OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2008, Az. I-20 U 125/08
§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG
Das OLG Düsseldorf hat in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass eine nur während der Dauer der Bearbeitung technisch bedingte Unerreichbarkeit der Impressumsseite noch keinen Verstoß gegen die von § 5 TMG geforderte ständige Verfügbarkeit darstellt. Wenn dies technisch bei einer Bearbeitung der Datei erforderlich sei, würde ein Verbot insoweit dazu verpflichten, falsche Angaben im Impressum unendlich fortzuführen. Darüber sei auch nicht auszuschließen, dass das Impressum nicht angezeigt werde, weil der Browser des Betrachters der Website einen Fehler aufweise. Ein derartiger nur wenige Minuten dauernder Verstoß gegen die Impressumspflicht wäre überdies nicht geeignet, die Interessen der übrigen Marktteilnehmer zu beeinträchtigen (§ 3 UWG).
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 04.11.2008 durch … für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 06.05.2008 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.
Die mit Beschluss vom 28.03.2008 erlassene einstweilige Verfügung wird – über die im angefochtenen Urteil bereits erfolgte Bestätigung hinaus – in Ziffer I.3. mit der Maßgabe bestätigt, dass das dort ausgesprochene Verbot lautet: „ihre Internetseite www.b-v.de zu betreiben, ohne den Namen des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin anzugeben.“
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der Ordnungsmittel der Beschlussverfügung ferner verboten, telefonisch für eine einzige Anzeige zu werben, wenn der schriftliche Anzeigenauftrag, der im Anschluss an das Telefongespräch verschickt wird, über sieben Anzeigen lautet und es zusätzlich in dem Auftrag heißt: „Bitte senden Sie uns deshalb, zunächst einmalig zum Kennenlernen, die aktuelle Ausgabe der Aufklärungsreihe P.O.C. mit unserer Anzeige in der Größe … gem. Vorlage zum Preis von EUR … zzgl. 19% MWSt. für unsere PLZ-Region.“
Die weitergehende Berufung wird einschließlich des neu gefassten Antrages zu 3. zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
1. A)
Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Parteien sind Wettbewerber in der Vermarktung von Anzeigen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht – soweit noch relevant – eine zuvor ergangene Beschlussverfügung in Bezug auf die Impressumpflicht auf der Internetseite aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung diesbezüglich sowie der weiter gestellten Anträge bezüglich irreführender Angaben über die Zahl bestellter Anzeigen und der Erweckung des Eindrucks, ein Verein „P.o.C. e.V.“ verfolge gemeinnützige Ziele, zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Antragstellerin.
Sie macht geltend, das Landgericht habe die Aussage der Zeugin Dr. U. unzutreffend gewürdigt und zu Unrecht angenommen, eine möglicherweise durch die zeitgleiche Überarbeitung des Impressums bedingte kurzzeitige Nichterreichbarkeit der Impressumseite verstoße nicht gegen § 5 TMG. Ferner – so macht sie in der Berufungsinstanz erstmals geltend – sei das Impressum auch nach den Angaben der übrigen Zeugen unvollständig gewesen, weil die Angaben zur persönlich haftenden Gesellschafterin gefehlt hätten bzw. – was unstreitig ist – unvollständig gewesen seien – und kein Verantwortlicher benannt gewesen sei – was streitig ist. Bei der Beurteilung der Anzeigenaufträge habe das Gericht verkannt, dass durch die verwendeten Formulierungen der Eindruck hervorgerufen werde, dass nur eine Anzeige in Auftrag gegeben werde. Zudem habe sie ausreichend glaubhaft gemacht, dass telefonisch nur von einem einzigen Anzeigenauftrag die Rede sei. Der tatsächlich verwendete Anzeigenauftrag – so meint sie – sei ein unwirksames kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Ferner werbe die Antragsgegnerin auf der Reservierungsbestätigung damit, den Verein „P.o.C.“ zu unterstützen. Dieser erwecke auf seiner Webseite den Eindruck, gemeinnützig zu sein und als solcher steuerlich abzugsfähige Spendenquittungen erteilen zu können. Zudem behauptet sie unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Herrn Q. (Anlage BK10), die Antragsgegnerin verspreche Spendenquittungen für die Anzeigenaufträge.
Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf über die bereits erfolgte Bestätigung der einstweiligen Verfügung vom 28.03.2008 hinaus die Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, ihre Internetseite www.b.-j.-v.de zu betreiben, ohne die Informationspflichten, die sich aus § 5 Telemediengesetz ergeben, zu erfüllen, indem kein Impressum angegeben wird, hilfsweise, indem der Name des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin nicht angegeben wird;
1.
telefonisch für eine einzige Anzeige zu werben,
2.
wenn der schriftliche Anzeigenauftrag, der im Anschluss an das Telefongespräch verschickt wird, über sieben Anzeigen lautet und es zusätzlich in dem Auftrag heißt: „Bitte senden Sie uns deshalb, zunächst einmalig zum Kennenlernen, die aktuelle Ausgabe der Aufklärungsreihe P.O.C. mit unserer Anzeige in der Größe … gem. Vorlage zum Preis von EUR … zzgl. 19% MWSt. für unsere PLZ-Region.“; für Anzeigenaufträge in der Aufklärungsreihe „P.O.C.“ zu werben, wenn gleichzeitig behauptet wird, der Verein „P.O.C. e.V.“ fördere den Kinder- und Jugendschutz, und der Verein auf seiner Internetseite unter Angabe seiner Steuernummer einen Spendenaufruf veröffentlicht, und den Kunden Spendenbescheinigungen angeboten werden.
3.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Sie verweist darauf, dass erstinstanzlich nur das völlige Fehlen eines Impressums beanstandet worden sei. Das verwendete Anzeigenformular sei nicht zu beanstanden. Für den Internetauftritt des Vereins sei sie nicht verantwortlich. Spendenbescheinigungen biete sie ihren Anzeigenkunden auch nicht an.
Im Übrigen wiederholen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen durch Bezugnahme.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
1. B)
Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg.
Die Antragstellerin hat ihren zunächst zu unbestimmten Antrag zu 1. auf den Hinweis des Senates hin dahingehend präzisiert, dass sie in erster Linie das völlige Fehlen eines Impressums und hilfsweise die fehlende Angabe des Namens des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin der Antragsgegnerin beanstande, womit das erstrebte Unterlassungsgebot hinreichend genau umschrieben ist.
Soweit die Antragstellerin allerdings geltend macht, dass zeitweise gar kein Impressum vorhanden gewesen sei, hat sie dies jedenfalls nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, steht dem vor allem die Aussage des Zeugen G. entgegen. Er hat glaubhaft bekundet, dass er Mitte März 2008, jedenfalls vor der Recherche der Zeugin Dr. U., wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Aussagen ergibt, auf der Webseite der Antragsgegnerin zwar ein Impressum vorgefunden habe, in diesem aber weder ein Verantwortlicher noch der Name des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin angegeben war. Damit ist nicht glaubhaft gemacht, dass kein Impressum vorhanden war.
Eine nur während der Dauer der Bearbeitung der Impressumseite technisch bedingte Unerreichbarkeit stellt sich jedoch schon nicht als Verstoß gegen die von § 5 TMG geforderte ständige Verfügbarkeit dar, denn wenn dies technisch bei einer Bearbeitung der Datei erforderlich ist, dann würde ein Verbot insoweit dazu verpflichten, falsche Angaben im Impressum unendlich fortzuführen. Darüber hinaus ist aus den schon vom Landgericht aufgeführten Gründen auch eine Fehlfunktion auf Seiten des von der Zeugin Dr. U. genutzten Browsers nicht auszuschließen. Jedenfalls aber wäre ein derartiger nur wenige Minuten dauernder Verstoß gegen die Impressumpflicht nicht geeignet, die Interessen der übrigen Marktteilnehmer zu beeinträchtigen (§ 3 UWG).
Allerdings ist der Antrag nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG begründet, soweit zeitweise die vollständigen Angaben zur persönlich haftenden Gesellschafterin gefehlt haben.
Die dahingehende Präzisierung des Begehrens der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere war dieses Begehren bereits in erster Instanz Gegenstand des Verfahrens. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin die entsprechende Aussage des Zeugen G. jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht hat. Zum anderen folgt es auch daraus, dass sich die Kammer in der angefochtenen Entscheidung mit dieser Frage auseinandergesetzt hat.
Der Verstoß ist jedenfalls insoweit unstreitig, als von dem als Zeuge vernommenen Mitarbeiter der Antragsgegnerin M. bekundet worden ist, dass der Geschäftsführer mit C. H. angegeben war und damit jedenfalls nicht der vollständige Name des Geschäftsführers dem Impressum zu entnehmen gewesen ist. Ob darüber hinaus nicht aufgrund der Bekundungen des Zeugen G. das völlige Fehlen der Geschäftsführerangabe glaubhaft gemacht ist, kann daher dahinstehen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts stellt sich das Fehlen der vollständigen Namensangabe auch als erheblich dar, und zwar auch dann, wenn es lediglich an den ausgeschriebenen Vornamen des Geschäftsführers gefehlt haben sollte. Die nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG erforderliche Angabe ist insbesondere für etwaige Rechtsstreitigkeiten von erheblicher Bedeutung, zumal die diesbezüglichen Angaben – wie nicht mehr in Streit steht – auch auf dem Bestellformular unvollständig waren. Zudem ist ein Verstoß gegen eine gesetzlich ausdrücklich zum Zwecke des Verbraucherschutzes bestehende Informationspflicht stets erheblich (wie hier: OLG Hamm, MMR 2008, 469).
Die Berufung ist auch hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages zu 2. begründet, denn der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 5 UWG ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.
Die verwendete „Reservierungsbestätigung“ stellt sich jedenfalls in Verbindung mit der – durch mehrere eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten telefonischen Werbung für eine einzige Anzeige – als irreführende Werbung dar. Entgegen der Ansicht der Kammer hat die Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht, dass in den Telefonaten stets von einer einzigen Anzeige die Rede war. Insoweit kann die Angabe des genauen Wortlautes nicht gefordert werden; vielmehr begründet das Angebot einer einzigen Anzeige in Verbindung mit der Gestaltung des anschließend übersandten Formulars eine Irreführung. Schon die Zeugin M. spricht in ihrer eidesstattlichen Versicherung (Anlage 1) von einer Anzeige. Gleiches gilt für die Versicherungen der Zeugen D. (Anlage 6), W. (Anlage 7), R. (Anlage 8) und C. (Anlage 10). Diese Angaben werden durch die eidesstattlichen Versicherungen in der Berufungsinstanz bestätigt (Anlagen BK 1 und BK 2). Danach ist davon auszugehen, dass telefonisch lediglich von einer einzigen Anzeige die Rede war.
Hierauf deutet zudem die Gestaltung des Anzeigenformulars hin. Tatsächlich heisst es bereits einleitend, dass sich die Antragsgegnerin dafür bedankt, „zunächst einmalig zum Kennenlernen“ P.o.C. zu unterstützen. Auch der Anzeigenauftrag selbst beginnt mit der Einleitung „zunächst einmalig zum Kennenlernen“. Dann heißt es, man könne in Ruhe prüfen, ob man weitere Anzeigen schalten wolle. Erst im weiteren Fließtext erfährt der Leser überraschend erstmals, dass er – wenn er nichts weiteres veranlasst – noch sechs weitere Ausgaben bestellt. Zwar ist diese Formulierung nicht unverständlich und bei genauem Lesen wird ein besonders aufmerksamer Gewerbetreibender wohl nicht verkennen können, dass es sich hier um eine Bestellung für sieben Ausgaben handelt. Angesichts der Gestaltung und der Tatsache, dass durchgängig von einer Ausgabe zum Kennenlernen die Rede ist, handelt es sich aber um eine derart überraschende Klausel, dass sie in der konkreten Situation der Bestätigung einer bereits telefonisch besprochenen Anzeige leicht übersehen werden kann, zumal da es, wie es auf dem Formular hervorgehoben heißt, um ein sofortiges Zurückfaxen geht. Auf die in dieser Situation adäquate Aufmerksamkeit ist aber abzustellen und nicht auf die eines besonders sorgfältigen und besonders aufmerksamen Anzeigenkunden.
Jedenfalls in dem allein mit dem Antrag beanstandeten Zusammenwirken von telefonischer Akquise und der den Auftragsumfang versteckenden Gestaltung des Formulars ist daher eine erhebliche Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise zu sehen, die nach § 5 UWG unlauter ist.
Ohne Erfolg bleibt die Berufung hinsichtlich des Antrages zu 3). Insoweit ist schon dessen Zulässigkeit fraglich, weil das Begehren, es zu unterlassen, Anzeigenkunden – nutzlose – Spendenquittungen zu versprechen, nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war.
Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, denn die Antragstellerin hat – wie im Senatstermin erörtert – nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin ihren Kunden für die Anzeigenaufträge Spendenbescheinigungen des Vereins „P.O.C.“ verspricht.
In der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen Q. (Anlage BK10) ist zwar von einer Spende die Rede. Nicht die Rede ist von einer Spendenquittung. Diese will der Zeuge Q. lediglich vergeblich gefordert haben. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil ohne weiteres denkbar ist, eine – gewerbliche – Anzeige auch zur Förderung eines unterstützenswerten Projektes zu schalten und – umgangssprachlich – ein derartiges Verhalten als Spende zu bezeichnen, selbst wenn es für einen Gewerbetreibenden auf der Hand liegt, dass er nicht über den gleichen Betrag eine als Betriebsausgabe bestätigende Rechnung und Spendenquittung erhalten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 34
Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil das Urteil kraft Gesetzes (§ 542 Abs. 2 ZPO) nicht revisibel ist.
Streitwert: 25.000,00 EUR (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung: für den Antrag zu 1) 5.000,00 EUR und die Anträge zu 2) und 3) jeweils 10.000,00 EUR)