OLG Düsseldorf: Beweismittel dürfen im einstweiligen Rechtsschutz auch in der zweiten Instanz erstmalig vorgelegt werden / 100 % Made in Germany

veröffentlicht am 11. März 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Düsseldorf, Urteil vom 28.01.2014, Az. I-20 U 134/13
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Das OLG Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass die Präklusionsvorschriften im Berufungsverfahren dann keine Anwendung finden, wenn es sich um die Berufung gegen eine einstweilige Verfügung handelt, weil diese Vorschriften mit dem Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsver­fahrens nicht vereinbar seien. Demnach kann ein Mittel zur Glaubhaftmachung (hier ein Geschäftsschreiben) auch erstmalig in der Berufungsinstanz in das Verfahren eingeführt werden. Ferner hat der Senat die Angabe „Wir haben auch 100% Made in Germany“ für irreführend erklärt, wenn nicht die Fertigung des Gerätes einschließlich aller Komponenten vollständig und ausschließlich in Deutschland stattfindet. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil

In der einstweiligen Verfügungssache

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 03.12.2013 durch … für Recht erkannt:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 24.05.2013 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Antragsgegner.

Gründe

A)
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung eine Beschlussverfügung bestätigt, mit der es dem Antragsgegner unter Androhung näher bezeichneter Ord­nungsmittel verboten hat, mit der Angabe „Wir haben auch 100% Made in Germany“ zu werben.

Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der Behauptung, er vertreibe ein System … der … GmbH aus Jena, welches „Made in Germany“ sei. Zur Glaubhaftmachung bezieht er sich auf ein Schreiben jenes Unter­nehmens vom 16. Mai 2013 (BI 58 GA).

Die Antragstellerin hält das Vorbringen für präkludiert und meint, der Vortrag sei nicht glaubhaft gemacht. Sie bestreitet die Angaben in dem Schreiben mit Nichtwissen und macht geltend, jedenfalls gehe aus dem Schreiben nicht hervor, dass das Gerät zu 100% Made in Germany sei.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B)
Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat der Sache nach keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die von ihm erlassene Be­schlussverfügung mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Der Senat macht sich die Gründe des landgerichtlichen Urteils zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wieder­holungen hierauf Bezug.

Das von dem Antragsgegner vorgelegte Schreiben vom 16.05.2013 ist nicht geeignet, die Werbebehauptung zu belegen, der Antragsgegner biete Geräte an, die „100 % Ma­de in Germany“ sind.

Selbst wenn ein einfaches Schreiben, wie das vorliegende, als Glaubhaftmachungsmit­tel geeignet wäre, ergibt sich aus diesem Schreiben nicht, dass die Behauptung, die streitgegenständlichen Geräte würden zu 100 % in Deutschland hergestellt, gerechtfer­tigt ist. Allenfalls wäre daraus zu schließen, dass die Angabe „Made in Germany“ ge­rechtfertigt wäre, denn hierfür reicht es aus, dass der letzte wesentliche Produktions­schritt in Deutschland stattfindet. Die Angabe, die hier streitgegenständlich ist, wird aber, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, weitergehend dahin ver­standen, dass die Fertigung des Gerätes einschließlich aller Komponenten vollständig und ausschließlich in Deutschland stattfindet. Dies ergibt sich aber schon aus dem In­halt des vorgelegten Bestätigungsschreibens nicht.

Hinzu kommt, dass das den Antragsgegner beliefernde Unternehmen nicht bereit ist, die entsprechenden Angaben an Eides statt zu versichern. Dies beeinträchtigt die Eig­nung des Schreibens als Glaubhaftmachungsmittel erheblich.

Danach kann grundsätzlich dahinstehen, ob der Antragsgegner mit dem neuen Vorbrin­gen, nämlich dem erst in 2. Instanz vorgelegten Schreiben vom 16.05.2013 ausge­schlossen ist. Allerdings vertritt der Senat, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, die Auffassung, dass die Präklusionsvorschriften im Berufungsverfahren dann keine Anwendung finden, wenn es sich um die Berufung gegen eine einstweilige Verfügung handelt, weil diese Vorschriften mit dem Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsver­fahrens nicht vereinbar sind (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wett­bewerbssachen, 2. Auflage, Rn. 220; Musielak-Huber, ZPO, 10. Auflage, § 925 Rn. 10; Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 925 Rn. 12).

Danach ist auch in der Berufungsinstanz nicht glaubhaft gemacht, dass die Werbebe­hauptung „100 % Made in Germany“ gerechtfertigt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO; eine Entscheidung zur vor­läufigen Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, weil das Urteil kraft Gesetzes (§ 542 Abs. 2 ZPO) nicht revisibel ist.

Streitwert: 25.000,00 EUR (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)

Auf die Entscheidung hingewiesen hat RA Tobias Strömer.

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