OLG Bamberg, Urteil vom 09.10.2013, Az. 3 U 48/13
§ 3 UWG, § 4 Nr. 1 UWG; § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a HWG
Das OLG Bamberg hat entschieden, dass eine Apotheke für eine „Kunden werben Kunden“-Aktion Einkaufsgutscheine an die Werber ausgeben darf, sofern diese nur für rezeptfreie Produkte einlösbar sind und einen Wert von 5 € haben. Dann handele es sich um zulässige Imagewerbung, die nicht unter die Verbote des Heilmittelwerbegesetzes falle. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Bamberg
Urteil
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 07.02.2013, Az. 1 HKO 74/12, wird zurückgewiesen.
2.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Coburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien stehen als Apotheker im Wettbewerb. Der Beklagte warb mit einem Werbeflyer (Anlage BL 1), der zum einen sowohl rezeptfreie Arzneimittel als auch Medizinprodukte und Kosmetika mit Preisabschlägen und zum anderen eine Aktion „Kunden werben Kunden!“ bewarb. Hierbei wurde für einen Kunden ein Einkaufsgutschein in Höhe von 5 € unter den Voraussetzungen ausgelobt, dass er einen Dritten dazu bewegt, rezeptfreie Produkte für mindestens 20 € beim Beklagten zu erwerben, wobei der Einkaufsgutschein im Wert von 5 € seinerseits erst ab einem Einkaufswert von 20 € für rezeptfreie Produkte einlösbar ist, soweit es sich bei den rezeptfreien Produkten um Heilmittel im Sinne des HWG handelt.
Insoweit streiten die Parteien (nur noch) über die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen sog. Laienwerbung. Das Landgericht hat die Klage insoweit (Klageantrag Ziffer 1.) sowie hinsichtlich des dazugehörenden Auskunfts- und Feststellungsantrags durch Endurteil vom 07.02.2013 abgewiesen.
Es ist der Ansicht, dass die streitgegenständliche Laienwerbung nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG sei. Der Einsatz von Laienwerbern für den Absatz von Waren und Dienstleistungen sei eine lauterkeitsrechtlich grundsätzlich zulässige Werbemethode. Der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes sei zwar eröffnet, da es sich um eine produktbezogene Werbung handele. Da sich die Werbung auf einem Werbeflyer befinde, der ganz konkret eine Vielzahl von konkreten Arzneimitteln bewerbe, handele es sich vorliegend um eine sog. Absatzwerbung. Die Werbung sei jedoch nicht unzulässig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, wonach grundsätzlich Zuwendungen und sonstige Werbegaben im Zusammenhang mit der produktbezogenen Werbung für Heilmittel verboten sind. Der Einkaufsgutschein sei ein bestimmter Geldbetrag im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG und damit ausnahmsweise zulässig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 48 – 62 d. A.) gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Gegen das am 11.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.03.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 11.04.2013 begründet.
Er verfolgt seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche, insbesondere den Unterlassungsanspruch, weiter und beanstandet im Wesentlichen:
Das Landgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass der Anwendungsbereich des § 7 HWG eröffnet sei. Es sei jedoch unzutreffend davon ausgegangen, dass allein die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 7 HWG für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung gemäß § 4 Ziffer 1 UWG nicht ausreichend sei. Darüber hinaus habe es weiterhin unzutreffend angenommen, dass die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG eingreife und eine Geldprämie ohne Verstoß gegen § 7 HWG gewährt werden dürfe.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG sei eng auszulegen. Erfasst seien nur bestimmte Geldbeträge, die einen Geldrabatt oder ähnliches darstellten und einen konkreten Bezug zu einem Produkt hätten. An einer solchen Produktbezogenheit fehle es jedoch bei dem vorliegenden Einkaufsgutschein, der sich auf das gesamte Sortiment beziehe.
Im Übrigen habe der BGH einen Einkaufsgutschein auch in seiner Entscheidung vom 09.09.2010 – Unser Dankeschön für Sie – nicht im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG diskutiert, sondern als geringwertige Kleinigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG angesehen. Dass ein Einkaufsgutschein in Höhe von 5 € jedoch keine geringwertige Kleinigkeit in diesem Sinne darstelle, habe der BGH in dieser Entscheidung ebenfalls klargestellt.
Es komme für die Unlauterkeit der Laienwerbung gemäß § 4 Nr. 1 UWG nicht darauf an, dass ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG vorliege; ausreichend sei, dass der Anwendungsbereich des HWG eröffnet sei.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren,
das Urteil des Landgerichts Coburg vom 07.02.2013, Az. 1 HK O 74/12, soweit die Klageanträge des Klägers abgewiesen wurden, aufzuheben und wie folgt zu erkennen:
I. Dem Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs damit zu werben und/oder werben zu lassen, dass ein Kunde dafür, dass er einen Dritten dazu bewegt, rezeptfreie Produkte für mindestens 20,00 € beim Beklagten zu erwerben, einen Einkaufsgutschein im Wert von 5,00 € erhält, welcher ebenfalls ab einem Einkaufswert von 20,00 € für rezeptfreie Produkte einlösbar ist, soweit sich dies bei den rezeptfreien Produkten um Heilmittel im Sinne des HWG handelt, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage BL 1 wiedergegeben.
II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang er Handlungen entgegen dem Klageantrag Ziffer I. bereits vorgenommen hat, insbesondere unter Angabe der Anzahl und des damit zusammenhängenden Umsatzes und Gewinns der geworbenen Neukunden.
III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem aus Handlungen, wie sie Gegenstand des Klageantrags Ziffer I. sind, bereits entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 689,90 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.09.2012 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Anwendungsbereich des HWG sei mangels produktbezogener Absatzwerbung nicht eröffnet. Der Beklagte habe mit der Aktion „Kunden werben Kunden!“ gerade kein konkretes Heilmittel beworben, sondern lediglich unternehmensbezogene Imagewerbung betrieben. Der Beklagte werbe für sein gesamtes Sortiment; insoweit sei kein konkreter Produktbezug erkennbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07 – D..
Es liege jedenfalls kein Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht vor. Die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG wäre auch auf die Auslobung des streitgegenständlichen Einkaufgutscheines anwendbar. Hiernach sei die Auslobung von Barrabatten erlaubt, soweit sie nicht entgegen den Arzneimittelpreisvorschriften gewährt werden. Der Gutschein sei ein Barrabatt in diesem Sinne. Die Geringfügigkeitsgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG gelte hierfür nicht, dies folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Bonustalern – Unser Dankeschön für Sie.
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG sei auch nicht schon deswegen gegeben, weil der Anwendungsbereich des HWG betroffen sei. Eine übertriebene Anlockwirkung sei nicht gegeben.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 09.09.2013, eingegangen am 10.09.2013, hat der Beklagte für den Fall, dass der Anwendungsbereich des HWG eröffnet sei und in der Auslobung des Gutscheins kein Barrabatt, sondern eine Zugabe zu erkennen sei, beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV im Vorabentscheidungsverfahren die Frage zur Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex vorzulegen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage bezüglich der im Berufungsverfahrens noch streitgegenständlichen Unterlassungs-/Auskunfts- und Feststellungsanträge zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus §§ 8 Abs. 1 und 3 i.V.m. §§ 3 und 4 Nr. 1 und Nr. 11 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG auf Unterlassung der Aktion „Kunden werben Kunden!“.
1.
Das Landgericht hat den Einsatz von Laienwerbern für den Absatz von Waren und Dienstleistungen zu Recht als eine lauterkeitsrechtlich grundsätzlich zulässige Werbemethode angesehen.
Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.07.2006, Az. I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 – Kunden werben Kunden, folgt die Wettbewerbswidrigkeit des Einsatzes von Laien zur Werbung von Kunden aufgrund des gewandelten Verbraucherleitbilds, insbesondere nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung, nicht schon aus der Gewährung nicht unerheblicher Werbeprämien, sondern setzt das Vorliegen sonstiger die Unlauterkeit begründender Umstände voraus. Ein solcher Umstand kann darin liegen, dass sich die Werbung auf Waren oder Dienstleistungen bezieht, für die besondere Werbeverbote bestehen. Im damals entschiedenen Fall, dem Sachprämien für den Erwerb von Gleitsichtgläsern durch geworbene Neukunden zugrunde lagen, sah der Bundesgerichtshof die Laienwerbung als unangemessene unsachliche Beeinflussung im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG an, da sie sich auf Gegenstände bezogen hatte, die dem Werbeverbot des § 7 HWG unterlagen.
2.
Für den vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes grundsätzlich eröffnet ist.
a)
In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen ist allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt. Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob es sich bei der zu beurteilenden Werbung um Absatz- oder Firmenwerbung handelt, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht (BGH GRUR 1992, 873 – Pharma- Werbespot; GRUR 1995, 223 – Pharma-Hörfunkwerbung; GRUR 2003, 353, 355 f. – Klinik mit Belegärzten). Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für die in § 7 HWG geregelte Werbung mit Werbegaben. Die Bestimmung des § 7 HWG ist daher nur dann anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen (BGH Urteil vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07, GRUR 2009, 1082 Tz. 15 – D.).
Stellt man auf diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, wäre aufgrund der im Folgenden (unter Tz. 16) ausgeführten Grundsätze eine Absatzwerbung zu bejahen: Dort trat der Bundesgerichtshof der teilweise in der Rechtsprechung und in der Literatur vertretenen Auffassung entgegen, nach der eine produktbezogene Werbung nur bei Zuwendungen für einzelne oder abgegrenzte Teile des Sortiments vorliege, Zuwendungen auf alle Produkte des Gesamtsortiments dagegen als unternehmensbezogene Werbung einzustufen seien. Diese vernachlässige den Zweck der Regelung des § 7 HWG. Dieser bestehe vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit unentgeltlichen Zuwendungen ausgehen könne. Es gebe keinen überzeugenden Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt werde; denn die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels unsachlich zu beeinflussen, hänge nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Heilmittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Heilmitteln oder sogar für das gesamte, neben Heilmitteln auch andere Produkte umfassende Sortiment angekündigt und gewährt werde. Der Umstand, dass das von der (dortigen) Klägerin beanstandete, in Form eines Treueprogramms betriebene Kundenbindungssystem der (dortigen) Beklagten sich auf deren gesamtes Sortiment erstrecke, stehe daher der Beurteilung, es handele sich um Absatzwerbung, nicht etwa zwingend entgegen.
Nach dieser Entscheidung liegt auf den vorliegenden Fall übertragen nicht nur wegen der Platzierung der Aktion „Kunden werben Kunden!“ auf dem Werbeflyer für konkrete rezeptfreie Produkte, sondern schon allein wegen der – doppelten – Abhängigkeit der Werbeprämie vom Kauf rezeptfreier Produkte im Wert von 20 € eine Absatzwerbung vor.
b)
In der zeitlich nachfolgenden Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 Tz. 24 – Unser Dankeschön für Sie, hatte der Bundesgerichtshof den hier vergleichbaren Fall der Gewährung eines Einkaufsgutscheins im Wert von 5 € für das Einlösen eines Rezeptes, der seinerseits nur für rezeptfreie Produkte einlösbar war, in lauterkeitsrechtlicher Hinsicht zu prüfen. Hierbei ist er allerdings davon ausgegangen, dass eine auf sämtliche verschreibungspflichtigen Arzneimittel bezogene Werbung sich als Imagewerbung des Apothekers darstellt.
Der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend handelt es sich demnach im vorliegenden Fall lediglich um eine Imagewerbung des Beklagten, so dass der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes bereits nicht eröffnet ist.
3.
Selbst wenn aber eine produktbezogene Absatzwerbung vorliegen sollte, ist – wie das Landgericht zu Recht angenommen hat – die Auslobung des Einkaufgutscheines von 5 € jedenfalls gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG zulässig und damit auch nicht unlauter.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sind Zuwendungen und sonstige Werbegaben für rezeptfreie Arzneimittel (Medizinprodukte) grundsätzlich unzulässig, es sei denn, dass ein in den Nr. 1 bis 5 aufgeführter Ausnahmetatbestand vorliegt.
a)
Da der Verkehr in der Werbung mit Einkaufsgutscheinen die Ankündigung eines Preisnachlasses, das heißt einen Barrabatt, erkennt (BGH, Urteil vom 22.05.2003, Az. I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057), kommt – entsprechend der Auffassung des Landgerichts – durchaus der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG in Betracht. Hiernach sind bei der produktbezogenen Werbung für Heilmittel – ausgenommen preisgebundene Arzneimittel – auch Zuwendungen oder Werbegaben zulässig, wenn sie in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt werden. Eine Beschränkung des Barrabatts der Höhe nach sieht der Gesetzeswortlaut nicht vor.
Auch der klägerseits in Bezug genommene Hinweisbeschluss des OLG München vom 13.09.2012, Az. 7 U 2764/12, (BeckRS 2012, 24220) versteht unter den Zuwendungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG vor allem „Geldrabatte“. Das OLG München hatte in dem entschiedenen Fall jedoch eine Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a HWG verneint, weil dort eine völlig verschiedene Fallkonstellation, nämlich eine sog. Umsatzgarantie, zugrunde lag.
Ebenso wie das Landgericht ist der Senat auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung der Auffassung, dass der hier streitgegenständliche Einkaufsgutschein als Geldrabatt bzw. Preisnachlass im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG anzusehen ist.
b)
Der Senat übersieht allerdings nicht, dass der Bundesgerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 – Unser Dankeschön für Sie, den dort streitgegenständlichen Einkaufsgutschein in Höhe von 5 € nicht als Barrabatt, sondern als Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Fall HWG behandelt, allerdings wegen deutlicher Überschreitung der Wertgrenze gerade nicht als geringwertige Kleinigkeit erachtet hat. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die damalige Entscheidung auf die Bewerbung preisgebundener Arzneimittel bezogen hat, während der streitgegenständliche Einkaufsgutschein ausschließlich für den Erwerb nicht preisgebundener Heilmittel gewährt wird und eingelöst werden kann.
Die Gewährung von Barrabatten für preisgebundene Arzneimittel ist ohnehin unzulässig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. 2. Hs. HWG). Der Bundesgerichtshof überprüfte lediglich in einer wertenden Betrachtung, ob dem im damaligen Fall unzweifelhaft vorliegenden Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung ausnahmsweise keine spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Mitbewerbern (§ 3 Abs. 1 UWG) beizumessen wäre. Dies wäre der Fall gewesen, wenn er sich in den für eine entsprechende Heilmittelwerbung bestehenden Grenzen der geringwertigen Kleinigkeit gehalten hätte, was jedoch angesichts der Höhe des Gutscheines nicht der Fall war.
Hieraus lässt sich jedoch nach Ansicht des Senats für die Bewerbung von nicht preisgebundenen Heilmitteln keine weiteren Schlussfolgerungen ziehen.
4.
Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG gegeben ist, stellt sich die Frage einer Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex bzw. einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht.
Die Berufung des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
III.
Nebenentscheidungen:
1.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
2.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3.
Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zu. Angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 – Unser Dankeschön für Sie, stellt sich die Frage der Abgrenzung von unternehmensbezogener Imagewerbung zur produktbezogenen Absatzwerbung erneut, und ist dann von Relevanz, wenn man den hier streitgegenständlichen Einkaufsgutschein – wiederum im Sinne der zitierten Entscheidung – nicht als Barrabatt, sondern als Wertzugabe im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG betrachtet. In diesem Falle erhebt sich die Frage, ob § 7 HWG im Bereich der Öffentlichkeitswerbung für nicht preisgebundene Heilmittel gemeinschaftskonform ist (vgl. Prütting/Mand, Fachanwaltskommentar für Medizinrecht, 2010, § 7 HWG Rn. 13 – 19; Bülow, GRUR 2006, 952, Anm. zu BGH GRUR 2006, 949 – Kunden werben Kunden).