OLG Hamburg: Wann besteht ein Unterlassungsanspruch gegen die Veröffentlichung eines Produkttests? / 2023

veröffentlicht am 28. Mai 2024

OLG Hamburg, Urteil vom 19.12.2023, Az. 7 U 13/19
 § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass einem Unternehmen außerhalb des Wettbewerbsrechts kein allgemeiner Anspruch darauf zusteht, dass seine Produkte nicht zum Gegenstand eines Warentests gemacht werden, der den Anforderungen der Rechtsprechung an einen zulässigen Warentest nicht genügt. In diesen Fällen müsste mit der  Test-Veröffentlichung eine individuelle Betroffenheit des Anspruchstellers einhergehen. Ob dies der Fall sei, müsse restriktiv beurteilt werden. Nur so könne, so der Senat, gewährleistet werden, dass in der öffentlichen Diskussion kritische Auseinandersetzungen über die Vor- und Nachteile bestimmter Stoffe oder Produkte geführt werden könnten, ohne das unkalkulierbare Risiko einer Inanspruchnahme durch die Hersteller einzelner Produkte zu begründen. Zum Volltext der Entscheidung:


Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Urteil

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.12.2018, Az. 324 O 126/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Beklagte nimmt die Klägerin im Rahmen einer Widerklage auf Unterlassung und Zahlung von Anwaltskosten wegen eines Testberichts in Anspruch; eine negative Feststellungsklage der Klägerin haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage bereits erstinstanzlich für erledigt erklärt.

Die Klägerin ist Herausgeberin des monatlich erscheinenden A Magazins.

Die Beklagte ist Herstellerin von Naturprodukten. Zu ihrem Sortiment gehören Wärmekissen mit verschiedenen Kernfüllungen. Eines ihrer Produkte – das „B Traubenkern-Kissen, grün-rot“ – war neben anderen Produkten Gegenstand eines von der Klägerin durchgeführten Tests von Wärmekissen, dessen Ergebnis erstmals im A Magazin … in der Rubrik „Kinder und Familie/ Test Wärmekissen“ sowie zeitgleich auf der Internetseite der Klägerin unter … veröffentlicht wurde.

Das Produkt der Beklagten wurde mit dem Gesamturteil „gut“ bewertet. Diese Note erhielten weitere sechs Produkte. Ein anderes Produkt wurde mit „sehr gut“ bewertet, vier weitere Produkte mit „befriedigend“, zwei mit „ausreichend“ und eines mit „mangelhaft“. Die Produktion des ebenfalls bewerteten Wärmekissens „C Kirschkernkissen Elefant, weiß“ war bereits in dem Zeitpunkt eingestellt, in dem die Klägerin den streitgegenständlichen Test veröffentlichte. Auf diesen Umstand wurde in der Testberichterstattung hingewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Anlage K 1 befindliche Testberichterstattung Bezug genommen. Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der gesamten Testveröffentlichung.

Nach Erscheinen des Testberichts wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2017 (Anl K 2) an die Klägerin und teilte mit, sie habe die in der streitgegenständlichen Warentestveröffentlichung der Klägerin mit „sehr gut“ und „gut“ bewerteten Produkte ebenfalls untersucht und dabei festgestellt, dass keines der fünf von ihr, der Beklagten, untersuchten und im Einzelnen genannten Produkte verkehrsfähig sei, da die gesetzlichen Kennzeichnungsvorschriften nicht eingehalten worden seien. Eines der untersuchten Produkte, das „D Kinder-Kirschkernkissen Schaf“, werde zudem bei der angegebenen Erwärmungsempfehlung für die Zielgruppe Kinder zu heiß. Unstreitig war zudem das von der Klägerin mit dem Gesamturteil „gut“ belegte „E Kirschkernkissen, Igel“, im Zeitpunkt der Durchführung des Tests durch die Beklagte nicht im Handel erhältlich.

Am 15.12.2017 mahnte die Beklagte die Klägerin ab und forderte sie – erfolglos – zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf (Anl K 4).

Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte bereits erstinstanzlich einen Unterlassungsanspruch wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung gegen die Klägerin geltend gemacht und daneben eine Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von € 1.752,90 Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 15.12.2017 als Schadensersatz verlangt. Zur Begründung hat die Beklagte bereits erstinstanzlich u.a. vorgetragen, dass der Test der Klägerin sowohl Spielzeug als auch Medizinprodukte umfasst habe. Die Klägerin habe bei der Durchführung des Tests die gesetzlichen Vorgaben für Spielzeug nicht berücksichtigt und geprüft. Dies führe dazu, dass einige der geprüften Produkte eine Bewertung mit „sehr gut“, „gut“ oder „befriedigend“ erhielten, obwohl sie von vornherein nicht verkehrsfähig gewesen seien. Darüber hinaus seien das „D Kinder-Kirschkernkissen Schaf“ und das „F Wärmekissen Fuchs“ für die Zielgruppe Kinder gefährlich, da das Produkt zu heiß werde. Es liege keineswegs im Ermessen der Klägerin, das Prüfprogramm auf schädliche Inhaltsstoffe und mikrobakterielle Belastungen zu beschränken. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten vielmehr aufgrund der eigenen Ausführungen der Klägerin im Test auch eine Überprüfung der Produkte auf Sicherheitsrisiken. Zum anderen sei das Ermessen der Klägerin als Warentesterin durch die einschlägige Norm DIN 66054 eingeschränkt, soweit sie mit der Durchführung von Warentests werbe. Die Anforderungen dieser Norm habe die Klägerin nicht ansatzweise eingehalten. Weiterhin sei bei der Auswahl zu beachten gewesen, dass die getesteten Waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch auf dem Markt angeboten würden. Weiter hat die Beklagte vorgetragen, dass sie es nicht hinnehmen müsse, zum Gegenstand eines Warentests gemacht zu werden, der objektiv gerade kein Warentest nach den DIN-Vorgaben sei und auch nicht den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesgerichtshofs zu Warentests entspreche; es sei nicht Vergleichbares miteinander verglichen worden und die Prüfungsmethoden und Prüfungskriterien seien von der Sache her nicht vertretbar. Es liege nicht im Ermessen der Klägerin, die gesetzlichen Grenzwerte, sofern sie von getesteten Produkten überschritten würden, zu ignorieren. Die verkehrsbedingte Verbrauchererwartung gehe bei einem Warentest dahin, dass Produkte, die jedenfalls im Gesamtergebnis als „sehr gut“, „gut“ oder „befriedigend“ abschnitten, verkehrsfähig seien, da sie die gesetzlichen Mindestanforderungen für den vorgesehenen und getesteten Zweck einhielten. In jedem Fall müsse die Klägerin bei derart eingeschränkten Tests ausdrücklich darauf hinweisen und klarstellen, dass sie die Produkte nicht auf die Einhaltung der Verkehrsfähigkeit beziehungsweise der gesetzlichen Mindestanforderungen überprüft habe. Die Beklagte hat schließlich erstinstanzlich geltend gemacht, von der Testveröffentlichung direkt betroffen zu sein: Da die streitgegenständlichen Konkurrenzprodukte nicht verkehrsfähig seien, stellten deren Bewertung mit „sehr gut“ oder „gut“ einen Eingriff in ihr – der Beklagten – Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Die Beklagte und Widerklägerin hat erstinstanzlich widerklagend beantragt,

1. die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,- ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,
den Testbericht „Wärmekissen – wohlig warm“ wie im Heft A Magazin 9/2017 auf den Seiten 66-71 abgedruckt, zu veröffentlichen und/oder im Internet, insbesondere auf der Seite www.oekotest.de abrufbar zu halten;
2. die Klägerin weiter zu verurteilen, an sie – die Beklagte – € 1.752,90 an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu zahlen;
hilfsweise (gemeint: zu Ziffer 1): den in Rede stehenden Testbericht als Warentest zu veröffentlichen und/oder im Internet, insbesondere auf der Seite www.oekotest.de abrufbar zu halten.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Beklagte nicht die Unterlassung der weiteren Verbreitung des streitgegenständlichen Warentestartikels beanspruchen könne. Nach der gefestigten „Warentest-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs stehe es einer Testanbieterin frei, ihre Warentests so zu konzipieren, wie ihr dies sinnvoll erscheine. Die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung, der die Ermessensfreiheit von Testanbieterin gerade nicht durch gesetzliche Vorgaben zur Untersuchung von Produkten eingeschränkt sehen wolle. Auch seien die dem streitgegenständlichen Warentest zu Grunde gelegte Testfrage sowie das aus dieser hervorgegangene Prüf- und Bewertungsprogramm nicht unvertretbar im Sinne der Rechtsprechung. Sie – die Klägerin – habe wissen wollen, ob die untersuchten Wärmekissen aus ihrer Sicht problematische Inhaltsstoffe enthielten sowie ob durch Pestizidrückstände oder eine mikrobielle Belastung der verwendeten natürlichen Materialien eine Gesundheitsgefährdung zu befürchten sein könne. Für den Leser bestehe auch keine Unklarheit über das Vorgehen, den Testumfang oder die Bewertung der Produkte. Dem Durchschnittsleser sei bekannt, dass Warentestberichterstattungen jeweils eigene Fragestellung behandelten und damit zwangsläufig bestimmte Aspekte einer Produktgruppe beleuchteten. Die Einordnung einiger der getesteten Wärmekissen als Spielzeug durch die Beklagte sei unzutreffend. Aus angeblichen Kennzeichnungsverstößen der Produkte ergäbe sich zudem jedenfalls keine ernsthafte Gefahr für Verbraucher. Sie habe in der Kategorie „Weitere Mängel“ auch keine Aussage zur Einhaltung von Kennzeichnungsvorschriften getätigt, was sich für den Leser aus der Testlegende ergebe. Auch greife die Bewertung der anderen in dem Warentest untersuchten Produkte nicht in die Rechte der Beklagten ein.

Erstinstanzlich hat die Klägerin schließlich mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 10.12.2018 weiter vorgetragen und u.a. den Tatsachenvortrag der Beklagten zur Gefährdung von Kindern wegen Überhitzung einzelner Kissen erstmals bestritten.

Im angegriffenen Urteil hat das Landgericht die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die streitgegenständliche Untersuchung der Kissen den Grundsätzen der „Warentest-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs genüge. Die Grundsätze der DIN-Norm 66054 seien hier nicht einzuhalten gewesen; diese gälten nur für solche Warentests, die – anders als erkennbar der streitgegenständliche Test – auch die Gebrauchstauglichkeit und Produktsicherheit der getesteten Produkte umfassten. Das genannte Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 10.12.2018 zur Überhitzung einzelner Kissen hat das Landgericht als verspätet zurückgewiesen. Auch der Hilfsantrag – so die weitere Begründung des Landgerichts – habe keinen Erfolg, da die Klägerin den streitgegenständlichen Test in ihrer Veröffentlichung nicht als „Warentest“ bezeichnet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgereicht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihre Widerklage mit leicht umformuliertem Antrag, aber in der Sache unverändert weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente im Wesentlichen wie folgt:

Das „Warentest-Privileg“ könne ein Presseorgan nur dann für sich in Anspruch nehmen, wenn der Test/Vergleich den an eine Warentestveröffentlichung zu stellenden Anforderungen genüge. Dadurch dass es um Kissen für Kinder gehe, werde impliziert, dass die an die zu vergleichenden Produkte zu stellenden Sicherheitsanforderungen erhöht seien. Dass diese gerade nicht getestet worden seien, werde für den Durchschnittsleser nicht deutlich. Auch bei Lektüre des gesamten Artikels gehe der Leser davon aus, dass ein mit Gesamturteil „sehr gut“ oder „gut“ bewertetes Produkt den Sicherheitsanforderungen genüge sowie verkehrsfähig und gebrauchstauglich sei. Die Klägerin sei ein wirtschaftlich agierendes tendenziöses Unternehmen, weshalb ihr nicht derselbe Schutz zukomme, wie etwa der Stiftung Warentest. Die Vermutung der Zulässigkeit der freien Rede gelte nur für die Warentest-Berichterstattung, wie sie die Stiftung Warentest im öffentlichen Auftrag durchführe, bei der Klägerin müsse aber im Einzelfall konkret festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um einen Warentest handele. Tests hätten großen Einfluss und große Wirkung, darum müsse eine Irreführung der Verbraucher vermieden werden. Daher seien die einschlägigen DIN-Normen zu beachten, was zur einer Reduzierung des Ermessensspielraums des Testorgans führe. Man könne die DIN-Norm 66054 als Konkretisierung der Grundsätze der Warentest- Rechtsprechung ansehen; diese DIN-Norm sei hier auch zeitlich und sachlich anwendbar. Im Verbraucherinteresse seien nach dieser Norm als Mindestanforderungen die Gebrauchstauglichkeit und die Produktsicherheit zu testen; nur wenn diese erfüllt seien, stehe es dem Testorgan im Rahmen seines Ermessensspielraums frei, zusätzliche Testparameter bzw. Testschwerpunkte festzusetzen. Die Klägerin habe in mehrfacher Hinsicht gegen Ziffer 4 dieser DIN-Norm verstoßen (i.e. sich keine Marktübersicht verschafft, kein Prüfprogramm aufgestellt, nicht jede relevante Eigenschaft einzeln nachvollziehbar bewertet). Aus der Warentest-Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes, da die Testung nicht sachkundig und nicht objektiv erfolgt sei: Die Auswahl sei willkürlich, weil Spielzeuge und Medizinprodukte verglichen worden seien. Einzelne der bewerteten Produkte seien zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mehr auf dem Markt gewesen. Der Test sei nutzlos für den Verbraucher, weil keine Sicherheitsprüfung vorgenommen worden sei; darauf werde auch nicht deutlich hingewiesen. Der Test sei auch irreführend, weil der Leser davon ausgehe, dass ein als „sehr gut“ oder „gut“ bewertetes Produkt auch den gesetzlichen Mindestsicherheitsanforderungen genüge. Dies gelte auch im Hinblick auf nicht eingehaltene Kennzeichnungspflichten.

Die Beklagte behauptet, dass der relevante Leserkreis den streitgegenständlichen Test nicht so auffasse, dass er inhaltlich auf die Testung von schädlichen Inhaltsstoffen beschränkt sei; er entnehme der Bewertung als „gut“ oder „sehr gut“, dass so ein Produkt wenigstens den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen entspreche, verkehrsfähig und/oder gebrauchstauglich sei. Der Leser fasse den streitgegenständlichen Test auch als „Warentest“ auf. Zum Beweis dieser Behauptungen bietet die Beklagte Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens / einer Meinungsumfrage an. Sie vertritt zudem die Ansicht, dass man mindestens auch auf den Leserkreis abstellen müsse, der allein die Testtabelle ansehe.

Bei dem Produkt „D“ sei nicht ansatzweise vertretbar, es mit „gut“ zu bewerten, obwohl es unstreitig selbst bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zu heiß werde.
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Auf ihrer Seite sei ein Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu bejahen, da sie es nicht hinnehmen müsse, zum Gegenstand bzw. Testobjekt eines rechtswidrigen und nicht den rechtlichen Anforderungen genügenden Tests gemacht zu werden. Sie habe auch ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des Hilfsantrags. Die in dem Magazin der Klägerin und auf ihrer Internetseite erscheinenden Tests würden alle als „Warentests“ veröffentlicht; dies gelte auch für den streitgegenständlichen Test.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.12.2018, Az. 324 O 126/18, aufzuheben,

2. a) die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer,

zu unterlassen, den Testbericht „Wärmekissen – wohlig warm“ wie im Heft A Magazin 9/2017 auf den Seiten 66-71 abgedruckt, zu veröffentlichen und/oder im Internet, insbesondere auf der Seite www.oekotest.de abrufbar zu halten;

b) hilfsweise den vorgenannten Testbericht als Warentest zu veröffentlichen und/oder im Internet, insbesondere auf der Seite www.oekotest.de abrufbar zu halten.

3. die Klägerin zu verurteilen, an sie – die Beklagte – € 1.752,90 an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu zahlen.

4. [Kostenantrag]

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung und wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente: Der Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit sei für privatwirtschaftliche Publizierende nicht eingeschränkt. Ihre streitgegenständliche Test-Berichterstattung erfülle die Voraussetzungen der Warentest-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Der Leser werde darüber informiert, welche Produkte untersucht worden seien und welches Prüfprogramm zugrunde gelegt werde. Die streitgegenständliche Testveröffentlichung falle nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich nicht unter die DIN-Norm 66054; im Übrigen handele es sich bei DIN-Normen keineswegs um verbindliche Vorschriften, sondern um auf freiwillige Anwendung ausgerichtete Empfehlungen. Der Test sei auch sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit ausgeführt worden: Die ausgewählten Produkte seien sämtlich Wärmekissen für Kinder und sämtlich mit Naturmaterialien gefüllt. Unabhängig von der Einordnung der Produkte als Spielzeuge oder Medizinprodukte sei der Ansatz sachgerecht und von dem ihr zustehenden Ermessenspielraum als Testanbeterin gedeckt, solche Wärmekissen auf Schadstoffe und mikrobiologische Belastung zu untersuchen. Die Test-Veröffentlichung sei auch zur Information der Verbraucher geeignet; es werde über den durch die Testfrage begrenzten Aussagewert informiert. Angebliche Kennzeichnungsmängel habe die Beklagte nicht substantiiert. Es bleibe auch bestritten, dass die Testobjekte aus Gründen der Produktsicherheit nicht verkehrsfähig oder gar gefährlich seien. Dass eines der Wärmekissen zur Zeit der Veröffentlichung nicht mehr im Handel erhältlich gewesen sei, sei angesichts der langen Vorlaufzeit einer Test-Veröffentlichung (sechs bis neun Monate) unvermeidbar und führe nicht zu einer Verzerrung der Testergebnisse. Durch die Bezeichnung „Warentest“ werde nicht die Behauptung aufgestellt, dass es sich um eine Testung und Veröffentlichung im Sinne der DIN 66054 handele; zudem habe sie den streitgegenständlichen Test auch nicht als „Warentest“ bezeichnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angegriffene Entscheidung, die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Sitzung vom 7.11.2023 Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagten steht auch nach Auffassung des Senates und auch im Lichte des Vorbringens in der Berufungsinstanz der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Die Beklagte führt zur Begründung ihres Unterlassungsantrags an, dass die streitgegenständliche Veröffentlichung sie in ihrem (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht verletze bzw. dass es sich um einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb handele, so dass ihr ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB zustehe. Diese Ansicht teilt der Senat sowohl im Hinblick auf den Haupt- als auch auf den Hilfsantrag nicht.

a. Die Beklagte strebt mit ihrem hauptweise gestellten Widerklagantrag ein umfassendes Verbot des streitgegenständlichen Tests an. Sie greift also nicht etwa ein für sie ungünstiges Testergebnis an, sondern sie will ein generelles Verbot eines vollständigen Testes erreichen, in dem Produkte anderer Hersteller zum Teil ähnlich gut wie ihr Produkt oder sogar besser bewertet worden sind. Die Beklagte kann indes einen derart weitreichenden Unterlassungsanspruch, wie er sich etwa im Wettbewerbsrecht ergeben kann, schon im Ausgangspunkt nicht mit Erfolg geltend machen; die Beklagte steht weder in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin noch handelt es sich bei ihr um einen Wettbewerbshüter wie etwa eine Verbraucherzentrale. Trotz des entsprechende Hinweises des Senates im Termin vom 7.11.2023 hat die Beklagte an ihrem Hauptantrag festgehalten.

b. Aber auch in ihrer Eigenschaft als individuelles Unternehmen steht der Beklagten kein Unterlassungsanspruch zu, der etwa als Minus in diesem umfassenden Unterlassungsantrag enthalten sein könnte.

aa. Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB setzt eine bevorstehende widerrechtliche Störung voraus (Meyer in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 40. Abschn. Rz.1). Voraussetzung eines derartigen Unterlassungsanspruchs ist in jedem Fall, dass eine objektiv rechtswidrige Rechtsverletzung im Sinne der §§ 823, 824, 826 BGB droht; bei Unternehmen muss eine Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts oder ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb drohen (vgl. Meyer in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 40. Abschn. Rz.2). Ansprüche wegen Verletzung solcher Rechte kann grundsätzlich nur geltend machen, wer durch die Berichterstattung individuell betroffen ist (Kröner in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 31. Abschn. Rz.94). Gegen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind (Meyer in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 40. Abschn. Rz.4).

bb. An einer derartigen individuellen Betroffenheit der Beklagten durch die streitgegenständliche Test-Veröffentlichung fehlt es vorliegend.

Eine Verletzung des Rechts am Unternehmen ist dann nicht anzunehmen, wenn ein Konkurrenzprodukt besser bewertet wird als das eigene; dies stellt lediglich eine Reflexwirkung für das betroffene Unternehmen dar, die nicht vom Schutzzweck des durch § 823 I BGB geschützten Rechts am Unternehmen umfasst ist (Vendt in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 36. Abschn. Rz.13; vgl. auch BGH, U. v. 10.3.1987 – VI ZR 144/86NJW 1987, 2222, 2225 – Komposthäcksler). Auch die zu positive Bewertung der Produkte anderer Hersteller – wie hier etwa die Bewertung des Kissens eines anderen Herstellers als „gut“, obwohl es nach dem im vorliegenden Verfahren nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten zu heiß wird – stellt keinen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH, U. v. 9.12.1975 – VI ZR 157/73GRUR 1976, 268, 273 – Warentest II). Vielmehr ist das Kriterium der „individuellen Betroffenheit“ bei Äußerungen über bestimmte Waren oder Produkte restriktiv zu handhaben; nur so kann gewährleistet werden, dass in der öffentlichen Diskussion kritische Auseinandersetzungen über die Vor- und Nachteile bestimmter Stoffe oder Produkte geführt werden können, ohne sich jeweils dem unkalkulierbaren Risiko der Inanspruchnahme durch die Betreiber einzelner Produktionsbetriebe bzw. des in der Branche tätigen Verbandes auszusetzen (Meyer in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 40. Abschn. Rz.5).

cc. Daher kann die Beklagte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der streitgegenständliche Test nicht den allgemeinen Anforderungen an Warentests genüge, vielmehr kann dahinstehen, ob diese vorliegend eingehalten worden sind.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem individuellen Unternehmen ein allgemeiner Anspruch darauf, dass die eigenen Produkte nicht zum Gegenstand eines Warentests gemacht werden, der den Anforderungen der Rechtsprechung an einen zulässigen Warentest nicht genügt, nicht zu, solange sich ein solcher Anspruch nicht aus dem Lauterkeitsrecht ergibt; letzteres ist hier – wie ausgeführt – nicht der Fall. Vielmehr setzt ein Unterlassungsanspruch wegen einer Test-Veröffentlichung in solchen Fällen stets eine individuelle Betroffenheit des Anspruchstellers voraus; es wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Daher kann hier dahinstehen, ob der streitgegenständliche Test den Anforderungen der Rechtsprechung an einen zulässigen Warentest genügt und ob zu diesen Anforderungen insbesondere die allgemeinen Vorgaben der DIN 66054 an die Durchführung von Warentests gehören.

c. Aus denselben Gründen hat die Beklagte auch keinen Anspruch auf das mit dem Hilfsantrag verfolgte Verbot einer Veröffentlichung des Tests unter der Bezeichnung „Warentest“.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass es insoweit auch an der Gefahr einer derartigen Rechtsverletzung – unterstellt, es läge hier eine solche vor – fehlte, so dass auch aus diesem Grund kein Unterlassungsanspruch der Beklagten besteht. Denn aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Rezipienten lässt sich der streitgegenständlichen Veröffentlichung entgegen der Ansicht der Beklagten gerade nicht entnehmen, dass es sich um einen „Warentest“ im engen Sinne der DIN-Norm 66054 handeln soll:

Der streitgegenständliche Test wird in der vorgelegten Veröffentlichung an keiner Stelle ausdrücklich oder mittelbar als „Warentest“ bezeichnet. Vielmehr wird aus der Veröffentlichung der Klägerin deutlich, dass sich der streitgegenständliche Test ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob und wie weit Wärmekissen für Kinder durch Pestizide und/oder mikrobielle Strukturen wie Schimmel, Bakterien und ähnliches schadstoffbelastet sind. So wird bereits in der Rubrik „So haben wir getestet“ (Anl K 1, S.69) unmissverständlich beschrieben, was untersucht worden ist: Bezüge wurden auf Phthalate, allergisierende Farbstoffe, halogenorganische Verbindungen und optische Aufheller untersucht. Die Füllungen wurden auf Schimmelpilze, Bakterien und Pestizidrückstände untersucht. Die Verpackungen wurden auf PVC/PVDC und chlorierte Verbindungen geprüft. Es wurde geprüft, ob optische Aufheller ohne Hautkontakt in den Kissen enthalten sind. In der Ergebnistabelle (Anl K 1, S.70f) wird ebenfalls deutlich, welche Kriterien (nur) überprüft worden sind, denn die Zeilen enthalten jeweils entsprechende Rubriken („“Bedenkliche und/oder umstrittene Inhaltsstoffe“, „Mikrobielle Belastung“). Auch im Fließtext des Testberichtes wird diese Zielrichtung des Tests verdeutlicht, denn dort wird mehrfach beschrieben, womit sich die Klägerin im Rahmen dieses Tests befasst hat (vgl. vor allem erneut Anl K 1, S.69). Dass man die einzelnen Kissen eben nicht z.B. auf die Gefahr des Überhitzens getestet hat, wird ebenfalls deutlich, denn dazu finden sich allgemeine Ausführungen im Fließtext, in denen Ratschläge gegeben werden, worauf man wegen der generell bestehenden Überhitzungsgefahr aufpassen soll, wenn man die Wärmekissen benutzt. Diese Feststellungen zum Verständnis des durchschnittlichen Lesers der streitgegenständlichen Veröffentlichung kann der Senat aus eigener Anschauung treffen, da seine Mitglieder zu den vom streitgegenständlichen Test angesprochenen Verkehrskreisen gehören; der Erwerb eines Wärmekissens für Kinder kann grundsätzlich durch jedermann erfolgen. Den Beweisangeboten der Beklagten zum Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Veröffentlichung ist daher nicht nachzugehen.

Die Tatsache schließlich, dass die Klägerin ihre Marke „A“ auch für „Warentests“ angemeldet hat (Anl B 3), vermag ersichtlich nichts über den Inhalt der hier in Rede stehenden konkreten Veröffentlichung auszusagen.

Unterstellt, dass eine Veröffentlichung des streitgegenständlichen Test „als Warentest“ eine Verletzung von Rechten der Beklagten darstellte, so läge deshalb insoweit jedenfalls keine Wiederholungsgefahr vor; Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Begehungsgefahr sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Da die streitgegenständliche Veröffentlichung nach den vorstehenden Ausführungen keine Rechte der Beklagten verletzt hat, steht ihr auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch wegen vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nicht zu.

3. Das weitere Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

III.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

IV.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 II ZPO liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze.

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