überweisungen von Ulm aus veranlasst. Somit beginnt die „Cash Flow“-Bewegung vom Kläger zur Beklagten, die im Endeffekt zum Spieleinsatz führt, was gerade durch § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV verhindert werden soll, in Ulm. Abgesehen von rein internen Verbuchungen der Beklagten, über die eine Beweisaufnahme entbehrlich ist, ist der Anknüpfungspunkt der Prüfung die Auslösung der Zahlung durch den Kläger. Dies ist das „ursächliche Geschehen“, dessen Vorliegen mittelbar zu einer Zahlung an ein Glücksspielunternehmen und im Endeffekt zu einem Schaden des Klägers geführt haben kann. Dieses ist damit unter Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zu fassen.

c)
Die internationale Zuständigkeit des LG Ulm besteht somit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Nachdem jedoch keine internationale Zuständigkeit hinsichtlich eines vertraglichen Anspruchs gegeben ist, kann das LG Ulm ausschließlich deliktische Ansprüche prüfen (EuGH, Urt. 27.9.1988 – Rs. 189/87, Lts. 2 lit
b)).

II.
Die Klage ist auch begründet.

A.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV.

1.
Die Haftung der Beklagten richtet sich nach deutschem Recht.

§ 823 BGB ist hier nach Art. 4 Abs. 1 Rom II VO anwendbares Recht. Zur Begründung kann auf die Ausführungen in Ziff. I. 4. verwiesen werden. Die Auslegung des Schadensortes nach Art. 4 Abs. 1 Rom II VO erfolgt analog zur Auslegung des Schadensortes nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO (vgl. Hüßtege/Mansel, Lehmann, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl. 2019, Rom II-VO Art. 4 Rn. 115d). Eine abweichende Vereinbarung haben die Parteien nicht vorgetragen.

2.
§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV ist ein Verbotsgesetz, das den Einzelnen schützen soll gemäß § 823 Abs. 2 BGB.

a)
Die Beklagte argumentiert hiergegen, dass § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV schon kein Verbotsgesetz sei, das sich zivilrechtlich auswirken solle. Es richte sich allein an die zuständigen Behörden, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GlückStV den Zahlungsdienstleistern einzelne Buchungen verbieten können sollen. Bevor der Zahlungsdienstleister nicht auf die Durchführung von verbotenem Glücksspiel hingewiesen worden ist, bestehe auch keine zivilrechtliche Haftung. Nur wenn die Störereigenschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GlückStV vorliege, komme diese in Betracht.

aa)
So sieht es auch das LG München bei der Prüfung, ob ein Verbotsgesetz iS. des § 134 BGB vorliegt:

Ein solches Verbotsgesetz liegt nicht vor. (…) Es ist allerdings nicht Aufgabe des Kredit-unternehmens die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen BGH XI ZR 96/11). Nach § 9 I 3 Nr. 4 GlüStV ist dies Aufgabe der Glückspielaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Glückspielaufsicht hat dem mitwirkenden Kreditunternehmen unerlaubte Glücks-spielangebote bekannt zu geben. Erst dann dürfen seitens der Glücksspielaufsicht Maßnahmen gegenüber dem Kreditunternehmen getätigt werden und die Mitwirkung an unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden.“ (LG München Urt. 28.2.2018, Az. 27 O 11716/17 (rechtskr.), juris Rn. 25) Ein weiteres Indiz für diese Auffassung könnte sein, dass die Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV lautet:

Die Erweiterung in Absatz 1 Satz 2 stellt klar, dass auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten ist. Die Regelung ist im Zusammenhang mit den Überwachungsbefugnissen der Glücksspielaufsicht in § 9 zu sehen und erweitert die Möglichkeiten der Inanspruchnahme Dritter als verantwortliche Störer, soweit sie zuvor auf die unerlaubte Mitwirkung an verbotenem Glücksspiel hingewiesen wurden.“ (LT BW-Drucks 15/1570, S. 64).

bb)
Ein Schutzgesetz iS. des § 823 Abs. 2 BGB ist eine Norm, die Rechtsgüter des Einzelnen oder abgegrenzte Personenkreise schützen soll. Es kommt dabei auf die Zielsetzung des Gesetzgebers an. Dabei genügt es, dass die Norm zumindest auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, selbst wenn das Interesse der Allgemeinheit im Vordergrund steht, (zum Ganzen: BGH NJW 2018, 1671 Rn. 27; NJW 2014, 64 Rn. 7; NJW 2012, 1800 Rn. 21; NJW 2010, 3651 Rn. 26).

cc)
Nach wörtlicher Auslegung des Halbsatzes die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind verboten“ ist § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV eine eindeutige Verbotsnorm. Es besteht nicht nur eine Handlungsanweisung an eine Behörde. Der Wortlaut spricht für ein ipso jure Verbot, dessen Adressaten „an alle“ gefasst ist. Der BGH hat schon entschieden, dass ein landesrechtliches Verbotsgesetz in Bezug auf Spielhallen zur Unwirksamkeit des Spiel-vertrages nach § 134 BGB führt (BGH NJW 1962, 1671). Folglich muss es auch ein Schutzgesetz sein.

dd)
Auch wenn man die Systematik des Gesetzes betrachtet, so enthält § 4 GlückStV allgemeine Vorschriften, deren zivilrechtliche Wirkung zB bei § 4 Abs. 4 GlückStV unbestritten ist. Die zivilrechtliche Wirkung des Satzes „(4) Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“, die nicht noch einer Verfügung einer Verwaltungsbehörde bedarf, ist offensichtlich.

Es würde systematisch daher keinen Sinn ergeben, die Unterbindung der Zahlungsströme in § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV anzuordnen, wenn darauf allein Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GlückStV gestützt werden sollen. Im Gegenteil würde § 9 Abs. 1 Nr. 4 GlückStV hierzu allein völlig ausreichen. § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV wäre rein deklaratorisch und wirkungslos. Dies widerspricht dem Charakter eines Gesetzes.

ee)
Auch nach teleologischer Auslegung ist von einem Verbotsgesetz auszugehen.

Entscheidend ist hierfür, ob der Gesetzgeber nur die Rahmenbedingungen eines Geschäftes regeln will, oder das ganze Geschäft an sich unterbunden werden soll. So ist ein Kaufvertrag, der entgegen dem Ladenschlussgesetz zu Stande kommt nicht unwirksam, da nur der Rahmen ge-regelt werden soll (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2018, BGB § 134 Rn. 42). Hier will der Gesetzgeber aber das Geschäft an sich verhindern. Zahlungsdienstleistungen in Bezug auf illegales Glücksspiel sollen ausnahmslos nicht stattfinden.

§ 4 Abs. 1 GlückStV soll Glücksspiel im Internet, das weitgehend nicht reguliert werden kann und durch die einfache Verfügbarkeit und den Ablauf „im Dunkeln“ nach Ansicht des Gesetzgebers ein hohes Gefahrenpotential hat, verhindern (vgl. dazu auch EuGH, Urt. 8.9.2010 – Rs. C-46/08, Tz. 103). Aufgrund der internationalen Verfügbarkeit soll der Schutz nach § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV da-durch gewährleistet werden, dass dem Online Glücksspiel schon der „Cash Flow“ entzogen wird (“Financial Blocking“ vgl. Rock, „Cutting the Cash Flow“, ZfWG 2018, 20). Damit stehen die Zahlungs-dienstleister in der Verantwortung die betreffenden Transaktionen nicht durchzuführen. Sie sind Adressat der Norm und nicht erst eines von einer Aufsichtsbehörde zu erlassenden Verwaltungsaktes. Dazu bräuchte es § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV gar nicht (s.o.).

Das LG München I, aaO., Rn. 27 argumentiert hingegen: „Dieses Ziel werde geradezu torpediert, wenn davon auszugehen wäre, dass eine Nichtigkeit der Autorisierung von Zahlungsvorgängen vorläge. Dann würde das in der Regel gutgläubige Kreditinstitut auf den Aufwendungen sitzenbleiben und dem Spieler sozusagen einen Freibrief erteilt, weil der verspielte Einsatz sogleich von der Bank erstattet würde und der Spieler keine finanziellen Einbußen oder Risiken eingehen würde. Der Spieler könnte unter diesen Umständen Glücksspiel ohne jegliches finanzielle Risiko ausführen.“
Dieses Argument betrachtet jedoch allein die Folgen eines Verstoßes. Auszugehen ist aber von dem Fall, dass der Finanzdienstleister diese Transaktionen gerade unterbindet. Nach dem Argument des LG München I müsste auch ein Casino, das einen Spieler trotz Sperrvertrag spielen lässt, den Einsatz nicht zurück gewähren, da dieser bei Umgehung der Sperre ja einen „Freibrief“ hätte. Der BGH hat logischerweise umgekehrt entschieden (BGH, Urt. 15.12. 2005, Az. m ZR 65/05). Denn der Gesetzgeber will die Finanztransaktion gerade von Anfang an verhindern. Dabei darf nicht der Fall betrachtet werden, was die Folgen sind, wenn diese doch, entgegen dem gesetzlichen Verbot, stattfindet. Denn das Gericht hat nicht zu beurteilen, ob der Gesetzgeber durch das Gesetz seine Zielsetzung erreicht. Vielmehr muss der Zweck des Gesetzes, also die Zahlungen zu unterbinden, erreicht werden. Das Argument des LG München I hätte zur Folge, dass die Finanztransaktion gerade wirksam sein soll, damit der Spieler sie nicht vom Finanzunternehmen ersetzt verlangen kann. Das Gesetz bestimmt aber, dass sie nicht wirksam sein soll. Das Argument des LG München I kann daher jedenfalls dann nicht gelten, wenn das Finanzunternehmen nicht gutgläubig ist (dazu im Weiteren). In diesem Fall ist die Auslegung des LG München I mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.

ff)
Insgesamt folgt aus dem eindeutigen Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, Finanz-transaktionen schon im Vorfeld von illegalem Glücksspiel einzudämmen, und aus der Systematik des Gesetzes, dass § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV eine zivilrechtliche Verbotsnorm darstellt, die keine
weiteren Voraussetzungen auf Grund der öffentlich-rechtlichen Regelung in § 9 GlückStV hat  (ebenso: AG Leverkusen, WM 2019, 1304; AG München, Urt. 21.2.2018, Az. 158 C 19107/17, Rn. 18 – juris; Maier, EWiR 2019, 451 (452); Rock, ZfWG 2019, 412 (413); a.A. OLG München, Verf. 6.2.2019, Az. 19 U 793/18, Rn. 6 – juris; LG Düsseldorf, Urt. 10. 10.2019, Az. 8 O 398/18 – juris; LG Wuppertal, Urt. v. 30.10.2019, Az. 3 0 384/18; Neuhof, WuB 2019, 546 (549)). Die Gesetzesmaterialien können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen, insbesondere, da es sich um einen Staatsvertrag handelt, der keinen einheitlichen Gesetzgebungsprozess hatte. So weicht auch die Rechtsansicht der Landesregierung Niedersachsen von den Gesetzesmaterialien ab (vgl. LT(Niedersachsen)-Drucks. 18/3543, BI. 373f.).

3.
Ein Verbotsgesetz muss im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB zudem auch noch Schutzgesetz sein und daher die Rechtsgüter des Einzelnen im Blick haben.
Dabei definiert schon § 1 Nr. 3 und Nr. 4 GlückStV die Schutzvorschriften als spielerschützend.
Die Zulassung von im Grund wegen der Sucht- und Überschuldungsgefahr unerwünschten Glückspiels dient in erster Linie nur dazu, dies nicht in den unregulierten Graubereich zu verdrängen, sondern in regulierten Bahnen zu halten (BVerfG NVwZ 2001, 790 (793); NJW 1970, 1363). Es soll dabei die Gefahr der hoffnungslosen Überschuldung Einzelner gebannt werden, die dem Glücksspiel immanent ist und im weiteren zu Beschaffungskriminalität und dem Abrutschen von Familien in prekäre Verhältnisse führen kann (OLG Hamm, NJW-RR 2003, 971 (972); BGH NJW 2012, 48 (49 Rn. 10)). Somit ist ein Schutz des Spielers „vor sich selbst“ beabsichtigt (BGH NJW 2012, 48 (49 Rn. 11)).
§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV ist daher individualschützend.

4.
Die Beklagte hat gegen das Verbotsgesetz verstoßen.

Dabei ist es objektive Voraussetzung des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV, dass illegales Glücksspiel stattgefunden hat. Online-Casinospiele sind nach § 4 Abs. 4 GlückStV in dessen Anwendungsbereich verboten.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger von Ulm aus online gespielt hat. Das tatsächliche Spiel läge erst mit dem Einsatz des zuvor erworbenen Spielgelds vor. Die Einzahlung von Geld auf einer Casino-Seite sei dabei nur eine rechtlich neutrale Vorabhandlung. Dabei sei auch noch nicht festgelegt, ob das Geld überhaupt zum Spielen verwendet werde und von wo das Spielen stattfinde.

a)
§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV verbietet hingegen die Mitwirkung an Zahlungen schon, wenn sie im „Zusammenhang“ mit illegalem Glücksspiel erfolgen. Dabei müssen Vorfeldhandlungen, wie der Erwerb der virtuellen „Chips“, umfasst sein. Andernfalls würde die Norm keinen Sinn ergeben. Es ist nämlich der Standardfall bei Casinospielen, dass zunächst „Spielgeld“ erworben wird, welches sodann eingesetzt wird. Eine Überweisung von Geld, um dieses direkt zu setzen, wird die Ausnahme oder gar nicht möglich sein. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV ist es gerade diesen Kauf von Spielgeld zu unterbinden (“financial blocking“, vgl. Rock, „Cutting the Cash Flow“, ZfWG 2018, 20), so dass es gar nicht zum Geldtransfer kommen kann.

Nach Auslegung von Sinn und Zweck muss daher auch das vorbereitende „Einkaufen“ von Spielgeld in der Absicht, hiermit Online-Glücksspiel von Deutschland aus durchzuführen, von § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV umfasst sein. Anders wäre der Gesetzeszweck verfehlt und die Norm hätte keinen Anwendungsbereich.

b)
Richtig ist, dass der Spieler die Möglichkeit hat, das Spielgeldkonto z.B. in Ulm aufzuladen und die Spieleinsätze sodann in Schleswig-Holstein oder außerhalb Deutschlands zu tätigen. In Schleswig-Holstein war auf Grund des § 19 GlückSpG SH a.F. das Anbieten von Online-Glücks-spiel bei Vorliegen einer Konzession von Schleswig-Holstein legal. Schleswig-Holstein war dem Glücksspielstaatsvertrag nicht beigetreten. Die Konzessionen galten bis Dezember 2018 fort.

Somit liegt keine Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel nach § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV vor, wenn das mit dem Spielgeld durchgeführte Glücksspiel nicht im Geltungsbereich des GlückStV stattfand.

Zahlungsabwicklungen zum Aufladen eines Spielgeldkontos sind nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV dann nicht rechtswidrig, wenn das Glücksspiel nicht „unerlaubt“ ist. Onlineglücksspiel in Schleswig-Holstein oder im Ausland wäre erlaubt gewesen. Daher ist eine Auslegung des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV, dass das Aufladen eines Spielkontos schon rechtswidrig ist, wenn die Einsätze sodann legal sind, nicht möglich.

c)
Es ist unstreitig, dass der Kläger in mehreren Überweisungen 5.172,23 € an das Glücksspielportal „888 Germany Ltd.“ überwiesen hat. Der Verwendungszweck war bei jeder Überweisung „888 Poker“. Das Aufladen des Spielgeldes findet, nach den Darlegungen der Beklagten, durch Auswählen der Zahlungsart PayPal auf der Webseite des Glücksspielportals statt. Das Portal bestimmt daher den Verwendungszweck. Schon damit steht fest, dass das Spielgeld zur Verwen-dung beim Poker gedacht war. Der Kläger legt eine damit in Einklang zu bringende Einzelabrechnung als Anlage L 14 (BI. 421) vor, die bei Einsätzen von 45.413,19 USD für Onlinecasinospiele nur 39.168,44 USD Gewinn angibt. Die Aussage des Klägers bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung, er habe diese gesamten Einzahlungen verspielt und sei dann auf eine andere Internetseite gewechselt (Protokoll 8.7.2019, S. 2, BI. 355), ist daher glaubhaft.

Ebenso konnte der Kläger einen Spielverlauf der Firma „bet at home“ vorlegen (Anlage L 21, BI. 615 ff.). Das Gericht konnte den Spielverlauf ebenfalls mit dem vom Kläger übermittelten Passwort von der Internetseite „https://ulng.bet-at-home.eom/s/tW8dnyYdtxjBmNQ“ ausdrucken (Ausdruck vom 17.10.2019, BI. 622 ff.). Der Spielverlauf stimmt mit den unstreitigen Zahlungen von 4.490,00 € an „bet-at-home“ überein. Aus diesem ergeben sich „BlackJack“ Spiele online und nach gewonnenen und verlorenen Spielen ein vollständiges „Leerspielen“ des Spielgeldkontos. Auch dies stimmt mit den Darlegungen des Klägers in seiner Anhörung überein.

Der Kläger gab weiter an, in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einzahlungen, die von Ulm aus in Auftrag gegeben wurden, gespielt zu haben. Dies ist auch dem Spielverlauf (L 14, L 21) zu entnehmen. Es ist daher überzeugend, wenn der Kläger angibt, ebenfalls von Ulm aus gespielt zu haben. Es kann mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger nach den Einzahlungen in Ulm am gleichen Tag von Ulm aus ins Ausland oder nach Schleswig-Holstein fuhr und anschließend für weitere Einzahlungen zurück nach Ulm, um sodann zum Spielen wieder ins Ausland oder nach Schleswig-Holstein zu fahren.

Somit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger von Ulm aus mit den Einzahlungen von 9.662,23 €, die er über den Zahlungsdienst der Beklagten vorgenommen hat, Online-Casinospiele vorgenommen hat, die nach § 4 Abs. 4 GlückStV verboten sind.

d)
§ 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV hat auch keine weitere, ungeschriebene Voraussetzung, dass der Geldtransfer analog § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlückStV erst „nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote“ durch eine Aufsichtsbehörde verboten wäre, wie die Beklagte argumentiert.

Die Beklagte ist der Meinung, das Bekanntgabeerfordernis sei auch in § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV hineinzulesen bzw. daraus zu folgern, dass Rechtsfolgen davon abhängig seien, dass der Zahlungsdienstleister die Illegalität des Glücksspiels kenne. Andernfalls sei für den Zahlungsdienstleister gar nicht bestimmbar, wann er eine Zahlungsverpflichtung, zu der er vertraglich verpflichtet sei, nicht ausführen dürfe. Dies würde einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit des Zahlungsdienstleisters bedeuten (Art. 56 AEUV), der nicht zu rechtfertigen sei, wenn der Dienstleister verschuldensunabhängig haften müsse.

Jedoch weiß die Beklagte hier, dass die Glücksspielanbieter in Deutschland illegale Online Casinospiele anbieten. Die Beklagte hat mit den Anbietern eigene Akzeptanzverträge. Es ist daher gar nicht erkennbar, wozu eine vorherige Bekanntgabe durch eine Aufsichtsbehörde noch notwendig sein soll. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass das zivilrechtliche Verbot in § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV von weiteren Voraussetzungen abhängen soll, die erst im öffentlich-rechtlichen Teil geregelt werden. Auch eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlückStV kommt nicht in Betracht, da die Regelungsbereiche der zivil- und öffentlich-rechtlichen Wirkung weder vergleichbar sind, noch eine Regelungslücke zu erkennen ist. Dem Gesetzgeber steht es frei, die Voraussetzung der zivilrechtlichen Haftung oder Nichtigkeit von Verträgen anders festzulegen, als die Voraussetzungen für hoheitliche Maßnahmen (a.A. Neuhof, WuB 2019, 546 (549)).

5.
Die Beklagte führte diese Zahlungen auch schuldhaft aus, obwohl sie gegen § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV verstießen.

a)
Im Rahmen der Prüfung von § 823 Abs. 2 BGB ist Verschulden in Bezug auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gesetzliche Voraussetzung. Daher muss die Beklagte zumindest fahrlässig auch in Bezug auf das Vorliegen von unerlaubtem Glücksspiel gehandelt haben.
Die Beklagte wendet gegen ihr Verschulden ein, dass sie nicht erkennen könne, von wo aus der Einsatz des Spielgelds wofür erfolgt. Unstreitig ist hingegen, dass sie erkennen konnte, dass das Spielgeld von Ulm aus erworben wurde und die Zahlungsempfänger ein Onlinecasino (888 Germany für 888Poker) bzw. ein Casino und Sportwettenanbieter (bet-at-home.com) waren.

Wie bereits festgestellt, ergibt die Regelung in § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV nur Sinn, wenn bereits Vorfeldhandlungen, wie das Aufladen von Spielgeld, von dem gesetzlichen Verbot erfasst sind. Wollte man dies anders sehen, wäre die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV wir-kungslos und das Ziel den „CashFlow“ zu unterbinden, könnte gerade nicht erreicht werden.

Trotzdem kann es theoretisch Fälle geben, in dem mit dem aufgeladenen Geld kein illegales Glücksspiel vorgenommen wird. Was genau mit dem aufgeladenen Betrag passiert, kann der Zahlungsdienstleister nicht erkennen. Im Fall von legalem Glücksspiel ist der Zahlungsdienstleister hingegen vertraglich verpflichtet, die Einzahlung vorzunehmen. Im Fall von illegalem Glücksspiel ist der Zahlungsdienstleister gesetzlich verpflichtet, die Zahlungsanweisung abzulehnen.

In Abwägung der vertraglichen Verpflichtung und der Dienstleistungsfreiheit des Zahlungsdienstleisters und des legitimen Interesses des Gesetzgebers Onlineglücksspiel schon durch Unterbinden der Zahlungsströme zu bekämpfen, ist ein Ausgleich dadurch möglich, dass vom Zahlungsdienstleister eine Kontrollpflicht auf Zahlungen besteht, die im Zusammenhang mit Glücksspiel stehen können. Dies ist der Beklagten hier unstreitig möglich, da sie eine Zahlung nicht an eine anonyme Kontonummer sendet, sondern den Zahlungsempfänger und dessen Geschäftsfeld kennt, da sie mit diesem einen Akzeptanzvertrag geschlossen hat.

Bei Zahlungen, bei denen die Umstände sehr für einen Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel sprechen, z.B. der Zahlung eines Kunden mit deutscher Adresse außerhalb von Schleswig-Holstein, muss die Beklagte Vorsorge zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten treffen. Denn der Zahlungsdienstleister hat eine Pflicht nach seinen Möglichkeiten zu überprüfen, ob die Zahlung abgewickelt werden darf, oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (BGH NJW 2002, 3698 (3699 unter II. 3. b.); vgl. auch zur Pflicht nahe liegende Kontrollmechanismen zu implementieren: BGH, Urt.  13.01.2004, Az. XI ZR 479/02 Rn. 26 – juris). Zwar muss und darf er den Zahlungsauftrag nur ablehnen, „wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass dem Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Karteninhaber nicht zusteht“ (BGH NJW 2002, 3698 (3699 unter II. 3. b.) mit zahlreichen weiteren Nennungen). Der Zahlungsdienstleister darf jedoch vor einem nahe liegenden Gesetzesverstoß die Augen nicht verschließen (vgl. BGH NJW 2002, 2234 (2237 unter II. 2. b) aa)). In diesen Fällen sprechen aber so gut wie alle Umstände dafür, dass vom Ort der Aufladung auch ein Einsatz des Geldes erfolgen soll. Die Möglichkeit, das Spielgeld in Ulm aufzuladen und dieses sodann erst später im Ausland (oder Schleswig-Holstein) einzusetzen, ist nur theoretischer Natur.

Der Zahlungsdienstleister darf sich auch nicht sicher sein, ob der Anweiser die gesetzlichen Vorschriften zum Verbot von Online-Glücksspiel kennt. Er muss daher davon ausgehen, dass regelmäßig gegen § 4 Abs. 4 GlückStV verstoßen wird. In diesem Fall wird er nachzufragen haben, ob ein Fall des illegalen Glücksspiels vorliegt (so auch: Rock, ZfWG 2019, 412 (414)). Dieser Fall ist auch leicht zu bestimmen. Glücksspiel im Internet von Deutschland aus (außer Schleswig-Holstein) ist illegal. Glücksspiel definiert sich nach § 3 Abs. 1 S. 1 GlückStV.

Eine solche Bestätigungspflicht wäre auch nicht wirkungslos. Der Zahler könnte so von der Strafbarkeit (§ 285 StGB) der Online-Glücksspiels und der Nichtigkeit des Glücksspielvertrages erfahren. Damit muss er damit rechnen, theoretisch einen erzielten Gewinn nicht ausbezahlt zu bekommen, jedenfalls nicht einklagen zu können und eventuell bei einer Strafverfolgung wieder zu verlieren (§§ 286, 74a StGB).

In diesem Fall hat die Beklagte aber gar keine Instrumente geschaffen, um eine Zahlung, die mit größter Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel steht, was für die Beklagte erkennbar war, zu verhindern. Sie hat nicht überprüft oder sichergestellt, dass dem Kläger die Rechtswidrigkeit von Onlineglücksspiel bekannt ist. Dabei profitiert sie von der Zahlung durch Provisionen. Sie kann dieser Verpflichtung auch nicht entgegenhalten, dies würde zu einer zu großen Belastung des Zahlungsdienstleisters führen, denn es ist die wirtschaftliche Entscheidung der Beklagten mit Online-Glücksspielanbietern Akzeptanzverträge zu schließen. Sie kann das Entgelt für diese Zahlungen frei bestimmen und Risikozuschläge verlangen. Den Aufwand zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtungen hat sie daher zu tragen (so auch BGH NJW 2002, 2234 (2237), a.A. Neuhof, WuB 2019, 546 (549)).

Die Beklagte hat vielmehr sehenden Auges in Kauf genommen, dass die Zahlung, wie sie sich der Beklagten darstellt, mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel steht. Dabei kann sie sich auch nicht damit entlasten, dass die Zahlung jedenfalls soweit sie an „bet-at-home“ ging, auch für Sportwetten hätte verwendet werden können. Denn die Beklagte hat jedenfalls trotz der Möglichkeit des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV keinerlei wirksame Maßnahmen zur Erreichung des Gesetzeszweckes getroffen. Die Versicherung der Glücksspielanbieter die „gesetzlichen Vorschriften“ einzuhalten, reicht hierfür nicht aus, nachdem die Illegalität von Onlinecasinospielen nach § 4 Abs. 4 GlückStV eindeutig ist.

b)
Es kommt auch nicht darauf an, wie die Beklagte meint (Klageerwiderung S. 39, BI. 111), dass bei berufstypischen und damit „neutralen“ Handlungen vom BGH eine Strafbarkeit erst angenom-men wird, wenn der Schädiger es wenigstens für überwiegend wahrscheinlich hält, dass sein Tun eine Straftat fördert (BGH NStZ 2017, 337 (338)). Denn die Beklagte musste es hier für überwiegend wahrscheinlich halten, dass der Kläger den aufgeladenen Einsatz sogleich vom Auflade-/Wohnort einsetzt.

Somit hat die Beklagte erkannt, dass die Zahlung wahrscheinlich im Zusammenhang mit Glücksspiel steht und vorsätzlich keine Vorkehrungen getroffen, um vom Kläger Klärung zu verlangen, ob Onlineglücksspiel beabsichtigt ist, um ggf. den Zahlungstransfer zu unterbinden.
Sie handelte daher schuldhaft.

6.
Der Kläger hat auch einen Schaden erlitten.

Nach § 249 Abs. 1 BGB ist nach der Differenzhypothese die tatsächliche Vermögenslage des Klägers mit der Vermögenslage zu vergleichen, die ohne das schädigende Ereignis bestanden habe. Die Beklagte argumentiert, dass allein durch die Aufladung von Spielgeld der Kläger keinen Schaden erlitten hat. Das folgende Glücksspiel ist aber ebenfalls adäquat kausal auf den Aufladevorgang zurückzuführen. Mittelbare Kausalität reicht aus (MüKoBGB/Oetker,

8. Aufl. 2019, BGB § 249 Rn. 142). Der folgende Spielvorgang stellt kein Ereignis dar, das den Kausalzusammenhang völlig unterbricht. Dies gilt für den Spielvorgang in seiner Gesamtheit. Es kann nicht auf das einzelne „BlackJack-“ oder Pokerspiel abgestellt werden, sondern auch auf folgende, in unmittelbarem Zusammenhang stehende weitere Spiele, bei denen der Einsatz und Gewinn des Vorspiels weiter gesetzt wird. Erst nach einer Auszahlung wird man den Kausalzusammenhang als beendet ansehen können. Eine solche Auszahlung fand hier nicht statt.
Nach der Differenzhypothese ist durch Zahlung von 9.662,23 € der Zustand ohne schädigendes Ereignis herzustellen.

7.
Ein Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB kommt nicht in Betracht.
Ein solches ist ausgeschlossen, wenn durch den Mitverschuldenseinwand der Schutzzweck der Norm entwertet werden würde (BGH, Urt. 15. 12. 2005, Az. III ZR 65/05 Rn. 20 – juris). Dies wäre hier der Fall. Da der Zahlungsdienstleister keinerlei Ersatzpflichten nach der Durchführung einer Transaktion fürchten müsste, wenn diese regelmäßig nach § 254 BGB ausgeschlossen wären, wäre die zivilrechtliche Schutzkomponente des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV entwertet. Dies gilt in gleichem Maße, wenn die Beklagte sich durch ihren Vortrag, der Kläger hätte ohne die Nutzung des PayPal-Dienstes eben ein anderes Zahlungsverfahren benutzt, entlasten könnte.

Somit kann der Zahlungsdienstleister dem Anweisenden nur ein „qualifiziertes“ Mitverschulden entgegenhalten (BGH, Urt. 15. 12. 2005, Az. III ZR 65/05 Rn. 18 – juris). Dies wäre eventuell der Fall, wenn der Anweisende z.B. trotz Nachfrage des Zahlungsdienstleisters bewusst der Wahrheit zu-wider versichert, dass er nur legale Zwecke mit der Überweisung beabsichtige. Somit würde sich auch ein geschlossenes Schutzkonzept ergeben, das sowohl dem Gesetzeszweck des § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV gerecht wird, als auch die Dienstleistungsfreiheit des Zahlungsdienstleisters be-rücksichtigt. Denn der Zahlungsdienstleister wäre davor geschützt verschuldensunabhängig auf den Ersatz von Zahlungen an Onlinecasinos zu haften, wenn er zuvor den Anweisenden darauf hinweist, dass das Spielen aus Deutschland (ohne Schleswig-Holstein) illegal, strafbar und ohne Rechtsanspruch auf Auszahlung eines Gewinnes ist. Versichert der Spieler der Wahrheit zuwi-der, dass er dies nicht beabsichtige, liegt ein qualifiziertes Verschulden vor, das nach § 254 BGB einen Ersatzanspruch ausschließt.

In diesem Fall ist eine solch qualifizierte Pflichtwidrigkeit aber nicht festzustellen. Dass der Kläger im „Kleingedruckten“ der Onlinecasinos hätte feststellen können, dass die Teilnahme nur im Geltungsbereich des Glücksspielgesetzes Schleswig-Holstein erlaubt ist, kann hierzu nicht ausreichen.

8.
Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen Art. 56 AEUV. Zwar liegt eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit schon vor, wenn eine Leistungserbringung weniger attraktiv gemacht wird (Streinz/Müller-Graff, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 56 Rn. 87). Unabhängig davon, ob der Eingriffsbegriff für reine Ausübungsregelungen, die diskriminierungsfrei erfolgen, abzuschwächen ist (so für die Wa-renverkehrsfreiheit: EuGH, Urt. 24.11.1993 – Rs. C-267/91; Rs. C-268/91 (Keck), Tz. 16), wäre ein Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Denn das Verbot von Glücksspiel im Internet ist ein geeigneter Rechts-fertigungsgrund. Die besonderen Gefahren der Spielsucht und damit einhergehenden Überschul-dung sind auf Grund der Anonymität und fehlende soziale Kontrolle des Internets begünstigt (EuGH, Urt. 8.9.2010 – Rs. C-46/08, Lts. 3). Selbst wenn dies wissenschaftlich nicht belegt sein sollte, reicht der weite Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers aus, diese Maßnahmen zu treffen.

B.
Die Beklagte kam mit der Zahlung nach der Mahnung des Klägers mit Schreiben vom 22.08.2017 und Fristsetzung bis 08.09.2017 zum 09.09.2017 in Verzug, § 286 Abs. 1 BGB. Der Kläger kann ab diesem Zeitpunkt die Verzinsung gemäß § 288 Abs. 1 BGB verlangen. Vom Anspruch des Klä-gers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 GlückStV ist nach § 249 BGB ebenfalls die Er-stattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren umfasst (Palandt, Grüneberg, 78. Aufl., § 249 Rn. 56, 57), die sich bei einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 887,03 € belaufen. Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ist nach §§ 291, 288
Abs. 1 BGB ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar-
keit ergeht nach § 709 ZPO.

I