OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2013, Az. I-6 U 114/11
§ 307 BGB
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine allgemeine Geschäftsbedingung einer Bank, welche für die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos eine gesonderte Gebühr vorsieht, unzulässig ist, da sie den Verbraucher unangemessen benachteiligt. Bei der Einrichtung eines solchen Kontos handele es sich um eine gesetzlich festgelegte Pflicht, die auf Verlangen des Kunden zu erfüllen sei. Für die Erfüllung einer solchen Pflicht sei die Erhebung eines gesonderten Entgelts nicht statthaft. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss
Zur Vorbereitung des anstehenden Verhandlungstermins weist der Senat gemäß § 139 Abs. 1 und 2 ZPO darauf hin, dass die Berufung der Verfügungsbeklagten zwar zulässig ist, aber voraussichtlich nicht begründet sein dürfte. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 01. Februar 2011 zu Recht und aus zutreffenden Gründen aufrechterhalten.
1.
Der erforderliche Verfügungsanspruch ist gegeben. Der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragene Verfügungskläger kann von der Verfügungsbeklagten gemäß § 1 UKlaG verlangen, dass sie die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel über die Erhebung eines Sonderentgeltes für die Führung von Pfändungsschutzkonten im Sinne des § 850k ZPO unterlässt. Die streitige Klausel hält der AGB-Kontrolle nicht stand. Sie ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 unwirksam, weil sie die Kunden der Verfügungsbeklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
a)
Die beanstandete Klausel in dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Verfügungsbeklagten ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, die unstreitig von der Verfügungsbeklagten als Verwenderin in der Zeit bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung des Landgerichts im Geschäftsverkehr gegenüber ihren Kunden als ihren Vertragspartnern bei dem Abschluss von Kontoführungsverträgen gestellt worden ist und derzeit lediglich aufgrund des Erlasses der einstweiligen Verfügung nicht mehr verwendet werden darf.
b)
Die streitige Klausel ist gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig.
aa)
Nach dieser Vorschrift kommt die Kontrolle einer Formularklausel nach den Maßstäben von § 307 Abs. 1 und 2 BGB sowie – im Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB – auch nach den Maßstäben der §§ 308, 309 BGB – nur für solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Betracht, durch die von dispositiven Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.
(1)
Nicht kontrollfähig sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingegen echte Preisvereinbarungen für vertragliche Haupt- oder Nebenleistungen (sog. „Preishauptabreden“), die der materiellen Inhaltskontrolle entweder als Vereinbarungen über die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptdienstleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung oder als Entgeltvereinbarungen für eine rechtlich nicht geregelte, von dem Verwender der Klausel zusätzlich angebotene Sonderleistung nach dem Grundsatz der Privatautonomie von vornherein entzogen sind. Regelungen, die kein Entgelt für eine für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistung zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, unterliegen jedoch als sog. „Preisnebenabreden“ der AGB-Kontrolle (BGH NJW 2011, 1801 ff. = WM 2011, 263 ff. = juris Rn 26 m.w.N.). Entscheidendes Kriterium für eine Preisnebenabrede in diesem Sinne ist, dass an ihre Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB treten, so dass eine Inhaltskontrolle an dem Maßstab dieser Rechtsvorschriften problemlos möglich ist (BGH NJW 2010, 2789 ff. = WM 2010, 1044 ff. = juris Rn 20 m.w.N.). „Rechtsvorschriften“ in diesem Sinne sind dabei nicht nur Gesetze, Verordnungen oder Satzungen, sondern unter anderem auch ungeschriebene, allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze (BGHZ 89, 206 = WM 1984, 314 = juris Rn 12; BGHZ 121, 13 = WM 1993, 60 = juris Rn 20; Nobbe WM 2008, 185, 186). Zu diesen Grundsätzen gehört wiederum, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können und ihm ein Anspruch auf den Ersatz der ihm daraus erwachsenden Kosten lediglich dann zusteht, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (BGHZ 141, 380 ff. = WM 1999, 1271 f. = juris Rn 19).
(2)
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei Zahlungsdienstverträgen durch die Neuregelung des bisherigen Rechts der Giroverträge im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie in das deutsche Recht nicht überholt, sondern muss allenfalls in einer für die Entscheidung im Ergebnis nicht erheblichen Art und Weise modifiziert und konkretisiert werden. Zutreffend ist allerdings, dass nunmehr für ganz bestimmte Leistungen – vgl. z.B. § 675 o Abs. 1 Satz 4 BGB – ein Entgelt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch in solchen bisher nicht in gleicher Weise geregelten Fällen ausnahmsweise soll verlangt werden dürfen, in denen der Zahlungsdienstleister eine ihm auch ohne besondere Vereinbarung mit dem Zahlungsdienstnutzer ohnehin gesetzlich obliegende Pflicht erfüllt hat (BeckOK BGB/H. Schmidt Stand: 01. Februar 2012, § 307 BGB Rn 89 m.w.N.; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, 11. Auflage, Teil 4, Abschnitt 2, Rn 50). Wie der Gesetzgeber durch die Vorschrift des § 675 f Abs. 4 Satz 2 BGB schon selbst zum Ausdruck gebracht hat, kann dieser Ausnahmefall jedoch nicht verallgemeinert werden (BeckOK BGB/H. Schmidt a.a.O., § 307 BGB Rn 89 m.w.N.). Eine gesetzliche Ausnahmeregelung, welche das Verlangen eines derartigen Entgelts auch in dem hier in Rede stehenden Fall des Sonderentgelts für ein Pfändungsschutzkonto rechtfertigen könnte, ist selbst nach der eigenen – insoweit zutreffenden und nur die bestehenden Regel-/Ausnahmeverhältnisse verkennenden – Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht vorhanden.
bb)
Die streitige Klausel zur Erhebung eines besonderen Entgelts für die Führung eines Kontos als Pfändungsschutzkonto im Sinne von § 850k ZPO ist eine kontrollfähige Preisnebenabrede in dem oben dargelegten Sinne. Denn sie weicht von dem bereits genannten Grundsatz ab, dass jeder Vertragspartner seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen hat, ohne dass er dafür ein besonderes Entgelt verlangen darf (KG NJW 2012, 395 ff. = WM 2012, 267 ff. = juris 30; OLG Naumburg, Urteil vom 27. Mai 2011, 10 U 5/11, Seite 8 ).
(1)
Gemäß § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO kann der Kunde eines Kreditinstitutes jederzeit verlangen, dass dieses jedenfalls zumindest eines seiner bei dem Kreditinstitut bestehenden Girokonten in der Form eines Pfändungsschutzkontos führt. Bei der Führung eines neu errichteten Girokontos als Pfändungsschutzkonto oder bei seiner nachträglichen Umstellung auf die Führung als ein solches Konto handelt es sich daher um eine den Kreditinstituten – ähnlich wie in dem vergleichbaren Fall der Mitwirkungspflichten des Drittschuldners gemäß § 840 ZPO – ausdrücklich auferlegte Verpflichtung des Gesetzgebers.
(a)
Der obligatorische Charakter dieser Verpflichtung wird besonders deutlich, wenn man davon ausgeht, dass eine derartige Umstellung auf einem einseitigen Gestaltungsrecht des Kunden beruht (Ahrens NJW 2010, 2001, 2002 m.w.N.), gilt in gleicher Weise aber auch dann, wenn man diesem – ähnlich wie im Falle eines Kontrahierungszwanges – nur einen entsprechenden Anspruch auf eine dahingehende Abänderung des zugrunde liegenden Zahlungsdienstvertrages zubilligen will (Graf-Schlicker/Linder, ZIP 2009, 989, 990 m.w.N.). Der Streit über die Rechtsnatur der dem Kunden durch das Gesetz in dieser Hinsicht eingeräumten Rechte braucht daher an dieser Stelle nicht entschieden zu werden.
(b)
Dem Charakter der Führung des Pfändungsschutzkontos als Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass eine Verpflichtung des Kreditinstitutes zur Führung eines Girokontos für einen Neukunden jedenfalls außerhalb des z.B. in § 5 Abs. 2 Satz 1 SpKG NW und in anderen Landessparkassengesetzen geregelten Kontrahierungszwanges grundsätzlich überhaupt nicht besteht und dass auch ein bereits bestehender Zahlungsdienstvertrag unter Umständen durch das Kreditinstitut gekündigt werden kann. Die Frage nach dem Zustandekommen oder der Kündigung des Zahlungsdienstvertrages ist von der Frage nach den Verpflichtungen des Kreditinstitutes aus einem wirksam zustande gekommenen und noch fortbestehenden Vertrag zu unterscheiden. Zumindest solange der Zahlungsdienstvertrag besteht, folgt aus § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO die gesetzliche Pflicht des Kreditinstituts, ein Girokonto auf Verlangen des Kunden als Pfändungsschutzkonto zu führen. Auf eine etwaige Pflicht zum Abschluss oder auf ein Recht zur Kündigung eines solchen Vertrages kommt es insoweit nicht an. Dass sich die aus § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO ergebende Pflicht, solange der Kontovertrag nicht gekündigt ist, auch auf das Führen des Kontos bezieht und nicht nur auf dessen Umstellung, ergibt sich im Übrigen schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach das Kreditinstitut das Girokonto auf Verlangen des Kunden „als Pfändungsschutzkonto“ führt (KG NJW 2012, 395 ff. = WM 2012, 267 ff. = juris 31).
(2)
Ein Entgelt für die Erfüllung der so statuierten Pflicht hat der Gesetzgeber in dem insoweit maßgeblichen Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 07. Juli 2009 (BGBl. I, S. 1707) nicht nur irrtümlich, sondern ganz bewusst nicht vorgesehen. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22. April 2009 (BT-Drucksache 16/12714, Seite 17) ist dazu sogar ausdrücklich ausgeführt, dass ein solches Entgelt mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zulässigkeit von Sonderentgelten nicht vereinbar wäre und dass die Preisgestaltung der Banken auch für die Führung des Pfändungsschutzkontos jedenfalls das für ein Allgemeines Gehaltskonto Übliche nicht übersteigen dürfe. Der Ausschuss gehe insoweit davon aus, dass die Kreditwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten werde, den Zugang ihrer Kunden zu Pfändungsschutzkonten nicht zu erschweren, zumal sie von den erheblichen Verbesserungen bei der Abwicklung von Pfändungen profitiere.
Ob solche erheblichen Verbesserungen mit der Einführung der Pfändungsschutzkonten tatsächlich verbunden gewesen sind, ist vor diesem Hintergrund ebenso ohne Bedeutung wie der von der Verfügungsbeklagten zu ihren Gunsten angeführte Umstand, dass jedenfalls ein entsprechendes Verbot der Erhebung eines Entgelts für die Führung von Pfändungsschutzkonten in dem Text des verabschiedeten Gesetzes im Ergebnis keinen Niederschlag gefunden hat. Eines derartigen Verbotes bedurfte es vielmehr bereits nicht, weil der Gesetzgeber zutreffend davon ausging, dass die Erhebung eines Entgelts bereits nach den allgemein anerkannten und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Grundsätzen des ungeschriebenen Rechts nicht zulässig ist und er daher im Gegenteil den Kreditinstituten die Erhebung eines Entgelts ausdrücklich hätte erlauben müssen, wenn er dieses für geboten gehalten hätte (a.A. LG Frankfurt, Urteil vom 29. September 2011, 2/10 O 149/11, Seite 8, wo aber der sich schon aus dem ungeschriebenen Recht ergebende Grundsatz einer Unzulässigkeit der Bepreisung von gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen übersehen wird).
(3)
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist die streitige Klausel einer AGB-Kontrolle nicht bereits deshalb entzogen, weil sie ein Entgelt für eine eigenständige und von der Pflicht für die Führung eines normalen Girokontos unterscheidbare Form der Hauptleistungspflicht des Kreditinstituts betrifft, für dessen eigenständige Bepreisung es an einem kontrollfähigen Maßstab von vornherein fehlen würde.
(a)
Der dahingehenden Ansicht der Verfügungsbeklagten liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei dem Pfändungsschutzkonto um ein eigenständiges Kontenmodell handele, für das auch ein eigenständiger Preis vereinbart werden könnte. Wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat, ist das jedoch nicht der Fall. Schon aus der äußeren Gestaltung des Preisverzeichnisses der Verfügungsbeklagten wird vielmehr deutlich, dass es bei dem Pfändungsschutzkonto nur um eine besondere Form der Kontenführung im Rahmen der Zwangsvollstreckung geht, bei der für die vier verschiedenen Kontenmodelle der Verfügungsbeklagten – Giro Privat, Giro Direkt, Giro Start und Giro Exklusiv – jeweils nur dann eine zusätzliche Gebühr in Höhe von monatlich zwei Euro anfallen soll, wenn diese als Pfändungsschutzkonten geführt werden, wobei sich an dem durch das vereinbarte Basisentgelt für die Verfügungsbeklagte bereits abgegoltenen (Haupt-)Leistungsumfang deshalb jedoch nichts ändert (OLG Naumburg, Urteil vom 27. Mai 2011, 10 U 5/11, Seite 7).
(b)
Die Verpflichtungen der Verfügungsbeklagten im Zusammenhang mit der Führung von Pfändungsschutzkonten und somit auch der mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen etwa verbundene Mehraufwand dienen allein der Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben der Verfügungsbeklagten im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Insoweit stehen sie auch nicht in einem Synallagma, also einem gegenseitigen Austauschverhältnis mit der von den Kunden der Verfügungsbeklagten übernommenen Pflicht zur Entgeltzahlung, sondern der Kunde kann die Führung eines seiner Konten als Pfändungsschutzkonto im Rahmen der Zwangsvollstreckung bereits ohne die Zahlung eines besonderen Entgelts kostenlos verlangen, ohne dass sich an den Rechten und Pflichten aus dem zwischen ihm und der Verfügungsbeklagten bestehenden Zahlungsdienstvertrag in sonstiger Hinsicht etwas ändert (a.A. LG Frankfurt, Urteil vom 29. September 2011, 2/10 O 149/11, Seite 6 f., wo jedoch die Auswirkungen des Gesetzes auf den Umfang des den Kreditinstituten schon unabhängig von dem Inhalt ihrer vertraglichen Vereinbarungen ohnehin obliegenden Pflichtenkreises verkannt werden).
(c)
Auch der Vergleich der Verfügungsbeklagten mit den Fällen eines gesetzlich angeordneten Kontrahierungszwanges geht daher im Ergebnis fehl. Zwar steht das Vorliegen eines solchen Kontrahierungszwanges der Vereinbarung eines Entgelts für die nach dem Willen des Gesetzgebers zwangsweise zu erfüllende Hauptleistung nicht entgegen. Anders als dort betrifft die Führung eines Kontos als Pfändungsschutzkonto aber eben keine Haupt-, sondern nur eine Nebenleistung des Kreditinstituts. Anders als bei einer Hauptleistung gilt für eine bloße Nebenleistung jedoch der bereits erwähnte Grundsatz des ungeschriebenen Rechts, dass für die bloße Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung ein Entgelt grundsätzlich nicht verlangt werden darf.
(d)
Ein anderes Ergebnis ist auch den von der Verfügungsbeklagten zu ihren Gunsten angeführten Vorschriften der Insolvenzordnung nicht zu entnehmen. Selbst wenn es nach dem Sinn und Zweck der §§ 36 Abs. 1, 115 und 116 InsO der Absicht des Gesetzgebers entsprechen mag, dass ein der Führung eines Pfändungsschutzkontos zugrunde liegender Zahlungsdienstrahmenvertrag auch im Falle der Insolvenz des Dienstleistungsnutzers nicht erlöschen und das unpfändbare Guthaben auf einem solchen Konto von dem Zugriff der Massegläubiger – ebenso wie von dem Zugriff eines normalen Gläubigers im Rahmen der Einzelvollstreckung – frei bleiben soll, ist nicht zu erkennen, weshalb das Pfändungsschutzkonto deswegen zwangsläufig als ein eigenständiges Kontenmodell verstanden werden müsste. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten begegnet es auch dann methodisch keinerlei Bedenken, den Anwendungsbereich der §§ 115, 116 InsO in der nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften erforderlichen Weise einengend auszulegen, wenn man diese einengende Auslegung nicht auf ein eigenständiges Kontenmodell, sondern auf normale Girokonten bezieht, die durch ihre Führung als Pfändungsschutzkonten lediglich bestimmten, sich aus § 850 k ZPO ergebenden Modifikationen unterliegen.
(4)
Handelt es sich bei der Führung eines Kontos als Pfändungsschutzkonto aus den bereits dargelegten Gründen nicht um eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Leistung, sondern nur um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung des Kreditinstituts, so ergibt sich schon daraus, dass eine Vereinbarung über ein Entgelt für die Erfüllung dieser Leistung schließlich auch keine von der AGB-Kontrolle ausgenommene, rechtlich nicht geregelte und von dem Verwender einer entsprechenden Klausel zusätzlich angebotene Sonderleistung betreffen kann. Der Begriff der rechtsgeschäftlich vereinbarten Leistung als solcher und die Frage des Vorliegens einer solchen Leistung sind der Disposition der Parteien nämlich von vornherein entzogen (BGH NJW 2002, 2386 = WM 2002, 1355 ff = juris Rn 14; KG NJW 2012, 395 ff. = WM 2012, 267 ff = juris Rn 28). Liegt eine solche Leistung nicht vor, so kann über deren Erfüllung folglich auch keine Entgeltvereinbarung getroffen werden.
c)
Die somit zulässige Kontrolle der streitigen Klausel führt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB zu deren Unzulässigkeit.
aa)
Die Erhebung einer Gebühr für die Führung eines Kontos als Pfändungsschutzkonto benachteiligt die Kunden der Verfügungsbeklagten in unangemessener Weise, denn sie ist mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren. Der Begriff der „gesetzlichen Regelung“ in diesem Sinne ist deckungsgleich mit demjenigen der „Rechtsvorschriften“ im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (PWW/Berger, Bürgerliches Gesetzbuch, 6. Auflage, § 307 BGB Rn 20 m.w.N.). Wie dieser umfasst er auch allgemeine Rechtsgrundsätze und somit auch den bereits genannten Grundsatz einer Unzulässigkeit der Bepreisung von Leistungen, die nicht auf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, sondern auf einer gesetzlichen Verpflichtung des Klauselverwenders beruhen, mit dem die streitige Klausel aus den bereits dargelegten Gründen nicht vereinbar ist. Die Einordnung der Klausel als Preisnebenabrede beinhaltet daher mittelbar bereits auch ihre Qualifizierung als nicht angemessen und führt somit im Ergebnis zu ihrer Unzulässigkeit (Senat, Urteil vom 05. November 2009, I-6 U 17/09 = WM 2010, 215 ff. = juris Rn 39 für den ähnlich gelagerten Fall einer unzulässigen Schätzgebühr).
bb)
Gründe, die eine Klausel im Einzelfall als zwar kontrollfähig, aber dennoch ausnahmsweise angemessen erscheinen lassen können, sind von der Rechtsprechung bisher nur in ganz besonderen Ausnahmefällen angenommen worden (vgl. die Beispiele bei Nobbe, WM 2008, 185, 187). Auch in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall sind solche besonderen Gründe nicht ersichtlich. Insbesondere kann der etwa mit der Führung von Konten als Pfändungsschutzkonten verbundene Bearbeitungs- und Überwachungsaufwand in diesem Zusammenhang nicht zugunsten der Verfügungsbeklagten angeführt werden, denn es bleibt dieser jederzeit unbenommen, einen solchen Aufwand im Rahmen ihrer Gesamtkalkulation des Preises für die von ihr angebotenen Kontenmodelle zu berücksichtigen (OLG Naumburg, Urteil vom 27. Mai 2011, 10 U 5/11, Seite 9). Im Übrigen sind durch den Bundesgerichtshof selbst solche Klauseln in den AGB von Kreditinstituten für unzulässig erklärt worden, welche die Kosten für die von vornherein nur manuell und in jedem Einzelfall mögliche Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen im Rahmen der Pflichten des Drittschuldners nach § 840 ZPO betreffen (BGHZ 141, 380 ff. = WM 1999, 1271 ff. = juris Rn 22 ff.). Anders als dort ist in dem hier vorliegenden Fall aber jedenfalls zum Teil auch eine Bearbeitung anhand von standardisierten Computerprogrammen möglich, durch die sich der erforderliche Arbeitsaufwand zumindest in einem gewissen Umfang eingrenzen lässt (OLG Naumburg, a.a.O., Seite 9).
d)
Auch die für den Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Die – hier unstreitige – Verwendung der streitigen Klausel begründet eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen der Wiederholungsgefahr (BGH NJW 2002, 2386 ff. = WM 2002, 1355 ff = juris Rn 10). Anhaltspunkte für deren Wegfall bestehen nicht. Im Gegenteil hat die Verfügungsbeklagte nicht nur die von ihr verlangte Unterlassungserklärung nicht abgegeben, sondern vielmehr sogar noch im vorliegenden Rechtsstreit ausdrücklich die Zulässigkeit der von ihr bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung im Rechtsverkehr verwendeten Klausel verteidigt.
2.
Das Bestehen eines Verfügungsgrundes ist gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 2 UWG auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der ZPO bezeichneten Voraussetzungen zu unterstellen.
Aus Kostengründen wird der Verfügungsbeklagten geraten, die Berufung zurückzunehmen. Durch eine Berufungsrücknahme würde gemäß KV Nr. 1222 für die Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren nur der 2-fache statt des 4-fachen Satzes anfallen, was bei einem Streitwert von 3.000,00 € einer Kostenersparnis von 178,00 € entspricht. Hinzu kommt eventuell eine noch größere Kostenersparnis, wenn keine Terminsgebühren gemäß VV Nr. 3202 RVG und keine Anreisekosten für den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten anfallen würden. Sofern die Berufungsrücknahme rechtzeitig erklärt wird, würde der Senat den Termin abladen.
Vorinstanz:
LG Düsseldorf, Az. 12 O 27/11