OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.10.2006, Az. 6 U 73/06
§§ 3, 4 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG
Das OLG Frankfurt a.M. ist der Rechtsansicht, dass eine unlautere Verkaufsförderungsmaßnahme vorliegt, wenn dem Kunden eine Garantie versprochen wird, ohne dass die Bedingungen für deren Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben werden. Im vorliegenden Fall war mit einer „Geld-zurück-Garantie“ auf einer Getränkeflasche geworben worden, wobei die Garantiebedingungen auf der zur Flasche gewandten Rückseite eines ablösbaren Etiketts aufgedruckt waren. Auch ein Fernsehspot, in welchem die Bedingungen der Garantie nicht offengelegt wurden, wurde für wettbewerbswidrig erachtet. Offen blieb, ob bei der Werbung in Rundfunkmedien den erforderlichen Informationspflichten auch in der Weise nachgekommen werden kann, dass der Kunde ergänzend auf weitere Informationsquellen verwiesen wird, und welche Anforderungen insoweit gegebenenfalls zu stellen sind.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urteil
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2006 für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.04.2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband.
Die Beklagte stellt her und vertreibt Mineralwasserder Marke „…“. Auf den Etiketten von Erfrischungsgetränken, die auf der Basis dieses Mineralwassers hergestellt sind („… Frucht“, „… Tee création“), warb sie mit dem Hinweis „mit Geld-zurück-Garantie!“. Die näheren Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Garantie befanden sich auf der Rückseite des Etiketts. Der entsprechende – erst nach Ablösung des Etiketts lesbare – Text lautet: „Die … Geld-zurück-Garantie: Sollte Ihnen eine unserer Sorten nicht schmecken erstatten wir Ihnen den Kaufpreis und so geht’s:Bitte schicken Sie eine kurze Begründung von mindestens 15 Wörtern, den Original-Kassenbon und die Promotion-Etiketten aller Flaschen an: A GmbH, „… Geschmackstest“, Postfach …, … Voraussetzung: Der Kaufpreis für die Sorte, mit der Sie nicht zufrieden waren, wird ohne Pfand ausschließlich auf ein deutsches Girokonto überwiesen. (Absender und Bankverbindung nicht vergessen!) Maximale Erstattung: 6 Flaschen pro Haushalt ab einem Kauf von mindestens 6 Flaschen. Es können nur Original-Kassenbons aus dem Zeitraum vom 15. Januar bis 15. März 2006 berücksichtigt werden. Einsendeschluss ist der 15. April 2006, die Auszahlung erfolgt bis 31. Mai 2006″. Im Rahmen eines Fernsehspots für die Erfrischungsgetränke warb die Beklagte ebenfalls mit dem – gesprochenen – Hinweis „mit Geld-zurück-Garantie“; nähere Angaben über die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Garantie enthielt der Werbespot nicht.
Nach erfolgloser Abmahnung nimmt der Kläger die Beklagte wegen Verstoßes der Werbung gegen §§ 3, 4 Nr. 4 UWG auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch.
Mit Urteil vom 13.04.2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 100.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,
1. wie in dem auf der als Anlage 2 dem Tenor beigefügten DVD wiedergeben in einem Werbespot mit einer „Geld-zurück-Garantie“ zu werben ohne Angaben dazu zu machen unter welchen Bedingungen der Kunde diese Garantie in Anspruch nehmen kann und/oder
2. wie im Tenor wiedergegeben mit einer „Geld-zurück-Garantie“ auf dem Flaschenetikett zu werben, wenn der Kunde die Bedingungen, unter denen er diese „Geldzurück- Garantie“ in Anspruch nehmen kann, ohne Ablösen des Etiketts nicht lesen kann, weil diese Bedingungen nur auf der Innenseite des Flaschenetikettes abgedruckt sind.
Weiter hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 176,56 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2006 verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu, da die Beklagte sowohl auf dem beanstandeten Flaschenetikett (Ziffer 2 des Tenors) als auch in dem beanstandeten Fernsehspot (Ziffer 1 des Tenors) für eine Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG geworben hat, ohne die Bedingungen für deren Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben.
Unter dem Begriff der Verkaufsförderungsmaßnahme versteht das Gesetz zunächst nicht jede Maßnahme, die irgendwie geeignet sein kann, den Absatz zu fördern. Das ergibt sich schon aus dem Zusatz „… wie Preisnachlässe, Zugaben oder Geschenke“. Der Zusatz macht in diesem Zusammenhang einerseits deutlich, dass mit den drei genannten Formen der Wertreklame die in Frage kommenden Verkaufsförderungsmaßnahmen nicht abschließend aufgezählt sind. Andererseits ist dem Wort „wie“ zu entnehmen, dass dieser Aufzählung auch nicht der Charakter einer unverbindlichen Beispielsbildung zukommt. Es sollen vielmehr nur solche Verkaufsförderungsmaßnahmen vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst werden, die ihrer Art nach mit den drei genannten Maßnahmen vergleichbar sind (so mit Recht Heermann WRP 05, 141, 143). Maßgebliches Kriterium für die Frage der Vergleichbarkeit ist dabei der Gesetzeszweck. Mit dem in § 4 Nr. 4 UWG normierten Transparenzgebot soll den Missbrauchs- gefahren begegnet werden, die daraus entstehen, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen der im Gesetz aufgezählten Art auf grund ihrer hohen Attraktivität den Kunden zu unüberlegten Kaufentschlüssen veranlassen können, wenn es an der Aufklärung über die näheren Bedingungen fehlt (vgl. den Regierungsentwurf zum UWG Änderungsgesetz, Bundestagsdrucksache 15/1487 S. 17). Sonstige Verkaufsförderungsmaßnahmen im Sinne des Gesetzes müssen daher genauso attraktiv und zur unsachlichen Beeinflussung der Verbraucher geeignet sein wie Preisnachlässe, Zugaben oder Geschenke. Dies kann grundsätzlich für alle zur Förderung des Absatzes von Waren und Leistungen gewährten geldwerten Vergünstigungen bejaht werden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., Rdz. 1.40 zu § 4).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt hat das Landgericht das Vorliegen einer Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG mit Recht bejaht.
Die sowohl auf dem Etikett als auch im Werbespot enthaltene Werbung mit einer inhaltlich nicht näher erläuterten „Geld-zurück-Garantie“ erweckt zwar beim angesprochenen Verkehr noch keine konkrete Vorstellungen über den genauen Inhalt dieser Vergünstigung, aber doch eine ausreichend sichere Erwartung über die Art dieser Vergünstigung. Zunächst erkennt der Verbraucher, dass es sich jedenfalls nicht um eine „Tiefstpreisgarantie“ des Inhalts handelt, dass ihm für den Fall eines günstigeren Angebots durch einen Mitbewerber die Differenz des gezahlten zum günstigeren Preis erstattet wird. Denn es handelt sich erkennbar um ein Werbeversprechen des Herstellers, der für die Preisgestaltung des Händlers keine „Garantie“ übernehmen kann und will. Stattdessen geht der angesprochene Kaufinteressent – insoweit in Übereinstimmung mit den von der Beklagten tatsächlich aufgestellten Bedingungen für die Inanspruchnahme der „Garantie“ – davon aus, dass ihm mit der Aussage „Geld-zurück-Garantie“ die Erstattung des Kaufpreises für den Fall in Aussicht gestellt wird, dass er mit dem Produkt aus welchen Gründen auch immer, insbesondere weil der Geschmack ihm nicht zusagt, nicht zufrieden sein sollte. Die Besonderheit des beworbenen Produkts bringt es allerdings mit sich, dass eine geschmackliche Prüfung des gekauften Getränks naturgemäß die Öffnung der Flasche und deren (mindestens teilweise) Leerung voraussetzt. Der Kaufgegenstand kann also nicht im Gegenzug zur Erstattung des Kaufpreises in der erworbenen Form zurückgegeben werden. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall maßgeblich von der Einräumung eines echten Rückgaberechtes, in welcher der Bundesgerichtshof unter Geltung der Zugabeverordnung keine Zugabe gesehen hat (vgl. WRP 01, 258 – Rückgaberecht I; WRP 01, 1185 – Rückgaberecht II). Zugleich erkennt der Kaufinteressent, dass es für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs keine „echte“ inhaltliche Voraussetzung geben wird, da niemand überprüfen kann und will, ob ihmdas Getränk tatsächlich nicht geschmeckt hat; auch insoweit stimmt die geweckte Verkehrserwartung mit den von der Beklagten tatsächlich aufgestellten Bedingungen für die Inanspruchnahme der „Garantie“ überein.
Aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Verbrauchers gewinnt damit die „Geldzurück-Garantie“ wirtschaftlich letztlich den Charakter des Angebots einer (nachträglich) kostenlosen Warenprobe, weil der Käufer – wenn er die „Garantie“ einlöst – sein Geld zurückerhält und die Ware behalten kann, ohne dass dies an irgendwelche inhaltlichen Voraussetzungen geknüpft wäre. Hierin liegt eine geldwerte Vergünstigung im oben dargestellten Sinn, die insbesondere mit der in § 4 Nr. 4 UWG ausdrücklich genannten Verkaufsförderungsmaßnahme eines Geschenks hinsichtlich ihrer Attraktivität und Eignung, den Verbraucher zu beeinflussen, vergleichbar ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der beanstandeten Maßnahme damit nicht nur um eine besondere Form der Gewährleistung. Denn die Rückerstattung des Kaufpreises wird gerade nicht für den Fall der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, sondern für jeden Fall des bloßen Nichtgefallens versprochen. Ist demnach die beworbene „Geld-zurück-Garantie“ jedenfalls im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles als Verkaufsförderungsmaßnahme zu qualifizieren, liegt auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG vor, weil sowohl das Etikett als auch der Fernsehspot die vom Gesetz geforderte Aufklärung über die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme vollständig vermissen lassen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf, jedenfalls im Rahmen des beanstandeten Fernsehspots könnten die konkreten Bedingungen für die Inanspruchnahme der „Garantie“ aus tatsächlichen Gründen nicht vollständig mitgeteilt werden. Es kann dahinstehen, ob bei der Werbung in Rundfunkmedien den Informationspflichten gemäß § 4 Nr. 4 UWG auch in der Weise nachgekommen werden kann, dass der Werbeadressat ergänzend auf weitere Informationsquellen verwiesen wird, und welche Anforderungen insoweit gegebenenfalls zu stellen sind (vgl. hierzu Juris Praxiskommentar – UWG – Seichter, Rdz. 25 zu § 4 Nr. 4). Denn im vorliegenden Fall enthält der beanstandete Fernsehspot einen solchen Verweis nicht.
Da die Beachtung des in § 4 Nr. 4 UWG enthaltenen Transparenzgebots wesentlich zur Schaffung einer sachlichen Entscheidungsgrundlage für den Verbraucher beiträgt, ist auch die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritten. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger den weiter geltend gemachten Aufwendungsersatz für die Abmahnung zugesprochen; die rechtliche Grundlage hierfür ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die Einordnung der beanstandeten „Geld-zurück-Garantie“ als Verkaufsförderungsmaßnahme nach § 4 Nr. 4 UWG jedenfalls im Hinblick auf die genannten konkreten Umstände des vorliegenden Falles nach Auffassung des Senats keine ernsthaften Zweifelsfragen aufwirft. Auch eine Divergenz zu anderen instanzgerichtlichen Entscheidungen rechtfertigt eine Revisionszulassung nicht, nachdem das Oberlandesgericht München ausweislich des am 14.9.2006 verkündeten Tenors in der Sache 29 O 3848/06 die dort angegriffene Werbung mit einer „Geld-zurück-Garantie“ ebenfalls untersagt hat (vgl. Anlage 11 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.09.2006, Bl. 196 ff d.A.).