OLG Düsseldorf: Wird ein Kunde beim Telefonanbieterwechsel aufgefordert, den früheren Anbieter anzuschwindeln, kann dies wettbewerbswidrig sein

veröffentlicht am 19. März 2015

OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2014, Az. I-15 U 55/14
§ 8 Abs. 1 UWG, § 5 Abs. 1 S. 2 UWG, § 3 Abs. 1 UWG

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt, wenn der neu geworbene Kunde eines Telefonanbieters von diesem aufgefordert wird, Mitarbeitern des früheren Anbieters zu sagen, dass er einen gültigen Vertrag mit dem neuen Anbieter habe und dass die Widerrufsfrist bereits verstrichen sei, um Abwerbe- bzw. Rückwerbeversuche im Keim zu ersticken. Es liege eine Irreführung vor, da der Eindruck erweckt werde, dass der Neukunde bereits verbindlich vertraglich gebunden sei, obwohl die Widerrufsfrist erst mit erfolgter Freischaltung zu laufen beginne. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 08.03.2013, Az. 38 O 70/12, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Parteien sind bundesweit tätige Telekommunikationsdienstleister. Die Klägerin bietet den Kunden insbesondere Festnetzanschlüsse an, die Beklagte u. a. mobilfunkbasierte Telefonanschlüsse zur stationären Nutzung, die einen herkömmlichen Festnetzanschluss ersetzen sollen.

Bestandskunden der Klägerin, die sich für einen Wechsel zur Beklagten entscheiden, erhalten von der Beklagten das als Anlage K 1 vorgelegte Schreiben. Darin heißt es unter anderem:

„Wie vereinbart haben wir uns darum gekümmert, Ihre bisherige Rufnummer von der B zu übernehmen und Ihren Anschluss dort gekündigt. In diesem Zusammenhang könnte es vorkommen, dass die B sich bei Ihnen telefonisch meldet, um Ihnen Fragen zu Ihrem Anschluss-Wechsel zu stellen.

Lassen Sie sich davon nicht beunruhigen. Mit dem C haben Sie eine gute und vor allem günstige Wahl getroffen. Sagen Sie dem B-Mitarbeiter einfach, dass sie einen gültigen Vertrag mit D haben und dass die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist. So kürzen Sie das Gespräch ab und beschleunigen gleichzeitig die Übernahme Ihrer Rufnummer zu D.“

Dem Rechtsstreit ging ein einstweiliges Verfügungsverfahren voraus, das mit Urteil des OLG Düsseldorf vom 03.04.2012 – 20 U 210/11 – zugunsten der Klägerin abgeschlossen wurde. Die Klägerin forderte die Beklagte anschließend mit Schreiben vom 15.05.2012 (Anlage K 6) vergeblich zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf.

Die Klägerin hat vorgetragen: Das Schreiben (Anlage K 1) sei in mehrfacher Hinsicht wettbewerbswidrig. Es führe den Kunden in die Irre, indem es ihm suggeriere, dass bei Zugang des Schreibens ein gültiger Vertrag mit der Beklagten bestehe und die Widerrufsfrist verstrichen sei, obwohl beides tatsächlich nicht der Fall sei. Gleichzeitig fordere die Beklagte den Kunden auf, falsche Behauptungen über die Vertragslage und das Widerrufsrecht aufzustellen, um das erwartete Telefonat sofort zu beenden. Sie bestreite den gesamten Sachvortrag der Beklagten zum Ablauf der Zustellung und des Vertragsschlusses mit Nichtwissen. Insbesondere sei das als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben dem Willkommenspaket nicht beigefügt. Abgesehen davon werde es vom Kunden nicht als Annahmeerklärung verstanden. Jedenfalls führe die Bestimmung in Ziffer 2.1 der AGB der Beklagten bei diesem zu Unklarheiten über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Ferner vermittle die Beklagte den falschen Eindruck, dass sie – die Klägerin – den Kunden durch gezielte telefonische Einschüchterungsmaßnahmen von einem Wechsel abhalten wolle. Auf diese Weise avisiere sie dem Kunden zu Unrecht Unannehmlichkeiten in Form von beunruhigenden Anrufen. Ferner setze die Beklagte sie in den Augen der Kunden herab, indem sie diese als ein Unternehmen darstelle, das die Wünsche und Absichten ihrer ehemaligen Kunden nicht respektiere und sogar mittels strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen (Nötigung) zu hintertreiben suche. Zuletzt schüre die Beklagte bei den Kunden die Angst, dass der geplante Anbieterwechsel doch nicht stattfinde oder zumindest hinausgezögert werde.

Die Beklagte hat vorgetragen: Entgegen der Darstellung der Klägerin seien die Angaben in dem streitgegenständlichen Schreiben zutreffend. Die Widerrufsfrist sei bereits verstrichen, wenn der Kunde es erhalte. Dieser habe zuvor bei der Zustellung im Identverfahren die Vertragsunterlagen mit der Widerrufsbelehrung (Anlage B 2, Bl. 68 f.) unterschrieben. Im unmittelbaren Anschluss daran habe er seit jeher vom Zusteller das Willkommenspaket mit der Hardware und einem personalisierten Anschreiben (Anlage B 1, Bl. 42) übergeben bekommen, mit dem sie das Angebot des Kunden zum Vertragsschluss annehme. Auf diese Weise sei der Telefonanschlussvertrag zwischen ihr und dem Kunden bereits am Tage der Zustellung zustande gekommen. Danach warte sie die 14tägige Widerrufsfrist ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung ab, übersende den Portierungsauftrag sowie die Kündigung des Altanschlussvertrages an die Klägerin und unterrichte gleichzeitig den Kunden mit dem streitgegenständlichen Schreiben K 1. Sie stelle sicher, dass das Schreiben nicht vorher an den Kunden versandt werde und damit erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zugehe.

Das Schreiben trage lediglich dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin eine Vielzahl von ihren Anschlusskunden kontaktiere, um sie als Kunden zurück zu gewinnen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 08.03.2013 wie folgt stattgegeben:

„Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft – zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern – zu unterlassen,

das als Anlage K 1 beigefügte Schreiben an Kunden zu versenden und / oder versenden zu lassen.

2. an die Klägerin 1.379,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 13.06.2012 zu zahlen.“

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 3, 5 UWG. Die Werbeaussage „Sagen Sie dem B-Mitarbeiter einfach, dass sie einen gültigen Vertrag mit D haben und dass die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist“ sei irreführend, weil den angesprochenen Kunden der Eindruck vermittelt werde, diese Angabe sei zutreffend, was tatsächlich jedoch nicht der Fall sei. Für den Kunden sei nicht eindeutig erkennbar, dass das als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben eine „Annahme in Textform“ der Beklagten im Sinne von Ziffer 2.1 ihrer AGB sei und Fristen in Lauf setzen solle. Nach seinem Inhalt sei es nicht eindeutig als Willenserklärung der Beklagten erkennbar, ein zuvor abgegebenes, rechtlich bedeutsames Angebot des Kunden annehmen zu wollen. Im Übrigen fehle es an einem vorausgegangenen Angebot des Kunden, wenn dieser bei Leistung der Unterschrift im Rahmen des Post-Ident-Verfahrens nicht das Bewusstsein habe, eine vertraglich relevante Erklärung abzugeben. Die der Höhe nach unstreitigen Kosten des Abschlussschreibens seien jedenfalls nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Die Beklagte führt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages an: Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil werde der Vertrag im Zeitpunkt der Zustellung des Willkommenspaketes durch Unterzeichnung der Vertragsunterlagen seitens des Kunden und Übergabe der Annahmeerklärung der Beklagten geschlossen. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Zustellung im Post-Ident-Verfahren ausgegangen; tatsächlich nutze sie ein Ident-Verfahren des Zustellers E, welches sich dadurch auszeichne, dass der Kunde bei der Zustellung die erforderlichen Unterschriften auf dem Vertragsformular leiste. Deswegen und aufgrund der Gestaltung dieses Formulars werde dem Kunden ohne weiteres deutlich, dass er eine rechtsgeschäftlich bindende Erklärung abgebe. Das Landgericht gehe ferner zu Unrecht davon aus, dass das als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben nicht als Annahmeerklärung aufzufassen sei. Tatsächlich erschließe sich dies dem Kunden sowohl aus dem Inhalt des Schreibens als auch aus der Übergabe der hochwertigen Hardware. Aus der Regelung in Ziffer 2.1 ihrer AGB, bei der es sich um eine übliche Vertragsabschlussklausel handle, folge nichts anderes, weil diese nicht unklar sei, sondern vom Verbraucher richtig verstanden werde. Da der Unterlassungsanspruch nicht begründet sei, stehe der Klägerin ferner kein Anspruch auf Erstattung von Kosten für das Abschlussschreiben zu.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 08.03.2013, Az. 38 O 70/12, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag ergänzend vor: Sie bestreite das Vorbringen der Beklagten zur Zustellung an den Kunden, insbesondere weiterhin einen Erhalt des als Anlage B 1 vorgelegten Schreibens im Rahmen der Übergabe des Willkommenspaketes.

B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

I.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 5 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 1 UWG bejaht.

1.
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre Angaben enthält. Ob ein objektiv falscher Tatbestand behauptet wird, richtet sich nach dem Verständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises (BGH, GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft). Empfänger des streitgegenständlichen Schreibens (Anlage K 1) sind Kunden von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Erwartungen dieses Verkehrskreises, der aufgrund der weit verbreiteten Inanspruchnahme solcher Leistungen dem allgemeinen Publikum entspricht, kann der Senat ohne weiteres selbst beurteilen.

Die Aussage „Sagen Sie dem B-Mitarbeiter einfach, dass sie einen gültigen Vertrag mit D haben und dass die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist“ wird – wie bereits das OLG Düsseldorf im Urteil des einstweiligen Verfügungsverfahrens vom 03.04.2012, Az. 20 U 210/11, ausgeführt hat und von der Beklagten zu Recht nicht in Abrede gestellt wird – vom Empfänger seinem Wortsinn nach so verstanden, dass die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist und er seinen Vertrag mit der Beklagten nicht mehr widerrufen kann. Dies trifft jedoch nicht zu. Bei Zugang des Schreibens ist die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen.

Der Verbraucher kann Fernabsatzverträge nach § 312g Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 1 BGB n. F. (= § 312d Abs. 1 S. 1, 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F.) innerhalb einer Frist von 14 Tagen widerrufen. Gemäß §§ 312g Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 2 BGB n. F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Vertragsschluss, wobei ein sachlicher Unterschied zur bis zum 12.06.2014 geltenden Rechtslage, wonach die Widerrufsfrist gemäß § 312d Abs. 2 BGB a. F. bei im Wege des Fernabsatzes zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen „nicht vor“ Vertragsschluss beginnt, nicht besteht. „Mit dem Vertragsschluss“ bedeutet, dass maßgebend für den Fristbeginn der Zugang der Vertragsannahme ist, unabhängig davon, ob der Unternehmer oder der Verbraucher diese abgibt (Palandt/Grüneberg, Kommentar zum BGB, 73. Aufl., § 355 nF Rn. 10).

Vorliegend ergibt sich, dass ein Vertrag zwischen der Beklagten und ihren Kunden erst nach Ausführung des Portierungsauftrags und anschließender Freischaltung zustande kommt: Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten übersendet sie das streitgegenständliche Schreiben 14 Tage nach der Zustellung des Willkommenspakets. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil ist dabei davon auszugehen, dass der Kunde im Rahmen dieser Zustellung das Vertragsformular, das zudem eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthält, unterschreibt und auf diese Weise ein Vertragsangebot abgibt. Die Beklagte, die für diese Umstände aus ihrem Verantwortungsbereich die notwendige Aufklärung zu leisten hat, soweit es ihr nach den Umständen zumutbar ist (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 5 UWG Rn. 3.23 m. w. N.; sekundäre Darlegungslast: Zöller/Greger, Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8b m. w. N.), hat bereits erstinstanzlich unter Vorlage eines Vertragsformulars (Bl. 69 GA) vorgetragen, dass der Kunde im Rahmen der Zustellung nach dem „Ident-Verfahren“ die Vertragsunterlagen unterzeichnet (Bl. 30 GA) und in der Berufungsinstanz vertiefend den Ablauf des Zustellvorganges dargelegt, wonach der Zusteller bei diesem Ident-Verfahren die Vertragsunterlagen aus dem Umschlag nehme und der Kunde zwei Unterschriften auf dem Vertragsformular leiste. In Anbetracht dieser Umstände und der Gestaltung des Vertragsformulars, das u. a. mit „Ihre Bestellung“, „Auftrag, Datenschutz, Widerrufserklärung“ und „Anschlusskündigung, Rufnummernportierung“ überschriebene Abschnitte aufweist, wird dem Kunden zweifelsfrei deutlich, dass er eine rechtsgeschäftliche Erklärung zum Abschluss eines Vertrages mit der Beklagten abgibt. Die Klägerin hat den Zustellvorgang nur pauschal bestritten und ist damit schon ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Abgesehen davon hat die Klägerin, die nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für sämtliche Tatsachen trägt, die eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs.1 S. 2 UWG begründen (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, aaO, § 5 UWG Rn. 3.19), keinen Beweis dafür angetreten, dass es sich nicht so zuträgt wie von der Beklagten geschildert.

Ist demnach von einem Vertragsangebot des Kunden bei Zustellung auszugehen – ein zeitlich vorheriges Angebot wird von der Beklagten nicht behauptet und ist insbesondere nicht in dem vorherigen Telefonat zu sehen, mit dem sie den bisherigen Kunden der Klägerin anwirbt und das Vertragsverhältnis nur anbahnt – so kann sich die Beklagte demgegenüber jedenfalls im Verhältnis zum Kunden nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Vertrag schon am selben Tage mit der Übergabe des als Anlage B 1 vorgelegten Schreibens zustande komme. Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt vielmehr erst mit der nach Ausführung des Portierungsauftrags erfolgten Freischaltung des Kunden.

Nach Ziffer 2.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (nachfolgend AGB, Anlage K 3), deren Einbeziehung sie nicht in Abrede gestellt hat, erfolgt die Annahme des Vertragsangebots des Kunden durch die Beklagte entweder in Textform oder stillschweigend durch Freischaltung sowie Erbringung der vereinbarten Anschlussdienste. Allgemeine Geschäftsbedingungen können auch den Vertragsabschluss zum Gegenstand haben, wie sich aus §§ 308 Nr. 1, 309 Nr. 11 BGB ergibt, die den Vertragsabschluss betreffen, aber gleichwohl einschlägige Bestimmungen der Inhaltskontrolle unterziehen (vgl. BGH, NJW 1988, 1908 zu §§ 10 Nr. 1, 11 Nr. 14 AGBG; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.04.2012 – 20 U 210/11).

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 2008, 2172). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Bei einer wirksamen Klausel ist dabei die im Einzelfall kundenfreundlichste Auslegung zugrunde zu legen (vgl. BGH, NJW 2008, 2172; Palandt/Grüneberg, Kommentar zum BGB, 73. Aufl., § 305 c Rn. 15, 18). Nach diesen Grundsätzen kann Ziffer 2.1 der AGB vom Kunden als abschließende Regelung möglicher Annahmehandlungen verstanden werden; gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte auch nicht mehr. Davon ausgehend schließt sich der Senat den Ausführungen des OLG Düsseldorf im Urteil vom 03.04.2012 (20 U 210/11) an, dass einem Kunden, der sich darauf beruft, er habe in der Übergabe des Willkommenspaktes mit der Hardware keine Annahme des Vertragsangebotes gesehen, sondern sich im Hinblick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf verlassen, er könne den Vertrag auch noch zwei Wochen nach Freischaltung widerrufen, ein solcher Widerruf nicht verwehrt werden kann.

Aus dem als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben – das im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht vorgelegt worden war – ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten im Ergebnis keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Auch wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass der durchschnittliche Kunde bei der Zustellung des Willkommenspaketes nach Unterzeichnung des Vertragsformulars neben den Hardwarekomponenten stets auch dieses Schreiben erhält, so erkennt er darin keine zum Vertragsschluss führende Willenserklärung der Beklagten. Dafür genügt im Rahmen von Ziffer 2.1 der AGB nicht jedes Verhalten, das im Wege der Auslegung als Annahme des Angebotes aufgefasst werden kann. Vielmehr ist unter einer „Annahme in Textform“ nur eine schriftliche Erklärung der Beklagten zu verstehen, mit der diese eindeutig zum Ausdruck bringt, das Angebot des Kunden anzunehmen. Daran fehlt es hier, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Das Schreiben enthält weder eine ausdrückliche Annahmeerklärung noch eine sonstige Äußerung, aus welcher der Kunde zweifelsfrei entnehmen kann, dass mit diesem Schreiben ein für beide Seiten verbindlicher Vertrag geschlossen wird. Der Beklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass Formulierungen in diesem Schreiben wie „herzlichen Glückwunsch zu Ihrem (Tarifname Plus) – eine gute Wahl! Jetzt bekommen Sie alle Services rund ums Telefonieren aus einer Hand“, „Alles Weitere erledigen wir für Sie“ und „Sie müssen nichts tun – außer sich auf Ihren (Tarifname Plus) freuen!“ aus der Sicht eines Rechtskundigen eine Annahmeerklärung darstellen können. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Kunden ist dies hingegen nicht zweifelsfrei erkennbar. Bereits die zitierten Formulierungen haben werbenden Charakter, der zudem aufgrund der Betreffzeile „Ihr günstiger D Anschluss – endlich alles aus einer Hand“ und die Zwischenüberschrift „Ihre Vorteile auf einen Blick:“ mit der anschließenden Darstellung der Vorteile eines Anschlusses bei der Beklagten deutlich im Vordergrund des Schreibens steht. Fehlt es in einem solchen Falle – wie hier – gleichzeitig an einer eindeutigen rechtsgeschäftlichen Erklärung, so kann der Kunde die verbindliche Wirkung dieses Schreibens nicht ohne weiteres erkennen.

Hinzu kommt, dass der Durchschnittskunde die Regelung so versteht, dass nicht ein im Rahmen desselben Zustellungsvorgangs gleichzeitig übergebenes Schreiben die zum Vertragsschluss führende „Annahme in Textform“ darstellen kann, sondern nur eine zeitlich nachfolgende schriftliche Erklärung der Beklagten. Dies folgt daraus, dass sich die Beklagte in Ziffer 2.3 ihrer AGB vorbehält, die Annahme des Kundenantrages abzulehnen. Dieser Vorbehalt ergibt jedoch nur einen Sinn, wenn die Beklagte tatsächlich Gelegenheit hat, den vom Kunden gestellten Antrag vor der Annahme zu überprüfen. Das wiederum setzt zwingend voraus, dass ihr zunächst das Angebot des Kunden zugeht, bevor sie die „Annahme in Textform“ erklärt, beide Erklärungen mithin zeitlich deutlich auseinanderfallen. Auch aus diesem Grunde fasst der durchschnittliche Kunde Ziffer 2.1 der AGB zusammen mit Ziffer 2.3 so auf, dass eine zeitgleiche Annahmeerklärung beim Zustellvorgang ausgeschlossen ist und das als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben daher keine Annahme der Beklagten in Textform darstellen kann. Selbst wenn – wie die Beklagte meint – der Ablehnungsvorbehalt nur für besondere Sachverhalte einschlägig wäre, so würde dies am dargelegten grundsätzlichen Verständnis dieser Regelung nichts ändern. Abgesehen davon ist der Vorbehalt nicht nur auf die dort ausdrücklich genannten Konstellationen beschränkt, wie sich ohne weiteres aus der „insbesondere“- Formulierung ergibt.

Dies zugrunde gelegt, vermag auch die Übergabe der Hardwarekomponenten in Verbindung mit dem Schreiben (Anlage B 1) Zweifel des Kunden, ob eine Annahmeerklärung der Beklagten vorliegt und die Widerrufsfrist zu laufen begonnen hat, nicht auszuräumen. Die Beklagte macht vergeblich geltend, dass sie diese nicht übergeben würde, wenn ein Vertragsschluss noch nicht zustande gekommen wäre. Sie selbst lässt in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Übergabe von Hardware nicht als vertragsbegründende Annahme ausreichen, weshalb es auf diesen Umstand schon von vornherein nicht entscheidend ankommen kann. Vor diesem Hintergrund versteht der durchschnittliche Kunde die Übergabe der Hardware so, dass die Beklagte – damit der Kunde erst gar nicht in Erwägung zieht, es sich anders zu überlegen und sein Vertragsangebot zu widerrufen – in Vorleistung tritt, um die Entscheidung, zu ihr zu wechseln, als besonders vorteilhaft erscheinen zu lassen.

Die Beklagte macht ferner ohne Erfolg geltend, der durchschnittliche Verbraucher gehe regelmäßig davon aus, dass nach Unterzeichnung eines Vertragsformulars sowie der Übergabe von Hardware und eines Schreibens wie das als Anlage B 1 vorgelegte der Vertrag „fest“ geschlossen sei. Denn darauf kommt es hier nicht entscheidend an. Maßgebend ist vielmehr, dass sich der angesprochene Verkehr im vorliegenden Fall wegen der Regelungen in Ziffern 2.1 und 2.3 der AGB gegenüber der Beklagten darauf berufen kann, dass vor Freischaltung des neuen Anschlusses nur eine zeitlich dem Angebot – und damit der Zustellung – nachfolgende Annahmeerklärung der Beklagten in Textform den Beginn der Widerrufsfrist auslöst und sie daher beim Zugang des streitgegenständlichen Schreibens noch nicht abgelaufen ist. Dem stünde es auch nicht entgegen, wenn – wie die Beklagte weiter anführt – Ziffer 2.1 ihrer AGB eine in der Branche übliche Klausel wäre. Abgesehen davon, dass sie dies nur pauschal behauptet, würde auch eine verbreitete Verwendung dieser Klausel unter Telekommunikationsdienstleistern am dargelegten Verbraucherverständnis nichts ändern.

Davon ausgehend ist – auf Grundlage des eigenen Sachvortrages der Beklagten im Übrigen – die 14-tägige Widerrufsfrist bei Zugang des streitgegenständlichen Schreibens (Anlage K 1) nicht abgelaufen, die Frist hat stattdessen mangels „Annahme in Textform“ oder Freischaltung des Anschlusses noch nicht einmal zu laufen begonnen. Infolgedessen enthält das Schreiben unwahre Angaben.

Die Kunden werden dadurch gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 UWG irregeführt, indem ihnen unzutreffend suggeriert wird, dass sie den Vertrag mit der Beklagten nicht mehr widerrufen können und sie an diesen gebunden sind.

2.
Die damit verbundene Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 UWG hat zudem geschäftliche Relevanz im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG.

Sie ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen, da durch das Schreiben Kunden, die – sei es aus eigenem Antrieb oder aufgrund der Werbebemühungen der Klägerin – ihr Vertragsangebot widerrufen wollen, davon abgehalten werden können.

3.
Da außerdem Wiederholungsgefahr (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) besteht, ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin begründet.

Infolgedessen kann dahinstehen, ob das streitgegenständliche Schreiben (Anlage K 1) noch aus weiteren Gründen wettbewerbswidrig ist.

II.
Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Abschlussschreiben in Höhe von 1.379,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2012 aus §§ 677, 683, 670 BGB und §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Abschlussschreibens – also der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung nach Erlass einer einstweiligen Verfügung – richtet sich nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Er setzt voraus, dass dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung ein Unterlassungsanspruch zustand und die Aufforderung zur Abgabe der Abschlusserklärung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Schuldners entsprach (BGH, GRUR 2010, 1038 – Kosten für Abschlussschreiben; BGH, GRUR 2012, 730 – Bauheizgerät). Das ist hier der Fall; Grund und Höhe dieser vorgerichtlichen Kosten greift die Beklagte mit der Berufung zu Recht nicht gesondert an.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

IV.
Der Streitwert wird gemäß § 51 Abs. 2 GKG auf 50.000,- Euro festgesetzt.

Vorinstanz:
LG Düsseldorf, Az. 38 O 70/12

I