OLG Hamburg: Zur Rechtmäßigkeit einer Werbung mit einer Preisermäßigung und einem Preisvergleich / UVP

veröffentlicht am 6. Februar 2024

OLG Hamburg, Beschluss vom 12.12.2022
Art. 7 Abs. 1 EU-VO 1169/2011, Art. 7 Abs. 4 EU-VO 1169/2011, Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 EU-VO 1924/2006, Art. 8 Abs 1 EU-VO 1924/2006, § 2 Nr. 5 PAngV, § 11 PAngV

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein durchgestrichener Preis bei einem Angebot von Obst aus Sicht des Verbrauchers keinen Preisvergleich zu einer – bei Früchten gänzlich unüblichen – unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) darstellt oder zu Preisen von Wettbewerbern dar, sondern den vor der Preissenkung von der Antragsgegnerin geforderten Preis. Insoweit sei § 11 PAngV zu beachen. Zum Volltext der Entscheidung:


Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Beschluss

I.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 10.11.2022, Az. 406 HKO 113/22, teilweise abgeändert:

Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung – wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten,

1. für Lebensmittel in Fertigpackungen gegenüber Letztverbrauchern mit Preis- und/oder Mengenangaben zu werben, ohne zugleich den Grundpreis entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen Mengeneinheiten mit anzugeben, sofern dieser nicht mit dem Gesamtpreis identisch ist,

2. Lebensmittel, die mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthalten, mit der Angabe „ohne Zucker“ zu bewerben,

jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

II.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III.
Von den Kosten des Erlass- und Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin 3/4 und der Antragsteller 1/4 zu tragen.

3. Der Streitwert für das Erlassverfahren wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 10.11.2022 auf 20.000,- € heraufgesetzt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 20.000,00 festgesetzt. Davon entfallen auf die Anträge zu 1. und 3. je 5.000,- € und auf den Antrag zu 2. 10.000,- €.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen zu verfolgen und zu fördern sowie zu Fragen des lauteren Wettbewerbs zu beraten und zu informieren. Der Antragsteller ist seit dem 15. November 2021 in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen.

Die Antragsgegnerin warb im Internet unter der Domain https://………..de für die von ihr angebotenen Waren, u. a. für das Produkt „Ananas, Getrocknet“ zu einem Preis von 3,99 € für 100g, wobei drei weitere Portionsgrößen zur Auswahl standen sowie mit dem Zusatz „ohne Zucker“. Schließlich warb die Antragsgegnerin mit einer Preisermäßigung durch Hinzufügung eines durchgestrichenen Preises (“4,99 € (20,04 % gespart)“). Wegen der Einzelheiten wird auf die mit diesem Beschluss verbundene Anlage A 4 verwiesen.

Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.10.2022 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (vgl. Anlage A 5). Der Antragsteller hat mit der Abmahnung geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin den gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 PAngV vorgeschriebenen Grundpreis je Mengeneinheit nicht angebe. Mengeneinheit für den Grundpreis sei bei Angabe von Volumen 1 Liter; bei der Angabe einer Masse 1 Kilogramm (Antrag I. 1.). Die Angabe „ohne Zucker“ stelle eine Irreführung gem. Art. 7 I, IV LMIV dar, da das beworbene Produkt tatsächlich Zucker bzw. Fruchtzucker enthalte, nämlich 57,2g/100g (Antrag I. 2.). Darüber hinaus liege in dieser Werbeaussage auch ein Verstoß gegen Art. 8 I HCVO i.V.m. dem Anhang „Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“. Zur Begründung des Antrags zu I. 3. verwies der Antragsteller auf § 11 Abs. 1 PAngV n.F.: Nach dieser Verordnung habe, wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet sei, gegenüber dem Verbraucher bei der Werbung mit Preisermäßigungen für ein Produkt den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern gefordert habe. Diese Angabe fehle der angegriffenen Werbung. Eine Reaktion der Antragsgegnerin erfolgte nicht.

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 09.11.2022 hat der Antragsteller neben den bereits in der Abmahnung gemachten Ausführungen ergänzend argumentiert, dass die Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Werbung zu Ziffer I. 3. gegen die Bestimmungen gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 PAngV sowie § 5a Abs. 2 und 4 UWG verstoße, da sie den Verbraucher nicht über den niedrigsten Gesamtpreis, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gefordert habe, informiere. Sie gebe zwar einen sogenannten Streichpreis an, nicht aber, um was es sich bei diesem Streichpreis handele. Unabhängig hiervon gebiete aber auch die gesetzliche Bestimmung des § 11 Abs. 1 PAngV bereits seinem Wortlaut nach die Angabe, dass es sich bei dem Streichpreis als zuletzt geforderten Preis zugleich um den niedrigsten Gesamtpreis handele, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigungen gegenüber dem Verbraucher gefordert worden sei.

Der Antragsteller hat beantragt, der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr

1. für Lebensmittel in Fertigpackungen gegenüber Letztverbrauchern mit Preis- und/oder Mengenangaben zu werben, ohne zugleich den Grundpreis entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen Mengeneinheiten mit anzugeben, sofern dieser nicht mit dem Gesamtpreis identisch ist,

2. Lebensmittel, die mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthalten, mit der Angabe „ohne Zucker“ zu bewerben,

3. gegenüber dem Verbraucher für Waren mit Preisermäßigungen/ Streichpreisen zu werben, ohne den für diese Ware niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben und/oder zu erläutern, worauf sich die Preisermäßigung bzw. der Streichpreis bezieht,

jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

Mit Beschluss vom 10.11.2022, Aktenzeichen 406 HK 113/22, hat das Landgericht Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem angebotenen Produkt um lose Ware handele, bei der auch 100 g als Mengeneinheit für den Grundpreis nach § 5 Abs. 2 PAngV zulässig sei (1.). Die Angabe „Getrocknet ohne Zucker“ erwecke beim angesprochenen Verkehr nicht den Eindruck, das Produkt sei zuckerfrei, sondern nur, dass es nicht gezuckert worden sei, weil der verständige Adressat wisse, dass Früchte von Natur aus Zucker enthielten, wie auch im Nährwertverzeichnis angegeben (2.). Schließlich sei der durchgestrichene Preis aus Sicht des Verkehrs keine bei Früchten gänzlich unübliche UVP oder gleichermaßen unübliche Angabe von Konkurrenzpreisen, sondern stelle den vor der Preissenkung von der Antragsgegnerin geforderten Preis dar. Dass hier nicht der niedrigste, von der Antragsgegnerin in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung geforderte Gesamtpreis angegeben worden, sei weder dargelegt noch ersichtlich. Ein Hinweis, dass es sich um den niedrigsten, innerhalb der letzten 30 Tage geforderten Preis handele, sei nach Wortlaut und Zweck des § 11 PAngV nicht erforderlich. Die Vorschrift solle lediglich die Werbung mit Preissenkungen gegenüber nur kurzfristig erhöhten Preisen verhindern.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde vom 24.11.2022. Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen und macht ergänzend geltend, dass es nicht dem Antragsteller obliege, glaubhaft zu machen, dass der durchgestrichene Preis nicht der niedrigste von der Antragsgegnerin in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung geforderte Gesamtpreis gewesen sei. Einen solchen Nachweis könne ein Antragsteller in der Regel auch nicht führen, weil dies zu einer umfassenden Marktbeobachtungspflicht führte. Demnach werde mit Nichtwissen bestritten, dass die streitbefangenen Streichpreise die niedrigsten Preise in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung gewesen seien.

Der Antragsteller beantragt, der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr

1. und 2. – wie erkannt –

3.  gegenüber dem Verbraucher für Waren mit Preisermäßigungen/ Streichpreisen zu werben, ohne den für diese Ware niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben und/oder zu erläutern, worauf sich die Preisermäßigung bzw. der Streichpreis bezieht,

jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

II.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 24.11.2022 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 01.12.2022 ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen unterlag sie der Zurückweisung.

1. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 8b Abs. 1, 2 UWG prozessführungsbefugt zu sein und dargelegt, dass die behauptete Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt.

2. Dem Antragsteller stehen die geltend gemachten – auf Unterlassung gerichteten – Verfügungsansprüche zu I. 1. und I. 2. zu.

a) Es liegt ein Verfügungsgrund vor, denn die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet und ist insoweit nicht widerlegt.

b) Der auf Unterlassung gerichtete Verfügungsanspruch 1. gegen die Antragsgegnerin ergibt sich in der Sache aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 8b Abs. 1, 2; 3, 3a, 5a UWG i. V. m. §§ 4 Abs. 1, 5 PAngV.

Gem. § 4 Abs. 1 PAngV hat, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder unter Angabe von Preisen wirbt, neben dem Gesamtpreis auch den Grundpreis anzugeben, es sei denn, der Grundpreis ist mit dem Gesamtpreis identisch. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist gem. § 5 Abs. 1 PAngV jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Eine Ausnahme von letzter Vorgabe ist, anders als das Landgericht meint, nicht gegeben, denn es handelt sich nicht um lose Ware, bei der 100g als Mengeneinheit nach § 5 Abs. 2 PAngV zulässig wäre. Nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 5 PAngV ist lose Ware „unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird“. Hier fehlt es jedoch an dem Merkmal „Abmessung auf Veranlassung“ des Verbrauchers, da die Portionen – hier 100g, 500g, 150g, 250g – vorgegeben sind. Vorliegend findet keine Abmessung, sondern eine Auswahl vorgefertigter Portionsgrößen statt.

c) Der auf Unterlassung gerichtete Verfügungsanspruch 2. gegen die Antragsgegnerin ergibt sich in der Sache aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 8b Abs. 1, 2; 3, 3a;  Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1924/2006 (im Folgenden: HCVO) i. V. m. dem Anhang „Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“. Es handelt sich bei der Angabe „ohne Zucker“ um eine nährwertbezogene Angabe i. S. v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 HCVO, da damit suggeriert wird, dass das beworbene Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften aufgrund eines verminderten Brennwerts hat. Gem. Art. 8 Abs. 1 HCVO dürfen nährwertbezogene Angaben jedoch nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen.

Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nach dem Anhang „Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“ nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Die Angabe „ohne Zucker“ hat für den Verbraucher dieselbe Bedeutung wie „Zuckerfrei“ und ist daher unzulässig, da das Produkt mehr als 0,5g Zucker pro 100g Ananas enthält. Eine Fehlvorstellung des Verbrauchers verlangt die Vorschrift nicht. Auch die im weiteren Text folgenden Angaben, „Getrocknete Ananas ungezuckert“ relativiert die Bedeutung der Angabe „ohne Zucker“ nicht inhaltlich dahin, dass damit unmissverständlich klargestellt würde, dass tatsächlich „ohne Zuckerzusatz“ od. Ähnliches gemeint sei. Aus dem Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 HCVO führt auch nicht heraus, dass der Verbraucher durch das Anklicken eines Reiters „Inhaltsstoffe“ erfahren kann, dass das Produkt 57g/100g Zucker enthält.

Ob die Werbung auch gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1, 4 Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformations-VO) irreführend ist, kann dahinstehen.

3. Demgegenüber ist der auf §§ 3, 3a UWG i. V. m. § 11 PAngV gestützte Verfügungsanspruch 3. vom Landgericht zu Recht verneint worden, sodass sich die sofortige Beschwerde insoweit als unbegründet erweist.

Durch die Angabe des Streichpreises und der prozentualen Ersparnis hat die Antragsgegnerin eine Preisermäßigung i. S. v. § 11 PAngV bekannt gegeben. Die angegriffene Angabe der Preisherabsetzung ist nach Auffassung des Senats in der konkret angegriffenen Form nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers hinreichend klar und eindeutig. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass der durchgestrichene Preis aus Sicht des Verbrauchers keine bei Früchten gänzlich unübliche UVP oder gleichermaßen unübliche Angabe von Konkurrenzpreisen darstellt, sondern den vor der Preissenkung von der Antragsgegnerin geforderten Preis. Bei einem durchgestrichenen Preis geht der Verbraucher in der Regel davon aus, dass es sich hierbei um einen Preis handelt, den der Händler vor der Preisermäßigung von seinen Kunden verlangt hat (so auch: BeckOK UWG/Laoutoumai, 18. Ed. 1.10.2022, PAngV § 11 Rn. 19). Der Verbraucher ist an eine Werbung mit dem Hinweis auf eine „UVP“ gewöhnt, sodass er einen durchgestrichenen Preis ohne einen solchen Hinweis eher nicht als einen Hinweis auf eine UVP verstehen wird (vgl. BeckOK UWG/Laoutoumai, a.a.O.). Dies gilt erst Recht – wie hier – bei unverpackt angebotenen Lebensmitteln ohne Marken- oder Herstellerangabe (anders noch bei Markenartikeln: BGH, GRUR 1980, 306 – „Preisgegenüberstellung III“).

Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass ein ausdrücklicher Hinweis, dass es sich bei dem Referenzpreis um den niedrigsten, innerhalb der letzten 30 Tage geforderten Preis handelt, nach Wortlaut und Zweck des § 11 PAngV nicht erforderlich ist. Die bloße Angabe des (niedrigsten) Referenzpreises genügt grundsätzlich den Anforderungen des § 11 PAngV (so auch: BeckOK UWG/Laoutoumai, 18. Ed. 1.10.2022, PAngV § 11 Rn. 19).

Zweck des § 11 PAngV ist die Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird; insbesondere Abs. 1 soll verhindern, dass bei der Werbung mit Preisermäßigungen Grundpreise angegeben werden, die so zuvor nicht verlangt oder kurzzeitig zuvor angehoben wurden. Die Vorschrift bildet das preisangaberechtliche Instrument zur Bekämpfung von Mondpreisen und steht komplementär neben § 5 UWG (Sosnitza, GRUR 2022, 794, 796). Der Wortlaut von § 11 PAngV macht keine Vorgaben, wie der Referenzpreis angegeben werden soll. Auch die Gesetzesbegründung sieht eine solche zusätzliche Pflicht ausdrücklich nur vor, wenn durch weitere Angaben (z. B. weitere Preise) bei der Preisauszeichnung unklar wird, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen Referenzpreis handelt (BR-Drucksache 669/21 v. 25.08.2021, S. 40). Artikel 6a RL 98/6/EG [Preisangaben-Richtlinie] macht nach dem Wortlaut ebenfalls keine solche Vorgabe: „(1)Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat.[…].“

Soweit der Antragsteller erstmals im Beschwerdeverfahren seinen Unterlassungsanspruch auch darauf stützt, dass „mit Nichtwissen bestritten [werde], dass die streitbefangenen Streichpreise die niedrigsten Preise in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung waren“, verhilft ihm dies nicht zum Erfolg. In dem hier einseitig geführten Verfahren, bei dem insbesondere auch die Abmahnung zu diesem Punkt schweigt, ist ein „Bestreiten mit Nichtwissen“ prozessual ohne Folgen, da der Gegner sich hierzu noch gar nicht erklären konnte, unabhängig von der Frage, ob auch in einem zweiseitigen Verfahren ein solches – offenbar ins Blaue hinein erfolgte – Bestreiten prozessuale Konsequenzen hätte (vgl. § 138 Abs. 2 bis 4 ZPO). Jedenfalls bis zur Beschwerdebegründung war Kern des Angriffs zu I. 3., dass die Antragsgegnerin nicht angebe, um was es sich bei dem Streichpreis handelt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Landgerichts, dass weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass der durchgestrichene Preis nicht der niedrigste der letzten 30 Tage ist. Damit werden dem Antragsteller auch keine unüberwindbaren Hürden oder umfassende Marktbeobachtungspflichten auferlegt. Denn er kann ohne weiteres zu den ihm verdächtig erscheinenden Referenzpreisen recherchieren (Waybackmaschine, Preisvergleichsportale, Recherche zu marktüblichen Preisen u. s. w.) und den Werbenden bspw. in einer Abmahnung auffordern, zu dem ungewöhnlich Referenzpreis Stellung zu nehmen. Darüber hinaus ist die Änderung des zur Begründung des Unterlassungsanspruch vorgetragenen Tatsachenvorbringens erstmals im Beschwerdeverfahren dringlichkeitsschädlich.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus § 51 Abs. 2 und 4, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

I