OLG Hamburg: Streitwert bei fehlender Widerrufsbelehrung 5.000,00 EUR

veröffentlicht am 28. Juli 2008

OLG Hamburg, Beschluss vom 07.11.2007, Az. 3 W 196/07
§ 3 ZPO, § 12 Abs. 4 UWG

Das OLG Hamburg ist der Rechtsansicht, dass der Streitwert einer Unterlassungsklage wegen fehlender Widerrufsbelehrung mit 5.000,00 EUR angemessen bewertet ist. Ein Kriterium für diese Entscheidung war die Größe des in Rede stehenden Marktes (Computer & Zubehör), die es unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass eine fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrung des Gegners zu größeren Umsatzeinbußen führt. Eine niedrigere Bemessung des Streitwerts hielt das OLG Hamburg jedoch zur Abschreckung unerwünschter Nachahmer nicht für angemessen, da es bei Nichtahndung solcher Verstöße eine zunehmende Nachlässigkeit hinsichtlich des Verbraucherschutzes fürchtete.


Hanseatisches Oberlandesgericht

Beschluss

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 07.11.2007:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der vom Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15, mit Beschluss vom 27. August 2007 festgesetzte Streitwert von 15.000,00 EUR auf 5.232,00 EUR herabgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet.

Der Vortrag der Antragstellerin rechtfertigt eine Bewertung ihres wirtschaftlichen Interesses an zukünftiger Unterlassung des als störend beanstandeten Verhaltens mit 15.000,00 EUR nicht.

Es ist angesichts der Größe des Marktes nicht davon auszugehen, dass die fehlerhafte Widerrufsbelehrung des Antragsgegners bei der Antragstellerin zu einer jährlichen Umsatzein­buße in dieser Größenordnung führen könnte. Der Senat stellt deswegen in Sachen, in de­nen der wegen der Wettbewerbsverletzung vorgehende Wettbewerber nicht mehr oder min­der betroffen ist, wie jeder andere Marktteilnehmer auch und in denen deswegen eine durch die konkrete Verletzungshandlung eintretende Gefährdung des Umsatzes einzelner Markt­teilnehmer auch gar nicht messbar sein dürfte, für die Abschätzung des wirtschaftlichen Inte­resses an zukünftiger Unterlassung der störenden Handlung nicht mehr auf die durch die konkrete Handlung hervorgerufene Umsatzgefährdung ab, sondern vielmehr auf die dadurch verursachte latente Beeinträchtigung der Marktposition rechtstreuer Mitbewerber. Auf die aus der konkret beanstandeten Handlung resultierende Umsatzgefährdung des dagegen vorge­henden Mitbewerbers kam es schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Verletzung von Informationspflichten der hier streitigen Art nicht mehr allein entscheidend an. Dieses Kriterium ist nur für die Grundfrage von Belang, von welcher Marktpräsenz der im konkreten Falle streitenden Unternehmen auszugehen ist. Wesentliche Kriterien der Wert­bemessung sind in solchen Fällen sodann nur noch die Schwere des Verstoßes sowie die Frage, in welchem Maße die Wettbewerbsposition der rechtstreuen Wettbewerber durch die Vielzahl von Anbietern tendenziell verschlechtert sein dürfte, die sich – gerichtsbekannt – ­gerade im Bereich der vom Gesetz vorgeschriebenen Aufklärung der Verbraucher über de­ren Rechte im Fernabsatz nicht strikt an das Gesetz halten. Dies schon deshalb, weil ein um rechtstreues Verhalten bemühter Anbieter Zeit, Aufwand und ggf. auch Geld für Beratungs­leistungen darauf verwenden muss, um die Verbraucher zutreffend über ihre Rechte beleh­ren zu können.

Im Unterschied zur Sichtweise des OLG Düsseldorf gewichtet der Senat das Interesse der Antragstellerin an zukünftiger Unterlassung des als störend beanstandeten Verhaltens also höher. Es dürfte nämlich die erhebliche Gefahr zunehmender Nachlässigkeit gerade in dem wichtigen Bereich des Verbraucherschutzes zu besorgen sein, wenn solche Verstöße ungeahndet blieben. Dies ist unter dem von der Rechtsprechung für die Gewichtung von Wettbewerbsverstößen allseits anerkannten Gesichtspunkt der Nachahmungsgefahr auch bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen.

Dem Senat erscheint nach allem das wirtschaftliche Interesse an zukünftiger Unterbindung der fehlerhaften Belehrung mit 5.000,00 EUR angemessen bewertet. Der weitere Betrag von 232,00 EUR entfällt auf die nicht zugesprochenen Abmahnkosten.

Eine noch weitere Reduzierung erscheint dem Senat auch im Hinblick auf § 12 Abs. 4 UWG nicht geboten. Denn selbst, wenn der Fall als einfach gelagert zu bewerten sein sollte, muss der Streitwert immer noch in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Verstoßes für das Marktgeschehen stehen.

Vorinstanz: LG Hamburg, Beschluss vom 27.08.2007, Az. 315 O 155/07

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