OLG Düsseldorf: Die Höhe des Streitwerts bei illegalem Filesharing dient nicht der Abschreckung / 2.500 EUR je Musikstück

veröffentlicht am 25. Februar 2013

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013, Az. I-20 W 68/11
§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 ZPO, § 51 Abs. 1 GKG

Das OLG Düsseldorf hat im Rahmen einer Streitwertbeschwerde entschieden, dass der Streitwert je illegal im Internet öffentlich zugänglich gemachtem („gesharetem“) Musikstück regelmäßig bei 2.500,00 EUR liegt. Der Streitwert dürfte nicht als „Abschreckungsinstrument“ für weitere Urheberrechtsverletzungen dienen. Der Umstand, dass für das Werk mehrere (Mit-) Urheber verantwortlich seien, erhöhe den Streitwert nicht. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Düsseldorf

Beschluss

Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird die Streitwertfestsetzung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14.10.2010 abgeändert und wird der Streitwert für das Verfügungsvierfahren erster Instanz auf 2.500 EUR bestimmt.

Gründe

Mit Beschluss vom 14.10.2010 hat das Landgericht den Streitwert für das Verfügungsverfahren erster Instanz auf 20.000 EUR festgesetzt, eine Bestimmung, deren Herabsetzung die Antragsgegner jetzt begehren, wohl auf 1.600 EUR. Die zulässige Beschwerde ist weithin begründet.

Geht es um die Untersagung von Schutzrechtsverletzungen, so richtet sich der Streitwert gemäß § 48 Abs. 1, § 3 ZPO nach der Gefährlichkeit und Schädlichkeit des zu unterbindenden Verhaltens. Für Eilverfahren gilt nach § 53 Abs. 1 ZPO nichts anderes. § 3 ZPO spricht von einem freien Ermessen des Gerichts, § 51 Abs. 1 GKG für den gewerblichen Rechtsschutz von einem billigen Ermessen. Für das Urheberrecht gilt nichts anderes.

Bei der Ermessensausübung kann aber entgegen der Auffassung der Antragssteller der Gesichtspunkt keinesfalls eine Rolle spielen, hoch festgesetzte Streitwerte sollten zu einer wirksamen Abschreckung führen. Der Gebührenstreitwert dient nämlich nur der Bestimmung im Einzelfall angemessener Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren. Er darf nicht zu einem Mittel denaturiert werden, Zivilrechtsstreitigkeiten zwecks Abschreckung zu verteuern, zumal da ein Teil der Gebühren in Person der Rechtsanwälte Privaten zufließt (ergänzend Berneke in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Auflage, Kap. 40 Rn. 41, mit dem Hinweis auf Lappe in JW 2006, 270).

Soll es verboten werden, im Internet über dezentrale Computernetzwerke (Tauschbörsen) Werke öffentlich verfügbar zu machen, hält der beschließende Senat die Wertfestsetzung des Oberlandesgerichts Frankfurt in der Entscheidung, die die Antragsgegner anführen, für einen geeigneten Ausgangspunkt der Wertfestsetzung. Immer aber muss den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls Rechnung tragen muss. Der Streitfall ist im Ergebnis gleich zu bewerten wie die Frankfurter Sache.

Zu keiner Erhöhung führt der Umstand, dass das vorliegend zu schützende Werk keinen Alleinurheber hat, sondern drei Miturheber. Hierdurch steigt sein Wert nicht.

Der Wert ist im Ausgangspunkt auch nicht deshalb höher, weil anfangs auch ein täterschaftliches Handeln erfasst werden sollte und erst später eine Störerhaftung angeführt wurde, wie sie vom Oberlandesgericht Frankfurt beurteilt worden ist. Wie das Landgericht im Urteil zutreffend anführt, ging es von Anfang an um den einheitlichen Lebenssachverhalt, dass vom Anschluss der Antragsgegner aus die beanstandete Rechtsverletzung begangen worden war. Es dürfte im Übrigen keinem Zweifel unterliegen, dass unter Verbote auf der Grundlage einer Störerhaftung erst recht auch täterschaftlich begangene Handlungen fallen.

Im Übrigen muss im Hinblick auf den Frankfurter Ansatz, den die Antragsteller für zu gering halten, bedacht werden, dass das schädliche Tauschen, ist die Möglichkeit einmal weltweit geschaffen, durch ein Verbot nur des Ausgangsgeschehens nicht mehr umfassend unterbunden werden kann.

Der Umstand, dass das Verfahren gegen beide Antragsgegner zwar auf einen einzigen Titel gerichtet war, die Verbote aber gegen beide unabhängig von einander bestehen, erhöht zwar den Wert der Sache, aber nicht sehr. Die Antragsgegner unterhalten nämlich als Eheleute einen gemeinsamen Internetanschluss. Es liegt nicht sehr nahe, dass in einer Zukunft, für die die Eilmaßnahme als solche, ohne Rücksicht auf die Abschlusserklärung, noch von Bedeutung ist, einer von ihnen von einem eigenen Computeranschluss aus nochmals Gelegenheit zur Nutzung des geschützten Werkes in einer Tauschbörse gibt. Der Gesichtspunkt zweier Titelschuldner kompensiert sich bei der zu treffenden Ermessensentscheidung mit dem der Vorläufigkeit der Eilmaßnahme.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 68 Abs. 3 GKG nicht zu treffen.

I