OLG Frankfurt a.M.: Unterlassungserklärung bei unerlaubter Telefonwerbung darf sich nicht auf angerufene Telefonnummer beschränken / Geschäftsführer haftet neben Gesellschaft persönlich

veröffentlicht am 2. Mai 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.11.2011, Az. 12 U 33/11
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG
, § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass bei einer unerlaubten Telefonwerbung nicht nur die Gesellschaft, sondern auch deren Geschäftsführer persönlich haftet. Die strafbewehrten Unterlassungserklärungen der Verfügungsbeklagten seien nicht ausreichend gewesen, weil sie jeweils eine Beschränkung auf die Rufnummer der Verfügungsklägerin enthalten hätten. Die Verfügungsklägerin könne indes beanspruchen, dass die Verfügungsbeklagten es unterließen, unerwünschte Werbeanrufe ohne ihre vorherige Einwilligung an sie unter jeglicher Telefonnummer zu richten. Ihr Anspruch sei nicht auf ein Verbot unter ihrer jetzigen Telefonnummer, auf der der Anruf einging, beschränkt. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 22.12.2010 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 02.02.2011 abgeändert.

1. Den Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt

a) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber der Verfügungsklägerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren ausdrückliches Einverständnis vorliegt, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Fall des Telefonanrufs vom 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr auf dem Telefonanschluss mit der zugeordneten Rufnummer …, in dem im Auftrag der Verfügungsbeklagten zu 5) durch die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung von durch die Verfügungsbeklagte zu 3) gelieferten persönlichen Daten der Verfügungsklägerin für „Prämienpakete von …“ geworben wurde, ohne dass im Zeitpunkt des Telefonanrufs ein ausdrückliches Einverständnis der Verfügungsklägerin hierzu vorlag,

und/oder

b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber der Verfügungsklägerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass im Telefongespräch auf Nachfrage zutreffende Angaben zur Identität des anrufenden Unternehmens gemacht werden, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Fall des Telefonanrufs vom 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr auf dem Telefonanschluss mit der zugeordneten Rufnummer …, in dem im Auftrag der Verfügungsbeklagten zu 5) durch die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung von durch die Verfügungsbeklagte zu 3) gelieferten persönlichen Daten der Verfügungsklägerin für „Prämienpakete von …“ geworben und auf Nachfrage nach dem werbenden Unternehmen lediglich mitgeteilt wurde, man sei die Firme „A“ bzw. „B“ „aus der Nähe von Stadt1″ und rufe „als Kooperationspartner von C“ an,

2. Den Verfügungsbeklagten zu 1) bis 4) wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, Daten der Verfügungsklägerin zu übermitteln und/oder hieran mitzuwirken, wenn in dem übermittelten Datensatz mindestens eine Telefonnummer der Verfügungsklägerin enthalten ist und die Verfügungsklägerin in die Übermittlung nicht eingewilligt hat, wie geschehen durch Entgegennahme eines von der Verfügungsbeklagten zu 3) an die Verfügungsbeklagte zu 1) zu Werbezwecken übermittelten Datensatzes mit den Daten „…, e-mail: …, Tel: …, Geburtsdatum: ….1980, IP-Adresse: …“, ohne dass die Verfügungsklägerin in die Übermittlung des ihre Telefonnummer enthaltenden Datensatzes eingewilligt hatte, woraufhin die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung der übermittelten Daten am 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr bei der Verfügungsklägerin zum Zwecke der Bewerbung von „Prämienpaketen von ….“ anrief.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens haben die Verfügungsbeklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin verlangt von den Verfügungsbeklagten die Unterlassung von Werbeanrufen ohne ihre vorherige Einwilligung und ohne zutreffende Angabe der Identität des Anrufers auf entsprechende Nachfrage sowie von den Verfügungsbeklagten zu 1) bis 4) darüber hinaus die Unterlassung des Handels mit Daten unter Einschluss der Telefonnummer der Verfügungsklägerin ohne ihre vorherige Einwilligung.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 22.12.2010 (Bl.418 ff. d.A.), berichtigt durch Beschluss vom 02.02.2011 (Bl.418a, b d.A.), auf das gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Gegen das der Verfügungsklägerin am 03.01.2011 zugestellte Urteil hat sie am 14.01.2011 Berufung eingelegt und diese am 14.02.2011 begründet. Sie verfolgt ihre Anträge aus der ersten Instanz in vollem Umfang weiter und führt zur Begründung folgendes aus:

Es sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte zu 1) tatsächlich eine andere Person als die Verfügungsklägerin habe anrufen wollen. Die jetzt abgespielte Tondatei sei zur Glaubhaftmachung nicht geeignet. Sie ist der Auffassung, dass die Verwertung mangels Einwilligungserklärung der anrufenden Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten zu 1) unzulässig sei. Zudem sei nicht glaubhaft gemacht, dass es sich tatsächlich um das streitgegenständliche Telefongespräch handle. Weiterhin stehe hinsichtlich der Nachfrage nach dem Namen der Anschlussinhaberin die eidesstattliche Versicherung der Tochter der Verfügungsklägerin entgegen.

Sie behauptet, dass eine Frau … in Stadt2 überhaupt nicht existiere. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen eines Einverständnisses dieser hypothetischen Personen mit einem Werbetelefonanruf aufgrund des geschilderten Datenerhebungsverfahrens nicht vor. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des BGH vom 10. Februar 2011. Die Beschaffenheit der von der Verfügungsbeklagten zur 3) betriebenen Webseite lasse schon kein zur Absicherung von E-Mail Werbung geeignetes Double-Opt-In-Verfahren per Bestätigungs-Email erkennen und ein solches sei auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Eine den erforderlichen Sorgfaltsmaßstäben gerecht werdende Delegierung der Prüfung der erhobenen Einwilligung durch die C sei ebenfalls nicht dargetan.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege die Rechtsverletzung bereits durch die Störung durch den Anruf selbst vor, auch wenn eine andere Person habe erreicht werden sollen. Der anspruchsbegründende Unwert liege gerade in der Ausuferungsgefahr und diese sei auch bei einer Verwechslung gegeben, sofern kein wirksames Einverständnis vorliege.

Der Antrag zu 1 c. sei deswegen begründet, weil in den übermittelten Daten die Telefonnummer der Verfügungsklägerin enthalten sei und dies, wie der vorliegende Fall zeige, zu unerwünschten Anrufen bei ihr führe.

Die von den Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung sei unzureichend, weil sie sich auf eine einzige Telefonnummer der Verfügungsklägerin beschränke. Dabei sei unerheblich, dass sie derzeit auch nur über diese eine Telefonnummer verfüge.

Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 22.12.2010 zum Aktenzeichen 23 O 323/10 aufzuheben und abändernd die Verfügungsbeklagten wie folgt zu verurteilen:

Den Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, untersagt

a.) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber der Verfügungsklägerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren ausdrückliches Einverständnis vorliegt, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Fall des Telefonanrufs vom 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr auf dem Telefonanschluss mit der zugeordneten Rufnummer …, in dem im Auftrag der Verfügungsbeklagten zu 5) durch die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung von durch die Verfügungsbeklagte zu 3) gelieferten persönlichen Daten der Verfügungsklägerin für „Prämienpakete von …“ geworben wurde, ohne dass im Zeitpunkt des Telefonanrufs ein ausdrückliches Einverständnis der Verfügungsklägerin hierzu vorlag,

und/oder

b.) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber der Verfügungsklägerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass im Telefongespräch auf Nachfrage zutreffende Angaben zur Identität des anrufenden Unternehmens gemacht werden, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Fall des Telefonanrufs vom 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr auf dem Telefonanschluss mit der zugeordneten Rufnummer …, in dem im Auftrag der Verfügungsbeklagten zu 5) durch die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung von durch die Verfügungsbeklagte zu 3) gelieferten persönlichen Daten der Verfügungsklägerin für „Prämienpakete von …“ geworben und auf Nachfrage nach dem werbenden Unternehmen lediglich mitgeteilt wurde, man sei die Firme „A“ bzw. „B“ „aus der Nähe von Stadt1″ und rufe „als Kooperationspartner von C“ an,

und/oder

c.) – nachfolgende Untersagung nur gegenüber den Berufungsbeklagten zu 1) bis 4) – Daten der Verfügungsklägerin zu übermitteln und/oder hieran mitzuwirken, wenn in dem übermittelten Datensatz mindestens eine Telefonnummer der Verfügungsklägerin enthalten ist und die Verfügungsklägerin in die Übermittlung nicht eingewilligt hat, wie geschehen durch Entgegennahme eines von der Verfügungsbeklagten zu 3) an die Verfügungsbeklagte zu 1) zu Werbezwecken übermittelten Datensatzes mit den Daten „…, e-mail: …, Tel: …, Geburtsdatum: ….1980, IP-Adresse: …“, ohne dass die Verfügungsklägerin in die Übermittlung des ihre Telefonnummer enthaltenden Datensatzes eingewilligt hatte, woraufhin die Verfügungsbeklagte zu 1) unter Verwendung der übermittelten Daten am 18.10.2010 gegen 17.40 Uhr bei der Verfügungsklägerin zum Zwecke der Bewerbung von „Prämienpaketen von …“ anrief.

Die Verfügungsbeklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) wiederholen und vertiefen ihren Vortrag aus der ersten Instanz und vertreten die Auffassung, dass ein Unternehmen, welches lediglich Telefondienste anbiete und ausführe, nicht verpflichtet sei, sämtliche Daten auf eine wirksam erteilte Einwilligung zu überprüfen. Eine Haftung des Verfügungsbeklagten zu 2) als Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 1) bestehe nicht, weil er nachweislich alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verbraucher zu schützen.

Die Verfügungsbeklagten zu 3) und 4) haben nunmehr mit Schriftsatz vom 18. April 2011 aus höchster anwaltlicher Vorsicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend abgegeben, dass sie es unterlassen, an Frau … an die Telefonnummer … Telefonanrufe mit werbenden Inhalt zu richten oder richten zu lassen. Ansonsten treten sie der Berufung entgegen.

Die Verfügungsbeklagten zu 5) bis 10) verteidigen sich im Berufungsverfahren erstmals gegen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und schließen sich im Wesentlichen den Rechtsausführungen der anderen Verfügungsbeklagten an. Sie sind der Auffassung, dass es unerheblich sei, ob seitens einer Frau … eine wirksame Einwilligung in Werbeanrufe vorgelegen habe, weil ein Werbeanruf bei einer Frau … auch ohne deren Einwilligung die Verfügungsklägerin nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht tangieren könne. Im übrigen habe aber auch eine wirksame Einwilligungserklärung vorgelegen, die über die Website www … de abgegeben und mittels Double-Opt-In bestätigt worden sei. Eine Haftung der Geschäftsführer persönlich sei nicht ersichtlich, im übrigen sei der Verfügungsbeklagte zu 9) derzeit nicht mehr Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 6). Die Anträge zu 1a) und 1b) seien nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt und Ablauf des Anrufs vom 18. 10. 2010 sei zwischen den Parteien streitig, daher könne aus dem Antrag nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, welches Verhalten den Verfügungsbeklagten verboten werden solle. Hinsichtlich des Antrages zu 1b) sei die Verwendung der Bezeichnung „auf Nachfrage“ unklar, weil zwischen den Parteien umstritten sei, in welcher Form eine solche Nachfrage tatsächlich erfolgt sei.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antrag zu Ziffer a) ist zulässig und begründet.

Der Klagenantrag ist hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Abweichendes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. (BGH Urteil vom 10.02.2011, I ZR 164/09, Juris Randnummer 17).

Der Unterlassungsantrag der Verfügungsklägerin lehnt sich zwar mit der Formulierung „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber der Verfügungsklägerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren ausdrückliches Einverständnis vorliegt“ an den Text des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG an, er ist gegenüber dem Gesetzeswortlaut aber dadurch konkretisiert, dass er anschließend auf das konkrete Telefongespräch vom 18.10.2010 Bezug nimmt. Die Tatsache, dass zwischen den Parteien streitig ist, nach welchem Namen des Gesprächsteilnehmers die Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten zu 1) eingangs des Gesprächs gefragt hat, ist für die Bejahung einer Verletzungshandlung unerheblich.

Der Unterlassungsanspruch ist gemäß §§ 823 Abs.1, 1004 BGB begründet.

Telefonwerbung ist gegenüber einem Verbraucher nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG, dessen Grundsätze auch für den Unterlassungsanspruch nach Deliktsrecht gelten (BGH Urteil vom 20.05.2009, I ZR 218/07, juris Rdnr. 14), unerlaubt, wenn dieser ohne ausdrückliche Einwilligung des Angerufenen erfolgt. Maßgebend ist die Einwilligung des Anschlussinhabers (Köhler/Bornkamm, 29.Auflage, zu § 7 UWG, Randnummer 133). Der von der Verfügungsbeklagten zu 1) im Auftrag der Verfügungsbeklagten zu 5) erfolgte Telefonanruf vom 18.10.2010 ist unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Verfügungsklägerin als unerlaubte Handlung im Sinne dieser Vorschriften anzusehen, weil die Verfügungsklägerin als alleinige Inhaberin des gewählten Telefonanschlusses … unstreitig nicht zuvor ihre Einwilligung erteilt hat.

Die Verfügungsbeklagten können sich nicht damit entlasten, dass tatsächlich eine Frau … unter der Telefonnummer … habe angerufen und die Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten zu 1) zu Beginn des Anrufs nach dieser Frau … gefragt haben sollte. Denn die Verfügungsbeklagten haben nicht glaubhaft gemacht, dass eine Frau … tatsächlich eine wirksame Einwilligung in Werbeanrufe unter der angegebenen Telefonnummer erteilt hat, wobei schon nicht feststeht, dass eine Frau … überhaupt existiert. Das hat zur Folge, dass auch diese nicht zu Werbezwecken unter der bei dem Online-Gewinnspiel angegebenen Telefonnummer hätte angerufen werden dürfen. Die von den Verfügungsbeklagten vorgetragene Einwilligung soll von der Verfügungsbeklagten zu 3) über die Internetseite „www … de“ generiert worden sein. Allein die Verfügungsbeklagten zu 5)-10) tragen überhaupt vor, dass dabei ein Double-Opt-In-Verfahren durchgeführt worden sei, das heißt, dass durch eine Bestätigungs-E-Mail an die in der Internetseite eingetragene E-Mail Adresse und nochmaliger Antwortbestätigung sichergestellt worden ist, dass jedenfalls der Inhaber der E-Mail-Adresse die Einverständniserklärung auch tatsächlich abgegeben hat. Glaubhaft gemacht ist die Behauptung jedoch auch von den Verfügungsbeklagten zu 5) – 10) nicht. Allerdings würde selbst die Anwendung dieses Verfahrens nicht ausreichen, ein tatsächlich fehlendes Einverständnis der Verfügungsklägerin oder der Frau … mit dem Werbeanruf zu ersetzen. Dass Frau … Inhaberin der Email-Adresse ist und tatsächlich an dem Internet-Gewinnspiel teilgenommen hat, haben die insoweit beweispflichtigen Verfügungsbeklagten nicht glaubhaft gemacht. Der durch den Absender elektronisch bestätigte Eingang eines Online-Formulars mit Angabe einer Telefonnummer reicht als Nachweis eines Einverständnisses in Werbeanrufe nicht aus. Er kann auch bei Telefonwerbung, anders als bei E-Mail- Werbung, für sich allein keine Beweiserleichterung zu Gunsten des Werbenden begründen. Vielmehr trägt der Werbende auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Telefonanschluss der E-Mail-Adresse, unter der die Bestätigung abgesandt wurde, zuzuordnen ist. (BGH Urteil vom 10.02.2011, I ZR 164/09, juris Rdnr 40).

Der Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin besteht zunächst gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) als diejenige Firma, die den Telefonanruf durchgeführt hat, und den Verfügungsbeklagten zu 2) als deren Geschäftsführer. Der Geschäftsführer haftet persönlich, wenn er entweder selbst die Rechtsverletzungen begangen oder veranlasst hat oder die eines anderen gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat. Die Störereigenschaft des Geschäftsführers oder Vorstandes einer Kapitalgesellschaft entfällt nur dann, wenn er die beanstandete Werbung weder veranlasst noch Kenntnis von ihr hatte (Köhler/Bornkamm, zu § 8 UWG, Randnummer 2.20).

Der Unterlassungsanspruch besteht darüber hinaus gegen die Verfügungsbeklagte zu 3) und deren Geschäftsführer, den Verfügungsbeklagten zu 4), weil die Verfügungsbeklagte zu 3) die Telefonnummer der Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten zu 1) zur Durchführung von Werbeanrufen übergeben hat, ohne sicherzustellen, dass ein vorheriges wirksames Einverständnis der Verfügungsklägerin vorlag.

Der Unterlassungsanspruch besteht schließlich auch gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 5), der Verfügungsbeklagten zu 6) als deren persönlich haftende Gesellschafterin (§ 8 Abs. 2 UWG) und die Verfügungsbeklagten zu 7) bis 10) als Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 6), weil die Verfügungsbeklagte zu 5) die Verfügungsbeklagte zu 1) mit der Durchführung der Werbung beauftragt hat (§ 8 Abs. 2 UWG). Beauftragter im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG ist auch die von einem Unternehmen beauftragte Werbeagentur (Köhler/Bornkamm, zu § 8 UWG, Randnummer 2.45). Zwar ist der Verfügungsbeklagte zu 9) aktuell nicht mehr Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 6), er war es aber zum Zeitpunkt der unerlaubten Handlung.

Insbesondere ist nicht ersichtlich, in welcher Form die Verfügungsbeklagten und deren gesetzliche Vertreter dafür Sorge getragen haben, dass die Adressaten der Telefonwerbeaktion eine wirksame Einverständniserklärung abgegeben haben, dass also nur Anschlussinhaber angerufen werden, die wirksam ihre Einwilligung mit entsprechenden Anrufen erklärt haben. Die Behauptung der Verfügungsbeklagten zu 5) bis 10), es habe ein Double-Opt-In-Verfahren stattgefunden, wird schon durch den Vortrag der Verfügungsbeklagten zu 1) – 4) nicht bestätigt und ist im übrigen auch nicht glaubhaft gemacht. Soweit sich die Verfügungsbeklagten zu 1) – 4) darauf berufen, dass eine Überprüfung der durch die Teilnahme an dem Internet-Gewinnspiel gewonnen Daten durch die Firma C durchgeführt worden sei, fehlt jegliche Darlegung dazu, in welcher Weise diese Überprüfung stattgefunden haben, welche Methode dabei angewendet und wie die Einhaltung dessen von ihnen kontrolliert worden sein soll.

Die strafbewehrten Unterlassungserklärungen der Verfügungsbeklagten zu 1) und 2) sowie die inhaltsgleiche Erklärung der Verfügungsbeklagten zu 3) und 4) sind nicht ausreichend, weil sie jeweils eine Beschränkung auf die Rufnummer der Verfügungsklägerin … enthalten. Die Verfügungsklägerin kann beanspruchen, dass die Verfügungsbeklagten es unterlassen, unerwünschte Werbeanrufe ohne ihre vorherige Einwilligung an sie unter jeglicher Telefonnummer zu richten. Ihr Anspruch ist nicht auf ein Verbot unter ihrer jetzigen Telefonnummer, auf der der Anruf einging, beschränkt (vergleiche BGH Urteil vom 11. März 2004, I ZR 81/01; LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2009, 15 T 7/09, jeweils zu E-Mail-Werbung).

Auch der Antrag Ziffer b) ist zulässig und begründet.

Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO. Nicht erforderlich ist, dass der Antrag konkret bezeichnet, in welcher Form eine Nachfrage zu erfolgen hat. Diejenige Nachfrage, die vorgenommen wird, ist wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten.

Der Unterlassungsanspruch ist gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB begründet. Auch insoweit gelten die Grundsätze des Wettbewerbsrechts, so dass die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG zu beachten ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.10. 2010, 6 W 134/10). Danach ist eine Werbung mit einer Nachricht, wozu auch Telefonanrufe zählen, unzulässig, wenn dabei die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht ist. Auch dagegen haben die Verfügungsbeklagten verstoßen, weil die Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten zu 1) auch nach dem Vortrag der Verfügungsbeklagten lediglich mitgeteilt hat, sie rufe im Auftrag der Firma „A“ an. Als sie von der Zeugin … nach dem Namen der Firma gefragt worden sei, habe sie mitgeteilt, dass dies die Firma „B“ sei. Beide Angaben entsprechen nicht der korrekten Firma der Verfügungsbeklagten zu 1), der vollständige Name „B“ ist weder unaufgefordert noch auf Nachfrage der Zeugin … genannt worden. Mit der tatsächlich mitgeteilten unklaren Firmenbezeichnung wird der Schutzzweck von § 7 Abs.2 Nr.4 UWG, die Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen den Werbenden zu erleichtern (Köhler/Bornkamm, zu § 7 UWG, Rdnr.211), nicht erreicht.

Aus der Tondatei ergibt sich zudem, dass auch nach dem Sitz der Verfügungsbeklagten zu 1) gefragt wurde, denn die Mitarbeiterin antwortet, dass es nicht Stadt3 sei, sondern in der Nähe von Stadt1. Hier hätte zutreffend der Sitz der Gesellschaft korrekt angegeben werden müssen.

Auch für diesen Anspruch haften sämtliche Verfügungsbeklagte, weil nicht dargetan ist, dass sie durch entsprechende Vertragsgestaltungen oder Kontrolle ihrer Vertragspartner in irgendeiner Weise sichergestellt haben, dass bei der Durchführung der von ihnen indizierten Werbeanrufe die Einhaltung von § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG gewährleistet wird.

Schließlich ist auch der Antrag Ziffer c), der sich nur gegen die Verfügungsbeklagten zu 1) bis 4) richtet, begründet, weil in dem streitgegenständlichen Datensatz die Telefonnummer der Verfügungsklägerin enthalten ist, ebenso ihr Vorname und wesentliche Adressbestandteile, und dieser Datensatz gerade zu dem hier streitgegenständlichen wettbewerbswidrigen Telefonanruf geführt hat. Verpflichtet sind auch die Verfügungsbeklagten zu 1) und 2), die durch den Einkauf bzw. die Anmietung des Datensatzes zur Durchführung von Werbeanrufen sich am Handeltreiben durch die Verfügungsbeklagte zu 3) beteiligt haben.

Ein Verfügungsgrund ist für alle drei Ansprüche zu bejahen. Dieser wird zwar nicht nach § 12 Abs.2 UWG vermutet, ist jedoch i.S.d. § 935 ZPO dargetan und glaubhaft gemacht. Da die Antragsgegner die geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärungen nicht bzw. nicht mit dem geforderten Inhalt abgegeben haben und nach wie vor ihre Praxis der Datenerlangung, -verwendung und -weitergabe für unzulässige Werbetelefonanrufe rechtfertigen, ist zu besorgen, dass weitere unzulässige Anrufe an die Verfügungsklägerin jederzeit erfolgen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs.1 ZPO.

I