OLG Hamburg, Urteil vom 05.03.2009, Az. 3 U 159/08
§ 12 Abs. 2 UWG
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass das Warten auf ein Umfrageergebnis vor Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dringlichkeitsschädlich sein und zur Zurückweisung des Antrags als unbegründet führen kann. Dies gelte allerdings nur für die Punkte des Verfügungsantrags, die keiner weiteren Ermittlungen bedurft hätten und somit auf das Ergebnis der Umfrage nicht angewiesen gewesen seien. Hinsichtlich dieser Ansprüche sei eine Wartezeit von fast 2 Monaten ab Kenntnis bzw. 5 1/2 Wochen ab Erhalt aller zur Verfolgung notwendigen Informationen zu lang gewesen. Die Antragstellerin habe auch die Möglichkeit gehabt, die geltend gemachten Unterlassungsansprüche getrennt zu verfolgen. Dies hätte auch nicht zum Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit wegen Ausübens einer „Salami-Taktik“, d.h. des getrennten Vorgehens gegen unterschiedliche Aussagen desselben Werbemittels, geführt, da für eine solche Vorgehensweise ein nachvollziehbarer Grund vorgelegen hätte. Des Weiteren äußerte sich das Gericht zur Methodik von Umfragen.
Die Antragstellerin hatte ein Privatgutachten vorgelegt, in dessen Rahmen Gynäkologen zum Verständnis einer Werbeaussage über Gebärmutterhalskrebs-Impfstoffe in einem Werbefolder der Antragsgegnerin befragt wurden. Das Gericht war der Auffassung, dass das Gutachten den Anspruch der Antragstellerin nicht belege. Folgende Kriterien seien nicht beachtet oder falsch ausgeführt worden: Zu den relevanten Fachkreisen hätten auch andere Ärzte (Internisten, Kinder- und Jugendärzte) gehört und dementsprechend berücksichtigt werden müssen. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die befragten Ärzte im Rahmen der Umfrage den Werbefolder so zur Kenntnis genommen hätten, wie dies normalerweise der Fall gewesen wäre. So sei den Befragten lediglich die Seite 5 des Folders gezeigt worden, obwohl diese mit der Seite 4 in Form einer Doppelseite sowohl äußerlich als auch inhaltlich zusammenhänge. Bei der Beurteilung irreführender Angaben müsse immer auch das werbliche Umfeld berücksichtigt werden. Auch habe die Fragestellung der Umfrage bereits auf die gewünschte Antwort der Antragstellerin hingewirkt, so dass eine objektive Bewertung schwerlich möglich gewesen sei. Damit habe das Gutachten eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise nicht glaubhaft gemacht.