OLG Frankfurt a.M.: Was ist nach der Abgabe der Unterlassungserklärung zu tun? / Von der Beseitigung der Störungsquelle bis zur Rückrufaktion

veröffentlicht am 25. Januar 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.08.2009, Az. 11 U 19/09
§§ 13, 17, 97 Abs 1 UrhG

Das OLG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass die Wiederholungsgefahr (eines Urheberrechtsverstoßes) nach Abgabe einer Unterlassungserklärung wieder aufleben kann, wenn erneut gleichartige Verstöße begangen werden (BGH, Urteil vom 09.11.1979, Az. I ZR 24/78, GRUR 1980, 241, 242 – Rechtsschutzbedürfnis). Eine nach Abgabe einer Unterlassungserklärung erneute – auch unverschuldete – Zuwiderhandlung begründe eine Wiederholungsgefahr und lasse einen neuen gesetzlichen Anspruch entstehen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Auflage, § 12 Rn 1.157). Ein Rückruf der streitbefangenen Ware sei jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft:

Die Verfügungsbeklagte hatte vorliegend nur ihre Mitarbeiter durch E-Mails vom 02.05.2008 und 05.05.2008 dazu aufgefordert, die streitbefangenen Werbematerialen (Schreibtischunterlagen) nicht an Dritte weiterzugeben. Sie hat indes nicht den Empfänger der Schreibtischunterlage, Angehörige einer Stadtratsfraktion aufgefordert, möglicherweise bereits an diese verbreitetes Material zurückzugeben. Darin sah der Senat jedoch noch keine Zuwiderhandlung.

Zwar oblag es dem Unterlassungsschuldner nicht nur, keine weiteren Handlungen vorzunehmen, die eine Verletzung des Unterlassungsgebotes darstellten. Er hätte darüber hinaus alles ihm Zumutbare tun müssen, um die Weiterverbreitung von rechtsverletzendem Werbematerial zu verhindern (KG, Urteil vom 11.07.1986, Az. 5 U 1878/85, WRP 1986, 680; OLG Köln, Urteil vom 10.12.1982, Az. 6 U 137/82, WRP 1983, 452; OLG Hamm, Urteil vom 19.12.1989, Az. 4 U 187/89, NJW-RR 1990, 1197), insbesondere habe er schon vor Abgabe eines Unterlassungsversprechens angelegte Störungsquellen beseitigen müssen.

Die Verfügungsbeklagte hätte aber gegenüber der Fraktion keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe der Schreibtischunterlage gehabt. Dies allein schließe zwar nicht ohne weiteres die Pflicht aus, einen Rückruf zumindest zu versuchen. So entfalle etwa bei einem Vertriebsverbot die Verpflichtung des Schuldners, dafür zu sorgen, dass von seinen Abnehmern noch nicht abgesetzte Vertriebsstücke vom Markt genommen würden, nicht von vornherein deswegen, weil die Abnehmer als eigenständige Unternehmen nicht von ihm weisungsabhängig seien (OLG Köln, Beschluss vom 12.03.2008, Az. 6 W 21/08, GRUR-RR 2008, 365).

Entscheidend sei jedoch, dass das Werbematerial nicht für die Fraktionen bestimmt gewesen sei und die Verfügungsbeklagte auch keine Kenntnis davon gehabt habe, dass die Schreibtischunterlage in einem Fraktionsbüro benutzt worden sei, das sich in einem vom Verwaltungstrakt getrennten Bauteil des Rathauses befunden habe. Dorthin sei sie zudem bereits im Herbst 2007 verbracht worden, als noch keine Auseinandersetzung zwischen den Parteien um die streitgegenständlichen Fotos im Gange gewesen sei. Eine Veranlassung, rein vorsorglich den Versuch eines Rückrufs bei den Fraktionen zu unternehmen, habe deshalb nicht bestanden. Denn die Rechtsverletzung sei bereits eingetreten und die Störungsquelle unmittelbar nach Bekanntwerden beseitigt worden. Eine „Rückrufaktion“ auf bloßen Verdacht hin, dass das rechtsverletzende Material möglicherweise auch in die Fraktionsbüros gelangt sein könnte, liefe im Ergebnis auf einen Beseitigungsanspruch hinaus und würde die Grenze des einem Unterlassungsschuldner Zumutbaren nach Auffassung des Senats überschreiten.

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