OLG Düsseldorf: Vertragsstrafenabrede stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, die unwirksam sein kann

veröffentlicht am 14. Februar 2024

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2023, Az. 2 U 99/22
§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB, § 3035 Abs. 1 S. 3 BGB

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Vertragsstrafenklausel als allgemeine Geschäftsbedingung zu werten ist, die gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB durch den Unterlassungsgläubiger gestellt und allein durch eine Modifikation des Unterlassungsschuldners in ausgewählten Punkten noch nicht im Einzelnen gem. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB ausgehandelt werde. Es dränge sich, so der Senat, bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung auf, dass der Inhaber von Schutzrechten eine Unterlassungserklärung regelmäßig nicht allein für den konkreten Einzelfall formuliere bzw. formulieren lasse, sondern – schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus – eine Mehrfachverwendungsabsicht verfolge. Er werde darauf bedacht sein, ein Standardformular zu entwickeln, das sich mit möglichst wenigen Modifikationen an die jeweilige Situation anpassen lasse. In der Literatur, so das OLG Düsseldorf, werde zu Recht darauf hingewiesen, dass es gängige Praxis sei, „das Rad nicht immer neu zu erfinden“, sondern auf bewährte Muster oder in Datenbanken hinterlegte Textbausteine zurückzugreifen. Die verfahrensgegenständliche Vertragsstrafeklausel sei wegen ihres ausnahmslosen Ausschlusses des Zusammenfassens von einzelnen Verstößen als unangemessen benachteiligend einzustufen, da sie von einem wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken abweiche, ohne dass dies wegen besonderer Umstände gerechtfertigt wäre. Eine solche Vertragsstrafenklausel sei in der Folge unwirksam. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Düsseldürf

Urteil

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Juli 2022 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az. 4b O 37/21) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. August 2022 wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 380.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin, die sich darauf beruft, in Folge eines Rechtsformwechsels aus der A hervorgegangen zu sein, macht Ansprüche auf Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung geltend. Diese war von der Beklagten abgegeben worden, nachdem die A sie unter Inanspruchnahme des deutschen Teils des EP 2 324 XXA – betreffend ein Scharnier für Kühlräume, Drehtore oder dergleichen – und des EP 2 426 XXB – betreffend ein Türschließdrehgelenk für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür – wegen des Anbietens eines Türschließscharniers abgemahnt hatte.

Anspruch 1 des EP 2 324 XXA lautet in seiner deutschen Übersetzung wie folgt:

Scharnier für Kühlräume, Drehtore oder dergleichen, welches eine stationäre Stützkonstruktion (S) und mindestens eine Tür (A), die zwischen einer offenen Position und einer geschlossenen Position bewegbar ist, umfasst, wobei das Scharnier umfasst:

– einen kastenartigen Scharnierkörper (3), der an einer aus der Gruppe umfassend die stationäre Stützkonstruktion (S) und die Tür (A) verankerbar ist, und einen Stift (5), der eine erste Längsachse (X) definiert und an der anderen aus der Gruppe umfassend die stationäre Stützkonstruktion (S) und die Tür (A) verankerbar ist, wobei der Stift (5) und der kastenartige Scharnierkörper (3) miteinander drehbar gekoppelt sind, derart, dass sie sich um die erste Achse (X) zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition drehen lassen;

– Schließmittel (10) für die automatische Rückführung der Tür (A) aus der offenen in die geschlossene Position;

– ein Arbeitsfluid, das auf die Schließmittel (10) einwirkt, um der Wirkung derselben hydraulisch entgegenzuwirken und dadurch die Türrotation (A) aus der offenen Position in die geschlossene Position zu regulieren;

wobei die Schließmittel (10) ein Nockenelement (11) umfassen, das mit dem Stift (5) einstückig ausgebildet ist und mit einem Kolbenelement (12) zusammenwirkt, das in einer Arbeitskammer (25) innerhalb des kastenartigen Scharnierkörpers (3) entlang einer zweiten Achse (Y), die im Wesentlichen orthogonal zu der ersten Achse (X) verläuft, zwischen einer eingeschobenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, verschiebbar beweglich ist, wobei das Kolbenelement (12) einen Schiebekopf (13) aufweist, der mit einem im Wesentlichen gegengeformten Sitz (14) des Nockenelements (11) zusammenwirkt;

wobei die Schließmittel (10) und das Arbeitsfluid beide zur Gänze in der Arbeitskammer (25) untergebracht sind;

dadurch gekennzeichnet, dass der kastenartige Scharnierkörper (3) eine längliche Gestalt aufweist, um die zweite Achse (Y) zu definieren, wobei der Schiebekopf (13) eine im Allgemeinen plattenartige Gestalt aufweist, um eine Ebene (n) zu definieren, die im Allgemeinen in einem rechten Winkel zu der ersten Achse (X) verläuft.

Anspruch 1 des EP 2 426 XXB lautet in seiner deutschen Übersetzung wie folgt:

Türschließdrehgelenk für eine Tür, vorzugsweise eine Glastür, die durch eine ortsfeste Stützstruktur stützbar ist, wobei die Tür zwischen einer offenen und einer geschlossenen Position beweglich ist, das Türschließdrehgelenk umfassend:

– einen kastenartigen Körper (10), der an der ortsfesten Stützstruktur (S) und der Tür verankerbar ist, und einen Stift (20), der eine erste Längsachse (X) definiert und am anderen der ortsfesten Stützstruktur (S) und der Tür verankerbar ist, wobei der Stift (20) und der kastenartige Körper (10) wechselseitig zum Drehen um die erste Achse (X) zwischen der offenen Türposition und der geschlossenen Türposition angekuppelt sind;

– Schließmittel (30) zum automatischen Rückstellen der Tür aus der offenen in die geschlossene Position;

– Bremsmittel (40), die auf das Schließmittel (30) zum Wirken gegen dessen Einwirkung einwirken;

– wobei das Schließmittel (30) ein erstes Nockenelement (31) umfasst, das mit einem ersten Kolbenelement (32) in Wechselwirkung steht, welches innerhalb des kastenartigen Körpers (10) zwischen einer ersten zusammengedrückten Endposition, die der offenen Türposition entspricht, und einer ersten ausgefahrenen Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, beweglich ist;

– wobei das Bremsmittel (40) ein zweites Nockenelement (41) umfasst, das mit einem zweiten Kolbenelement (42) in Wechselwirkung steht, welches innerhalb des kastenartigen Körpers (10) zwischen einer zweiten zusammengedrückten Endposition, die der geschlossenen Türposition entspricht, und einer zweiten ausgefahrenen Endposition, die der offenen Türposition entspricht, beweglich ist;

wobei sowohl das erste als auch das zweite Nockenelement (31, 41) mit dem Stift (20) einstückig sind, sodass sie einstückig in Bezug zum kastenartigen Körper (10) drehbar damit sind;

wobei das erste Kolbenelement (32) zumindest einen ersten Schubkopf (33, 33‘) umfasst, der mit zumindest einem ersten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz (34, 34‘) des ersten Nockenelements (31) in Wechselwirkung steht, wobei das zweite Kolbenelement (42) zumindest einen zweiten Schubkopf (43) enthält, der mit zumindest einem zweiten, im Wesentlichen entsprechend geformten Sitz (44) des zweiten Nockenelements in (41) in Wechselwirkung steht;

wobei das Schließmittel (30) erste entgegenwirkende elastische Mittel (39) umfasst, die zum Fördern der Wechselseitigen Wechselwirkung des zumindest einen ersten Schubkopfs (33, 33’) und des zumindest einen ersten, entsprechend geformten Sitzes (34, 34’) auf das erste Kolbenelement (32) einwirkt, wobei das Bremsmittel (40) zweite entgegenwirkende elastische Mittel (47) umfasst, die zum Fördern der Wechselseitigen Wechselwirkung des zumindest einen zweiten Schubkopfs (43) und des zumindest einen zweiten, entsprechend geformten Sitzes (44) auf das zweite Kolbenelement (42) einwirkt;

dadurch gekennzeichnet, dass der Stift (20) zwischen dem ersten und zweiten Kolbenelement (32, 42) angeordnet ist und ferner

dadurch gekennzeichnet, dass das erste und zweite Kolbenelement (32, 42) beide verschiebbar entlang einer zweiten Achse (Y), die im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse (X) steht, beweglich sind, wobei beide des ersten und zweiten Schubkopfs (33, 33’, 43) zum Definieren von zumindest einer ersten und zweiten Ebene (π’, π“, π“’), die im Wesentlichen senkrecht zur ersten Achse (X) stehen, eine im Allgemeinen plattenartige Form aufweisen.

Am 23. Oktober 2014 wurde der Beklagten auf der Messe „B“ in Düsseldorf ein – unter dem Briefkopf der Kanzlei C verfasstes – englischsprachiges Abmahnschreiben im Auftrag der A ausgehändigt, auf deren Rechtsstellung als ausschließliche Lizenznehmerin an den Nutzungsrechten beider Europäischen Patente sich die Klägerin unter Hinweis auf eine im Jahr 2015 stattgefundene Rechtsform-änderung von einer S.r.l. in eine S.p.A. beruft. Der Beklagten wurde darin u.a. die Möglichkeit eingeräumt, zur Vermeidung eines Rechtsstreits eine beigefügte englischsprachige Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und bis zum 24. Oktober 2014, 8:00 Uhr, zurückzusenden. Sie sah unter Wiedergabe der Patentansprüche 1 beider Europäischen Patente eine Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot des Anbietens, des Inverkehrbringens, des Benutzens, des Besitzes oder des Imports vor sowie weitere Verpflichtungen in Gestalt von Ansprüchen auf Rechnungslegung, Entschädigung, Vernichtung und Erstattung von Rechtsanwaltskosten sowie eine Gerichtsstandsvereinbarung.

Die Beklagte unterzeichnete die englischsprachige Unterlassungserklärung in abgewandelter Form, nämlich auf die vertragsstrafebewehrte Unterlassungsverpflichtung beschränkt und mit einem zusätzlichen Einleitungssatz zur Rechtsverbindlichkeit versehen. Die übrigen Bestandteile in Gestalt der Regelungen zur Rechnungslegung, Entschädigung, Vernichtung, Erstattung von Rechtsanwaltskosten und zum Gerichtsstand strich sie ersatzlos und übersandte die abgeänderte Erklärung mit am 31. Oktober 2014 bei dem Rechtsanwalt der A eingegangenen Schreiben.

Die in der Unterlassungserklärung enthaltene Vertragsstrafeabrede lautet nebst ergänztem Einleitungssatz im Original

„for mere economical reasons and in orderto provide for a fast settlement of the matter, without prejudice, however, legally binding

1.Upon pain of a contractual penalty of € 10.000.00 (ten thousand EUR) for each case of noncompliance – excluding the application of the continuationofoffence clause – to refrain from” […]

und lässt sich wie folgt in die deutsche Sprache übersetzen:

aus rein wirtschaftlichen Gründen und um eine schnelle Einigung in der Angelegenheit zu erzielen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich

1.Unter Androhung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung [alternative Übersetzung: Nichteinhaltung] – unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs – es zu unterlassen […].

Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Dezember 2014 erklärte die A die Annahme der Unterlassungserklärung. Wegen weiterer Einzelheiten der Erklärungen wird auf die Anlagen „rop 3a“ bis „rop 3d“ (Anlagenband K eAkte LG) Bezug genommen.

Im Jahr 2017 entschloss sich die Beklagte, ein bodenmontiertes ölgedämpftes Türschließschanier mit der Artikelnummer D (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) in ihr Angebot aufzunehmen. Eine Vertriebsmitteilung der Beklagten an die Klägerin verblieb zunächst ohne Reaktion.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2018 mahnte die Klägerin die Beklagte nach einem Testkauf ab und erhob – unter Berufung auf die Unterlassungserklärung – mit am 19. September 2018 zugestellter Klageschrift wegen des Vertriebs von Türschließscharnieren mit der Artikelnummer D Klage gegen die Beklagte beim Landgericht Düsseldorf (im Folgenden: Vorprozess). Mit Urteil vom 2. April 2020 verurteilte das Landgericht die Beklagte unter anderem zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 20.000 EUR für zwei Zuwiderhandlungen, in einem Fall wegen des Anbietens und der Lieferung des Scharniers im Rahmen eines Testkaufes vor der Abmahnung im Februar 2018 sowie im anderen Fall wegen des weiteren Anbietens nach der Abmahnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 264 ff. der landgerichtlichen Akte 4b O 80/18, im Folgenden: „Beiakte“).

In Erfüllung des rechtskräftigen Urteils erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 9. September 2020 Auskünfte und legte Rechnung über die Verkäufe der angegriffenen Ausführungsform. Auf dieser Grundlage erhob die Klägerin – nach vergeblicher vorgerichtlicher Geltendmachung – erneut Klage beim Landgericht Düsseldorf.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass aufgrund der Auskünfte feststehe, dass die Beklagte im Zeitraum 25. September 2017 bis 23. Februar 2018 (= Zugang der zweiten Abmahnung) durch 50 Lieferungen, im Zeitraum 24. Februar 2018 bis 19. September 2018 (= Zustellung Klage) durch 79 Lieferungen und im Zeitraum 20. September 2018 bis 26. September 2018 durch 129 Lieferungen gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe. Durch das Urteil des Vorprozesses stehe zudem fest, dass die vertriebenen Türschließscharniere auch die in der Unterlassungserklärung wiedergegebenen Anspruchsmerkmale der beiden Europäischen Patente erfüllten. Ausgehend von 258 Verstößen errechne sich eine Vertragsstrafe von 2.580.000,00 EUR, die jedoch gemäß § 242 BGB auf das 5,8-fache des Nettoumsatzes (68.362,23 EUR) und damit auf 400.000,00 EUR zu reduzieren sei. Unter Anrechnung der im Vorprozess ausgeurteilten Vertragsstrafe in Höhe von 20.000,00 EUR ergebe sich daher ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 380.000,00 EUR, den sie geltend machen könne, da ihre Gläubigerstellung aufgrund der im Vorprozess festgestellten Umwandlung der A in ihre jetzige Rechtsform (S.p.A.) feststehe. Die Klägerin hat demgemäß beantragt, die Beklagte zur Zahlung dieser Summe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2021 zu verurteilen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt. Die Klägerin habe nichts zu ihrer Aktivlegitimation vorgetragen und einer weiteren Klage stehe die Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess entgegen, da von diesem Urteil auch sämtliche nun geltend gemachten Zeiträume erfasst seien und über die Verstöße durch die Ausurteilung der Vertragsstrafe in Höhe von 20.000,00 EUR abschließend entschieden worden sei. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin, das entweder als Verzicht auszulegen, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich sei, habe sie, die Beklagte, auch davon ausgehen dürfen, dass die Angelegenheit damit erledigt sei. Weiterhin treffe sie kein Verschulden, da die Klägerin auf ihre Vertriebsmitteilung nicht reagiert habe und sie unter der Annahme gehandelt habe, der Vertrieb sei zulässig. Jedenfalls sei der Vertrieb als eine natürliche Handlung zu werten, so dass nicht auf einzelne Lieferungen abgestellt werden dürfe. Der Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs in der Unterlassungserklärung sei unbeachtlich, so dass sich die Klägerin hierauf nicht berufen könne. Im Übrigen habe sie, die Beklagte, auch nicht gegen die Unterlassungserklärung verstoßen, da die Lehre der beiden Patente durch die angegriffene Ausführungsform nicht verletzt werde. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Merkmale „stationäre Stützkonstruktion“ (EP `XXA) und „ortsfeste Stützstruktur“ (EP `XXB), die eine Verankerung des Scharniers im Boden ausschlössen, sowie der abweichend von der Beschreibung in den Merkmalen 8 und 9 (EP `XXB) ausgearbeiteten Schubköpfe.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Feststellungen wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Beklagte kostenpflichtig zur Zahlung von 380.000,00 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtskraft des Urteils der Kammer im Vorprozess der erneuten Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus dem Vertragsstrafeversprechen nicht entgegenstehe, da es sich bei den einzelnen Zuwiderhandlungen um jeweils unterschiedliche Streitgegenstände handele. Die Parteien hätten wirksam eine Vertragsstrafe vereinbart, wobei sich die Klägerin vor dem Hintergrund des vorgelegten Registerauszuges auf die Rechtsnachfolge zur A berufen könne.

Die Unterlassungserklärung sei keine formularmäßige Erklärung und unterfalle daher nicht der AGB-rechtlichen Kontrolle. Der Erklärung lasse sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass diese für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert gewesen und von den Parteien als unveränderbar angesehen worden sei. Vielmehr habe die Beklagte – von der Klägerin akzeptiert – eine einleitende Ergänzung dergestalt vorgenommen, dass sie nicht zur Abgabe verpflichtet sei, und in der Vertragsstrafeklausel die Formulierung „für jeden Fall der Nichteinhaltung“ in „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ abgeändert. Dies spreche dagegen, dass die Unterlassungserklärung seitens der Beklagten als unveränderbar angesehen worden sei. Sie trage zudem selbst vor, dass sie bewusst eine inhaltlich abweichende Erklärung übermittelt habe.

Die angegriffene Ausführungsform mache auch von der patentgemäßen Lehre wortsinngemäß Gebrauch. So sei der Boden als Teil der „ortsfesten Stützstruktur“ bzw. „stationären Stützkonstruktion“ im Sinne beider Patente anzusehen. Einen Doppel-Schubkopf verlange die geschützte Lehre des EP 2 426 XXB nicht und sowohl der erste als auch der zweite Schubkopf seien – wie gefordert – plattenartig ausgeführt.

Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt, insbesondere könne sie sich nicht auf das Gutachten ihres chinesischen Zulieferers berufen und auch der Umstand, dass die Klägerin auf die Vertriebsmitteilung nicht reagiert habe, entlaste die Beklagte nicht. Die Klägerin habe im Zuge des Vorprozesses zudem weder auf die Geltendmachung weiterer Vertragsstrafen verzichtet noch stelle sich die jetzige Forderung als rechtsmissbräuchlich dar.

Entgegen der Auffassung der Beklagten könne der gesamte Vertrieb bei der Bemessung der Vertragsstrafe nicht als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Zwar sei trotz des Ausschlusses des Fortsetzungszusammenhanges die Unterlassungserklärung dergestalt auszulegen, dass mehrere Einzelakte unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden könnten. Im konkreten Fall könne die Kammer aber keine natürliche Handlungseinheit erkennen, weshalb die Vertragsstrafe – inklusive der beiden Verstöße aus dem Vorprozess – insgesamt 258-mal verwirkt sei, was eine Forderung von 2.580.000,00 EUR ergebe. Diese sei allerdings der Argumentation der Klägerin folgend gemäß § 242 BGB auf angemessene 400.000,00 EUR herabzusetzen, von denen die im Vorprozess ausgeurteilten 20.000,00 EUR abzuziehen seien. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 70 ff. eAkte OLG) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Zu Unrecht habe das Landgericht bereits die Zulässigkeit der Klage bejaht. Denn dieser stünde die Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess entgegen, da der Vertrieb als eine einheitliche Handlung anzusehen sei.

Das Landgericht sei unzutreffend von einer Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen und habe die von der Klägerin gestellte englischsprachige Vertragsstrafeklausel – eine deutsche Übersetzung der Unterlassungserklärung Anlage rop 3a sei erst in Vorbereitung des Klageverfahrens von den Parteien angefertigt worden – rechtsirrig nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung eingestuft. Sie sei von den Rechtsanwälten der Klägerin regelmäßig, jedenfalls mehr als dreimal verwendet worden. Die durch sie – die Beklagte – vorgenommene Änderung des Einleitungssatzes stelle keine individuelle Änderung der Vertragsstrafeklausel dar, sondern mache lediglich deutlich, dass sie aus wirtschaftlichen Erwägungen nachgegeben habe. Die verwendete Vertragsstrafeklausel als solche sei inhaltlich nicht verändert worden. Sie – die Beklagte – habe diesbezüglich auch keine andere Wahl gehabt als zu unterzeichnen, weil die Gefahr eines gerichtlichen Eilverfahrens mit erheblichen Kosten gedroht habe. Bei den Annexansprüchen sei das anders gewesen. Diese habe sie gestrichen, weil diesbezüglich keine akute Gefahr gedroht habe.

Bei zutreffender Würdigung der Vertragsstrafeklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung müsse der Zusatz „excluding the application of the continuationofoffence clause” als unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 BGB angesehen werden, was die Unwirksamkeit der gesamtem Vertragsstrafeklausel zur Folge habe. Wolle man dies anders sehen, so sei die Vertragsstrafe unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten jedenfalls dergestalt auszulegen, dass sich die Nichteinhaltung auf eine mögliche Patentverletzung beziehe und nicht auf jede einzelne Lieferung. Dies folge daraus, dass sich die konkrete Formulierung der Unterlassungserklärung durch die Wiedergabe des Patentanspruchs auf das abstrakte Patent beziehe und nicht auf konkrete Verletzungsformen. Auch ergebe sich aus den Umständen, dass die Vereinbarung nicht existenzbedrohend für die Beklagte sein sollte und der Zweck nicht darin liegen konnte, Gelder in Millionenhöhe zu erwirtschaften. Im Hinblick auf diese Umstände habe das Landgericht rechtsfehlerhaft auf eine Sachverhaltsaufklärung verzichtet und ihr kein hinreichendes rechtliches Gehör gewährt.

Letztendlich sei die Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 242 BGB auch bei weitem nicht ausreichend, weder im Hinblick auf die Schwere und das Ausmaß der Zuwiderhandlung, die Auswirkungen auf die Klägerin, das Verschulden der Beklagten noch die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz. Die Höhe der Vertragsstrafe sei zudem, solle sie tatsächlich für jede Lieferung anfallen, sittenwidrig.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf, 4b O 37/21, vom 28. Juli 2022 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Der Verweis auf die Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses gehe ins Leere, da die dort abgeurteilten komplexartig zusammengefassten Handlungseinheiten nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits seien. Sie habe im bzw. durch den Vorprozess auch nicht auf weitere Vertragsstrafenzahlungen verzichtet.

Eine Anwendung von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB stehe nicht zur Debatte, da es sich nicht um eine vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung gehandelt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei die Schutzrechtsverwarnung als Dienstleistung zu verstehen (BFH, NJW 2019, 1836). Dies schließe es aus, in der im Rahmen einer Schutzrechtsverwarnung überreichten Formulierung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ein die verwarnende Partei bindendes Angebot zum Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrages zu sehen. Vielmehr sei anzunehmen, dass die verwarnte Partei selbst durch die Unterzeichnung der strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ein Angebot auf den Abschluss eines Unterlassungsvertrages abgebe, das wiederum durch die andere Partei – hier die Klägerin – angenommen werden müsste.

Die Schutzrechtsverwarnung stelle insofern eine Sonderkonstellation dar, in der es nicht um allgemein vorherbestimmte Sachverhalte, sondern um eine individuelle Bewertung des konkreten Sachverhalts gehe. Dazu gehöre die Auswahl einer im Einzelfall passenden Vertragsstrafeklausel. Diese werde nicht von einer Seite gestellt, sondern von beiden Parteien verwendet, und zwar von der Klägerin als eine im Rahmen einer Dienstleistung aufgezeigte Möglichkeit zur Streitbeilegung und von der Beklagten im Rahmen ihres Angebots zur vertraglichen Erledigung des Unterlassungsanspruchs. In solchen Konstellationen sei von einer Individualvereinbarung auszugehen.

Im Übrigen habe die Beklagte, indem sie den vorformulierten Text um den Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ ergänzt habe, zu erkennen gegeben, dass sie die vorformulierte Erklärung nur mit dem Vorbehalt einer eigenen anwaltlichen Prüfung und mit der Möglichkeit des Einbringens eigener Formulierungen akzeptiert habe.

Ungeachtet dessen beinhalte die streitgegenständliche Vertragsstrafeklausel aber auch keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 307 BGB. Es gebe keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass der Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs eine unangemessene Benachteiligung der in Anspruch genommenen Partei begründe. Dem stehe auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Lauterkeitsrecht entgegen, wonach der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs nicht die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsverfolgung begründen könne (BGH, GRUR 2012, 286 – Falsche Suchrubrik). Ebenso wie die Bestimmungen zur Rechtsmissbräuchlichkeit von lauterkeitsrechtlichen Verwarnungen im UWG beruhe auch § 307 BGB auf den in § 242 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsätzen. Daher sei es gerechtfertigt, bei der Beurteilung nach § 307 BGB lauterkeitsrechtliche Regelungen und die hierzu ergangene Rechtsprechung heranzuziehen. Auch im Jahr 2014 habe (noch) ein berechtigtes Interesse bestanden, der in Anspruch genommenen Partei aufzuzeigen, dass sie sich bei mehrfachen Zuwiderhandlungen nicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs würde berufen können. Das schließe nicht aus, mehrfache Zuwiderhandlungen bei der Sanktionierung zu natürlichen Handlungseinheiten zusammenzufassen.

Jedenfalls aber bliebe bei einer Unwirksamkeit des Ausschlusses der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs die Wirksamkeit des Vertragsstrafeversprechens hiervon unberührt. Insoweit sei die Klausel ohne weiteres teilbar. Die Unwirksamkeit der Vertragsstrafe liege nicht im Interesse der Beklagten, da diese die Wiederholungsgefahr habe beseitigen wollen. Dies könne nur durch eine wirksame strafbewehrte Unterlassungserklärung erreicht werden.

Auf die Unwirksamkeit der strafbewehrten Unterlassungserklärung insgesamt könne die Beklagte sich auch deshalb nicht berufen, weil dieser Einwand durch § 116 S. 1 BGB (geheimer Vorbehalt) und § 242 BGB (widersprüchliches Verhalten) ausgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klage ist zwar zulässig, der Klägerin steht aber gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 339 S. 2 BGB i.V.m. der vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung zu.

A.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr nicht schlechthin die Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts vom 2. April 2020 (Az. 4 b O 80/18) entgegen.

Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung steht – als negative Prozessvoraussetzung – einer neuen Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand entgegen, weshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines bereits rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist, unzulässig ist (BGH, NJW 2014, 314 Rn. 13). Der Umfang der Rechtskraft eines Urteils ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht die Urteilsformel hierfür allein nicht aus, sind zur Auslegung der Urteilsformel der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen (BGH, GRUR 2015, 269 Rn. 19).

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestimmt sich die Rechtskraft der Vorentscheidung vorliegend wie folgt: Das Landgericht hat die Beklagte im Vorprozess unter Ziffer I. zur Unterlassung und zur Rechnungslegung verurteilt, unter Ziffer II. eine Verpflichtung zum Schadenersatz festgestellt sowie unter Ziffer III. die Beklagte zur Zahlung von 20.000,00 EUR verurteilt. Die Zahlungsverpflichtung gründet – was aus den Entscheidungsgründen (Seite 22 f.) folgt – auf der zweimaligen Verwirkung einer Vertragsstrafe, zum einen für das Anbieten und die Lieferung der angegriffenen Vorrichtung vor dem Zugang der (erneuten) Abmahnung und zum anderen für das fortgesetzte Anbieten nach der Abmahnung. Diese Verstöße sind damit abgeurteilt und in Rechtskraft erwachsen. Eine allein auf diese Verstöße gerichtete erneute Klage wäre unzulässig.

Durch die Aburteilung des Anbietens ist aber entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht jegliche weitere Klage mit dem Zweck der Verurteilung zu einer Vertragsstrafe unzulässig. Dies folgt schon daraus, dass die Unterlassungserklärung neben dem Anbieten noch weitere strafbewehrte Verstöße auflistet, nämlich das Inverkehrbringen oder das Benutzen sowie den Besitz oder den Import für vorgenannte Zwecke. Weiterhin bestimmt die Unterlassungserklärung, dass eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung („for each case of noncompliance“) anfällt, so dass wiederholte Verstöße prinzipiell mehrere Vertragsstrafen verwirken können. Daher steht die Rechtskraft der Entscheidung des Vorprozesses nicht der Aburteilung weiterer Zuwiderhandlungen in Gestalt der festgestellten Lieferungen entgegen.

Die Berufung kann auch nicht mit ihrer Ansicht durchdringen, dass sich aus dem Vorprozess ein Verzicht der Klägerin herleiten ließe, weitere Ansprüche aus dem Vertragsstrafeversprechen geltend zu machen. Für einen Verzicht im Sinne des § 306 ZPO mangelt es schon an einer entsprechenden prozessualen Erklärung. Auch für die Annahme einer stillschweigenden schuldrechtlichen Erklärung, auf die Geltendmachung weiterer Vertragsstrafen zu verzichten, fehlen jegliche Anhaltspunkte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin durch den Feststellungs- und Rechnungslegungsantrag gerade deutlich gemacht hat, weitere Ansprüche prüfen und durchsetzen zu wollen.

Deshalb konnte sich bei der Beklagten auch kein dementsprechendes schutzwürdiges Vertrauen entwickeln, so dass sich die Geltendmachung weiterer Vertragsstrafen nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne eines widersprüchlichen Verhaltens erweist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Beklagter selbst im Fall einer verdeckten Teilklage bei einem klagestattgebenden Urteil nicht davon ausgehen, sich keinen weiteren Nachforderungen des Klägers ausgesetzt zu sehen. Hat ein Kläger im vorangegangenen Prozess nur einen Teilanspruch geltend gemacht, so erfasst die Rechtskraft des Urteils nur diesen Teil des Anspruchs und erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten restlichen Anspruch (BGH, NJW 2008, 373, 375).

B.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe, da die als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufende Vertragsstrafeklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält und deshalb unwirksam ist.

1.
Die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung durch die Beklagte begründete einen Unterlassungsvertrag mit der A

a)
Auf das Rechtsverhältnis findet deutsches Recht Anwendung. Denn die Vertragsparteien haben zwar keine Rechtswahl getroffen, da die Beklagte als Verpflichtete der Unterlassungserklärung ihren Sitz in Deutschland hat, folgt hieraus aber gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO die Anwendbarkeit deutschen Rechts.

b)
Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe setzt den Abschluss eines entsprechenden Vertrages voraus, für dessen Zustandekommen die allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüsse gelten (BGH, GRUR 2006, 878 Rn. 14 f. – Vertragsstrafevereinbarung; GRUR 2017, 823 Rn. 12 – Luftentfeuchter; GRUR 2010, 355 Rn. 17 – Testfundstelle). Der Gläubiger, der mit der Abmahnung die Abgabe einer bestimmten Unterlassungserklärung verlangt, macht dem Schuldner ein Vertragsangebot gemäß § 145 BGB. Gibt der Schuldner diese Unterlassungserklärung ab, liegt darin die Annahmeerklärung. Weicht er von der Erklärung ab, liegt darin eine Ablehnung und zugleich ein neues Angebot gemäß § 150 Abs. 2 BGB (BGH, a.a.O.).

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass angesichts der Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass (bereits) die Abmahnung ein Angebot darstelle, so verkennt sie, dass sich die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben beantwortet (vgl. BFH, NJW 2019, 1836 Rn. 29). Daher können umgekehrt aus der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung auch keine Rückschlüsse auf den nach zivilvertraglichen Regeln erfolgenden Vertragsschluss gezogen werden. Vielmehr verbleibt es insoweit bei den durch den Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze.

Soweit das Landgericht in Anwendung dieser Grundsätze zu dem Ergebnis eines Vertragsschlusses gekommen ist, wobei es dahinstehen lassen hat, ob die Antwort der Beklagten vom 31. Oktober 2014 (Anlage rop 3b) durch ihren Prozessvertreter bereits die Annahme darstellte oder diese als ein neues Angebot verstanden werden musste, das mit Antwortschreiben vom 4. Dezember 2014 (Anlage rop 3d) angenommen wurde, so ist dies frei von Rechtsfehlern, da es vorliegend nicht streitentscheidend darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Einigung stattgefunden hat. Der Vertragsschluss ist jedenfalls im Jahr 2014 erfolgt.

c)
Die Umstände des Vertragsschlusses bedürfen aber in tatsächlicher Hinsicht einer Klarstellung, um den Umfang der Einigung und den die Parteien bindenden Inhalt der Unterlassungserklärung eindeutig bestimmen zu können, worauf es im Laufe der Entscheidung noch ankommen wird:

Unstreitig hat die A die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 (Anlage rop 3a) abgemahnt. Das Schreiben enthielt als Anlage eine englischsprachige Unterlassungserklärung („cease and desist declaration“), die der Prozessvertreter der Beklagten mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 (Anlage rop 3b) unterzeichnet zurückübersandt hat, wobei die Erklärung als Unterzeichnungsdatum den 29. Oktober 2014 ausweist. Seitens der Beklagten wurde die ursprünglich übersandte Unterlassungserklärung dabei wie folgt abgeändert:

– Nach dem Vertragskopf wurde ein Einleitungssatz zur Rechtsverbindlichkeit aufgenommen: „for mere economical reasons and in order to provide for a fast settlement of the matter, without prejudice, however, legally binding“ (deutsche Übersetzung: aus rein wirtschaftlichen Gründen und um eine schnelle Einigung in der Angelegenheit zu erzielen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich).

– Unter Ziffer 1. wurde die vertragsstrafebewehrte Unterlassungsverpflichtung übernommen und zwar in lit. a) unter Wiedergabe des Anspruchs 1 des EP 2 426 XXB sowie – durch ein „and/or“ getrennt – in lit. b) unter Wiedergabe des Anspruchs 1 des EP 2 324 XXA.

– Die ursprünglich unter Ziffer I. (betreffend das EP 2 426 XXB) enthaltenen Klauseln Ziffer 2. (Rechnungslegung) und Ziffer 3. (Entschädigung) sowie die Klauseln Ziffer 5. (Rechnungslegung) und Ziffer 6. (Entschädigung) der Ziffer II. (betreffend das EP 2 324 XXA) sind ersatzlos entfallen, ebenso wie die Ziffern III. (Vernichtung), IV. (Rechtsanwaltskosten) und V. (Gerichtsstandsvereinbarung).

Die Erklärungen wurden beiderseits – worauf die Berufung zu Recht hinweist – ausschließlich in englischer Sprache übermittelt. Die in den späteren Rechtsstreitigkeiten vorgelegten – von den Parteien angefertigten – deutschen Übersetzungen waren nicht Bestandteil der Einigung. Diese basiert vielmehr allein auf dem englischsprachigen Dokument, das am 29. Oktober 2014 unterzeichnet wurde (Anlage 1 zum Schreiben Anlage rop 3b, vgl. Bl. 180 des Anlagenbandes K der eAkte LG), und das daher allein maßgeblich für die Ermittlung des Inhalts der Vereinbarung ist.

Die Vertragsstrafenabrede lautet – inklusive des ergänzten Einleitungssatzes und gefolgt von den zu unterlassenden Handlungen sowie der Wiedergabe des jeweils ersten Anspruchs der EP 2 324 XXA und 2 426 XXB – demgemäß im englischen Original

„for mere economical reasons and in orderto provide for a fast settlement of the matter, without prejudice, however, legally binding

1.Upon pain of a contractual penalty of € 10.000.00 (ten thousand EUR) for each case of noncompliance – excluding the application of the continuationofoffence clause – to refrain from

a) offering, placing into circulation or using, or possessing or importing for the above purposes in Germany

a door closing hinge […]”,

and/or

b) offering, placing into circulation or using, or possessing or importing for the above purposes in Germany

a hinge for coid rooms […]”,

die sich wie folgt in die deutsche Sprache übersetzen lässt:

aus rein wirtschaftlichen Gründen und um eine schnelle Einigung in der Angelegenheit zu erzielen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich

2.Unter Androhung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung – unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs – es zu unterlassen

a) ein Türschließdrehgelenk […]

in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu benutzen, oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder zu importieren

b) ein Scharnier für Kühlräume […]

in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu benutzen, oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder zu importieren.

2.

An der Richtigkeit der Annahme des Landgerichts, dass die Klägerin durch einen Rechtsformwechsel in eine italienische S.p.A. aus der A hervorgegangen ist und daher Ansprüche aus der Unterlassungserklärung geltend machen kann, bestehen auf der Grundlage der hierzu festgestellten Tatsachen keine Zweifel.

Die Berufung zeigt keine Anhaltspunkte auf, die eine Unrichtigkeit der auf dem Inhalt des vorgelegten Registerauszuges Anlage rop 1c basierenden Feststellung des Landgerichts nahelegen könnten. Insbesondere ersetzt der nicht näher konkretisierte Verweis auf „die Ausführungen in erster Instanz in diesem Verfahren sowie vor allem im beigezogenenen vorausgegangenen Verfahren“ (Bl. 165 eAkte OLG) keinen gemäß § 520 Abs. 3 ZPO erforderlichen Berufungsangriff. Denn in ihrer Klageerwiderung hat die Beklagte die Aktivlegitimation einfach bestritten und allein auf fehlenden Vortrag der Klägerin verwiesen. Weitere Ausführungen zur Aktivlegitimation finden sich in erster Instanz nicht, auch nachdem sich die Klägerin für ihre Aktivlegitimation auf den Inhalt des Urteils des Vorprozesses berufen hat. Soweit die Beklagte im Vorprozess in Abrede gestellt hat, dass der Registerauszug Anlage rop 1c geeignet sei, einen Rechtsformwechsel zu belegen, und bestritten hat, dass dieser überhaupt einen Rechtsformwechsel zum Inhalt habe, sowie die Richtigkeit der deutschen Übersetzung pauschal in Abrede gestellt hat, bleibt offen, auf welchen dieser – bereits im Vorprozess erfolglos gebliebenen – Angriffe gegen den Registerauszug sie ihre Berufung stützen will, weshalb diese Zweifel an der Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellung wecken sollen und warum diese Verteidigungsmittel, die im hiesigen Verfahren erstinstanzlich nicht vorgebracht wurden, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sein sollten.

3.
Die Berufung weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Vertragsstrafenabrede als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen ist. Denn die A hat die Vertragsstrafeklausel als Verwender im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gestellt und nicht im Einzelnen gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB mit der Beklagten ausgehandelt.

a)

Vertragsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB nur dann Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Die Klägerin hat bereits in erster Instanz in Abrede gestellt, dass es sich um ein vorgegebenes Formular gehandelt habe, das für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorformuliert gewesen sei (vgl. Bl. 66 eAkte LG). Damit kann sie indes nicht durchdringen.

Dass die mit Schreiben vom 23. Oktober 2023 übergebene Unterwerfungserklärung „vorformuliert“ und nicht von ihr „ad hoc in Vertragsverhandlungen formuliert“ (vgl. Staudinger/Mäsch (2022) BGB § 305, Rn. 25) worden ist, steht außer Frage. Sie war ihrem äußeren Anschein nach aber auch für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert („Mehrfachverwendungsabsicht“).

Das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingung muss derjenige darlegen und beweisen, der sich zu seinen Gunsten auf die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB beruft, vorliegend also die Beklagte. Der Darlegungslast kann aber im Einzelfall bereits durch Vorlage des Vertrags genügt werden (BGH, NJW 1992, 2160, 2162). Denn aus Inhalt und Gestaltung von Vertragsklauseln kann der äußere Anschein folgen, dass diese zur mehrfachen Verwendung vorformuliert wurden (vgl. BGH, a.a.O., NJW 2004, 502, 503, NJW 2009, 3717, 3720, jeweils zum Bau(träger)vertrag; BGH, NJW 2017, 265 Rn. 30 zum Architekten- und Ingenieurvertrag; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2020, 556 – VENOM, OLG Jena, BeckRS 2012, 9286, jeweils zur Vertragsstrafevereinbarung; MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 18; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 305 Rn. 23). Ein solcher Anschein kann sich zum Beispiel daraus ergeben, dass Vertragsklauseln weitgehend allgemein und abstrakt gehalten sind (BGH, NJW 2017, 265 Rn. 30). Es ist dabei nicht erforderlich, dass das gesamte Vertragsmuster diesen Anforderungen entspricht. Entscheidend ist, ob einzelne Vertragsklauseln, hier also das Vertragsstrafeversprechen, jeweils die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 BGB erfüllen (BGH, NJW 1998, 2600 f.).

aa)
Es drängt sich vorliegend bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung auf, dass der Inhaber von Schutzrechten eine Unterlassungserklärung regelmäßig nicht allein für den konkreten Einzelfall formuliert bzw. formulieren lässt, sondern – schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus – eine Mehrfachverwendungsabsicht verfolgt. Er wird darauf bedacht sein, ein Standardformular zu entwickeln, dass sich mit möglichst wenigen Modifikationen an die jeweilige Situation anpassen lässt. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass es gängige Praxis sei, „das Rad nicht immer neu zu erfinden“, sondern auf bewährte Muster oder in Datenbanken hinterlegte Textbausteine zurückzugreifen (vgl. Graf v. Westphalen/Thüsing VertrR/AGB-Klauselwerke, Stand: März 2023, Teil „Vertragsrecht“, Stichwort „Individualvereinbarung“ Rn. 8).

Diese Erwägungen gelten umso mehr, wenn die Erklärung von einer Rechtsanwaltskanzlei formuliert wurde, was vorliegend naheliegt, da das Anschreiben von der (damaligen) Kanzlei C stammt. Diese wird auf vorhandene Vorstücke bzw. Muster zurückgreifen oder – bei erstmaliger Formulierung – darauf bedacht sein, solche – auch für spätere Mandate – zu entwickeln. Gerade bei großen Sozietäten streitet daher bereits der erste Anschein für eine Mehrfachverwendungsabsicht (Löhnig/Jerger, GWR 2013, 239, 240). In den Fällen von durch Dritte vorformulierten Verträgen genügt es im Übrigen, dass diese vom Dritten in Mehrfachverwendungsabsicht erstellt wurden. Die Partei, die sich eines solchen Formulars bedient, kann sich nicht darauf berufen, dass sie selbst nur die Absicht hatte, dieses in einem einzigen Fall zu verwenden (BGH, NJW 2010, 1131 Rn. 10; BeckOK BGB/Becker, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 305 Rn. 25; MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 119; Löhnig/Jerger, a.a.O., für den von einer Rechtsanwaltskanzlei entworfenen Vertrag).

Im Ergebnis streiten daher bereits die äußeren Umstände dafür, dass es sich bei der Unterlassungserklärung um eine für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Erklärung handelte. Diesen Anschein hat die Klägerin nicht entkräftet. Sie hat keine Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, die es nahelegen könnten, dass es sich bei der Vertragsstrafeklausel um eine nur für diesen konkreten Einzelfall formulierte Abrede handelte. Soweit sie darauf verweist, dass ein Rückgriff auf ein „Simile“ aus einem anderen Rechtsstreit, das dort in Einzelverwendungsabsicht erstellt worden war, unschädlich sei, so lässt sie offen, ob sie einen solchen Geschehensablauf vorliegend behaupten will, zumal damit auch eine erst sodann für die Zukunft gefasste Mehrfachverwendungsabsicht nicht ausgeschlossen wäre. Wenn sie weiterhin ausführt, dass der seinerzeit sachbearbeitende Rechtsanwalt nicht einmal auf ein „Simile“ zurückgreifen hätte müssen, da er die ihm aus seiner Praxis geläufige Vertragsstrafeklausel auch aus dem Gedächtnis heraus hätte formulieren können, so kommt es hierauf nicht an. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen können auch dann vorliegen, wenn üblicherweise verwendete Klauseln aus dem Gedächtnis heraus in den Vertrag eingefügt werden (BGH, NJW 1999, 2180, 2181). Im Ergebnis genügt daher der – sich in allgemeinen Erwägungen erschöpfende – klägerische Tatsachenvortrag nicht, um eine ernsthafte Möglichkeit für einen vom Anscheinsbeweis abweichenden Geschehensablauf darzulegen, weshalb dem angetretenen Zeugenbeweis durch Vernehmung des seinerzeit sachbearbeitenden Rechtsanwalts nicht nachzugehen war.

bb)
Im Übrigen erweckt die ursprüngliche Unterlassungserklärung auch ihrer inhaltlichen Gestaltung nach den Eindruck, dass ihre Klauseln für eine Vielzahl vergleichbarer Abmahnsituationen herangezogen und nur einzelne Stellen an den konkreten Sachverhalt angepasst werden.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die für das hiesige Verfahren streitentscheidende Vertragsstrafeklausel. Diese ist in ihrer Formulierung („Upon pain of a contractual penalty of € 10.000.00 (ten thousand EUR) for each case of noncompliance – excluding the application of the continuationofoffence clause – to refrain from”) allgemein gehalten und weist keinen besonderen Bezug zum konkreten Einzelfall auf, der erst im weiteren Verlauf der Erklärung – nämlich im Rahmen der Unterlassungsverpflichtung – durch Einrücken der Patentansprüche hergestellt wird. Auch bei dem Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs („excluding the application of the continuationofoffence clause“) handelt es sich – auch heute noch – um eine vielfach verwendete Standardregelung (vgl. z. B. Kummermehr, in; Kroiß (Hrsg.)/Kröger u.a., FormularBibliothek Zivilprozess – Schuldrecht, 4. Aufl. 2022, Teil 4 Rn. 196; Meyer-Sparenberg, in: BeckFormB BHW, 14. Aufl. 2022, Form. II.11).

Die Vertragsstrafeklausel liefert damit keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ausschließlich für die Unterlassungserklärung der Beklagten formuliert wurde. Auch aus anderen Klauseln der ursprünglichen Unterlassungserklärung lassen sich solche Anhaltspunkte nicht herleiten.

So enthalten die beiden identisch ausgestalteten Klauseln zur Rechnungslegung (Ziffern I.2 und II.5) mehrere formelhafte Regelungen, die nur insoweit auf den Einzelfall zugeschnitten sind, als dass unter lit. a) und b) jeweils ein bestimmter Zeitraum benannt wird, für den Rechnung zu legen ist, während die übrigen Bestimmungen lit. a) aa) bis dd), b) aa) bis bb) und c) keinen konkreten Bezug zur Beklagten aufweisen. Bei Ziffer II.5 fällt zudem auf, dass der Verweis auf die „Handlungen unter 1.“ („actions referred to under 1. above“) fälschlicherweise nicht angepasst wurde, was notwendig gewesen wäre, da sich die zu unterlassende Handlung für die Vorrichtung im Sinne des EP 2 324 XXA unter Ziffer II.4 findet. Dies verstärkt den Eindruck der Verwendung vorformulierter Klauseln, wobei es allerdings – entgegen der Berufung – für den Beleg einer Mehrfachverwendungsabsicht nicht genügt, dass eine Klausel in demselben Vertrag mehrfach Verwendung findet, da § 305 Abs. 1 S. 1 BGB eine „Vielzahl von Verträgen“ fordert.

b)
Die vorformulierten Vertragsbedingungen wurden von der A auch als Verwenderin im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gestellt und nicht im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt.

aa)
Verwenderin ist diejenige Vertragspartei, die der anderen Partei bei Abschluss eines Vertrags vorformulierte Vertragsbedingungen stellt. Sind die Bedingungen von einem Dritten formuliert, ist entscheidend, ob eine der Vertragsparteien sie sich als von ihr gestellt zurechnen lassen muss (BGH, NJW 1994, 2825, NJW 2016, 1230 Rn. 24 – Vertragsstrafe). Vorliegend kommt es demnach nicht darauf an, ob die A die strafbewehrte Unterlassungserklärung selbst formuliert hat oder ihre damalig beauftragte Rechtsanwaltskanzlei C. Denn es bestehen keine Zweifel, dass diese im Auftrag der A handelte, die sich das Handeln daher zurechnen lassen muss.

Das Merkmal des Stellens ist erfüllt, wenn die Formularbestimmungen auf Initiative einer Partei in die Verhandlungen eingebracht und ihre Verwendung zum Vertragsabschluss verlangt werden. Dabei genügt der einseitige Wunsch einer Partei, bestimmte von ihr bezeichnete vorformulierte Vertragsbedingungen zu verwenden (BGH, NJW 2010, 1131 Rn. 12 a.E.; NJW 2016, 1230 Rn. 24 – Vertragsstrafe). Ein Ungleichgewicht hinsichtlich der vertraglichen Durchsetzungsmacht muss dabei nicht bestehen. Verwenderin kann auch eine Vertragspartei sein, die der anderen weder wirtschaftlich noch sonst überlegen ist (BGH, NJW 2010, 1131 Rn. 12).

Dass die A die Verwendung der von ihr eingebrachten Formularbestimmungen zumindest wünschte, steht vor dem Hintergrund des Inhalts ihres Abmahnschreibens vom 23. Oktober 2014 außer Frage. Denn dort wurde der Beklagten – mit äußerst knapper Frist bis zum nächsten Morgen, 8:00 Uhr – die Möglichkeit der Unterzeichnung der vorformulierten Unterlassungserklärung gegeben, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Dabei ging die A davon aus, dass die Erklärung durch die Beklagte mittels Unterzeichnung des zur Verfügung gestellten „Vordrucks“ erfolgen sollte.

bb)
Allerdings gelten Vertragsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB dann nicht als von dem Verwender gestellt, soweit diese zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Ein solches Aushandeln ist vorliegend indes nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass die Beklagte an der überreichten Unterlassungserklärung umfangreiche Kürzungen vorgenommen und dieser einen Einleitungssatz zur Rechtsbindung vorangestellt hat.

(1)
Von einem Aushandeln kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären (BGH, NJW 2019, 2080 Rn. 14).

Hieran werden in der Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt (Graf v. Westphalen/Thüsing VertrR/AGB-Klauselwerke, Stand März 2023, Teil „Klauselwerke“, Stichwort: „Stromlieferverträge“ Rn. 102). So führt beispielsweise allein eine formularmäßige Aufforderung an den Unterzeichner, den Inhalt einer Formularerklärung durch Streichung einzelner Teile zu verändern, nicht zu der Annahme eines Aushandelns (BGH, NJW 1987, 2011). Auch die Aufforderung in einem Anschreiben, „Anmerkungen oder Änderungswünsche“ mitzuteilen, genügt für sich genommen noch nicht, um davon auszugehen, dass tatsächlich die Gelegenheit eingeräumt wurde, eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlung einzubringen (BGH, NJW 2016, 1230 Rn. 30 – Vertragsstrafe). In aller Regel muss sich die Bereitschaft zur Änderung in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes niederschlagen, es sei denn, es bleibt erst nach gründlicher Erörterung bei dem vorformulierten Text (BGH, NJW 1998, 2600, 2601; NJW 2013, 2027 Rn. 20; NJW 2015, 1952 Rn. 33).

(2)
Vorliegend ergibt sich aus dem klägerischen Anschreiben keine Bereitschaft, den Inhalt der Unterlassungserklärung ganz oder teilweise ernsthaft zur Disposition zu stellen. Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass die Klägerin die seitens der Beklagten vorgenommenen Änderungen akzeptiert hat.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang die Feststellung getroffen, dass die Beklagte in der Vertragsstrafeklausel die Formulierung „für jeden Fall der Nichteinhaltung“ in „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ abgeändert habe. An diese Feststellung ist der Senat allerdings nicht gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Denn wie eingangs erläutert haben sich die A und die Beklagte allein auf der Grundlage einer englischsprachigen Unterlassungserklärung geeinigt. Sowohl in dem an die Beklagten ausgehändigten Exemplar als auch in der von der Beklagten unterzeichneten Erklärung findet sich jeweils übereinstimmend die Formulierung „for each case of noncompliance“. Eine Anpassung der Formulierung seitens der Beklagten hat es daher nicht gegeben. Vielmehr wurde in den später angefertigten Übersetzungen der Begriff „noncompliance“ unterschiedlich in die deutsche Sprache übersetzt, einmal als „Nichteinhaltung“ und einmal als „Zuwiderhandlung“. Da aber an der eigentlichen Vertragsstrafeklausel im englischsprachigen Original („Upon pain of a contractual penalty of € 10.000.00 (ten thousand EUR) for each case of noncompliance – excluding the application of the continuationofoffence clause – to refrain from”) keine Änderung vorgenommen wurde, kann hierauf ein „Aushandeln“ nicht gestützt werden.

Im Übrigen könnte selbst bei Vorliegen einer solchen Formulierungsänderung hieraus kein Rückschluss auf eine Dispositionsbereitschaft gezogen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verliert eine Klausel selbst bei Änderungen des Textes ihren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung nur dann, wenn die nachträgliche Änderung in einer Weise erfolgt, die es rechtfertigt, sie wie eine von vornherein getroffene Individualvereinbarung zu behandeln. Das ist nicht der Fall, wenn der gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel beibehalten und die nachteilige Wirkung der Klausel lediglich abgeschwächt wurde (BGH, NJW 2015, 1952 Rn. 33). Vorliegend wäre mit der Formulierungsänderung aber keine Verbesserung der Rechtsposition der Beklagten einhergegangen. Aufgrund des in der Sache unveränderten Kerngehalts der Klausel hätte auch in diesem Fall nicht davon ausgegangen werden können, dass der Kerngehalt der Klausel seitens der Verwenderin ernsthaft zur Disposition gestellt wurde.

(3)
Auch die Ergänzung in Form eines Einleitungssatzes lässt nicht den Rückschluss zu, dass die A die Vertragsstrafeklausel zur Disposition gestellt hat und insoweit von einer ausgehandelten Individualvereinbarung auszugehen ist. Das angegriffene Urteil enthält hierzu die Feststellung, dass der Unterlassungserklärung seitens der Beklagten der Einleitungssatz „for mere economical reasons and in orderto provide for a fast settlement of the matter, without prejudice, however, legally binding“ (deutsche Übersetzung: aus rein wirtschaftlichen Gründen und um eine schnelle Einigung in der Angelegenheit zu erzielen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich) vorangestellt wurde.

Die Formulierung des Vertragsstrafeklausel wurde durch diese Ergänzung allerdings nicht abgeändert. Dies ist deshalb von Belang, da es nicht darauf ankommt, ob die vom Verwender gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen an irgendeiner Stelle abgeändert oder ergänzt wurden, um von einem Aushandeln auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Klausel vielmehr auch dann nicht ausgehandelt, wenn nach Verhandlungen über verschiedene andere Teilaspekte eines Vertrags nur dort Vertragsbedingungen geändert worden sind, nicht aber an der streitbefangenen Klausel (BGH NJW 2019, 2080 Rn. 15). Zwar mögen die Vertragspartner bei solchen Verhandlungen jeweils für sich ihre wirtschaftliche Position als einheitliches Paket beurteilt haben. Das rechtfertigt es aber nicht, eine vom Verwender gestellte, konkret nicht verhandelte und unverändert in den Vertrag übernommene Vertragsbedingung als ausgehandelt anzusehen. Denn das Aushandeln muss sich nach dem Gesetzeswortlaut jeweils auf bestimmte Vertragsbedingungen beziehen („im Einzelnen“) und führt nur in diesem Umfang („soweit“) zur Nichtanwendung der §§ 305 ff. BGB (BGH, a.a.O.). Selbst in einem überwiegend als Individualvereinbarung ausgestalteten Vertrag können daher formularmäßige Einzelabreden als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sein (BGH, NJW 1979, 2387; BGH NJW 1997, 135). Daher ist grundsätzlich für jede einzelne Klausel festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB gegeben sind oder nicht (MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 46).

Die Ergänzung in Gestalt des Einleitungssatzes hat im Übrigen auch nur einen deklaratorischen Charakter (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 15. Aufl. 2023, Kap. C Rn. 91), da in der strafbewehrten Unterlassungserklärung selbst keine Anerkennung der Berechtigung der Abmahnung liegt, sondern diese allein die Funktion hat, mit Wirkung für die Zukunft die Wiederholungsgefahr zu beseitigen (BGH, GRUR 2013, 1252 Rn. 10 – Medizinische Fußpflege). Somit ist der Erklärungsinhalt dieser Ergänzung schon nicht in der Lage, den Inhalt der nachfolgenden vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung abzuschwächen, so dass die Akzeptanz der Ergänzung seitens der A nicht ihre Bereitschaft belegen kann, den wesentlichen Inhalt der von ihr vorgegebenen Vertragsstrafeklausel zur Disposition zu stellen.

(4)
Die umfangreichen Streichungen der Beklagten in Bezug auf andere Vertragsklauseln führen ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

Aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien ergibt sich, dass die Beklagte große Teile aus der vorformulierten Unterlassungserklärung herausgestrichen hat, nämlich in Gestalt der Klauseln zur Rechnungslegung (Ziff. I.2, II.5), zur Entschädigung (Ziff. I.3. II.6), zur Vernichtung (Ziff. III), zur Tragung anwaltlicher Kosten (Ziff. IV) und der Gerichtsstandsvereinbarung (Ziff. V). Im Ergebnis hat sie damit nur die mit einer Vertragsstrafeandrohung versehene Unterlassungsverpflichtung übernommen.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Abänderung eines Klauselwerkes an mehreren zentralen Punkten im Einzelfall darauf hindeuten, dass die Parteien alle sachlich damit zusammenhängenden Bedingungen in ihren Gestaltungswillen aufgenommen und damit das ganze Klauselwerk ausgehandelt haben (BGH, NJW 2013, 2027 Rn. 20). Dagegen spricht vorliegend aber schon, dass die Klausel zur vertragsstrafebewehrten Unterlassung als namensgebender Kern einer Unterlassungserklärung inhaltlich unverändert übernommen wurde. Es erscheint auch fernliegend, dass die A in diesem Kernbereich Streichungen gleichermaßen akzeptiert hätte. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, NJW 2013, 2027), in dem sich die Parteien mehrfach über den Inhalt eines möglichen vertraglichen Wettbewerbsverbots austauschten, sich wechselseitig entsprechende Entwürfe unterbreiteten und zu den Entwürfen der Gegenseite Stellung nahmen, kann vorliegend auch keine gründliche Erörterung festgestellt werden. Eine einseitig vorgenommene Streichung von Klauseln ist keine gründliche Erörterung, so dass deren Akzeptanz kein Aushandeln im Hinblick auf die unverändert gebliebene Vertragsstrafeklausel nahelegt.

4.
Die Vertragsstrafenabrede benachteiligt die Beklagte unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB und ist daher unwirksam.

a)
Vertragsstrafenabreden im kaufmännischen Verkehr fallen zwar gemäß § 310 Abs. 1 BGB nicht unter § 309 Nr. 6 BGB, sie unterliegen aber gleichwohl der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 12).

Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt dann vor, wenn der Verwender mit der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen. Dabei ist ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste typisierende Betrachtungsweise zu Grunde zu legen (vgl. z. B. BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 13).

§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bestimmt, dass im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. „Wesentliche Grundgedanken“ des dispositiven Rechts sind solche, denen eine Leitbildfunktion zukommt und die eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellen (BGH, NJW-RR 2019, 1072 Rn. 26). „Gesetzliche Regelungen“ sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BGH, NJW 1993, 721, 722 – Fortsetzungszusammenhang; NJW 1998, 1640, 1642).

b)
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Vertragsstrafeklausel wegen ihres ausnahmslosen Ausschlusses des Zusammenfassens von einzelnen Verstößen als unangemessen benachteiligend einzustufen, da sie von einem wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken abweicht, ohne dass dies wegen besonderer Umstände gerechtfertigt wäre.

Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, dass der in der Klausel enthaltene Einschub „excluding the application of the continuationofoffence clause“ (deutsche Übersetzung: unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs) einen im Zusammenhang mit Vertragsstrafenabreden veralteten – wenn gleichwohl in der Vertragspraxis weiterhin verwendeten (vgl. z. B. Kummermehr, in; Kroiß (Hrsg.)/Kröger u.a., FormularBibliothek Zivilprozess – Schuldrecht, 4. Aufl. 2022, Teil 4 Rn. 196; Meyer-Sparenberg, in: BeckFormB BHW, 14. Aufl. 2022, Form. II.11) – Rechtsbegriff verwendet und dieser bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2014 überholt war. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2001 (vgl. BGH, NJW 2001, 2622 – Trainingsvertrag) seine bisherige Auffassung aufgegeben, wonach die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs im Zivilrecht einen vom Strafrecht losgelösten Bedeutungsgehalt gewonnen hat (so noch BGH, NJW 1993, 721, 722 – Fortsetzungszusammenhang). Ein bürgerlichrechtlicher Rechtsbegriff der Fortsetzungstat könne im Recht der Vertragsstrafe nicht mehr anerkannt werden. Es müsse vielmehr durch Auslegung ermittelt werden, ob einzelne Taten, soweit sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Vertrags als rechtliche Einheit darstellten, als eine Zuwiderhandlung zu behandeln seien (BGH, NJW 2001, 2622, 2624 – Trainingsvertrag).

Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs hat seitdem (auch) im Bereich des Vertragsstrafenrechts keine Bedeutung mehr (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 15. Aufl. 2023, Kap. C Rn. 113). Dies hat zur Folge, dass nun durch Auslegung ermittelt werden muss, ob einzelne Taten, soweit sie sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Vertrags als rechtliche Einheit darstellen, als eine Zuwiderhandlung zu behandeln sind. Diese unterschiedliche Betrachtung ändert allerdings nichts daran, dass die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Weise mehrfache Verstöße gegen eine Unterlassungsverpflichtung zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind, wegen des typischen Charakters von Unterlassungsverträgen regelmäßig nach denselben Grundsätzen zu beurteilen sind (BGH, NJW 2001, 2622, 2624 – Trainingsvertrag).

Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein nach der heutigen Rechtslage nicht mehr gebräuchlicher Rechtsbegriff verwendet, so ist – entsprechend den allgemeinen Auslegungsregeln – nach einem objektivierten Empfängerhorizont zu ermitteln, was unter diesem Begriff im Zusammenhang heutiger Verhältnisse und geltender Rechtslage verstanden werden kann (OLG Brandenburg, BeckRS 2021, 5601 Rn. 27). Losgelöst von der konkreten Begrifflichkeit kann es vorliegend keine Zweifel geben, dass durch die Klausel ein Zusammenfassen von Einzelverstößen und damit eine „Vergünstigung“ bei Mehrfachverstößen ausgeschlossen werden soll, wie sie – bei alleiniger Verwendung der Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ – ansonsten im Wege der Auslegung in Betracht zu ziehen wäre (vgl. hierzu BGH, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 – Kopfhörer-Kennzeichnung).

Ungeachtet der Tatsache, dass Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Verstöße zusammenzufassen sind, nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichthofs die Vereinbarung der Parteien ist, entspricht es nach wie vor einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass je nach Einzelfall mehrere Einzelakte zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind und die Strafe nur einmal auslösen, wenn sie eine natürliche Handlungseinheit bilden (vgl. hierzu BGH, NJW 1960, 2332). Daher muss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch geeignete Formulierungen sichergestellt werden, dass durch die Aufsummierung rechtlich zusammengehöriger Einzelstrafen keine unangemessene Gesamtstrafhöhe entsteht (BeckOK BGB/Becker, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 309 Nr. 6 Rn. 28). Schließt eine Klausel hingegen eine Behandlung mehrerer Zuwiderhandlungen als Einheit kategorisch aus, z. B. durch ein Verbot der Anwendung des Fortsetzungszusammenhangs, so verletzt sie diesen Grundgedanken und stellt in der Regel eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners dar (BGH, NJW 1993, 721, 722 – Fortsetzungszusammenhang; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2022, 556 Rn. 22 – VENOM; OLG Köln, Beschl. v. 15. Juni 2010 – 19 U 53/10 -, Rn. 4, juris; OLG Nürnberg, MDR 2023, 1262, 1263; BeckOGK/Kähler, 1.4.2023, BGB § 307 Vertragsstrafeklausel Rn. 209; Graf v. Westphalen/Thüsing VertrR/AGB-Klauselwerke, Stand: März 2023, Teil „Vertragsrecht“, Stichwort „Vertragsstrafe“ Rn. 35; Pitz, in: BeckOF Prozess, 56. Ed. 2023, Form. 9.1.1.3 Anm. Rn. 1; offengelassen von: BGH, NJW 2017, 3145 Rn. 22, Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 15. Aufl. 2023, Kap. C Rn. 94 a.E.).

So liegt der Fall auch hier. Die Vertragsstrafeklausel benachteiligt den Schuldner durch den Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs unangemessen. Es sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine Abweichung vom Rechtsgrundsatz der Zusammenfassung bei natürlicher Handlungseinheit ausnahmsweise rechtfertigen könnten, z. B. in Form einer aus bestimmten Gründen gegebenen Notwendigkeit oder besonderer Interessen der Gläubigerseite (vgl. hierzu BGH, NJW 1993, 721, 722 – Fortsetzungszusammenhang). Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sich in den letzten 30 Jahren seit der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O.) in der Praxis die Verwendung von Klauseln, die eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung ohne einen entsprechenden Ausschluss vorsehen, aus Gläubigersicht als unzureichend erwiesen hätte.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass auch der Unterlassungsschuldner ein Interesse an der Wirksamkeit einer solchen Vertragsstrafeklausel habe, da bei der Annahme einer unangemessenen Benachteiligung und der damit einhergehenden Unwirksamkeit der Vertragsstrafeklausel die Wiederholungsgefahr wiederauflebe, so verfängt dies nicht. So überzeugt bereits die Argumentation nicht, dass ein Unterlassungsschuldner stets eine ihn ungemessen benachteiligende Vertragsstrafeklausel hinnehmen wolle, um (weiterhin) die Wiederholungsgefahr beseitigt zu sehen. Denn er hat es in der Hand, diese Wirkung durch die Abgabe einer eigenen strafbewehrten Unterlassungserklärung, die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr keiner Annahme durch den Gläubiger bedarf (BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 21 – Testfundstelle), wiederherzustellen.

Der Senat setzt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht in einen Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Lauterkeitsrecht. In der von der Klägerin angeführten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof mitnichten seine Rechtsprechung zur unangemessenen Benachteiligung von Klauseln, die den Fortsetzungszusammenhang ausschließen (BGH, NJW 1993, 721 – Fortsetzungszusammenhang), aufgegeben. Er hat dort allein darauf verwiesen, dass in dem zu entscheidenden Fall die Verneinung eines Missbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG a.F. nicht deshalb anders zu beurteilen sei, weil der Gläubiger des Unterlassungsanspruchs in einer dem Abmahnschreiben beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung einen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs vorgesehen hatte (vgl. BGH, GRUR 2012, 286 – falsche Suchrubrik). Eine (stillschweigende) Billigung dieser Klauseln unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung kann hieraus nicht hergeleitet werden. Vielmehr führt die Verwendung dieser Klauseln nicht (zugleich) auch zwangsläufig zu der Annahme einer missbräuchlichen Rechtsdurchsetzung im Sinne des Lauterkeitsrechts.

Soweit die Klägerin – ebenfalls unter Bezugnahme auf das Lauterkeitsrecht – auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg (MDR 2023, 1262=GRUR-RS 2023, 18853) verweist, so verkennt sie, dass sich dieses in der von der Klägerin zitierten Passage (GRUR-RS 2023, 18853 Rn. 36) allein mit der Frage einer Zulässigkeit des Ausschlusses des Fortsetzungszusammenhangs im Rahmen einer Individualvereinbarung befasst. Dahingegen wird eine Randnummer zuvor zutreffend darauf hingewiesen, dass „in allgemeinen Geschäftsbedingungen […] eine Vertragsklausel, nach der eine Zusammenfassung einer Vielzahl von Einzelverstößen von vornherein ausgeschlossen wird, nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB grundsätzlich unwirksam“ ist (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 35).

c)

Das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung führt gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Bestimmung. Dies hat vorliegend zur Folge, dass die gesamte Vertragsstrafeklausel als unwirksam anzusehen ist.

Aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion scheidet es insbesondere aus, die Klausel durch die Streichung des Einschubes zum Fortsetzungszusammenhang auf ein zulässiges Maß zurückzuführen (so auch OLG Frankfurt, GRUR-RR 2022, 556 Rn. 22 – VENOM; OLG Köln, Beschl. v. 15. Juni 2010 – 19 U 53/10 -, Rn. 5, juris). Zu Unrecht verweist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, dass der Bundesgerichtshof dies in seiner Entscheidung „Fortsetzungszusammenhang“ (BGH, NJW 1993, 721) abweichend beurteilt habe. Denn dort musste sich der Bundesgerichtshof mit dieser Frage nicht befassen, da schon die Bejahung der Unwirksamkeit der Ausschlussklausel zu einer Aufrechterhaltung des Urteils der Berufungsinstanz führte, die die Klausel nur einschränkend ausgelegt hatte und deshalb zur Abweisung weiterer Ansprüche der (Revisions-)Klägerin gelangt war.

Die Klausel ist auch nicht aufteilbar im Sinne eines „bluepenciltests“. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob sich die eigentliche Vertragsstrafenabrede aus Ziffer 1 der Unterlassungserklärung herauslösen ließe, so dass mit der – dann nicht mehr strafbewehrten – Verpflichtung zum Unterlassen ein zulässiger Teil verbliebe. Denn die Vertragsstrafenabrede an sich, von deren Wirksamkeit der Klageerfolg abhängt, ist jedenfalls nicht teilbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs. Hierfür wäre Voraussetzung, dass sich in einer Klausel mehrere inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen finden, die Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können (BGH, NJW 2020, 1811 Rn. 26). Dies könnte zwar gegebenenfalls für die Verpflichtung zur Unterlassung einerseits und für die Vertragsstrafenabrede andererseits zu bejahen sein. Der Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs innerhalb der Vertragsstrafeklausel stellt hingegen keine eigenständige Regelung dar, die Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein könnte, sondern bestimmt allein und von dieser abhängig die Reichweite der Vertragsstrafe (so auch OLG Frankfurt, und OLG Köln a.a.O.). Ein Herausstreichen würde damit kein Aufteilen zweier zusammengefasster selbständiger Regelungen in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil darstellen, sondern wäre eine unzulässige geltungserhaltene Reduktion.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand kein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung und Gewährung eines Schriftsatznachlasses für die vollumfänglich obsiegende Beklagte.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Grundsätze zur Annahme des Vorliegens von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und einer unangemessenen Benachteiligung, die der Senat vorliegend zur Anwendung gebracht hat, sind vom Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen aufgestellt worden und bedürfen im Hinblick auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation keiner weiteren Rechtsfortbildung. Deren Anwendung hat die obergerichtliche Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bislang auch einheitlich zur Bejahung einer Unwirksamkeit entsprechender formularmäßiger Ausschlussklauseln geführt.

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