OLG Frankfurt a.M.: Widerrufsrecht gilt auch für Download-Spiele, und zwar auch wenn diese noch nicht funktionstüchtig sind

veröffentlicht am 6. Dezember 2021

OLG Frankfurt a.M., Anerkenntnisurteil vom 28.10.2021, Az. 6 U 275/19
§ 312 g BGB, § 355 ff. BGB, Art. 246a § 1 EGBGB, § 1 UKlaG, § 2 Abs. 2 UKlaG

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass das Widerrufsrecht auch für Vorab-Bestellung digitaler Spiele gilt, die nach dem Download noch nicht nutzbar sind. Eine zum Erlöschen des Widerrufsrechts führende Bestätigung des Verbrauchers, dass Nintendo mit der Ausführung der Verpflichtung (zur Übertragung der Software im Wege des Downloads) vor Ablauf der Widerrufsfrist beginne und er Kenntnis davon habe, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliere, sei, so der Senat zu unterlassen. Die Besonderheit des Tenors („gegenüber Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Königreich Norwegen haben,“) ist darauf zurückzuführen, dass das Verfahren auf eine Beschwerde der norwegischen Verbraucherorganisation Forbrukerrådet zurückgeht. Formaljuristisch gilt das Frankfurter Urteil nur gegenüber norwegischen Verbrauchern. Die Rechtslage in Norwegen entspricht aber aufgrund der Umsetzung der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie der in den anderen EU-Mitgliedsstaaten, somit auch der Bundesrepublik Deutschland. Nintendo hat das Bestellformular im e-Shop inzwischen angepasst. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Anerkenntnisurteil

In dem Rechtsstreit

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. – …

gegen

Nintendo of Europe GmbH …

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2021 für Recht erkannt:

Das angefochtene Urteil wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es – bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer – zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Königreich Norwegen haben,

im Internet, zusammen mit der kostenpflichtigen Vorab-Bestellung eines Spiels, das nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert wird, das 14-tägige gesetzliche Widerrufsrecht dadurch zum Erlöschen zu bringen, dass der Besteller mittels Anhaken eines Opt-In-Kästchen vor dem Absenden der Bestellung seinen Wunsch erklären muss, dass die Beklagte mit der Ausführung ihrer Verpflichtung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und seine Kenntnis davon bestätigen muss, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert,

wenn dies geschieht wie in Anlage b2 wiedergegeben,

obwohl es sich bei den nach Abschluss der Bestellung mittels zur Verfügungstellung eines Downloads gelieferten Daten nicht um ein nutzbares Spiel handelt.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.05.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

[Unterschriften / ist wegen Krankheit gehindert zu unterschreiben]

I