OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2012, Az. I-6 U 195/11
§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Bank gegenüber Verbrauchern keine AGB-Klausel verwenden darf, die für den Fall der Sperrung einer Karte ein Entgelt von z.B. 10,00 EUR festlegt. Der Kunde werde durch eine solche Klausel unangemessen benachteiligt. Es handele sich um eine Preisnebenabrede, weil die Bank aufgrund der beanstandeten Klausel berechtigt sei, Entgelte auch für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei oder die sie im eigenen Interesse vornehme. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. August 2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 367/10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das landgerichtliche Urteil und dieses Urteils sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der von der Beklagten gegenüber ihren Kunden für die Sperrung der Karte ein Entgelt erhoben werden kann.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die im Preis- und Leistungsverzeichnis unter anderem folgende Klausel enthalten:
„Kartensperre – im Kundenauftrag oder auf Veranlassung der Bank, wenn Anlass vom Kunden zu vertreten (zum Beispiel fehlende Kontodeckung); Kartensperre im Übrigen kostenfrei
Best-Konto 10,– EUR 6
6 kostenlos ab 75.000 EUR kontinuierlichem Guthaben bei der X-BANK in den jeweils letzten drei Monaten (unter anderem Wertpapierdepot, Girokonto, Kreditkarte oder Spareinlage), siehe auch Abschnitt Feststellung des Anlageguthabens in den Bedingungen für das Girokonto.
Aktiv-Konto 10,– EUR
Extra-Konto 10,– EUR
Classic-Konto 10,– EUR
Starter-Konto 10,– EUR
Vorteilskonto 10,– EUR“
Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen die Verwendung dieser Klausel, soweit es sich nicht um Verträge mit einem Unternehmer handelt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der auf Unterlassung und Gestattung der Bekanntmachung der Urteilsformel gerichteten Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei der beanstandeten Klausel handele es sich um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Die Sperrung der Karte durch die Beklagte geschehe nicht zwingend im Interesse des Kunden, vielmehr gehe es der Beklagten auch darum sicherzustellen, keine weiteren Aufträge im Zusammenhang mit der Kartenzahlung auf eigene Kosten ausführen zu müssen.
Der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB halte die Klausel nicht stand, weil sie die Kunden der Beklagten entgegen des Gebots von Treu und Glauben in unangemessener Weise benachteilige. Zu den wesentlichen Grundgedanken des BGB gehöre es, dass jede Partei ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen habe, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Die Entgegennahme der Anzeige eines Abhandenkommens bzw. einer nicht autorisierten Verwendung und die Sperrung der Karte erfolgten – zumindest auch – im eigenen Interesse des Zahlungsdienstleisters, der damit nicht autorisierte Zahlungen und eine hiermit verbundene Haftung gemäß § 675u BGB verhindern wolle. Zudem handele es sich dabei gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3, 4 BGB um gesetzliche Verpflichtungen des Zahlungsdienstleisters. Daher könne dahin stehen, ob eine Kartensperrung auch im Interesse der Kunden erfolge. Soweit die Beklagte vortrage, dass eine Pflicht zur Kartensperrung erst nach einer Mitteilung des Kunden über den Verlust der Karte oder dem Verdacht einer unautorisierten Nutzung bestehe, ergebe sich eine solche Differenzierung aus der Klausel gerade nicht, so dass die Gebühr für die Kartensperrung auch dann verlangt werde, wenn die Beklagte die Karte nach einer solchen Anzeige sperre.
Ein Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten komme nicht in Betracht. Es fehle an einem für den Beauftragten erbrachten Vermögensopfer, zudem sei die Beklagte zur Kartensperrung nach einer entsprechenden Anzeige gesetzlich verpflichtet.
Nach § 675f Abs. 4 S. 2 BGB könne ein Entgelt für die Erfüllung von Nebenpflichten nur dann verlangt werden, wenn dies zugelassen und vereinbart worden sei. An einer gesetzlichen Regelung fehle es jedoch. Liege somit kein gesetzlicher Anspruch auf Kostenerstattung vor, könnten die Kosten für die Sperrung der Karte nicht dadurch den Nutzern auferlegt werden, dass gesetzliche Pflichten in individuelle Dienstleistungen umgemünzt würden.
Auch der Antrag gemäß § 7 UKlaG sei begründet. Die Beklagte habe einen größeren Kundenkreis und eine Veröffentlichung der aus sich heraus verständlichen Urteilsformel sei dazu geeignet, andere Verwender gleicher Klauseln zu warnen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Es handele sich bei dem Entgelt für die Sperrung der Karte um eine bepreisbare Sonderleistung i.S.d. § 307 Abs. 3 BGB, die sie sowohl im Interesse des Kunden als auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbringe. Denn die Sperrung der Karte erfolge nicht nur dann, wenn der Kunde sie in Auftrag gebe, sondern auch dann, wenn sie von der Bank wegen mangelnder Deckung des Kontos veranlasst werde, im Interesse des Kunden. Sie verhindere damit, dass der Kunde sich, ohne dies zu wissen, aufgrund der entsprechenden AGB dazu verpflichtet, die bei Überziehung seines Kontos bzw. des eingeräumten Dispo-Kredits erhöhten Zinsen zu zahlen, vermindere also finanzielle Risiken des Kunden. Bei mangelnder Deckung des Kontos sei die Sperrung der Karte – verglichen mit der ebenfalls in Betracht kommenden Kontosperrung – auch ein milderes Mittel. Zudem werde dem Kunden durch die Sperrung der Karte die Möglichkeit gegeben, zu prüfen, ob die Belastungen seines Giro-Kontos durch ihn oder möglicherweise durch unberechtigt Verfügende erfolgt sind.
Zur Vornahme der Sperre sei sie weder gesetzlich noch vertraglich verpflichtet, die Sperrung erfolge also auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage. Weder aus ihren AGB, noch aus § 675k BGB ergebe sich eine solche Pflicht. In beiden Regelungen werde ihr nur das Recht eingeräumt, unter bestimmten Voraussetzungen die Karte zu sperren. Auch aus § 675m BGB ergebe sich keine Pflicht zur Kartensperrung. Sie müsse danach lediglich durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass das Zahlungsauthentifizierungsinstrument nicht mehr genutzt werden könne. Welche Maßnahmen sie ergreife, sei ihre Sache. Ein Verzicht auf die auch in diesem Fall mögliche Kontensperrung erfolge im Übrigen ausschließlich im Interesse des Kunden. Auch aus § 254 BGB ergebe sich keine Pflicht zur Kartensperrung. Das Entgelt von 10,00 € sei durch das normale Entgelt für das Giro-Konto nicht abgedeckt.
Selbst wenn die Regelung der Inhaltskontrolle unterläge, so die Beklagte, würde dies nicht zu ihrer Nichtigkeit führen. Insbesondere liege keine Abweichung von zwingendem Recht darin, dass entgegen § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB ein Entgelt erhoben werde. Das Entgelt für die Kartensperre werde nicht für die Erfüllung einer gesetzlich bestimmten Nebenpflicht erhoben. Jedenfalls ergebe sich das Recht, für diese Nebenleistung eine Vergütung zu fordern, aus § 675p Abs. 4 Satz 3 BGB, da durch die streitgegenständliche Regelung eine Vereinbarung im Sinne dieser Norm getroffen worden sei. Beide Maßnahmen dienten demselben Zweck, der Verhinderung von Verfügungen, auch der Arbeitsaufwand sei vergleichbar. Wolle man entgegen ihrer Auffassung keine direkte Anwendung vornehmen, läge eine vom Gesetzgeber nicht erkannte und gewollte Regelungslücke vor, sodass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung erfüllt seien. Das Entgelt sei auch der Höhe nach angemessen und an den tatsächlichen Kosten ausgerichtet.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Klage unter Abänderung des am 17. August 2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (Az. 12 O 367/10) abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt unter Wiederholung seines erstinstanzlich gehaltenen Vortrages die Auffassung, im Rahmen der kundenfeindlichsten Auslegung sei davon auszugehen, dass die Beklagte auch für den Fall ein Entgelt fordere, dass eine Sperre in ihrem eigenen Interesse erfolge wie beispielsweise bei einer Sperre mangels Deckung. Die Voraussetzungen des § 675k Abs. 2 BGB seien in der Klausel nicht hinreichend konkretisiert, zudem sehe die Norm selbst eine Entgeltpflicht nicht vor. § 675p Abs. 4 Satz 4 BGB sei nicht einschlägig.
Die Beklagte hält dem entgegen, § 675k BGB regele die Möglichkeiten von Vereinbarungen des Zahlers und des Zahlungsdienstleisters hinsichtlich der Sperre von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, gebe aber weder vor, dass solche Vereinbarungen getroffen werden müssen noch, ob eine Leistung des Zahlungsdienstleisters ohne Entgelt erfolgen solle oder müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 28. Juni 2012 und die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, im Bankgeschäft mit privaten Kunden, also Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB, die in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis in dem Abschnitt 1. „Girokonten und Zahlungsverkehr“ enthaltene Entgeltklausel zu verwenden, da diese nach §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
1.
Bei der vom Kläger beanstandeten Entgeltklausel handelt es sich um eine nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Das Landgericht hat die Klausel folglich zu Recht nicht als eine der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede für eine Sonderleistung der Beklagten angesehen.
Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Darunter fallen allerdings weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (BGH, Urteile v. 21. April 2009 – XI ZR 55/08, BB 2009, 905/juris Tz. 16 und XI ZR 78/09,BGHZ 180, 257-272/juris Tz. 16, jeweils unter Hinweis auf BGHZ 124, 254 ff.; 133, 10 ff. und 137, 27 ff.). Hingegen stellen Regelungen, die kein Entgelt für den Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGH a.a.O.). Entscheidendes Kriterium für eine Preisnebenabrede in diesem Sinne ist, dass an ihre Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB treten, sodass eine Inhaltskontrolle an dem Maßstab dieser Rechtsvorschriften problemlos möglich ist (BGH NJW 2010, 2789 ff.). „Rechtsvorschriften“ in diesem Sinne sind dabei nicht nur Gesetze, Verordnungen oder Satzungen, sondern unter anderem auch ungeschriebene, allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze (BGHZ 89, 206; BGHZ 121,13, Nobbe WM 2008, 185 ff.). Zu diesen Grundsätzen gehört wiederum, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können und ihm ein Anspruch auf Ersatz der ihm daraus erwachsenden Kosten lediglich dann zusteht, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (BGHZ 141, 380 ff.).
2.
Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich um eine Preisnebenabrede, weil die Beklagte aufgrund der beanstandeten Klausel berechtigt ist, Entgelte auch für solche Leistungen zu erheben, zu deren Erbringung sie schon kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse vornimmt.
Der Zahler hat aufgrund der vertraglichen Abreden mit dem Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf die Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments (ZAI). Nach § 675k Abs. 2 BGB können Zahler und Zahlungsdienstleister aber vereinbaren, dass der Zahlungsdienstleister das Recht hat, ein ZAI zu sperren. Danach ist eine einvernehmliche Sperrung stets zulässig, die einseitig durch den Zahlungsdienstleister vorgenommene Sperrung hingegen nur dann, wenn die vertragliche Grundlage für die Nutzung des ZAI entfallen ist, etwa bei Beendigung des Zahlungsdienstevertrages, oder wenn dies – wie hier – vertraglich vereinbart ist.
Nach der Regelung unter 5. (1) der „Bedingungen für die girocard“ (Anlage B 1, Bl. 38 ff. GA) darf die Bank die Karte sperren und den Einzug veranlassen, wenn sie berechtigt ist, den Kartenvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit der Karte dies rechtfertigen oder wenn der Verdacht einer nicht autorisierten oder betrügerischen Verwendung der Karte besteht. Nach § 675m Abs. 1 Nr. 4 BGB ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, jede Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments zu verhindern, sobald eine Anzeige des Zahlungsdienstnutzers nach § 675l Satz 2 BGB erfolgt ist. Eine insofern in Betracht kommende Maßnahme ist die Sperrung der Karte (Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 675m Rn. 2 a.E.). Nach den Regelungen unter 6.4 (1) der „Bedingungen für die girocard“ (Anlage B 1, Bl. 38 ff. GA) ist der Karteninhaber der Beklagten gegenüber unter den dort genannten Umständen zur unverzüglichen Benachrichtigung (Sperranzeige) verpflichtet. Diese hat grundsätzlich die Sperrung aller für das betreffende Konto ausgegebenen Karten zur Folge, es sei denn es erfolgt eine Beschränkung auf die abhanden gekommene Karte.
Danach erfüllt die Beklagte bei Vornahme der Kartensperrung entweder zumindest auch gesetzlich begründete Pflichten (§ 675l Satz 2 i.V.m. § 675m Abs. 1 Nr. 4 BGB) oder vertragliche Nebenpflichten ihren Kunden gegenüber. Soweit dies nicht der Fall ist, die Karte also beispielsweise nach Kündigung des Kartenvertrages aus wichtigem Grund gesperrt wird, nimmt die Beklagte, wie das Landgericht überzeugend begründet hat, die Kartensperre überwiegend in eigenem Interesse vor.
Eine Einschränkung, dass die genannten Tätigkeiten nicht erfasst werden, enthält die Klausel nicht. Dies gilt insbesondere für die nach § 675m Abs. 1 Nr. 4 BGB vorzunehmenden Kartensperrungen, zumal 5. (1) das Recht zur Sperrung der Karte gerade auch für den Fall vorsieht, dass sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit der Karte dies rechtfertigen oder der Verdacht einer nicht autorisierten oder betrügerischen Verwendung besteht, was mit der Sperranzeige-Verpflichtung des Kunden nach 6.4 (1) und (2) korrespondiert. Die Klausel sieht vielmehr für die Kartensperre im Kundenauftrag oder auf Veranlassung der beklagten Bank, wenn der Anlass vom Kunden zu vertreten ist, ein Entgelt in Höhe von 10,00 € vor. Dieses Entgelt haben nur solche Kunden nicht zu zahlen, die in den letzten drei Monaten auf Konten der Beklagten über ein kontinuierliches Guthaben von 75.000,00 € verfügt haben. Eine Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem Zusatz „Kartensperre im Übrigen kostenfrei“. Worauf er sich bezieht, lässt sich der Klausel nicht entnehmen.
3.
Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist und den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
a)
Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kreditinstitut für Sonderleistungen, die nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen sind, aber im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung stehen, die Erhebung eines Entgelts vorbehält. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind aber Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGH a.a.O.).
Um eine solche Klausel handelt es sich hier.
(1)
Soweit die Klausel in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung die beklagte Bank berechtigt, das Entgelt auch für solche Kartensperrungen zu verlangen, zu denen sie nach §§ 675m Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. 675l Satz 2 BGB verpflichtet ist, folgt ihre Unwirksamkeit schon daraus, dass dem Kunden – wie unter 1. dargelegt – für Tätigkeiten, zu denen die Bank schon gesetzlich verpflichtet ist, grundsätzlich kein besonderes Entgelt abverlangt werden können. § 675m Abs. 1 BGB begründet – anders als die Beklagte meint – gesetzliche Pflichten des Zahlungsdienstleisters, die mit den Pflichten des Zahlers aus § 675l BGB korrespondieren (Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 675m Rn. 2). Dies ist der Beklagten im Übrigen sehr wohl bewusst, wie der Inhalt ihrer diesbezüglichen AGB (Anlage B 1, Bl. 38 ff. GA) belegt. Nach § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB hat der Zahlungsdienstleister für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel aber nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies (gesetzlich) zugelassen ist. § 675m BGB enthält – anders als beispielsweise die §§ 675o Abs. 1 Satz 4 oder 675p Abs. 4 Satz 3 BGB – jedoch keine derartige Regelung.
(2)
Soweit die beanstandete Klausel ein Entgelt für zumindest auch im Interesse des Kunden oder auf dessen Veranlassung vorgenommene Kartensperrungen vorsieht, ergibt sich die unangemessene Benachteiligung daraus, dass die Beklagte insoweit eine vertragliche Nebenpflicht erfüllt, für die sie nach gefestigter Rechtsprechung eine separate Vergütung gleichfalls nicht beanspruchen kann. Die Nebenpflicht der Beklagten lässt sich – je nach Fallgestaltung – entweder aus der girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht, d.h. aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB, herleiten oder aus den gemäß § 675k Abs. 2 BGB zulässigerweise getroffenen Vereinbarungen in 5. (1) der „Bedingungen für die girocard“. Soweit die Klausel für das dort näher ausgestaltete Recht der Beklagten, eine Sperrung der Karte vorzunehmen, ein Entgelt vorsieht, steht dem entgegen, dass § 675k BGB eine Pflicht des Zahlers zur Entrichtung eines Entgelts für die Kartensperrung nicht zulässt, nach § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB der Zahlungsdienstleister für die Erfüllung von Nebenpflichten aber nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt hat, sofern dies (gesetzlich) zugelassen ist.
Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Beklagten überzeugt nicht. Ein Eingriff in Hauptleistungspflichten – sollte der Vortrag der Beklagten in diesem Sinne gemeint sein – ist nicht zu erkennen. Bei der Vornahme der Kartensperrung handelt es sich nicht um eine § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB nicht unterfallende Hauptpflicht. Hauptpflicht der Bank beim Zahlungsdienstevertrag gemäß § 675f BGB ist die Leistung der vereinbarten Zahlungsdienste aufgrund Weisung des Zahlungsdienstenutzers (Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 675f Rn. 9). Hauptpflichten des Zahlungsdienstenutzers sind die Entrichtung des nach § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB vereinbarten Entgelts und der Ersatz von Aufwendungen des Zahlungsdienstleiters (Palandt/Sprau a.a.O. Rn. 10). Wird die Bank in eigenem Interesse tätig, nimmt sie ein ihr eingeräumtes Recht in Anspruch, mit welchem die Rechte des Zahlers aus dem Zahlungsdienstevertrag eingeschränkt werden. Wird die Bank auch oder nur im Kundeninteresse tätig, erfüllt sie eine Nebenpflicht.
Eine analoge Heranziehung des § 675p BGB, der eine Entgeltpflicht zulässt, scheidet aus. Angesichts der detaillierten gesetzlichen Regelungen in den §§ 675c bis 676c BGB, die gerade auch hinsichtlich der Möglichkeit, ein Entgelt zu vereinbaren, klare Differenzierungen enthalten, fehlt es ersichtlich bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Zwar kann nunmehr für ganz bestimmte Leistungen ein Entgelt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch in solchen bisher nicht in gleicher Weise geregelten Fällen ausnahmsweise verlangt werden, in denen der Zahlungsdienstleister eine ihm auch ohne besondere Vereinbarung mit dem Zahlungsdienstenutzer ohnehin gesetzlich obliegende Pflicht erfüllt hat. Hierbei hat der Gesetzgeber aber in Gestalt der Regelung des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB zum Ausdruck gebracht, dass dieser Ausnahmefall nicht verallgemeinert werden kann.
(3)
Soweit die Beklagte das Entgelt auch bei solchen Kartensperrungen zu beanspruchen hat, welche sie ausschließlich in eigenem Interesse vornimmt, beruht die Unwirksamkeit der Klausel darauf, dass sie für derartige Leistungen ein Entgelt grundsätzlich nicht beanspruchen kann (BGH a.a.O.). Das Urteil des Landgerichts Köln vom 09. März 2005 (Anlage B 2, Bl. 42 ff. GA) ist vor Inkrafttreten der Zahlungsdiensterichtlinie zum 31. Oktober 2009 ergangen und gibt schon aus diesem Grund für die hier zu treffende Entscheidung nichts her.
b)
Durch die Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders regelmäßig bereits indiziert. Dass dies hier ausnahmsweise nicht der Fall wäre, ist von der Beklagten weder überzeugend dargetan noch ist hierfür etwas ersichtlich.
4.
Mit Recht – und von der Beklagten mit ihrer Berufung nicht angegriffen – hat das Landgericht schließlich dem Kläger auch die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Der Streitwert für beide Rechtszüge (§ 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 GKG) beträgt 2.500,00 EUR für die Unterlassungsklage und 250,00 EUR für die Veröffentlichungsbefugnis, insgesamt also 2.750,00 EUR.
2.500,00 € entspricht dem Wert, mit dem der Senat regelmäßig den Streit um die Wirksamkeit einer Klausel im Verfahren nach dem UKlaG bemisst. Die Veröffentlichungsbefugnis ist ein Nebenanspruch mit eigenem Streitwert, das Interesse hieran entspricht 1/10 des Streitwertes der Hauptsache (Palandt/Bassenge, UKlaG, 70. Auflage § 7 Rn. 4 m.N.).
IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Urteil beruht auf den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zu § 307 BGB und weicht von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht ab.
Vorinstanz:
LG Düsseldorf, Az. 12 O 367/10