OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, Az. I-20 U 120/11
§ 5 MarkenG; § 12 BGB; § 4 Nr. 10 UWG
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Unternehmen, welches die Firmenbezeichnung geändert hat, keinen Anspruch gegen die DENIC auf Freigabe einer Domain hat, die gleichlautend mit dem ursprünglichen Firmennamen ist. Dies gelte auch, wenn der frühere Name noch für einzelne Produkte des Unternehmens verwendet werde. Es bestünden weder Namens- noch Kennzeichenrechte, da die Domain gerade nicht mit dem nun geführten Unternehmenskennzeichen identisch sei. Eine wettbewerblich relevante Behinderung komme ebenfalls nicht in Frage, da die Domain bereits bestand, bevor die Klägerin – auch mit ihrem früheren Namen – gegründet wurde. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. Mai 2011 verkündete Urteil der 2a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A.
Die Klägerin begehrt die Freigabe der Internet-Domain „e…de“ durch den Beklagten, hilfsweise Unterlassung, diese Domain an andere Stromversorger zu veräußern, sowie die Erstattung von Abmahnkosten. Die Klägerin wurde 2008 gegründet und bietet seitdem Endkunden Strom und Gas an. Sie führte zunächst die Firma „E. GmbH“, seit 2010 nennt sie sich „E.E. GmbH“. Der Beklagte, der Versicherungsdienstleistungen anbietet, hält die Domain, deren Freigabe die Klägerin begehrt, seit 2005. Die Klägerin hat ihr Begehren erstinstanzlich mit der Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens und ihres Namensrechts sowie einer gezielten Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG begründet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 67 ff. GA) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und eine Verletzung des klägerischen Unternehmenskennzeichens und Namens sowie eine gezielte Behinderung verneint. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin eine Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens, jetzt aber auch von Markenrechten durch die angegriffene Domain geltend macht. Hierzu stützt die Klägerin sich – soweit ersichtlich – auf die am 7. August 2010 angemeldete und am 1. Oktober 2010 eingetragene deutsche Wort-/Bildmarke 3… „E.“ mit dem folgenden Erscheinungsbild:
Abbildung
und die an denselben Tagen angemeldete und eingetragene deutsche Wort- /Bildmarke 3… „E.“ mit dem folgenden Erscheinungsbild:
Abbildung
sowie auf eine Benutzungsmarke „e.“ im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1.
den Beklagten zu verurteilen, schriftlich gegenüber der DENIC Domain- und Betriebsgesellschaft eG, Frankfurt/Main die Freigabe der Internet-Domain „e…de“ zu erklären;
hilfsweise:
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, die Internet-Domain „e…de“ an Personen oder Firmen zu veräußern, die im Bereich der Veräußerung und/oder Vermittlung von Strom gewerblich tätig sind;
2.
den Beklagten zu verurteilen, Abmahngebühren in Höhe von 1.379,80 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2010 an sie zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, ein Anspruch aufgrund eines Unternehmenskennzeichens der Klägerin bestehe schon wegen der Umfirmierung nicht. Markenrechtliche Ansprüche seien verspätet geltend gemacht und zudem deshalb nicht gegeben, weil die Bezeichnung „e.“ nicht unterscheidungskräftig sei. Auch eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG sei zu verneinen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen verwiesen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Lediglich ergänzend ist das Folgende auszuführen:
Ein Anspruch aufgrund eines Unternehmenskennzeichens im Sinne des § 5 MarkenG scheidet schon deshalb aus, weil das Unternehmenskennzeichen der Klägerin nicht „E.“, sondern „E.E.“ lautet. Die Führung der erstgenannten Bezeichnung hat die Klägerin 2010 aufgegeben, und zwar auch auf der Grundlage ihres Vortrags endgültig. Sie will die Bezeichnung „e.“ für einzelne Produkte oder „Produktbereiche“, nicht aber zur Bezeichnung ihres Unternehmens, auch nicht selbständiger Unternehmensteile benutzen.
Ein Anspruch aus § 12 BGB besteht ebenfalls nicht, wie bereits das Landgericht dargelegt hat. Der Name der Klägerin lautet nicht (mehr) „E.“, sondern „E.E.“. Die von der Berufung angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (wiedergegeben im Anlagenband, GRUR 2010, 208) betrifft einen ganz anderen Fall. Dort war die Klägerin nämlich tatsächlich Trägerin des Namens, dessen Verletzung sie durch das Halten einer entsprechenden Domain durch die dortige Beklagte geltend machte.
Ebenso scheidet eine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG aus, wie bereits vom Landgericht ausgeführt. Bei dem Erwerb der Domain konnte die Klägerin mangels Existenz noch gar nicht behindert werden. Das fortgesetzte Halten der Domain ist dem Beklagten nicht vorzuwerfen, zumal er eigene, den Verkauf der Domain betreffende Pläne dargelegt hat. Auch der Hilfsantrag ist – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – unbegründet.
Schließlich kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg auf markenrechtliche Ansprüche stützen. Sie stellen einen neuen Streitgegenstand dar (vgl. nur die Darstellung bei Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 14 Rn. 408 m. Nachw. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs), der erstmals im Berufungsverfahren eingeführt worden ist. Die hierin liegende Klageerweiterung ist gemäß § 533 ZPO nicht zulässig, weil sie nicht auf Tatsachen gestützt ist, die für das Berufungsurteil ohnehin zugrunde zu legen sind. Auf die jetzt geltend gemachten Marken kam es nach dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand nicht an.
Aber auch wenn man dies anders sehen und die Einführung markenrechtlicher Ansprüche für zulässig halten wollte, bestünde der geltend gemachte Anspruch nicht. Die beiden eingetragenen Marken, auf die die Klägerin sich stützt, sind Wort-/Bildmarken. Die angegriffene Domainbezeichnung übernimmt sie nicht in vollem, den Bildbestandteil einschließenden Umfang, sondern enthält allein den Wortbestandteil „e.“ dieser Marken. Das kann eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, weil es sich nicht um einen selbständig schutzfähigen Bestandteil der Marke handelt (vgl. dazu nur Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 39 und 300 m. w. Nachw.). Die Bezeichnung „e.“ ohne weitere Zusätze bzw. graphische Gestaltung ist vielmehr nicht unterscheidungskräftig, sondern rein beschreibend, wie offenbar auch vom Deutschen Patent- und Markenamt zur angemeldeten und nicht eingetragenen Wortmarke vertreten (Anlage BB 1). „E.“ bezeichnet „Strom“, der in einer bestimmten Beziehung herausgehoben wird, also zum Beispiel „extra“ günstig oder „extra“ zuverlässig beziehbar sein soll. Herkunftsvorstellungen verbinden sich damit für die angesprochenen Verkehrskreise von Hause aus nicht. Die Voraussetzungen einer Benutzungsmarke, die in der Bezeichnung „e.“ liegt, im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG sind nicht ersichtlich. Die dafür erforderliche Verkehrsgeltung ist nicht ansatzweise dargelegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Benutzungshandlungen überhaupt erst seit 2008, dem Jahr der Gründung der Klägerin, denkbar sind und in der kurzen Zeit bis heute der rein beschreibende Begriff „E.“ Verkehrsgeltung erlangt haben müsste. Das liegt fern, zumal dies bei einem beschreibenden Begriff ohnehin nur schwer möglich sein wird (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 4 Rn. 18 m. Nachw.); § 8 Abs. 3 MarkenG setzt selbst für die Eintragung einer an sich beschreibenden Angabe als Marke die Verkehrsdurchsetzung voraus. Auch die bloße Zahl von 500.000 Kunden im Jahre 2011, auf die die Klägerin in erster Linie verweist, genügt hierfür angesichts der Gesamtbevölkerungszahl von ca. 80 Millionen für sich genommen nicht. Die Trefferquote im Internet belegt sicherlich, dass die Klägerin auch dort mit ihrer Bezeichnung präsent ist, sagt aber noch nichts darüber aus, ob die Bezeichnung vom Verkehr auch als herkunftshinweisend verstanden wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000 € nach der Festsetzung des Landgerichts.