OLG Dresden: Pauschale Abwertung bestimmter Personengruppe auch dann „Hassrede“, wenn Beitrag möglicherweise nicht ernst gemeint ist

veröffentlicht am 12. März 2020

OLG Dresden, Beschluss vom 12.02.2020, Az. 4 U 2198/19
§ 823 BGB, § 1004 BGB

Das OLG Dresden hat entschieden, dass die pauschale Abwertung bestimmter Personengruppen im Rahmen eines Beitrags („Post“) in einem sozialen Netzwerk  durch den Betreiber, der in seinen Nutzungsbedingungen „Hassrede“ verbietet, als „Hassrede“ auch dann gelöscht werden darf, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Nutzer sie nicht ernst gemeint hat („End Terrorism. Nuke The Cube„). Zum Volltext der Entscheidung:


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Oberlandesgericht Dresden

Beschluss

In dem Rechtsstreit

gegen

wegen Feststellung und Unterlassung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch … ohne mündliche Verhandlung am 12.02.2020 beschlossen:

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 21.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, bei deren sozialem Netzwerk XXX sie ein Profil unterhält, die Wiedereinstellung eines von der Beklagten gelöschten Beitrages und die Rückgängigmachung einer 30-tägigen Sperre ihres Nutzerkontos sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit vorgenannter Maßnahmen, Auskünfte über beteiligte Stellen und Behörden sowie Ersatz materieller Schäden bzw. eine Geldentschädigung. Wegen der Einzelheiten des Geschehensablaufs, insbesondere wegen der optischen und inhaltlichen Gestaltung des streitgegenständlichen Beitrags wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klageziel uneingeschränkt weiter. Sie vertritt die Auffassung, die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, seien nicht wirksam zwischen den Parteien in den Vertrag einbezogen worden, weil der Neuerung der AGB der Beklagten eine unwirksame Änderungsklausel zugrunde liege. Darüber hinaus benachteiligten die streitgegenständlichen Klauseln die Klägerin unangemessen und seien intransparent. Die Beklagte sei nicht berechtigt, unterhalb der Schwelle zulässiger Meinungsäußerung liegende Beiträge zu reglementieren, dementsprechend sei sie weder zur Löschung des streitgegenständlichen Beitrags noch zu hieraus folgenden Sanktionen berechtigt. Ohnehin sei der streitgegenständliche Beitrag eine zulässige Meinungsäußerung, es handele sich bei dem Schriftbeitrag „Nuke the Cube“ um eine sardonische Zuspitzung einer zulässigen Meinung.

Trotz ihrer Leistungsanträge habe die Klägerin ein erhebliches Interesse auch an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Löschung/Sperrung ebenso wie sie ein schützenswertes Interesse daran habe zu erfahren, ob und gegebenenfalls welche Stellen auf die Beklagte ein-, bzw. bei der streitgegenständlichen Löschung und Sperrung mitgewirkt hätten.

Durch das Vorgehen der Beklagten seien der Klägerin immaterielle wie materielle Schäden entstanden, es stünde ihr ein bestimmter Betrag zu, sei es als Geldentschädigung, sei es als fiktive Lizenzgebühr oder aber auf der Grundlage von Art. 82 DS-GVO.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 23.08.2019, Az. 8 O 2216/18, wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass die am 01.06.2018 vorgenommene Sperrung des Profils der Klägerin (https://www.XXX.com/d……n……) auf www.XXX.com rechtswidrig war.

3. Der Beklagten wird aufgegeben, den nachfolgend wiedergegebenen, am 01.06.2018 gelöschten Beitrag der Klägerin wieder freizuschalten.

4. die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin für das Einstellen des in Ziffer 3. genannten Textes auf www.XXX.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gemäß Ziffer 2. durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall, durch welches.

6. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder Sperrung von Nutzern erhalten hat, und gegebenenfalls welche.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2018 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltskosten

a) für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 597,74 € und
b) für die Einholung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit
in Höhe von 202,71 € und
c) für die Einholung einer Deckungszusage für die Klage in Höhe von 729,23 €
durch Zahlung an die Kanzlei R…… freizustellen.

9. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit einem der Anträge Ziffern 2. bis 8. wird beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, die Daten der Klägerin dahingehend zu berichtigen, dass das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen durch den am 01.06.2018 gelöschten Beitrag aus dem Datensatz gelöscht wird und der Zähler, der die Zahl der Verstöße erfasst, um einen Verstoß zurückgesetzt wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen.

Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht. Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 18.01.2020 Stellung zu den Hinweisen im Senatsbeschluss vom 06.12.2019 genommen. Die hierin aufgezeigten Bedenken gegen die Rechtsauffassung des Senats im vorbezeichneten Beschluss greifen nicht durch. Auch eine Zulassung der Revision ist hier nicht geboten.

1.
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass der streitgegenständliche Beitrag gegen die Gemeinschaftsstandards der Beklagten verstößt, weil er eine Hassrede im Sinne dieser Standards darstellt.

Bei der Bestimmung des Sinnes des gesperrten Beitrages ist nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont davon auszugehen, dass die Aussage eine pauschale Abwertung von Muslimen beinhaltet. Die Darstellung der Kaaba in Mekka und deren Verknüpfung mit dem Begriff „Terrorismus“ bringt nicht nur zum Ausdruck, dass der Islam eine nach Meinung der Klägerin terroristische Religion ist, sondern unterstellt zugleich allen Angehörigen dieser Religion ausnahmslos und pauschal die Zugehörigkeit zu terroristischen Vereinigungen, zumindest aber Sympathien für diese. Ein Verständnis im Sinne einer abstrakten Religionskritik, wie es die Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss des Senates naheliegt, scheidet aus. Die Interpretation einer Äußerung setzt stets die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums voraus. Bei der Erfassung des Aussagegehaltes muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (statt aller: BGH, Urteil vom 12.04.2016 – VI ZR 505/14 Rz. 11 m.w.N.; Senat, Beschluss vom 14.10.2019 – 4 U 2001/19 – juris; OLG München, Urteil vom 07.01.2020 – 18 U 1491/19, u. a.). Bei Anwendung dieser Maßstäbe liegt ein Verständnis der streitgegenständlichen Äußerung als „Sardonische Religionskritik“ fern.

Die Aufforderung, sei sie ernst gemeint oder nicht, durch den Abwurf einer Atombombe dem durch den Islam verbreiteten Terrorismus ein Ende zu bereiten, beinhaltet die Vernichtung von Menschenleben als Kollateralschaden. Die Atombombe als schrecklichste Massenvernichtungswaffe steht dabei symbolisch für die Überzeugung, es sei auch legitim, in diesem Kampf sämtliche Muslime zu töten. Dieser Eindruck wird verstärkt durch das begleitende Symbolfoto, auf dem die Kaaba von Pilgermassen umringt ist. Dem verständigen Durchschnittsleser wird sich keine andere Interpretation erschließen, als diejenige, dass „muslimischen Terroristen“ nur durch deren Vernichtung beizukommen ist. Mit diesem Beitrag werden also in der denkbar schärfsten Weise Personen allein aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit angegriffen, indem ihre massenhafte Auslöschung als probates Mittel für die Bekämpfung des vermeintlich von sämtlichen Angehörigen dieser Religion verbreiteten Terrorismus propagiert wird. Dies stellt eine klare „Hassrede“ i.S.d. Nr. 12 der Gemeinschaftsstandards der Beklagten dar. Ein Verstoß gegen das in den Gesellschaftsstandards enthaltene Verbot von Hassbotschaften rechtfertigt nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (und zwar auch nach der Auffassung des 18. Senates des Oberlandesgerichts München) deren Löschung durch die Beklagte. Die Klausel als solche hält auch der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Hinweisbeschluss des Senats verwiesen. Ergänzend sei angemerkt, dass auch der klägerseits zitierte 18. Senat des OLG München die Klausel ausdrücklich mit der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz für vereinbar hält und ausgeführt hat, die Gemeinschaftsstandards der Beklagten zögen insoweit die Schranken nach, denen die Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ohnehin unterworfen sei (OLG München, a.a.O., Seite 25). Das Oberlandesgericht München, auf dessen Rechtsprechung sich die Klägerin beruft, steht damit in Einklang mit der gesamten obergerichtlichen Rechtsprechung – auch des Senats -, wonach die Beklagte berechtigt ist, das Meinungsäußerungsrecht der Nutzer durch die streitgegenständlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen und das Verbot der „Hassrede“ zu beschränken (so zuletzt ausdrücklich: OLG München, a.a.O. insbesondere Seiten 24, 25 m.w.N.).

2.
Unabhängig hiervon ist eine Sperrung/Löschung hier aber auch deswegen gerechtfertigt, weil die streitgegenständliche Äußerung zugleich den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 Buchst. c und Nr. 2 StGB erfüllt. Danach wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden, mittels Telemedien einen Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich macht, der die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer der in § 130 Abs. 1 Ziffer 1 StPO genannten Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, oder nach Abs. 2 Ziffer 1 Buchst. a) zum Hass gegenüber einer der in Abs. 1 Ziffer 1 bezeichneten Gruppe aufstachelt. Die muslimische Glaubensgemeinschaft stellt eine religiöse Gruppe im Sinne des § 130 Abs. 1 Ziffer 1 StGB dar. Ein Angriff auf die Menschenwürde nach diesem Straftatbestand liegt vor, wenn dieser sich nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, in dem unter Missachtung des Gleichheitssatzes als unterwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft abgesprochen wird (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2001 – BvR 1056/95; Beschluss vom 24.09.2009 – 2 BvR 2179/09). Es muss sich dabei um eine Tat handeln, die deshalb unmenschlich ist, weil sie das Menschentum des Angegriffenen bestreitet oder relativiert (Schönke/Schröder/Sternberg/Lieben/Schittenhelm, Kommentar zum StGB, 30. Aufl., § 130 Rz. 6), den Angegriffenen also zur „Unperson“ macht oder jedenfalls in die Nähe einer solchen rückt (Schönke/Schröder, a.a.O.).

Eine böswillige Verächtlichmachung im Sinne der Ziffer 1 Buchst. c des § 130 StGB liegt vor, wenn der hiervon Betroffene aus verwerflichen Gründen als der Achtung der Bürger unwert und unwürdig hingestellt werden (Schönke/Schröder, a.a.O. Rz. 5 m.w.N.). Mit der in dem streitgegenständlichen Beitrag enthaltenen Gleichsetzung von Muslimen mit Terroristen, deren Vernichtung gerechtfertigt oder gar geboten sei, werden sämtliche Angehörige dieser Religion unter einen unbegründeten Generalverdacht gestellt und wird ihnen das Recht abgesprochen, als Individuum wahrgenommen zu werden. Damit wird allen Muslimen unter Missachtung des Gleichheitssatzes letztlich der soziale Wert und Achtungsanspruch abgesprochen, der dem Menschen wegen seines Menschseins zukommt (so ausdrücklich für den gegen Asylbewerber pauschal erhobenen Vorwurf des „Schmarotzertums“: OLG München, Urteil vom 07.01.2020 – 18 U 1491/19, Seite 29 m.w.N.). Durch ihren Beitrag verwirklicht die Klägerin auch die Begehungsalternative nach Abs. 2 Ziffer 1 Buchst. a) des § 130 StGB. Ein Aufstacheln i.S.d. Norm beinhaltet eine „Einwirkung auf Sinne und Leidenschaften“ aber auch auf den Intellekt, die objektiv geeignet und subjektiv im Sinne eines zielgerichteten Handelns dazu bestimmt ist, eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil zu erzeugen oder zu steigern (Schönke/Schröder, a.a.O., Rz. 5 a m.w.N.). Bei dieser Tathandlung geht es darum, über die bloße Äußerung von Ablehnung oder Verachtung hinaus Anreize zu einer feindseligen Haltung zu setzen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn dazu aufgefordert wird, Personengruppen umzubringen, beispielsweise zu „vergasen“ oder, wie hier durch den Abwurf einer Nuklearwaffe zu vernichten (vgl. zahlreiche Rechtsprechungsnachweise in Fischer, StGB, 67. Aufl., 130 Rz. 9 m.w.N.).

Der Beitrag der Klägerin ist auch geeignet, den öffentlichen Frieden im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 StGB zu stören. Als abstraktes Gefährdungsdelikt fordert § 130 StGB, dass die Äußerung nach Art, Inhalt, Ort oder anderen Umständen eine konkrete Eignung aufweist, den öffentlichen Frieden zu stören. Eine tatsächliche Störung oder Gefährdung muss nicht eintreten. Es genügt hierbei auch die Verhetzung eines aufnahmebereiten Publikums (Fischer, a.a.O. Rz. 13 a m.w.N.). In einer ohnehin aufgeheizten Debatte über die vermeintlichen Gefahren des Islam und dem damit in den sozialen Netzwerken oft verbundenen Begriff der „Flüchtlingskrise“ ist eine solche Äußerung geeignet, einerseits Aggressionen gegenüber der betroffenen Gruppe zu schüren, andererseits Ängste oder Verunsicherungen, oder als Reaktion auf solche Angriffe ebenfalls Aggressionen bei den Betroffenen hervorzurufen (vgl. München, a.a.O. Seite 29 unten).

Vor diesem Hintergrund war die Beklagte auch angesichts der sie nach dem NetzDG treffenden Verantwortung berechtigt, den Beitrag zu löschen.

3.
Bei der Streitwertbemessung hat der Senat unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass als ein im Rahmen von § 48 Abs. 2 GKG maßgeblicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist, welche Bedeutung die Parteien einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit beimessen, den Streitwert entsprechend den Angaben der Klägerin festgesetzt, gegen die die Beklagtenseite keine Bedenken aufgezeigt hat.

4.
Der Senat verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision und damit für ein Absehen von einer Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Bei der Frage, ob ein bestimmter Post sei es gegen Gemeinschaftsstandards, sei es gegen das Strafgesetzbuch verstößt, handelt es sich um eine Einzelfallabwägung. Die Drittwirkung von Grundrechten im Privatrechtverhältnis ist höchstrichterlich geklärt. Die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, auch unterhalb der Schwelle ansonsten zulässiger Meinungsäußerungen durch die AGB bestimmte Verhaltensregeln für ihre Plattform aufzustellen, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung – so nun auch ausdrücklich vom 18. Senat des Oberlandesgerichts München – einheitlich bejaht und ist auch nicht ernsthaft zu bestreiten. Letztlich kommt es auf diese Frage im vorliegenden Fall noch nicht einmal an, weil die Klägerin durch ihren Beitrag auch gegen Vorschriften des Strafgesetzbuches verstoßen hat, und es keinem Zweifel unterliegen kann, dass der Beklagten Sanktionen gegen ein solches Verhalten unbenommen bleiben müssen, auch um der eigenen Verantwortung nach dem NetzDG gerecht zu werden.

I